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Seit 50 Jahren erste Studie zu Kirchengemeinden : „Potenziale vor Ort“

06/2015

Potenziale vor Ort – Erstes Kirchengemeindebarometer
Hilke Rebenstorf/Petra-Angela Ahrens/Gerhard Wegner

Was passiert an der Basis der evangelischen Kirche? Was bewegt Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher? Gut 50 Jahre lang gab es auf diese Fragen keine gesicherten Antworten. Das SI legt jetzt die Ergebnisse der repräsentativen Studie „Wie geht’s der Kirchengemeinde?“ als Buch vor. Die Ergebnisse basieren auf den Antworten von fast 4.000 Kirchenältesten aus ganz Deutschland. In einem einleitenden Kapitel wird sowohl auf den Forschungsstand der letzten Jahrzehnte als auch auf neuere Studien zur Kirchenmitgliedschaft eingegangen. Das Buch liefert wertvolle Impulse für die Arbeit in und mit der Kirchengemeinde.

Wie geht’s der Kirchengemeinde?
Repräsentative Befragung von Kirchenvorständen (Kirchengemeindebarometer)

„Ziel des Projektes
Zunächst sollen Annäherungen an die Beantwortung grundlegender Fragen gefunden werden:
– Was passiert an der Basis der evangelischen Kirche?
– Wie verstehen sich Kirchengemeinden selbst und welches Bild haben sie von sich?
– Wie haben sie die Entwicklung der letzten Jahre erlebt und wie schätzen sie die Zukunft ein?
Erleben sie die anstehenden Reformen als eher förderlich oder als hinderlich?“
…  Zur Seite der EKD.

Kultur des Rufens

Vielen Gemeinden fällt es schwer engagierte Personen als Ehrenamtliche zu gewinnen. Besonders offensichtlich wird dies, wenn es darum geht KandidatInnen für einen Kirchenvorstand aufzustellen.

Bischof Albert Rouet musste in seiner Dieszöse Priester einsparen. Aus der Not entwickelte er ein neues System von Sektoren. Ein Priester ist für mehrere Gemeinden zuständig. Hauptsächlich Ehrenamtliche leiten die Gemeinden als Equipe. Diese Equipe wird auf drei Jahre gewählt und die Mitglieder dürfen nur ein weiteres mal kandidieren.

Das System hat zu tiefen Änderungen in den Gemeinden geführt. Um den Bedarf an ehrenamtlichen LeiterInnen zu decken, muss die Kirche eine „Kultur des Rufens“ etablieren. Auch in der Dieszöse kennen die Schwierigkeit geeignete KandidatInnen zu finden. „Doch nach sechs Jahren müssen andere Personen gerufen werden. Dann beginnt das Jammern und Stöhnen. ‚Das wird nie klappen! Nach uns gibt es niemanden mehr! Da ist keiner in Sicht!“

Für dieses Problem gibt Bischof Rouet einige gute Tipps. So hat es sich bei ihm bewährt die Verantwortlichkeit zeitlich zu begrenzen: „Wenn in einer Pfarrei die Katechese seit siebzehn Jahren von ein und derselben Person erteilt worden ist, kann man getrost davon ausgehen, dass sich für sie kein Ersatz finden wird. Kein Freiwilliger wird bereit sein, sich auf einen nicht terminierten Vertrag einzulassen „

Die Kultur des Rufens muss die Gemeinde durchdringen. Viel zu oft begreift man sich selber als Berufener ohne selber zum Rufender zu sein. Doch gerade in der Kultur des Rufens stecken Möglichkeiten für die Kirche. Sie zwingt über den Tellerrand der Kerngemeinde heraus zu blicken. Neue Wege zu gehen und Freiheiten zu nutzen.AJ.

Lesen Sie hier den Artikel der Theologischen Hochschule Chur zur Kultur des Rufens.

Die Agonie einer Kirchenverfassung

Von Hans-Jürgen Volk

Einst war die presbyterial-synodale Ordnung so etwas wie der „Markenkern“ der Ev. Kirche im Rheinland. Spätestens die Presbyteriumswahlen 2012 dokumentieren, dass sich diese einstmals basisorientierte Kirchenverfassung dem Zustand der Agonie nähert. Jeder, dem diese Landeskirche auf Grund ihrer Grundordnung am Herzen liegt, kann über den Ausgang der Wahlen nur betrübt sein. Besorgniserregend ist noch nicht einmal so sehr die magere Wahlbeteiligung von landeskirchenweit 11,5%. Da gab es in der Vergangenheit noch ärgere Quoten (2004: 10,7% oder 2000 10,3%). Bedrückender ist der Tatbestand, dass bestenfalls in 50% aller Wahlbezirke auf Grund ausreichender Wahlvorschläge überhaupt gewählt werden konnte. Lesen Sie den Artikel.

