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EKiR: Gegenwind nach Hilden im Präsesblog

Im Nachklang zur Synode in Hilden hat sich auf dem Präsesblog des Kirchenpresidenten Rekowski eine rege Diskussion gebildet. Viele Stimmen machen ihren Unmut gegen den eingeschlagenen Reformweg Luft:

Wir “kleinen” Gemeindemitgliederinnen dürfen schön ehrenamtlich arbeiten. Vergelts Gott.„

In der heutigen Zeit Kapitalvermögen anzuhäufen ist wegen niedriger Zinsen reine Geldvernichtung. Mitarbeitende hingegen erhalten Kirche lebendig und motivieren distanzierte VolkskirchlerInnen dazu, “dem Laden” treu zu bleiben und ihr Christsein auch an die Folgegeneration weiterzugeben.“

Sehr geehrte Damen und Herren,

entmachtet die örtlichen Gemeinden nicht weiter, sonst habt Ihr bald niemand mehr, der einer ausgehöhlten Gemeinschaft angehören will. „

Lesen Sie noch weitere Kommentare oder verfassen sie einen eigenen in dem Präsesblog.

Rundbrief zur Synode in Hilden

An die Interessierten an der Zukunft der Rheinischen Landeskirche!

Als Besucher der ausserordentlichen Landessynode in Hilden kann ich dem Eindruck nur beipflichten, dass die große Mehrheit der Synode die Kirchenleitung dabei unterstützt, deutliche Sparanstrengungen in erheblicher Höhe zur Sanierung des landeskirchlichen Haushaltes und der Versorgungskassen vorzubereiten.

Aus Gemeindesicht ist bei vielen sehr positiv wahrgenommen worden, dass die neue Kirchenleitung mit dem neuen Präses und den neuen Verwaltungs- und Finanz-verantwortlichen nicht primär den Gemeinden eine neue Sparrunde aufdrückt, sondern zuerst die landeskirchliche Ebene einer gründlichen Prüfung unterzieht. Ebenso positiv wird wahrgenommen, dass der Außenwirkung kirchlicher Aufgaben dabei erhöhte Priorität beigemessen wird und besonders intensiv nach Sparmaßnahmen im Innenbereich gesucht werden muss.

Aber: Der Besucher der Landessynode auf der erhöhten Seitentribüne nimmt manche Eindrücke vielleicht anders wahr als die 210 Synodalen und 150 beratenden Mitglieder oder die landeskirchliche Presseabteilung.

1.) Es gab einige kritische Anfragen an die Berechnung des (anscheinend) defizitären landeskirchlichen Haushaltes. Ein saarländischer Superintendent hinterfragte – und stützte sich dabei auf ein Votum von über einhundert zustimmenden Unterschriften, ob bei NKF die „Abschreibung“ von Gebäuden und die gleichzeitige Erhebung einer „Substanzerhaltungspauschale“ nicht eine Doppelung ergebe, die überflüssig sei und im Endeffekt zu einem Haushaltsdefizit führe, das ohne diese Doppelung so nicht entstanden wäre? Auch aus anderen Voten von Synodalen war deutlich die Befürchtung herauszuhören, dass hier durch NKF ein Haushalt künstlich defizitär gerechnet würde. Weder die Kommunen noch die Wirtschaft würden eine solche Doppelung kennen. Zwar müssen Unterhaltungskosten eingeplant werden: aber dann kann es nur entweder Abschreibung oder Substanzerhaltungspauschale geben. Niemals beides zusammen. Hier sei NKF falsch angelegt.

Wer in einer Ortsgemeinde das Erschrecken mitbekommen hat, wie ordentlich geführte und solide finanzierte Gemeinden durch NKF auf einmal zu notleidenden Gemeinden werden können, kann nachvollziehen, wie eine solche Doppelung Haushalte übermäßig belasten kann und dann zur Begründung für rigide Sparmaßnahmen dient.

