Interessant, sich einmal die Entwicklung der Kirchensteuer in der Langfristperspektive anzusehen. s. EKD-Statistik.
Spannend wird die Zeit ab Mitte der 80iger Jahre. Damals begann die EKD bekanntlich mit ihren Langfristprognosen bis 2030. Sie prognostizierte pessimistisch einen Rückgang um 50%. Glücklicherweise treffen Langfristprognosen nur selten ein. Karl Popper warnte übrigens schon 1948 in seinem Buch „Prognose und Prophetie in den Sozialwissenschaften“ vor (Langfrist-) Prognosen. Popper: „Die Anwendung der Methode der bedingten Prognosen bringt uns nicht sehr weit. Denn die auffallendsten Aspekte der historischen Entwicklung sind nicht zyklisch. Die Bedingungen ändern sich und es ergeben sich Situationen, die sich sehr stark von allem unterscheiden, was jemals vorher geschehen ist…“. Langfristprognosen sind also zum Scheitern verurteilt. Bezüglich der EKD- Kirchenfinanzen ist das Scheitern der Prognose bisher erfreulich: im Jahres- und EKD- Durchschnitt sanken die Kirchensteuereinnahmen nicht. Vielmehr stiegen die Kirchensteuereinnahmen bspw. ab 1985 bis heute um 1,5% p.a. ! „Reiche“ Landeskirchen mögen etwas über, „arme“ unter diesem Schnitt liegen. Von einer Finanzkrise kann da also nicht die Rede sein. (vgl. dazu auch Bistum Mainz)
Natürlich ist das den Finanzdezernenten nicht verborgen geblieben. Dankend lehnten sie daher die vom Staat angebotene Kompensation für Einnahmeverluste infolge der Einkommensteueränderung von rot-grün im Jahr 2000 ab. Auch wissen die Dezernenten um die Fehlerhaftigkeit ihrer früheren Prognosen. Um nicht in allzu große argumentative Nöte zu geraten, entdeckte man dann vor einigen Jahren das Argument, die Werte der Kirchensteuerentwicklung seien nicht nominal, sondern real (also inflationsbereinigt) darzustellen. Die Behauptung scheint auf den ersten Blick eine gewisse Plausibilität zu besitzen. Diese Argumentation verfängt aber nicht, wie mittlerweile verschiedentlich ausgeführt wurde. Vgl. dazu u.a. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft (Artikel „Pfarrstellenbemessung 2025“, insbes. die S. 6f )