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Fritz Bauer: Leben, Werk und Tod des Auschwitzprozess-Staatsanwalts: „Weder Suizid noch politischer Mord kann heute ausgeschlossen werden.“

02/2016

Sonderschwerpunkt im FORSCHUNGSJOURNAL SOZIALE BEWEGUNGEN 28. Jg. 4| 2015

„Teil 1 unseres Sonderschwerpunkts führt in Leben und Lebenswerk von Fritz Bauer ein – mit Beiträgen der Bauer-Biographin Irmtrud Wojak und der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Irmtrud Wojak zieht zudem Parallelen zwischen Martin Luther King und Fritz Bauer, die beide im Jahr 1968 starben.

Teil 2 behandelt Bauers große Prozesse als Generalstaatsanwalt von Braunschweig und Frankfurt. Der Brandenburger Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg, dienstältester Generalstaatsanwalt Deutschlands und Honorarprofessor an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), unternimmt eine umfassende Würdigung der Auseinandersetzung Bauers mit dem NS-Unrecht. Unter Berücksichtigung aller greifbaren Dokumente zu den Umständen der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1968, als Fritz Bauer tot in der Badewanne seiner Wohnung aufgefunden worden war, macht er auch deutlich, dass im Lichte der heutigen Kenntnisse weder ein Suizid noch ein politischer Mord an Bauer ausgeschlossen werden können. …

Das Recht und die Pflicht zum Widerstand gegen den „Unrechtsstaat“ (Remer-Prozess) wie auch die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Menschenrechtsverletzungen in den Vernichtungslagern (Auschwitz-Prozess) sind zentrale rechtspolitische Botschaften seiner Prozesse. Die Minderheitsposition Fritz Bauers in der Justiz kam in seiner Kritik an der Gehilfenrechtsprechung in den NS-Prozessen zum Ausdruck, eine Kritik, die hinsichtlich der späteren Verfahren gegen niedere Chargen des nationalsozialistischen KZ-Systems nochmals bekräftigt wurde. Die späten Prozesse gegen niedere Chargen innerhalb des KZ-Systems wie gegen John Demjanjuk können die Versäumnisse der Nachkriegszeit weder tilgen noch auch nur annähernd wiedergutmachen….“

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Besonders bedrückend ist aus Sicht der Herausgeber die vom brandenburger Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg in diesem Heft gründlich untermauerte Einschätzung, dass wir im Lichte unserer heutigen Kenntnisse auch die dunklen Seiten der exponierten Position,die Fritz Bauer im deutschen Rechtssystem eingenommen hat, stärker berücksichtigen müssen. Wir können, so der dienstälteste Generalstaatsanwalt Deutschlands und Kriminologe in seiner Analyse der Dokumente zu Bauers Tod, heute einen politischen Mord als Todesursache im Sommer 1968 keineswegs mehr ausschließen. Unstrittig ist, dass mit Bauers Tod der einflussreichste Protagonist einer auf den Menschenrechten beruhenden Rechtsentwicklung in der alten Bundesrepublik, die sich gerade in der von Bauer energisch und systematisch betriebenen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus herauszubilden begann, plötzlich fehlte. …