Schlagwort-Archive: Religion

Neuer König, neue Gesetze. Gehört der Islam zu katholischen Schützenvereinen?

Kommentar von Brigitte Vordermayer, Bayerisches Sonntagsblatt

…Doch der Reihe nach. Der türkischstämmige Muslim wirkt wie das Vorzeigebeispiel von Integration: In Deutschland geboren, ist er im örtlichen Schützenverein und bei der Feuerwehr und hat mit seiner katholischen Frau vier katholische Kinder. Der 33-Jährige wählte sogar katholische Religion als Abiturfach und weiß damit mehr über das Christentum als mancher seiner Kollegen im katholischen Schützenverein.

Beim diesjährigen Sommerfest zielt Gedik dann besser als seine Mitstreiter und schießt sich zum Schützenkönig. Die Vereinsfreunde jubeln, beim Festgottesdienst spricht der Pfarrer von »gelebter Integration und christlichen Werten«.

Doch dann wird der katholische Dachverband, der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), auf den muslimischen König aufmerksam.

Frido Mann: Die Religion versagt

Frauenhass, Anmaßung, Angst: Was die Religionen seit Urzeiten prägt, verhindert heute, dass sie Frieden machen und echten Sinn stiften. Davon ist der Lieblingsenkel Thomas Manns überzeugt. Frido Mann hat gerade ein Buch zum Thema geschrieben. Er findet trotzdem: Religion hat Zukunft. Aber warum? Sieben Fragen an den Theologen und Psychologen, über den sein Großvater einst häufig schrieb. Zum Beitrag in Publik Forum.

US–Supreme Court gibt Klage christlicher Unternehmer statt.

Zwei fast zeitgleiche Urteile zu Möglichkeiten und Grenzen der Religionsausübung im säkularen Staat wie sie konträrer kaum ausfallen können: einmal aus der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Frankreichs Verschleierungsverbot, zum andern aus den USA (hier). Die Urteile werden zeigen die tiefen kulturellen Gräben zwischen altem und neuem Kontinent auch in Fragen der Religionsausübung. Man darf auf die weitere theologisch-wissenschaftliche und staatsrechtliche Debatte gespannt sein. Vergleichen Sie dazu auch Jürgen Habermas: Wie viel Religion verträgt der liberale Staat?  (FS).

02.07.2014 Von Stefan Rehder

Der US-Supreme Court, der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika, hatte Anfang der Woche mit fünf gegen vier Stimmen entschieden, die Regierung könne nicht verlangen, das Unternehmer enge Geschäftsbeziehungen unterhielten, die gegen ihre religiösen Überzeugungen verstießen. Die Finanzierung sogenannter „präventiver Gesundheitsdienste“, die auch Angebote zur Sterilisation sowie der Abgabe von Kontrazeptiva enthielten, welche frühabtreibende Wirkungen entfalten könnten, „belasteten“ christliche Unternehmer „erheblich“ bei der „Ausübung ihrer Religion“ und stellen daher einen Verstoß gegen den 1993 erlassenen „Religious Freedom Restoration Act“ (RFRA) dar. Zum Artikel in der Tagespost.

Fundamentalismus oder: die Grenzen der Religionsfreiheit

15.01.2014, von Burkhard Schäfers

Ja zur Prügelstrafe, Nein zu Sexualkunde-Unterricht und Evolutionslehre: Die Mitglieder einiger fundamentalistischer Glaubensgemeinschaften wollen ihre Kinder nach ihren eigenen Regeln erziehen und unterrichten. Damit fordern sie die Gesellschaft heraus.

Immer wieder geraten religiöse Gruppierungen in Konflikt mit Recht und Gesetz – gerade wenn es um die Erziehung von Kindern geht. Sieben Jahre lange durften Anhänger der Glaubensgemeinschaft Zwölf Stämme ihre Kinder zu Hause unterrichten, von 2006 bis 2013 – genehmigt vom bayerischen Kultusministerium. Die Gemeinschaft, entstanden in den 1970er-Jahren in den USA, hat in Deutschland rund 100 Mitglieder. Die meisten von ihnen leben auf dem Gutshof Klosterzimmern, 70 Kilometer nordwestlich von Augsburg. Die dortige Privatschule musste im vergangenen Sommer den Unterricht einstellen – sie konnte keine qualifizierten Lehrer nachweisen. Zum Beitrag.

So schwingt das Religiöse. Das aktuelle Buch von Joachim Frank sieht neben den Schwächen auch die einzigartigen Seiten der Kirche.

FREIBURG, 27. April 2014 – Von Michael Schrom

Navid Kermanis Erinnerung an Vanillepudding und Heribert Prantls Mutter im Altenheim: Das aktuelle Buch von Joachim Frank sieht neben den Schwächen auch die einzigartigen Seiten der Kirche.