Hans-Jürgen Volk hat vor einigen Tagen auf seiner Homepage (http://www.zwischenrufe-diskussion.de/pages/ekir/in-den-sand-geschrieben.php) auf diese Problematik beim rheinischen NKF hingewiesen:

Der Haushalt der Landeskirche gerät also nicht etwa auf Grund sinkender Kirchensteuereinnahmen unter Druck. Ein entscheidender Faktor ist die unsinnige Doppelung von Substanzerhaltungspauschalen (SEP) und Abschreibungen (AfA) bei Gebäuden, die es sonst in der Doppik weder bei Kommunen noch bei den Ländern gibt. Der landeskirchliche Haushalts wird mit 13,4 Mio. € für Beides belastet. Dies macht etwa 22% der gesamten Haushaltsmittel aus. Die AfA hat ein Volumen von 5,2 Mio. €, SEP von 8,2 Mio. €. Würde man auf die AfA verzichten, reduzierte sich das Defizit des landeskirchlichen Haushalts auf 2,6 Mio. €, bei Abschaffung der SEP würde unter Beibehaltung der AfA selbst nach den Planzahlen für 2013 ein Plus von 400.000 € zu verzeichnen sein.“

(Eine sehr vereinfachte Erklärung: Man bezahlt monatlich erstens einen Autokredit ab und legt zweitens gleichzeitig einen Betrag zurück, um sich nach Verschrottung des ersten Autos ein neues Auto kaufen zu können. Der Haushalt wird also momentan gleichzeitig für den Kauf zweier Autos belastet. Selbstverständlich müssen normale Unterhaltungskosten für das Auto eingerechnet werden.)

OKR Baucks hat darauf geantwortet, dass die KL das Problem sähe und eine Arbeitsgruppe daran arbeite, dieses Problem zu lösen.

2.) Hier stockt einem der Atem: Seit Jahren wird über NKF intensiv in den Synoden und Gemeinden gestritten, es gab ein Moratorium, es gab eine Neuaufstellung der Verantwortlichen für die Umsetzung und nun erst, nach gefühlten zehn Jahren Leiden unter NKF, wird ein Grundfehler deutlich, der verheerende gravierende Auswirkungen auf die Beurteilung von Finanzlagen hat. Warum wurde dieses Probleme nicht schon vor zehn Jahren offen dargelegt und besprochen? Warum erst heute?

Was nun:

  • Haben die verantwortlichen Verwaltungsmenschen das nicht gesehen und gewusst? Das ist sehr unwahrscheinlich, da auch Menschen, die ursprünglich aus der Kommunalverwaltung (ohne diese Doppelung) kommen, jetzt in einflussreichen Stellen und Ausschüssen in unserer Kirche tätig sind: Aber dann wären ihnen wegen Unfähigkeit dringend solche Aufgaben zu entziehen! NKF wäre in ganz schlechten Händen.

  • Oder haben sie jahrelang das Problem vor den Synodalen, der KL und den Gemeinden verschwiegen? Und bekämen so die Synodalen Recht, die auf der Synode durch NKF eine künstliche Schlechterrechnung der Finanzen befürchteten? Sollten so insgeheim kirchenpolitisch motiviert Sparmaß-nahmen und Strukturveränderungen zu Lasten der Gemeinden und der theologischen und diakonischen Arbeiten der Landeskirche gepuscht werden?

  • Oder?

Das Misstrauen, dass hier nicht von allen Beteiligten im finanziellen Bereich mit offenen Karten gespielt wurde, war bei einigen Synodenvoten deutlich zu spüren. Hier muss die KL dringend für Klarheit sorgen, bevor dieses Misstrauen auf die neue Kirchenleitung selbst übergreifen kann.

3.) Und dann kamen noch zwei Voten, die bei mir Erstaunen und Erschrecken hervorgerufen haben: Der von der Kirchenleitung berufene Synodale Preutenvorbeck, Verwaltungsleiter des KK Jülich, gab etwas überraschend in der Diskussion ein Votum ab, dass man mit weiteren Kostensteigerungen bei NKF zu rechnen habe und diese dringend nötig seien. Der Finanzchef OKR Baucks, stimmt ihm zu und bedankte sich ausdrücklich für diesen Hinweis. Man müsse auch technisch auf dem neuesten Stand sein. Und es gäbe keine Alternative zum Weitermachen. Das blieb so stehen. Keine weiteren Voten dazu.

Anscheinend stehen weitere 1,1 Millionen € zur Debatte.

