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Das Fernmeldegeheimnis ist faktisch abgeschafft

Der BND hat Daten, die er am Internetkontepunkt Frankfurt abgeschöpft hat der NSA weiter gegeben. Die Kommunikation deutscher Staatsbürger wurde dabei nur unzureichend heraus gefiltert.

Der Vorfall, der nun publiziert wurde ist in dreifacher Hinsicht ein Skandal:

  • Ein Grundrecht auf Privatsphäre wird nur den eigenen Bürgern zugestanden. Es offenbart ein erschreckendes Verständnis von Geheimdiensten, wenn man Grundrechte nur den eigenen Bürgern zugesteht. Sie sollten universell sein. Ein Land, das von sich den Anspruch hat Grund und Menschenrechte in die Welt zu strahlen, darf sich an deren Aushöhlung nicht beteiligen.Wahrscheinlich werden viele andere Staaten ähnlich mit der NSA kooperiert haben. Da im Internet Daten nicht auf den direkten Weg gesendet werden, liegt der Schluss nahe, dass unsere Nachbarn wahrscheinlich der NSA die Daten lieferten, die ihnen der BND nicht geben wollte.

    Eine Bekanntgabe der Praxis hätte die Bürger schützen können. Doch der BND sah es anscheinend als wichtiger an bei der NSA mitzuspielen als die Grundrechte seiner Bürger zu schützen.

  • Der BND brach mit dem Datenaustausch bewusst das Grundgesetz. Zu Beginn des Programm Eikonal gab es keine Rechtliche Grundlage für den Datenaustausch. Dennoch wurde es gestartet. Erst 2009 wurde ein Gesetz zum Austausch der Daten geschaffen. Dieses erlaubt aber nur eine Übermittlung nach einer Einzelfallprüfung. Massenhafte Rohdaten, wie geschehen, zu übergeben war darin nie vorgesehen.
  • Die Kontrollgremien, die eingeweiht waren haben sich am Bruch des Grundgesetz beteiligt. Namentlich der damalige Kanzleramtsminister Steinmeier und das parlamentarische Kontrollgremium.

Artikel 10 des Grundgesetz ist daher wahrscheinlich nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem er geschrieben steht.

Wohin die Datensammelwut der NSA führt zeigt sich exemplarisch gut in den USA. Apple hat sein neues Smartphone mit einer neuen Verschlüsselungstechnik ausgestattet. Diese erlaubt es nun nicht einmal mehr Apple die so verschlüsselten Daten zu lesen. Für diesen Service wurde erst durch die Geheimdienste ein Markt geschaffen. Vor allem weil bekannt ist, dass jede Kommunikation erfasst werden könnte und sogar Internetfirmen zur Herausgabe von Daten gezwungen werden, ist ein Markt für Privatsphäre entstanden. Gegen die großen Geschütze hat Apple nun ebenfalls groß aufrüsten müssen. Die einmal verschlüsselten Daten kann nur noch der Benutzer entschlüsseln. Kein Geheimdienst kann Apple dazu zwingen. Die Behörden schlagen nun Alarm vor der neuen Technologie. Wer seine Daten schützen will gilt automatisch als verdächtig.

Ein Wettrüsten zwischen Nutzern und Behörden ist kein wünschenswertes Ereignis. Doch es wird notwendig bleiben so lange Geheimdienste nicht wieder auf den Boden der Verfassung gestellt werden und wir uns über ein elektronisches Briefgeheimnis geeinigt haben.

Ein verlässliches Briefgeheimnis dient den Interessen aller. Die Kommunikation ist günstig, einfach und vertraulich. Das Funktioniert aber nur so lange das Briefgeheimnis als wichtiges Grundrecht angesehen wird. Doch wer ist in unserem Staat noch da um die Grundrechte zu schützen, wenn selbst der Kanzleramtsminister das Grundgesetz bricht?

Das Briefgeheimnis wird im Internet ausgehöhlt

Nun ist es bekannt, das die NSA großflächig Daten im Internet sammelt. Das erste mal kommt es zu einem großem Aufschrei der Gesellschaft. Zu lange war das Thema Briefgeheimnis in Internetzeitalter für viele nicht greifbar genug.