Er sieht aus wie der böse Zauberer in Tolkiens „Herr der Ringe“. Ein alter Mann, in dunkles Purpur gehüllt, auf dem Kopf eine Mitra, die Hand um den Stab gekrallt, als wolle er jeden Moment damit losschlagen, von hinten fotografiert vor einem bedrohlichen Gewitterhimmel. Das Titelbild des „Stern“ (Nr. 44 vom 24.10.) macht auf den ersten Blick klar, wovor sich Deutschland in Acht nehmen muss: „Die dunkle Macht“ lautet die Schlagzeile. Gemeint ist nicht die Mafia oder der Geheimdienst, sondern die katholische Kirche. Besondere Kennzeichen: „Verborgene Millionen, dicke Dienstwagen, keine Kontrolle“. Dem „obersten Bösewicht“ hat die Illustrierte zusätzlich eine eigene Geschichte gewidmet: „Tebartz-van Elst: So tickt der Skandal-Bischof“. In großen Zwischenüberschriften werden darin Ungeheuerlichkeiten aus seiner Jugend ausgebreitet, wie zum Beispiel diese: „Die Freunde spielen Fußball. Er wird Messdiener.“ Kein Wunder, wenn da etwas grundlegend schiefläuft…

Ohne die Vorgänge in Limburg beschönigen zu wollen, muss man feststellen, dass die Berichterstattung darüber mittlerweile ein Ausmaß angenommen hat, das an Hysterie grenzt. An die Stelle des Feindbilds der gierigen Banker und Manager sind die angeblich stinkreichen Bischöfe getreten, absolutistische Nichtsnutze, die sich noch dazu vom Staat aushalten lassen.

Diese Maßlosigkeit ruft selbst Journalisten auf den Plan, die Kirche zu verteidigen, die sich sonst nicht darum kümmern. So schreibt etwa Jens Jessen in der „Zeit“: „Was die Kirchen fürs Geld tun, im glanzlosen Normalfall der Caritas und Seelsorge, wurde eher nebenbei erwähnt. Und dass im Normalfall von gemästeten Geistlichen nichts zu sehen ist, im Gegenteil die Aufregung über den Limburger gar nicht verständlich wäre, wenn er den Normalfall markierte“, werde ebenfalls nicht bedacht. Jessen stellt in den Medien eine erschütternde „Unkenntnis – keineswegs nur gegenüber kirchlicher Tradition“, sondern auch gegenüber „christlicher Eigengesetzlichkeit überhaupt“ fest. Das reiche bis dahin, dass man der Kirche jegliche Berufung auf Gott und göttliches Recht abspreche und in ihr nur einen Verein wie jeden anderen sehen will, der sich gefälligst nach Vereinsrecht zu organisieren habe.

Wahrheit soll leuchten

Jessen hat recht: Die Kirche ist nicht (nur) von dieser Welt und darf es nach dem Willen Jesu auch nicht sein… Zum Artikel in Christ in der Gegenwart.

Religiosität und Sinnsuche in modernen Gesellschaften

3.6.2013; von Geert Hendrich, Bundeszentrale für politische Bildung

Fast 70 Prozent der Deutschen bezeichnen sich als „religiös“. 28 Prozent bekennen sogar, „tief religiös“ zu sein, während für eine „nur“ gleich starke Gruppe Religion keine Rolle spielt. Es sind solche Zahlen des Religionsmonitors von 2008,[1] die in der Öffentlichkeit den Eindruck befördert haben, unsere modernen, säkularen Gesellschaften erlebten eine Renaissance des Religiösen, zumal auch weltweit der Einfluss von religiöser Orientierung zunimmt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die gleichzeitige Krise, in welche die (westliche) Moderne selbst geraten ist: Zum einen scheint es, als hätten „die großen säkularen Rahmenerzählungen der modernen Welt (…) die Versprechen, die sie in die Welt gesetzt haben, irgendwie nicht eingelöst“.[2] Fortschritt und Wachstum, Freiheit und Selbstbestimmung, Demokratie und Humanismus bieten als „weltliche Sinnangebote“ (Gerhard Gamm) keine ausreichende Orientierung mehr. Zum anderen haben die gesellschaftlichen Auswirkungen der Modernisierungsgeschichte in der allgemeinen Wahrnehmung an Bedrohlichkeit eher zugenommen: Die Welt scheint nicht friedvoller und sicherer, nicht humaner und gerechter geworden zu sein. Es ist also zunächst nicht verwunderlich, wenn in der Folge das Thema „Religion“ als Angebot, in „einer entzauberten Welt besser zurechtzukommen“ (Gamm), wieder aktuell geworden ist. Mehr dazu.