War das Resignation, dass sich niemand von den Synodalen gegen diese neuere Kostensteigerung wehrte? Hatte man das schon eingeplant und abgehakt? Gilt das Projekt als unberechenbar und unbeherrschbar?

Aber die Bedeutung einer solchen Haltung ist unbegreifbar: Da wird über die Existenz landeskirchlicher Arbeit hautnah diskutiert: der Fortbestand der Schulen oder des Internates in Hilden, über die Kirchliche Hochschule oder andere landeskirchliche Arbeitsfelder an, mit und für Menschen: und gleichzeitig werden Millionenbeträge für neue Methoden der Finanzverwaltung ausgegeben: Kein einziges Gemeindeglied wird einen kleinen Vorteil von NKF haben oder verspüren, aber entscheidende kirchliche Arbeitsgebiete müssen wegfallen. Mitarbeiter zittern um ihre Arbeitsplätze.

Es ist unglaublich und unbegreifbar: Da werden Verwaltungsträume und erhoffte Verbesserungen seit Jahren mit immer mehr Millionenbeträgen subventioniert (Ende nicht absehbar) und die dringend notwendige Arbeit an und für Menschen wird zurückgefahren. Ich habe noch nirgendwo von Einsparungen bei der Verwaltung durch Synergieeffekte gehört, aber dauernd wird mir von neuen Stellen und ausufernden Kosten für die Verwaltung berichtet.

Darf für eine Kirche NKF wichtiger sein als die Arbeit mit Menschen? Darf man für dieses Projekt im Rechnungswesen noch weiter unabsehbare Millionenbeträge ausgeben, ohne dass das Ende der Fahnenstange in Sicht ist?

Ein begrenzter, teilweiser Stopp dieser Finanzumstellung NKF könnte mit fünf Schritten Ruhe in die ganze Sache bringen:

a) Alle Kirchengemeinden und Kirchenkreise, die noch nicht umgestellt haben, stoppen den Prozess der Umstellung umgehend.

  • Sie müssen nicht mehr teuer zu bezahlende externe Berater einkaufen, weil der Personalmarkt sonst keine geeigneten Personen für die Umstellung hergibt.

  • Sie müssen nicht mehr noch unfertige Konzepte ausprobieren und teures Lehrgeld bezahlen.

b) Die linke Seite des Haushaltsbuches wird vorerst in allen Institutionen auf Eis gelegt. Die oft als „Haushaltslyrik“ verspottete linke Seite mit den Zielvorstellungen ist für die Gemeinden und Kirchenkreise weitgehend uninteressant und überflüssig. Wo wichtige Ziele sich anbieten, werden Gemeinden sie auch ohne linke Seite im Blick haben und über die notwendigen Finanzen beraten. Wenn Gemeinden oder Kirchenkreise aber ernsthaft sich auf die Zielformulierungen und Zieldiskussionen einlassen würden, hätten sie im ganzen Jahr für nichts anderes mehr Zeit. Was nützen von der Verwaltung vorgeschlagene leere Worthülsen? Oder vom Vorsitzenden mühsam überlegte Zielvorschläge? Oder leer abgegebene Seiten? Angesichts der vielfach herrschenden Finanznot ist nicht die Aufstellung des Haushaltsplanes der richtige Ort, sich über Prioritäten klar zu werden.

c) Nur die Institutionen, die schon umgestellt haben, führen diesen Prozess weiter. Sie experimentieren mit den noch offenen Problemen, optimieren die Prozesse und Methoden und bilden einen kompetenten Mitarbeiterstab aus. Ziel sollte die Ausarbeitung eines einheitlichen NKF-Modells sein, das preiswert und sparsam ist, das leicht verständlich und verwaltungstechnisch beherrschbar ist, das auf andere Kirchengemeinden und Kirchenkreise übertragbar ist und das für Presbyterien und KSV-Mitglieder überschaubar und verständlich ist, damit die Leitungskompetenz bei den dafür zuständigen Gremien bleibt und nicht auf die Verwaltung übergeht. Nur diese Kirchenkreise investieren vorerst in dieser Experimentier- und Erprobungsphase auch in neue Hard- und Software.