Edward Snowden hat damit eine wichtige Debatte angestoßen, denn viele wollen nicht mit der Vorstellung leben, dass ihre Emails von Geheimdiensten mit gelesen werden. Nun stellt sich die Frage, ob außer großer Betroffenheit auch Handlungen folgen werden. Die Aussichten dafür sind düster. Angeblich will die Bundesregierung von den Datensammlungen nichts gewusst haben. Bei der Verfolgung von Terrorgruppen, war sie aber immer wieder auf die Hinweise amerikanischer Geheimdienste angewiesen. Es ist kaum zu vermuten, das die Regierung die Hand, die sie Jahre lang mit Informationen gefüttert hat beißen wird.

Es gibt bereits Programme, die es ermöglichen sichere Emails zu versenden, die außer Sender und Empfänger niemand lesen kann. Die USA versuchten sogar vergeblich ein solches Programm als Waffe klassifizieren zu lassen, damit es sich nicht über das Internet verbreitet.

Zwar ist es möglich kostenlos seine Emails sicher zu versenden. Doch die Programme richten sich an Menschen, die sich mit ihrem Computer auskennen. Die Instalation ist komplexer und auch das versenden der sicheren Emails ist deutlich schwieriger als man es bei den normalen gewohnt ist. Wer seine Emails dennoch verschlüsseln will, findet bei investigative Recherche eine gute Anleitung. Es bleibt aber zu fürchten, das weiterhin nur Berufsgruppen und Unternehmen, die sich sichern müssen zu solchen Verschlüsselungen greifen. Für die Allgemeinheit sind solche Programme noch nicht entwickelt.

Die Aufregung sorgt schon für Veränderungen. Imme mehr User wollen ihre Emails verschlüsseln. Bisher benutzen die meisten Personen Anbieter bei denen sie die Emails umsonst verschicken können. Doch was umsonst ist kostet meist die eigenen Daten. Diese werden dann zur Werbung genutzt und weiter gegeben. Das Umdenken bei den VerbraucherInnen führt nun zu einem neuem Geschäftsmodell. Erste Emaildienste haben bereits angekündigt sichere Emails anbieten zu wollen. Das wird dann aber Geld kosten. Doch der Markt wird nicht alles richten können. Denn zu einer sicher verschlüsselten Email müssen SenderIn und EmpfängerIn beitragen. Sendet man also eine Email an einen kostenlosen Emailanbieter, der keine sichere Verschlüsselung unterstützt, muss ich das weiterhin offen, wie eine Postkarte senden. Daher schlägt Kai Biermann in der Zeit vor,Anbieter von Emaildiensten dazu zu verpflichten eine Form, die das Briefgeheimnis wahrt anzubieten. Bei Sicherheitsgurten sei ein solcher Zwang auch der einzige gangbare Weg gewesen.

Eine große Chance hin zu einem digitalem Briefgeheimnis wurde mit der De-Mail vertan. Da man mit dieser Email sensible Daten mit Behörden austauschen können soll, ist hier eine sichere Verschlüsselung besonders wichtig. Gerade hier hätte man eine sichere Verschlüsselungsmethode wählen müssen. Doch der Gesetzgeber hat sich anders entschieden. Der Chaos Computer Club kommt in seinem Gutachten zu dem Urteil, das „die De-Mail kein höheres Sicherheitsniveau als die herkömmliche Email aufweist.“

Hintergrund: bei einer sicheren Verschlüsselung könnte auch der Staat die Emails selbst mit Gerichtsbeschluss nicht unterwegs mitlesen. Daher werden De-Mails vom Anbieter zur Überprüfung entschlüsselt und dann wieder verschlüsselt weiter geschickt. Offiziell geschieht dies um die Mails auf Spam oder Viren zu überprüfen. Doch genau dort wo alle Mails entschlüsselt werden ist ein lohnendes Angriffsziel für Hacker und auch Geheimdienste.

Darüber hinaus besitzt das Konzept der De-Mail so viele grundsätzliche Fehler, das Sascha Lobo sie als „Vorzeigemisserfolg in allen Details“ bezeichnet.

So oder so wird es dauern, bis das Briefgeheimnis als Grundrecht in der Realität des 21 Jahrhunderts ankommt.