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Ihr aber glaubet. Konferenz zum Zusammenhang von Religion und Wachstumsdenken in Köln.

“Ihr aber glaubet” – Über Religion und Wachstumsdenken
Eine internationale Konferenz vom 12.-14.06.2015 der Kulturstiftung des Bundes
Kölnischer Kunstverein (Konferenz) und Schauspiel Köln (“Ihr aber glaubet”-Campus).

Den Zusammenhang von Religion und Wachstumsdenken zum Thema zu machen, heißt, der Gesellschaft die Gretchenfrage zu stellen: Wie hält sie es mit der Religion, nachdem sich die Säkularisierungserzählungen erschöpft haben? Und wie mit dem Wachstum, wenn die Ökonomie zum Gegenstand von Glaubenskritik wird?

Artikel zur Diskussion des Wirtschaftswissenschaftlers Hans-Christoph Binswanger (Erfinder der ökologischen Steuerreform) und seinem früheren Schüler Josef Ackermann (Ex-Deutsche-Bank-Chef):

Das Lächeln des Tigers, von Joachim Frank, FR

Griechenlands Schulden seien gar kein großes Problem, sagt der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Er und der Volkswirtschaftler Binswanger sprechen in Köln über so komplexe Dinge wie Geld.

„…
Binswanger: Wachstum auf ein Minimum begrenzen
Binswangers Credo lautet: Das Wachstum auf jenes Minimum begrenzen, das für ein Funktionieren der Marktwirtschaft erforderlich ist. „Die Unternehmen müssen einen gewissen Gewinn erwarten dürfen, der das Risiko ihrer Investitionen abdeckt.“ Auf Basis dieser Annahme hat der emeritierte St. Galler Professor die nach ihm benannte Binswanger-Konstante entwickelt, die ein globales Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent postuliert. Alles, was darüber hinausgeht, führe zu Verschwendung und zum Raubbau an den natürlichen Ressourcen. „Darüber könnte ich jetzt ein ganzes Semester lang reden“, sagt Binswanger. Das glaubt man ihm sofort.

Außerdem moniert er, dass die Zentralbanken heute Schulden auf sich nehmen, die sie nicht mehr mit Gold und Silber einlösen müssen. Eine solche Schuld aber „kann man unendlich vermehren“. Dem will Binswanger durch Auflagen und Kontrollen wehren. Zur Lösung der aktuellen Krise schlägt er vor, die Kreditvergabe und die zirkulierende Geldmenge durch die Zentralbanken zu begrenzen und zu kontrollieren….“

Zum Artikel.

 

Gunter Dueck zur Schwarmdummheit. Oder: Warum unrealistische Vorgaben in Betrieben zum Niedergang führen.

Unrealistische Wachstumserwartungen in der Wirtschaft führen zu gestressten ArbeitnehmerInnen und schlechter Arbeitsqualität. Der Mathematiker und Autor Gunter Dueck erklärt auf der re:publica anschaulich und humoristisch, warum ambitionierte aber unrealistische Vorgaben zwangsläufig zum Niedergang führen. Ein gelungenes Plädoyer für Pausen und Freiheit.

„Evangelische Kirche gegen TTIP“

02.03.2015, FR

Vorbehalte gegen das umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen TTIP gibt es auch in der evangelischen Kirche. Brigitte Bertelmann, die Wirtschaftspolitik-Referentin im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der hessen-nassauischen Landeskirche, fordert eine Grundsatzdebatte über den Vertrag….

Die offiziellen Versicherungen, der transatlantische Freihandel werde Wachstum und Wohlstand für alle bringen, halte sie nicht für überzeugend: „Es ist nicht gesichert, dass die EU-Staaten, die es am nötigsten hätten und die am meisten unter Arbeitslosigkeit leiden, diejenigen sein werden, die von mehr freiem Handel profitieren.“…

Kritik äußerte die Wirtschaftswissenschaftlerin daran, dass die enge wirtschaftliche Anbindung der EU an die USA mit einer Wertegemeinschaft begründet wird. „Es gibt natürlich viele Dinge, die uns verbinden“, sagte sie. „Aber es ist oberflächlich, von einer Wertegemeinschaft zu sprechen, ohne sich genauer damit auseinanderzusetzen, was damit gemeint ist.“ Zum Artikel.

Nicht Wachstum, sondern weniger Ungleichheit steigert die Lebensqualität

Humaner Fortschritt (21.01.2011) – Ein noch immer aktueller Artikel von Erhard Eppler.

Jedenfalls hat gerade die Krise des Marktradikalismus Sachzwänge geschaffen, für die nun wieder marktradikale Rezepte angeboten werden können: Der Staat muss „sparen“, nicht nur in Griechenland oder Spanien. Er muss Aufgaben streichen, vielleicht auch die Mehrwertsteuer erhöhen. Nur eines darf er nicht, nicht einmal in Irland: die Steuern für Unternehmen erhöhen, auch wenn sie lächerlich niedrig sind. Denn die könnten das Wirtschaftswachstum mindern – so das Argument.

Solange Regierungen vor allem dazu da sind, das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen, zu steigern oder wieder anzukurbeln, schafft sogar der scheiternde Marktradikalismus Zwänge, die sein Überleben sichern. Man kann es auch so ausdrücken: Wo Wachstum zum entscheidenden Ziel aller Politik erhoben wird, verzichtet diese auf ihren Primat. Wachstum als Ziel führt zum Primat der Ökonomie über eine Politik, deren Pflicht es ist, die wirtschaftlich Mächtigen bei Laune zu halten.

Was Miegel formuliert, leuchtet ein und ist, wenn man die Statistik der letzten Jahrzehnte ernst nimmt, nicht überraschend. Politisch brisant ist seine dritte These, denn sie entzieht jeder undifferenzierten Wachstumspolitik die Grundlage. Eine Politik, die vor allem höhere Wachstumsraten anpeilt, ist nicht nur vergebens – und für den Staat teuer -, sondern letztlich für die Menschen auch nutzlos.

Hier treffen sich Miegels Einsichten mit der These des Bestsellers von Richard Wilkinson und Kate Pickett „The Spirit Level“, der schon im Untertitel präzisiert, was dann auf 274 Seiten mit unzähligen Statistiken bewiesen wird: „Why euqality is better for everyone.“ Nicht Wachstum, sondern weniger Ungleichheit steigert die Lebensqualität.