Schlagwort-Archive: Zwischenbilanz des Umbauprozesses

„Und der Heilige Geist hat da hoffentlich auch noch ein Wörtchen mitzureden.“ Was Evangelisch.de zum Thema „Zukunft Kirche“ zu bieten hat.

06/2016
Die Kirche wird immer kleiner! Rekord-Austrittszahlen bei der katholischen Kirche! Bei der evangelischen aber wohl auch! Und Ostdeutschland – wohl eines der säkulärsten Gebiete der Welt. Christen sind da in der absoluten Minderheit. Und parallel dazu gehen immer mehr Pfarrerinnen und Pfarrer, aber auch Mitarbeitende anderer Berufsgruppen, in den Ruhestand – und es kommt kaum noch was nach. Die Studierendenzahlen für Theologie oder Religionspädagogik haben einen beängstigend niedrigen Stand erreicht…
Ja, wir haben als Institution Kirche manche Probleme und es wird sich vieles ändern in den nächsten Jahren. Nicht alles wird uns gefallen. Aber ich glaube: Wir haben eine Zukunft! Vieles wird sich ändern in den nächsten Jahren. Aber vielleicht nicht alles zum Schlechteren. Und der Heilige Geist hat da hoffentlich auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich bin gespannt darauf.

Zur Quelle.

Anm. F.S.:

Der Beitrag ist in unterschiedlicher Hinsicht interessant. U.a. weil zu befürchten ist, dass er die neue kirchenoffizielle „Erzählung“ zur Lage der Kirche nach dem Scheitern des Umbauprozesses (Prof. Christian Grethlein) wiederspiegelt – und den Lösungsansatz gewissermaßen gleich mitliefert: der Heilige Geist wird es schon richten…? Muss man sich darauf einstellen müssen, diese theologischen Nonsens in Zukunft öfters zu hören?

Demnach die aktuelle, nicht wirklich glückliche Lage der Kirche wie ein Naturereignis, besser: eine kleine Naturkatastrophe, zu verstehen: Pfarrer gehen in Ruhestand und es kommt kaum noch was nach. Allein über die Sprache solcher Sätze könnte man einiges schreiben – wenn man für die Zeilen genau so viel verdiente wie der glückliche Artikelschreiben von Evangelisch.de. Da dies nicht er Fall ist, nur kurz zum Inhalt und einem einzigen, beispielhaft erwähnten Thema, das Thema Pfarrermangel und Nachwuchsmangel. Es ist ein Managementproblem der Kirche, namentlich beheimatet bei den Personaldezernenten. Also keine Heuschreckenplage! Sondern: selbst gemacht! Warum? Weil es in den Dezernaten natürlich entsprechende Statistiken über die Berufseintrittsdaten des Personals und -daraus abgeleitet – die Pensionseintritte gibt: wer 1985 mit 30 in den Pfarrdienst ging wird nach 35 (oder 36, bzw. nach aktueller Regelung) Jahre in den Ruhestand gehen. Das Ergebnis bekommen einige noch im Kopf hin: 2020 (oder 2021). Werden dann in mehreren Jahren 3 mal so viele PfarrerInnen in Ruhestand gehen wie nachkommen, wird es rechnerisch eng. Auch das ist schon lange bekannt. Für Nachwuchs geworben wurde aber nicht. Im Gegenteil. Teilweise haben die Synoden Beschlüsse gefasst, um das Nachwuchsproblem nicht zu groß werden zu lassen, die Personaldezernenten haben diese Beschlüsse aber einfach ignoriert.