„Pfarrer gesucht“ – wie sich Gemeinden heute um PfarrerInnen bemühen (müssen)!


Eine Pfarrerin, einen Pfarrer zu finden wird immer schwieriger. Da lassen sich einige Gemeinden schon mal etwas mehr einfallen, als eine Ausschreibung im Amtsblatt. Sie unterstreichen Ihr starkes Interesse, indem sie auch im Internet suchen und sagen:

„Herzlich Willkommen!

Schön, dass Sie unser Ausschreibungstext im Amtsblatt neugierig gemacht hat und Sie mehr über unsere Gemeinden wissen möchten.
Auf den folgenden Seiten erfahren Sie das Wichtigste über die Struktur und Zusammensetzung, sowohl der Kirchen- als auch der politischen Gemeinde.
Weitere Auskünfte geben wir Ihnen gerne persönlich. Wir freuen uns auf

 

vgl. dazu den Beitrag  „Also, liebe Gemeinden, werdet attraktiv für die wenigen BewerberInnen“ in den www.wort-meldungen.de

 

 

Sie….“ . Sehen und lesen Sie, wie sich eine Gemeinde im Vogelsberg bemüht.

 

„Kirchenvorstandssitzung“

„Kirchenvorstandssitzung“ mit dem bayerischen Kirchenkabarett Weißblaues Beffchen.

Das Video.

„Also, liebe Gemeinden, werdet attraktiv für die wenigen BewerberInnen“

Rein rechnerisch kann der Bedarf an Pfarrerinnen und Pfarrern in der Evangelischen Kirche von Westfalen erst im Jahr 2030 nicht mehr gedeckt werden, so heißt es in dem zitierten Papier zur Personalplanung. (Was heißt „erst“? Siebzehn Jahre vergehen schnell, vor dem Hintergrund, dass heute bereits Theologie studieren muss, wer in zehn Jahren eine Pfarrstelle übernehmen soll.) Diese Rechnung geht allerdings nur dann auf, wenn
1. sämtliche EntsendungsdienstlerInnen sich tatsächlich in Pfarrstellen berufen lassen (Das bedeutet, dass viele vom Entsendungsdienst getragene Arbeitsbereiche wegfallen und ist auf Kirchenkreis- und Gemeindeebenen nicht überall so gewollt.)
2. der zur Verfügung stehende Nachwuchs tatsächlich in Westfalen bleibt (Warum sollte er, wenn er in anderen Landeskirchen besser bezahlt wird? Die Provinzialität der Landeskirchen ist kein Modell, das dem Lebensgefühl moderner Menschen entspricht und Ehepartner sind bei der Wahl des Arbeitsplatzes heutzutage auch kaum an Grenzen ehemals preußischer Provinzen zu binden. Das neue Pfarrerdienstrecht eröffnet jedenfalls die Möglichkeit ganz neu, das Berufsleben nicht mehr in einer einzigen Landeskirche zu verbringen. Und es gibt Landeskirchen, die bereits heute BewerberInnen suchen.).

Presbyterien sollten sich darauf einstellen, dass sie sich um Bewerberinnen und Bewerber auf freiwerdende Pfarrstellen weit mehr als in den vergangenen Jahrzehnten wirklich bemühen müssen. Es ist bereits heute nicht mehr so, dass zig KandidatInnen sich um eine Stelle balgen. Und die bürgerliche Idee, einen männlichen Bewerber in der Familiengründungsphase für das unwirtschaftliche Pfarrhaus zu finden, wie sie nicht selten immer noch tradiert wird, wird sich immer schwerer realisieren lassen. Also, liebe Gemeinden, werdet attraktiv für die wenigen BewerberInnen, die in den nächsten Jahren sich für eure freie Pfarrstelle interessieren. Apropos: Sämtliche potentiellen BerwerberInnen für 2013 und 2014 befinden sich bereits im kirchlichen Dienst, können bereits heute identifiziert und angesprochen werden!

