“American Sniper”: Ein Cowboy, der mit sich selbst Krieg führt.

06/2015

Clint Eastwoods Irak-Drama wurde in den USA heftig diskutiert und dann im Kino zum Sensationserfolg. Dabei ist Bradley Coopers Scharfschütze ein typischer Eastwood-Held: ein konservativer Einzelgänger, der für das Gute kämpft ..
An dieser Darstellung des Helden, der im Februar 2013 daheim in Texas erschossen wurde – Kyles Mörder Eddie Ray Routh, ein weiterer Veteran, wurde am Dienstag zu lebenslanger Haft verurteilt -, kann man sich aus mehreren Gründen stoßen. Weder entwickelt Eastwoods Film eine Vorstellung von den Grauzonen des Krieges, von den moralischen Abweichungen und der Gewalt, die auch in den Reihen der Amerikaner grassierte. Noch mag die Figur des Films mit dem realen, allem Anschein nach wesentlich fanatischeren Kyle allzu viele Übereinstimmungen besitzen: Der echte prahlte etwa damit, nach dem Hurrikan Katrina erfolgreich auf Menschenjagd gegangen zu sein.
American Sniper wurde dennoch (oder gerade deshalb) zum kulturellen Phänomen: In den USA gab es erregte Debatten um die angeblich agitatorische Seite des Films, seine Geschichtsverfälschungen auf der einen sowie Verteidigungsreden für den Patrioten Kyle auf der anderen Seite.
Quelle: derStandard.at

Anmerkung E.J.: Es mag ja sein, dass man sich einen Film angeschaut haben sollte, um über ihn – zumal öffentlich – zu sprechen. Manchmal will man sich einen Film jedoch gar nicht erst anschauen und will gerade deshalb darüber sprechen will. Nein, ich will mir American Sniper, über die Ausschnitte hinaus, die ich im Fernsehen gesehen habe, nicht anschauen. Das Drehbuch und die Story kenne ich nämlich schon zur Genüge.
Es ist das Drehbuch unzähliger unsäglicher Hollywoodwestern, in denen die Indianer als Bedrohung der unschuldigen weißen Siedler geradezu massenweise niedergemetzelt werden und den Zuschauer dabei ein heimeliges Gefühl beschleicht: Zivilisation gerettet!
Zumeist wird die Rettung von einem rauen Westernheld gemanagt, der zwar nicht ganz stubenrein, dafür aber unheimlich stark an der Waffe ist, weshalb ein erheblicher Anteil der Metzelei auf sein Konto geht.
Dieses alte Rezept hat Clint Eastwood jetzt wieder aufgebrüht und weil wir im Zeitalter des Hyperrealismus leben in zahlreiche Einzelerschießungen, die alle dem beschriebenen moralischen Muster folgen, aufgeteilt.
Die lustige Pointe des Films ist, dass für den Helden in Eastwoods Film die Indianer – Iraker sind. Und die unschuldigen Siedler sind seine ohne ihn schutzlosen Kriegskameraden in einem – zufällig – fremden Land. (Von der richtigen Seite aus betrachtet ist überall wilder Westen)
Womit wir beim eigentlichen Grund wären, warum ich diesen Film nicht sehen werde.
Zunehmend nämlich beschleicht mich das Gefühl, dass wir uns auch in der politischen Wirklichkeit in einem schlechten Western befinden. Ständig werde ich neuerdings in den Medien gefragt, ob ich lieber Cowboy oder Indianer sein will. Das eine sind die Retter der Zivilisation, das andere ihre Gegner.
Wenn es sein muss, schießen die Retter alle Gegner tot. Und zwar überall. So einen Sch… muss ich mir nicht auch noch im Kino antun.  Zum Artikel.

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