Für die Ausarbeitung eines solchen NKF – Modells reichten einige engagierte Kirchenkreise und Gemeinden aus. Es muss nicht die ganze Landeskirche zu einem superteuren Experimentierplatz werden.

d) Erst wenn das angestrebte optimierte Modell erfolgreich den Praxistest bestanden hat, kopieren die anderen Kirchenkreise, Gemeinden und Werke dieses Modell. Inzwischen wird es dann genügend kompetente Verwaltungsmitarbeiter geben, die dieses fertige Modell preiswert in Nachbarkirchenkreisen und Gemeinden einführen können.

e) Die linke Haushaltsseite bleibt optional: Nur wer für seine Institution diese linke Seite für sinnvoll und sachgerecht hält, macht sie zum Teil des Haushaltsbuches.

Diese linke Haushaltsseite ist kein notwendiger Bestandteil von NKF, sondern ist die zusätzliche Einführung eines neuen Führungssystems in der Kirche. Dieses System hat mit NKF im Kern nichts gemein.

Bei der Einführung von NKF im Rheinland wird nicht nur die Buchführung umgestellt auf doppelte Buchführung, sondern es wird mit der linken Haushaltsplanseite gleichzeitig ein neues Management-System für die Leitung von Gemeinden, Kirchenkreisen und der Landeskirche eingeführt: „management by Objectives“

 

Management by Objectives (MbO) (zu Deutsch: Führung/Führen durch Zielvereinbarung) ist eine Methode aus der Betriebswirtschaftslehre zur Führung von Mitarbeitern eines Unternehmens.

Ziel dieses Verfahrens ist es, die strategischen Ziele des Gesamtunternehmens und der Mitarbeiter umzusetzen, indem Ziele für jede Organisationseinheit und auch für die Mitarbeiter gemeinsam festgelegt werden.“ (wikipedia)

Eine solche Methode hat nichts direkt mit dem Finanzwesen zu tun und ist somit nicht zwingend mit der Einführung der doppelten Buchführung zu verbinden.Durch diese Koppelung wird aber die Einführung der doppelten Buchführung verkompliziert und für Presbyterien und KSVs kaum durchschaubar: Notgedrungen müssen sie der Verwaltung die Handhabung überlassen und Teile ihre Leitungsfunktion abgeben.

Sollte nicht in einer Kirche gelten: Besser einige Jahre Zweigleisigkeit für Haushaltspläne und Abschlüsse -das klappt ja im Moment auch- als weiter dieses NKF-Fass ohne Boden zu füllen und dafür die Arbeit an Menschen zu kappen.

Die Landessynode könnte hier im Januar 2014 die (zeitweise) Notbremse ziehen, ohne die ganze Umstellung in Frage zu stellen und viel Geld vergeblich ausgegeben zu haben.

Viele Grüße und Gottes Segen für Ihrer Arbeit

Manfred Alberti

p.s.: Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Schwächen und Gefahren des Verwaltungsstrukturgesetzes, das am 01.April 2014 so in Kraft tritt, wenn die Landessynode 2014 es nicht noch verändert und einen finanziellen Rahmen setzt, können Sie finden auf: www.presbyteriumsdiskussion-ekir.de Kap. A 2 Verwaltungsstrukturgesetz 2013 Kritische Analyse

EKiR- Synode in Hilden: In den Sand geschrieben! Anmerkungen zur außerordentlichen Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Hilden und zu den Beschlussvorlagen der Kirchenleitung

Von Hans-Jürgen Volk

Wir müssen uns kleiner setzen!“ „Wir werden in Zukunft anders Kirche sein müssen.“ „Schmerzvolle Einschnitte und große Anstrengungen sind erforderlich.“ Imperative, die eine Hingabe an das scheinbar Unausweichliche verlangen, dominieren den sog „Präsesblog“ der EKiR – jedenfalls dort, wo es ums Sparen geht. Wenn „Entscheidungen im Dialog“ vorbereitet werden sollen, dann offenbar nur solche, in denen die Sparvorgaben der Kirchenleitung strenge Beachtung finden. 15% Einsparungen im Haushalt der Landeskirche jetzt bis 2015, 35% insgesamt bis 2018, diese Ansage, herbeigeführt durch einen Beschluss der rheinischen Kirchenleitung Anfang Juli, scheinen wie in Stein gemeißelt. Die Basis dieser Vorgaben ist allerdings mehr als fragwürdig. Die außerordentliche Landessynode, die am 23. November 2013 in Hilden stattfindet, soll diesen Sparkurs absegnen. Die Beschlussvorlagen zur sind hier zu finden.