Kommentar von Stephan

 

„Lieber Herr Rekowski, liebe Kirchenleitung“ – aus dem Blog von Präses Rekowski, EKiR

von Michael Schröder am 28.07.:

„Lieber Herr Rekowski, liebe Kirchenleitung,

seit mehr als einem Jahr bin ich nun schon Finanzkirchmeister in unserer Gemeinde. Durch meine Tätigkeit als Bilanzbuchhalter und Controller (über 25 Jahre in der freien Wirtschaft und seit mehr als 5 Jahren im öffentlichen Dienst) bin ich den Umgang mit Zahlen gewohnt.
Meine Motivation vor einem Jahr war, geprägt durch viele Erlebnisse in meinem Berufsleben, mehr über meinen christlichen Glauben zu erfahren, weg von Gewinnmaximierung, Sozialplänen, Werksschließungen usw. Doch was man nun erlebt ist eigentlich nichts anderes.

Die Gemeinden leiden unter den Umlagen, das verbleibende Geld reicht hinten und vorne nicht aus, die Verwaltungsstrukturreform sorgt für Unruhe bei den Beschäftigten. Die Mitglieder der Presbyterien sind mit vielen Themen völlig überfordert. Das hatte ich mir leider etwas anders vorgestellt…“ Lesen Sie mehr.

Kirche hat noch keine Antworten – Kirche sucht Antworten.

Die Nordkirche hat noch keine Antworten.

Vier Arbeitsgruppen beschäftigen sich im Kirchenkreis Rendsburg-Eckernförde seit vergangenem Herbst mit Zukunftsfragen. „Wir haben die Fragen präzisiert aber noch keine Antworten“, sagte Matthias Krüger, einer der beiden Pröpste, an diesem Mittwoch am Rand der Kirchenkreissynode. Mehr dazu.

 

Nordkirche sucht Antworten mit einer Fragebogenaktion an Gemeindekirchenräten.

Dazu fanden im Juni dieses Jahres 4 öffentliche Infoabende statt. Dort wurde informiert. Es wird berichtet, dass es in den Veranstaltungen zu Kritik an den Bögen kam. Tendenz der Kritik: die Bögen haben Alibifunktion – und sind tendenzös.

 

Für die Mitglieder der Kirchengemeinderäte blieben viele Fragen offen.

Bei genauerer Nachfrage führten nicht zu zufriedenstellenden Antworten.

 

1. Der Kirchenkreis soll künftig ausschließlich Aufgaben übernehmen, die die Gemeinden nicht wahrnehmen können.

Wir stimmen dieser Aussage zu. Wir lehnen diese Aussage ab.

 

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2. Evangelische Kindertagesstättenarbeit ist ein zukunftsrelevantes, ausstrahlendes Arbeitsfeld kirchlicher Arbeit. Daher trägt der Kirchenkreis Verantwortung dafür, keine Einrichtungen aus der kirchlichen Trägerschaft herausfallen zu lassen.

Wir stimmen dieser Aussage zu. Wir lehnen diese Aussage ab.

 

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BeteiligungsbogenAGKirchenkreisprofil

Gemeinde wehrt sich gegen Sparpläne der EKiR

Letzte Woche haben wir über den Brandbrief Rekowskis berichtet. Trotz hoher Kirchensteuereinnahmen plant er bis 2018 35% im Haushalt der EkiR zu sparen.

Die Gemeinde Holten-Sterkrade wehrt sich gegen die Einsparziele. Alleine aus dem Rückgang von Mitgliedern lässt sich nicht pauschal auf einen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen schließen.

Der Autor Andreas Reinhold vermutet andere Ursprünge der Sparziele. Die Verwaltung hat in der jüngeren Vergangenheit mit dem bbz-Skandal, der Umstellung der Finanzverwaltung und dem Ausbau der Verwaltungsstrukturen Ausgaben erzeugt, die nun die Gemeinden vor Ort ausbaden sollen.

Kirche in Veränderung. Zu Rückbau, Reorganisation und Neuorientierung in der Nordelbischen Evang.-Luth. Kirche

Auf äußere, fiskalische Entwicklungen reagierte die Nordelbische Kirche ihrerzeit mit einem Prozess der »intelligenten Schrumpfung«. Doch formulierte Intentionen und tatsächliche Wirkungen klafften auseinander. Evangeliumsgemäßheit war beabsichtigt, Pfarrstellen wurden gestrichen und die Bürokratisierung vorangetrieben. Es folgte eine ausgiebige Selbstbeschäftigung in einem zwei Jahrzehnte währenden, kräftezehrenden Reformprozess mit überraschenden Korrekturen und Wendungen wie jüngst die der Landeskirchenfusion. Die Aussichten des Prozesses bleiben offen. Christoph Meyns rekonstruiert die Entwicklung.