Den Weg der Reorganisation positiv gestalten. Eröffnung der 2. Fachtagung der Land-Kirchen-Konferenz. Von Thies Gundlach

33/2016 wort-meldungen, Vortrag von 2015

a) Einmal der rein organisatorische Umbau. Ihm zugrunde liegt das Ziel, die Finanzen besser aufzustellen, die Organisationsabläufe effektiver zu gestalten, die vielen Hierachieebenen und teuren Overheadkosten abzubauen. So wichtig und unerlässlich diese Umbauten auch weiterhin sind, wir müssen uns eingestehen, dass die Verheißungen des Umbauens in aller Regel nicht so erreicht werden wie gedacht. Denn zum einen kostet das Umbauen viel Kraft, und zum anderen sind die Einsparergebnisse durchaus überschaubar und jedenfalls nicht geeignet, Plausibilität gerade für die Skeptiker der Fusion zu schaffen. Darüber hinaus verbindet sich damit oft eine Arbeitsverdichtung…

Allerdings wird man auch hier nüchtern bleiben müssen: Denn die Erfolge missionarischer Arbeit sind – ich spreche vorsichtig – recht überschaubar. Trotz aller Bemühungen erreichen wir letztlich nur wenige neue Mitglieder. Das hat sicher damit zu tun, dass wir nun einmal in einer schwierigen Phase der Gottesvergessenheit und Glaubenserschöpfung leben. Das in »Kirche der Freiheit« festgestellte religiöse Interesse hat nicht – wie damals erhofft – zu einer Wiederkehr der Religion geführt. Das Wachsen gegen den Trend ist ausgeblieben. … Zum Vortrag von Thies Gundlach, vgl. S. 57,58.

EKiR: Die Reform der Reform der Reform. Dargestellt anhand der Diskussion in etlichen Kirchenkreisen.

03/2016

z.B. Kirchenkreis Duisburg

„Einmütig wurde festgestellt, dass der Druck auf die Mitarbeitenden und die zu bewältigende Aufgabenfülle zunehmen, die Arbeitsunzufriedenheit der Mitarbeitenden in einem Besorgnis erregenden Ausmaß zunimmt, die Unzufriedenheit der Mandanten mit der Leistung des Verwaltungsamtes ebenfalls deutlich steigt und die Kosten gemessen an der Finanzkraft der Mandanten zu hoch sind. Eine Überprüfung der Arbeitsabläufe und eine möglicherweise daraus folgende Neuorganisation des Verwaltungsamtes wurden für unumgänglich gehalten…“ Weitere Voten aus etlichen Kirchenkreisen.

Kirche in Veränderung. Zu Rückbau, Reorganisation und Neuorientierung in der Nordelbischen Evang.-Luth. Kirche

Auf äußere, fiskalische Entwicklungen reagierte die Nordelbische Kirche ihrerzeit mit einem Prozess der »intelligenten Schrumpfung«. Doch formulierte Intentionen und tatsächliche Wirkungen klafften auseinander. Evangeliumsgemäßheit war beabsichtigt, Pfarrstellen wurden gestrichen und die Bürokratisierung vorangetrieben. Es folgte eine ausgiebige Selbstbeschäftigung in einem zwei Jahrzehnte währenden, kräftezehrenden Reformprozess mit überraschenden Korrekturen und Wendungen wie jüngst die der Landeskirchenfusion. Die Aussichten des Prozesses bleiben offen. Christoph Meyns rekonstruiert die Entwicklung.

Lesen Sie den Artikel von Christoph Meyns im Dt. Pfarrerblatt 07/2013

 

Dazu kommen postwendend Rückmeldungen:

Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist sicher hilfreich für alle,  die in den zurückliegenden Jahren in der Nordelbischen Kirche den Veränderungsprozess gestaltet und erlitten haben, eine Bilanz dieser Zeit zu ziehen.
Symptomatisch für die gegenwärtige Situation in der Nord(elbischen)Kirche und vermutlich auch in anderen Landeskirchen sind die ersten Sätze auf Seite 407 unter der Überschrift  V Ausblicke: (Die nordelbische) Kirche weiß nicht mehr, wofür sie da ist. Nach Ansicht des Verfassers wird es mehrere Jahre in Anspruch nehmen, bis an dieser Stelle wieder Klarheit herrschen könnte. Bis dahin gelte es, „eine längere Zeit der Unsicherheit zu ertragen…“ (S. 408) Der Verfasser wünscht allen Beteiligten für diese Übergangszeit eine Haltung gelassenen Engagements. Wenn Kirche nicht weiß, wofür sie da ist, erscheint es mir schwierig zu sein, sich überhaupt für etwas zu engagieren. Ebenfalls auf Seite 408 gibt der Verfasser einen wichtigen Hinweis: „sinnvoller… erscheint mir… die bewusste Pflege von Zeiten der Stille und der Besinnung unter Aufnahme biblischer Bilder und theologischer Vorstellungen zu sein…“ Er empfiehlt seinen Ratschlag aber nur für die Aufarbeitung der Vergangenheit, nicht für die Gestaltung der Zukunft.
„Eine für den neuen Kontext der Nordkirche geeignete Alternative … muss erst entwickelt werden.“ Genau genommen muss sie nicht erst entwickelt werden, sondern steht im Neuen Testament. Ein wichtiger Punkt wird bei jeder Taufe zitiert. Nach mehr als 200 Jahren kritischer Theologie, von der alles, was für den christlichen Glauben wichtig ist, infrage gestellt worden ist, werden wohl nur wenige Hauptamtliche bereit sein, das was im NT steht, für gültig zu halten und sich danach zu richten. Aber einen anderen zukunftweisenden Weg gibt es nicht. Die anglikanische Kirche in Großbritannien lebt es uns seit einigen Jahren vor, dass dieser Weg auch im 21. Jahrhundert gangbar ist. Dr. von Vietinghoff: Die Zukunft der Kirche entscheidet sich nicht an den Kirchensteuereinnahmen, sondern an der Theologie. Die herkömmliche Ordinationsformel und die kirchliche Wirklichkeit klaffen weit auseinander.
Die einzige Alternative zu dem Weg, den die Urgemeinde gegangen ist, besteht darin, so weiterzumachen wie bisher: Stellenkürzungen und -streichungen, Fusionen und der Verkauf von Gebäuden, also Rückbau so lange, bis die Gemeindearbeit und die außergemeindlichen Aufgaben durch die zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen nicht mehr zu finanzieren sein werden. Vielleicht wird erst dann eine genügend große Zahl von Verantwortungsträgern bereit, die sich auf die biblischen Grundlagen zurück zu besinnen und bereit werden, darnach zu  handeln .
In einem nicht veröffentlichen Manuskript für ein Referat im Herbst letzten Jahres hieß es: Viele Gedanken über die Zukunft der Kirche nehmen beim Geld ihren Anfang. Der englische Bischof John Finney, der sich in unseren Tagen mit herben finanziellen Verlusten seiner anglikanischen Kirche herumschlagen musste, hat es so gedeutet: „Als wir lange nicht hören wollten, wählte Gott eine Sprache, die wir verstehen: die Sprache des Geldes.“ Ende des Zitats.
Kirche ohne Perspektive und ohne Inhalte ist für junge Leute, die einen Berufsweg planen, als künftiges Arbeitsfeld nicht attraktiv. Mit welchen Argumenten lässt sich z. Z.  ernsthaft für das Theologiestudium werben? Auch die Anzahl derer, die bereit sind, für die Arbeit im Kirchenvorstand zu kandidieren, ist offenbar rückläufig.

Mit freundlichem Gruß   Wolfgang Delventhal

 

Bilanz aus 15 Jahren „Neuem Steuerungsmodell“ und Doppik in den Kommunen

Neues Steuerungsmodell und Doppik in der Praxis – Erfahrungen aus den Kommunalverwaltungen.

Mit Prof. Dr. Jörg Bogumil (Ruhr-Universität Bochum) schreibt ein ausgewiesener Experte der empirischen Forschung über Neue Steuerungsmodelle/ Doppik/ NKF in den Öffentlichen Verwaltungen für das Deutsche Pfarrerblatt.

Sein Fazit:

Insgesamt ist mir bisher kein einziger extern evaluierter „Erfolgsfall“ der Doppik in Deutschland bekannt. Politische Entscheidungsträger wie auch solche quasi- öffentlicher Einrichtungen wie der Kirchen tun also gut daran, wenn sie die Doppik mit outputorientierter Budgetierung nicht automatisch einführen, sondern zunächst die Kosten dieser Reform prüfen und in kleinen Modellprojekten erproben. Lesen Sie den Artikel hier.