Die Sparvorgaben der Kirchenleitung haben keine belastbare Grundlage:

  1. Ausgangspunkt der Berechnungen sind die Planungsvorgaben für 2013 mit einem Nettokirchensteueraufkommen von 575 Mio. €. Diese Zahl ist überholt. Der erweiterte Finanzausschuss geht mittlerweile von einem Aufkommen von 593,5 Mio. € für 2013 aus. Dies liegt immer noch eine halbe Mio. € unter dem schon lange bekannten Ergebnis von 2012. Auf Grund der Tatsache, dass die Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen 2013 insgesamt deutlich positiver verläuft als im Vorjahr kann man getrost davon ausgehen, dass auch dieser Betrag überboten wird.

  2. Das Netto-Kirchensteueraufkommen ist seit 2005 nominal um deutlich über 20% gestiegen. Alle signifikanten Fakten sprechen im Moment dafür, dass es entgegen der wiederum allzu vorsichtigen Planung (- angenommen wird ein Verteilbetrag von 584,8 Mio. € -) auch 2014 steigen wird.

  3. Der Haushalt der Landeskirche gerät also nicht etwa auf Grund sinkender Kirchensteuereinnahmen unter Druck. Ein entscheidender Faktor ist die unsinnige Doppelung von Substanzerhaltungspauschalen (SEP) und Abschreibungen (AfA) bei Gebäuden, die es sonst in der Doppik weder bei Kommunen noch bei den Ländern gibt. Der landeskirchliche Haushalts wird mit 13,4 Mio. € für Beides belastet. Dies macht etwa 22% der gesamten Haushaltsmittel aus. Die AfA hat ein Volumen von 5,2 Mio. €, SEP von 8,2 Mio. €. Würde man auf die AfA verzichten, reduzierte sich das Defizit des landeskirchlichen Haushalts auf 2,6 Mio. €, bei Abschaffung der SEP würde unter Beibehaltung der AfA selbst nach den Planzahlen für 2013 ein Plus von 400.000 € zu verzeichnen sein.

Fazit: Was in Stein gemeißelt zu sein scheint, ist tatsächlich in den Sand geschrieben und hält einer Überprüfung an den Fakten nicht stand.

Thesen zur Argumentation der KL:

  1. Es sind keine zwingenden Gründe für die enorme zeitliche Verdichtung des ursprünglichen Sparziels von 15% und die Verschärfung auf 35% bis 2018 erkennbar.

Geht man von des Zahlen aus, die der erweiterte Finanzausschuss für 2013 jetzt als Netto-Kirchensteueraufkommen annimmt – 593,5 statt 575 Mio. € – und beseitigt man die Geburtsfehler der rheinischen NKF-Variante, wozu eindeutig die Doppelung von SEP und AfA gehört, reduziert sich das Defizit im Haushalt der Landeskirche erheblich und verwandelt sich unter Umständen sogar in einen Überschuss.

  1. Auf Grund der zeitlichen Verdichtung besteht die Gefahr, dass weder eine inhaltliche Begleitung des Sparprozesses noch eine Überprüfung im Blick auf die funktionalen Folgen ausreichend gewährleistet ist.

Die den Haushalt der Landeskirche betreffenden Sparbemühungen wurden nach einem Beschluss der KL durch die Landessynode 2010 unter der Überschrift „Aufgabenkritik“ auf den Weg gebracht. Die Landessynode installierte zudem einen Ausschuss für Aufgabenkritik, der den Sparprozess inhaltlich begleiten sollte. Handlungsleitende Kriterien ergaben sich aus dem auf der gleichen Synode beschlossenen „Leitbild“ der EKiR „Missionarisch Volkskirche sein“ und nicht zuletzt aus der grundlegenden, zahlreiche Selbstverpflichtungen enthaltenden Schrift aus 2008 „Wirtschaften für das Leben“.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass für die neue KL beide Schriften bestenfalls Fußnoten darstellen, keinesfalls aber eine handlungsleitende Funktion übernehmen sollen. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Vorlage der KL zur Gestaltung des weiteren Beratungsprozesses, in der lediglich die 8 im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ vom 28.09. 2013 entwickelten Kriterien zur Umgestaltung benannt werden. Wie will man eine sinnvolle, theologisch und sozialethisch vertretbare Umgestaltung unserer Kirche bei dem jetzt erzeugten Zeitdruck hinbekommen?

