Auf äußere, fiskalische Entwicklungen reagierte die Nordelbische Kirche ihrerzeit mit einem Prozess der »intelligenten Schrumpfung«. Doch formulierte Intentionen und tatsächliche Wirkungen klafften auseinander. Evangeliumsgemäßheit war beabsichtigt, Pfarrstellen wurden gestrichen und die Bürokratisierung vorangetrieben. Es folgte eine ausgiebige Selbstbeschäftigung in einem zwei Jahrzehnte währenden, kräftezehrenden Reformprozess mit überraschenden Korrekturen und Wendungen wie jüngst die der Landeskirchenfusion. Die Aussichten des Prozesses bleiben offen. Christoph Meyns rekonstruiert die Entwicklung.
Lesen Sie den Artikel von Christoph Meyns im Dt. Pfarrerblatt 07/2013
Dazu kommen postwendend Rückmeldungen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist sicher hilfreich für alle, die in den zurückliegenden Jahren in der Nordelbischen Kirche den Veränderungsprozess gestaltet und erlitten haben, eine Bilanz dieser Zeit zu ziehen.
Symptomatisch für die gegenwärtige Situation in der Nord(elbischen)Kirche und vermutlich auch in anderen Landeskirchen sind die ersten Sätze auf Seite 407 unter der Überschrift V Ausblicke: (Die nordelbische) Kirche weiß nicht mehr, wofür sie da ist. Nach Ansicht des Verfassers wird es mehrere Jahre in Anspruch nehmen, bis an dieser Stelle wieder Klarheit herrschen könnte. Bis dahin gelte es, „eine längere Zeit der Unsicherheit zu ertragen…“ (S. 408) Der Verfasser wünscht allen Beteiligten für diese Übergangszeit eine Haltung gelassenen Engagements. Wenn Kirche nicht weiß, wofür sie da ist, erscheint es mir schwierig zu sein, sich überhaupt für etwas zu engagieren. Ebenfalls auf Seite 408 gibt der Verfasser einen wichtigen Hinweis: „sinnvoller… erscheint mir… die bewusste Pflege von Zeiten der Stille und der Besinnung unter Aufnahme biblischer Bilder und theologischer Vorstellungen zu sein…“ Er empfiehlt seinen Ratschlag aber nur für die Aufarbeitung der Vergangenheit, nicht für die Gestaltung der Zukunft.
„Eine für den neuen Kontext der Nordkirche geeignete Alternative … muss erst entwickelt werden.“ Genau genommen muss sie nicht erst entwickelt werden, sondern steht im Neuen Testament. Ein wichtiger Punkt wird bei jeder Taufe zitiert. Nach mehr als 200 Jahren kritischer Theologie, von der alles, was für den christlichen Glauben wichtig ist, infrage gestellt worden ist, werden wohl nur wenige Hauptamtliche bereit sein, das was im NT steht, für gültig zu halten und sich danach zu richten. Aber einen anderen zukunftweisenden Weg gibt es nicht. Die anglikanische Kirche in Großbritannien lebt es uns seit einigen Jahren vor, dass dieser Weg auch im 21. Jahrhundert gangbar ist. Dr. von Vietinghoff: Die Zukunft der Kirche entscheidet sich nicht an den Kirchensteuereinnahmen, sondern an der Theologie. Die herkömmliche Ordinationsformel und die kirchliche Wirklichkeit klaffen weit auseinander.
Die einzige Alternative zu dem Weg, den die Urgemeinde gegangen ist, besteht darin, so weiterzumachen wie bisher: Stellenkürzungen und -streichungen, Fusionen und der Verkauf von Gebäuden, also Rückbau so lange, bis die Gemeindearbeit und die außergemeindlichen Aufgaben durch die zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen nicht mehr zu finanzieren sein werden. Vielleicht wird erst dann eine genügend große Zahl von Verantwortungsträgern bereit, die sich auf die biblischen Grundlagen zurück zu besinnen und bereit werden, darnach zu handeln .
In einem nicht veröffentlichen Manuskript für ein Referat im Herbst letzten Jahres hieß es: Viele Gedanken über die Zukunft der Kirche nehmen beim Geld ihren Anfang. Der englische Bischof John Finney, der sich in unseren Tagen mit herben finanziellen Verlusten seiner anglikanischen Kirche herumschlagen musste, hat es so gedeutet: „Als wir lange nicht hören wollten, wählte Gott eine Sprache, die wir verstehen: die Sprache des Geldes.“ Ende des Zitats.
Kirche ohne Perspektive und ohne Inhalte ist für junge Leute, die einen Berufsweg planen, als künftiges Arbeitsfeld nicht attraktiv. Mit welchen Argumenten lässt sich z. Z. ernsthaft für das Theologiestudium werben? Auch die Anzahl derer, die bereit sind, für die Arbeit im Kirchenvorstand zu kandidieren, ist offenbar rückläufig.
Mit freundlichem Gruß Wolfgang Delventhal