Lesen Sie den Artikel von Christoph Meyns im Dt. Pfarrerblatt 07/2013

 

Dazu kommen postwendend Rückmeldungen:

Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist sicher hilfreich für alle,  die in den zurückliegenden Jahren in der Nordelbischen Kirche den Veränderungsprozess gestaltet und erlitten haben, eine Bilanz dieser Zeit zu ziehen.
Symptomatisch für die gegenwärtige Situation in der Nord(elbischen)Kirche und vermutlich auch in anderen Landeskirchen sind die ersten Sätze auf Seite 407 unter der Überschrift  V Ausblicke: (Die nordelbische) Kirche weiß nicht mehr, wofür sie da ist. Nach Ansicht des Verfassers wird es mehrere Jahre in Anspruch nehmen, bis an dieser Stelle wieder Klarheit herrschen könnte. Bis dahin gelte es, „eine längere Zeit der Unsicherheit zu ertragen…“ (S. 408) Der Verfasser wünscht allen Beteiligten für diese Übergangszeit eine Haltung gelassenen Engagements. Wenn Kirche nicht weiß, wofür sie da ist, erscheint es mir schwierig zu sein, sich überhaupt für etwas zu engagieren. Ebenfalls auf Seite 408 gibt der Verfasser einen wichtigen Hinweis: „sinnvoller… erscheint mir… die bewusste Pflege von Zeiten der Stille und der Besinnung unter Aufnahme biblischer Bilder und theologischer Vorstellungen zu sein…“ Er empfiehlt seinen Ratschlag aber nur für die Aufarbeitung der Vergangenheit, nicht für die Gestaltung der Zukunft.
„Eine für den neuen Kontext der Nordkirche geeignete Alternative … muss erst entwickelt werden.“ Genau genommen muss sie nicht erst entwickelt werden, sondern steht im Neuen Testament. Ein wichtiger Punkt wird bei jeder Taufe zitiert. Nach mehr als 200 Jahren kritischer Theologie, von der alles, was für den christlichen Glauben wichtig ist, infrage gestellt worden ist, werden wohl nur wenige Hauptamtliche bereit sein, das was im NT steht, für gültig zu halten und sich danach zu richten. Aber einen anderen zukunftweisenden Weg gibt es nicht. Die anglikanische Kirche in Großbritannien lebt es uns seit einigen Jahren vor, dass dieser Weg auch im 21. Jahrhundert gangbar ist. Dr. von Vietinghoff: Die Zukunft der Kirche entscheidet sich nicht an den Kirchensteuereinnahmen, sondern an der Theologie. Die herkömmliche Ordinationsformel und die kirchliche Wirklichkeit klaffen weit auseinander.
Die einzige Alternative zu dem Weg, den die Urgemeinde gegangen ist, besteht darin, so weiterzumachen wie bisher: Stellenkürzungen und -streichungen, Fusionen und der Verkauf von Gebäuden, also Rückbau so lange, bis die Gemeindearbeit und die außergemeindlichen Aufgaben durch die zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen nicht mehr zu finanzieren sein werden. Vielleicht wird erst dann eine genügend große Zahl von Verantwortungsträgern bereit, die sich auf die biblischen Grundlagen zurück zu besinnen und bereit werden, darnach zu  handeln .
In einem nicht veröffentlichen Manuskript für ein Referat im Herbst letzten Jahres hieß es: Viele Gedanken über die Zukunft der Kirche nehmen beim Geld ihren Anfang. Der englische Bischof John Finney, der sich in unseren Tagen mit herben finanziellen Verlusten seiner anglikanischen Kirche herumschlagen musste, hat es so gedeutet: „Als wir lange nicht hören wollten, wählte Gott eine Sprache, die wir verstehen: die Sprache des Geldes.“ Ende des Zitats.
Kirche ohne Perspektive und ohne Inhalte ist für junge Leute, die einen Berufsweg planen, als künftiges Arbeitsfeld nicht attraktiv. Mit welchen Argumenten lässt sich z. Z.  ernsthaft für das Theologiestudium werben? Auch die Anzahl derer, die bereit sind, für die Arbeit im Kirchenvorstand zu kandidieren, ist offenbar rückläufig.

Mit freundlichem Gruß   Wolfgang Delventhal