Schon jetzt überlappen sich zahlreiche „Reform“-Projekte, die dringend nach Korrekturen verlangen. Nun folgt auf den nicht abgeschlossen, wenig reflektierten ersten Sparschritt von 15% der wesentlich drastischere von 35% bis 2018. Hiermit wird die für den bbz-Finanzskandal ursächliche Überforderungskultur auf die Spitze getrieben!

  1. Wer sparen will sollte zunächst NKF, die Verwaltungsstrukturreform und andere fragwürdige Reformprojekte auf den Prüfstand stellen und dringend erforderliche Korrekturen herbeiführen!

Dass NKF wie die Verwaltungsstrukturreform, die wie andere „Reform“-Projekte einst propagiert worden sind, um Kosten zu reduzieren, dass genaue Gegenteil bewirken, wird immer deutlicher. (Vgl. hierzu den Beitrag: „NKF und Verwaltungsstrukturreform – ein ‚weiter so‘ führt ins Desaster“.)

Mir persönlich sind mehrere Kirchenkreise bekannt, die in den letzten Monaten neue Verwaltungsstellen eingerichtet haben. Finanzmittel werden von der Arbeit mit Menschen abgezogen, stattdessen fließen immer mehr Ressourcen in die Verwaltung. Es ist evident, dass die aktuelle Leitung der EKiR die Komplexität der eigenen Landeskirche in Verbindung mit den bereits erfolgten Umstrukturierungsmaßnahmen nicht wirklich beherrscht. Durch den verschärften Sparkurs werden sich die ungewollten Effekte verstärken.

  1. Falsche Grundannahmen führen zu falschen Prognosen.

In Gefolgschaft von Vorgaben der EKD geht die KL von einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen von 1% im Jahr aus. Dies wird begründet mit dem demographischen Wandel und dem Mitgliederrückgang. Diese Grundannahme ist schlicht falsch! Seit 1970 hat sich das Kirchensteueraufkommen trotz Mitgliederrückgang vervielfacht. Den demographischen Wandel gibt es in Deutschland seit ca. 150 Jahren. Die nicht akzeptable Diskrepanz zwischen Planzahlen und tatsächlichen Ergebnissen ist zum großen Teil auf diese falsche Grundannahme zurückzuführen. Langfristprognosen über das Jahr 2020 oder gar 2030 hinaus sind unsinnig, da seriöse Aussagen über einen derart langen Zeitraum hinweg weder über das Steueraufkommen, noch die ökonomische Entwicklung oder das Finanzmarktgeschehen möglich sind. Sinnvoll und möglich ist eine transparente Bewertung von Risiken und Chancen, die zu unterschiedlichen Szenarien führt.

  1. Zukünftige Versorgungs- und Beihilfeansprüche sind eine Herausforderung, die nur von einer vitalen Kirche bewältigt werden kann.

Eine bedenklich geringe Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche sind eine große Herausforderung für die EKiR. Was ist der beste Weg, um gegenzusteuern? In dem Beitrag „sparen oder gestalten“ werden hierzu Vorschläge gemacht.

Die Kirchenleitung hält es für geboten, die laufende Arbeit durch den Abzug von Finanzmitteln zu schwächen, um die Kapitalbildung zur Bewältigung zukünftiger Beihilfe- und Versorgungsansprüche zu intensivieren. Diese Reaktion auf eine EKD-Rüge verrät ein bürokratisch-statisches Denken, das verkennt, dass nur eine vitale Kirche kommenden Herausforderungen gewachsen ist. Zudem werden Finanzmarktrisiken sträflich unterschätzt.

