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Personalchaos in der Kirche

Neben den chaotischen Zuständen bei Siemens erinnert mich vor allem die momentane Lage der Bahn in Mainz an zukünftige Szenarien auch in der Kirche. Da man kein Personal mehr für eine ordentliche Besetzung für das Stellwerk am Mainzer Hbf hat, wird dieser – es ist kaum zu glauben – mehr oder weniger als bisheriger Knotenpunkt vom Bahnverkehr abgekoppelt. Man dünnt die Zahl der Züge, die den Mainzer Bahnhof anfahren, massiv aus. Das betrifft sogar IC und ICE-Züge. Ab 18 Uhr mutiert er zu einer Art Geisterbahnhof. Ein Skandal sondergleichen, der auf verfehlte Personalpolitik der Bahn-Verantwortlichen seit der Privatisierung zurückzuführen ist. Es ist zu befürchten, da ja unsere Kirchenleitung auch das Heil in neoliberal ausgerichteten Strukturveränderungsprozessen sieht, dass sich die verfehlte Personalpolitik beim Theologennachwuchs in ähnlich chaotischen Verhältnissen auswirken wird; dann, wenn kein Personal mehr in den „Gemeindestellwerken“ zur Verfügung steht, um den „Betrieb“ aufrecht zu erhalten. Doch nicht nur beim Theologennachwuchs gibt es Probleme, neuerdings ist eine zukünftig sich einstellende Lücke auch bei Kirchenmusikern und Gemeindepädagogen nicht mehr zu verheimlichen. Die Kirchenleitung hat allerdings – im Gegensatz zum Bahnvorstand – für diese sich abzeichnende Krise Vorsorge getroffen: Die Förderung der Ehrenamtlichen soll ausgebaut werden! Zitat aus den „Leitgedanken der Kirchenleitung zur weiteren Entwicklung der EKHN“: Erforderlich ist „ein höheres Maß an Steuerung und Koordination durch ehrenamtlich Leitende“.
Bravo!
Ich frage mich jedoch, wenn die Lösung so unkompliziert ist, warum der Bahnvorstand sich diese noch nicht zu Eigen gemacht hat. Ein höheres Maß an Steuerung und Koordination durch ehrenamtlich Leitende würde bestimmt viele Modellbahnfreunde ansprechen, in einem DB-Stellwerk nun auch mal die große Eisenbahn steuern zu dürfen oder zu können. Auf wie viel brachliegendes Bubenträumepotential oder abrufbare Väter-Märklin-Kompetenz die Bahn bei diesem Fahrdienst-Problem zurückgreifen könnte, um es mit dem genial-einfachen Lösungsvorschlag der Kirchenoberen in den Griff zu bekommen… Wahnsinn!
Wo allerdings die Kirchenleitung ihr ergiebiges Potential zum ehrenamtlichen Ausgleich ihres sich abzeichnenden Pfarrdienst-Problems sieht, ist noch nicht ausgemacht. Damit ist zu befürchten, dass es trotz dieses beschriebenen Potentials an Ehrenamtlichen in Zukunft nicht nur Geisterbahnhöfe, verwaiste Stellwerke und Streckenstilllegungen geben wird, sondern auch „Geisterkirchen“ (ohne das Wirken des Hl. Geistes), verwaiste Pfarrhäuser (in denen dann kein Licht mehr brennt) und stillgelegte Gemeindehäuser (in denen sich dann keine Ehrenamtlichen mehr versammeln können).
Jedoch momentan bleibt die erfreuliche Nachricht für die Finanzjongleure, die es dann in ihren Jahresberichten zu veröffentlichen gilt, am besten versteckt eingestreut in einer nicht auf Anhieb zu interpretierenden Zahlentabelle: Die Bahn macht Gewinn und die Kirchensteuern steigen!
Ich sage dazu: Noch! Und die Grundfrage bleibt leider unbeantwortet: Warum gibt es momentan schon jetzt bei der Bahn zu wenig Personal an Fahrdienstleitern und warum wird es in Zukunft wahrscheinlich zu wenig Pfarrpersonal geben? Aber vielleicht ist diese Frage zu simpel für leichtfassliche Antworten.