Bald werden gut ein Viertel des verfügbaren Kirchensteueraufkommens zur Absicherung von Versorgungsleistungen und Beihilfeansprüchen verwendet. Damit ist die Grenze des Sinnvollen und Vermittelbaren mehr als erreicht. Auch eine Kirche kann man kaputt sparen! Unterstrichen werden muss, dass die Ev. Kirche im Rhein bereits erheblich Anstrengungen bis über die Grenzen der Belastbarkeit hinaus unternommen hat, um der Herausforderung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche gerecht zu werden.

  1. Gerade im Hinblick auf den bbz-Finanzskandal ist beim Anlagevermögen der EKiR Transparenz und ein professionelles Anlagemanagement erforderlich. Die Empfehlungen der Höppner-Kommission sind zu beachten!

Unter 3.1.4 schreibt die Höppner-Kommission der EKiR ins Stammbuch: „Geld ist also nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat müssen im Einklang miteinander stehen. Hier hat sich die Parallelität von christlicher Botschaft und kirchlichem Handeln zu bewähren. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.“ Die Kommission empfiehlt unter 4. eine Reihe von Maßnahmen. Hierbei geht es im klare Leitungsstrukturen und eindeutige Verantwortlichkeiten sowie um ein ethisch orientiertes professionelles Anlagenmanagement.

Hoffentlich lernen Kirchenleitung und Landessynode aus der bbz-Affäre, die bekanntlich die EKiR im Blick auf ihre Rücklagensituation so sehr geschwächt hat, dass sie als Begründung für den von der KL geforderten Sparkurs mit herhalten muss.

Die Geldanlagen der EKHN wurden kürzlich von einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unter die Lupe genommen, wobei erhebliche Mängel und Risiken sichtbar wurden. Friedhelm Schneider weist in einem eigenen Beitrag auf den Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses hin, der auf der Studie der Wirtschaftsprüfer basiert. Die Vermutung, dass in der EKiR ähnliche Mängel vorhanden sind, liegt nahe.

Wirft man einen Blick auf den Verwaltungsrat der Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte (VKPB) Dortmund, wachsen Befürchtungen. Dieses Gremium, das den 2-köpfigen Vorstand kontrollieren soll, besteht fast ausschließlich aus TheologInnen und JuristInnen. Ob hier die nötige Kompetenz im Blick auf Anlagemanagement und Investmentrisiken vorhanden ist, darf bezweifelt werden.

  1. Es ist nicht akzeptabel, wie die EKiR mit ihren Beschäftigten umgeht. Das Verhalten der Kirchenleitung befindet sich im offenkundigen Widerspruch zu sozialethischen Positionen der EKiR.

Ein Vorgeschmack auf das, was bei Umsetzung des verschärften Sparkurses auch anderen Arbeitsfeldern droht, ist derzeit bei der Umstrukturierung der Medien und Öffentlichkeitsarbeit zu beobachten. Hiermit ist eine einstmals unabhängige evangelische Publizistik durch die Ansiedlung im LKA nun endgültig zur kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit mutiert. Bedrückend ist, dass durch die Umstrukturierung Menschen ihren Arbeitsplatz verloren haben, die nur unter großen Schwierigkeiten an anderer Stelle eine neue Beschäftigung finden dürften. Bei anderen Berufsgruppen hat die Ev. Kirche im Rheinland quasi eine Monopolstellung als Arbeitgeberin. Sie trifft der Arbeitsplatzverlust noch härter und bedeutet in der Regel das beruflich Aus. Menschen sind jetzt unter Druck, die teilweise jahrzehntelang kompetent und gedeihlich für die Kirche gearbeitet haben und nur wenige Jahre vor ihrem Ruhestand stehen.

Wir wollen so solidarisch mit Armen handeln und uns anwaltschaftlich für die einsetzen, die die Stärkung ihrer Rechte und Lebenschancen brauchen. Auf diese Weise werden Menschen neugierig auf die Gemeinschaft, in deren Praxis Gerechtigkeit und Solidarität sichtbar leitend sind.“ (Missionarisch Volkskirche sein S. 7 -2.8) – Will jemand ernsthaft behaupten, die vor allem an Finanzgrößen orientierte Vorlage der KL „Umgang mit der finanziellen Situation der Evangelischen Kirche im Rheinland“ würde einer Praxis den Weg bereiten, in der „Gerechtigkeit und Solidarität sichtbar leitend sind“?