Führungsmethoden wie bei VW ? Warum der VW-Skandal auch unsere evangelische Kirche betrifft. Ein Kommentar von Herbert Diekmann, Hameln

12/2015, Pfarrverein Hannover
„Wie konnte VW seit Jahren millionenfach derart dreist lügen und betrügen – und kein Mitarbeiter oder Manager hat sich widersetzt?“ Inzwischen wissen wir: einer hat es getan, bereits vor vier Jahren! Doch die VW-Leitung stellte sich taub. Und ein anonymer Entwickler erklärt auch, warum: „Bei uns herrscht ein Klima der Angst. Wenn der Chef sagt, das müsst ihr hinkriegen, dann traut sich keiner zu sagen, das geht aber nicht.“ (SPIEGEL 40/2015, S. 13). Dieser „Glaube an die eigene Unfehlbarkeit“ und an die Effizienz strikter Hierarchien scheint „in deutschen Chefetagen weit verbreitet“ (s. ebd. S. 8). Doch wie widersinnig und auch gefährlich solch ein Irrglaube an unkontrollierte Willkürherrschaft ist, belegt der VW-Skandal beispielhaft: 50 Milliarden € könnte der bereits aufgedeckte Massenbetrug kosten. Und fast wöchentlich kommen weitere Betrügereien dieses Herrschaftssumpfes ans Licht, die inzwischen das Überleben des gesamten Konzerns gefährden. Es ist darum für VW überlebenswichtig, was sein Betriebsratschef Bernd Osterloh für die Zukunft fordert: „Ein Klima, in dem Probleme nicht versteckt, sondern offen an Vorgesetzte kommuniziert werden“ und „eine Kultur, in der man mit seinem Vorgesetzten um den besten Weg streiten kann…“
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Ein Gedanke zu „Führungsmethoden wie bei VW ? Warum der VW-Skandal auch unsere evangelische Kirche betrifft. Ein Kommentar von Herbert Diekmann, Hameln

  1. Andreas Reuter

    In der EKHN ist man drauf und dran, auch einen „VW-Skandal“ aufzubauen, der uns in Zukunft so richtig um die Ohren fliegen wird: Die Umstellung auf das kaufmännische Rechnungswesen (Doppik) erfordert jetzt schon eine zweistellige Millionensumme. In der letzten Landessynode musste der ursprüngliche Ansatz der Kosten (9 Mio.) um 50 % (!) = 4,5 Mio) aufgestockt werden. Ob das reicht, wurde hinter vorgehaltener Hand schon bezweifelt… Kritiker werden bei christlich-freundlicher Reaktion milde belächelt oder dann auch als hinterweltlerisch in kameral vorgestrig steckengebliebener Unmodernität ohne Software-Zukunftsperspektive eingruppiert. Komisch nur, dass der Bundeshaushalt auch weiterhin kameral ausgewiesen wird. Gibt es für die Haushaltsexperten des Bundes in Zukunft keine Software mehr? Müssen die wieder den schon in der Antike bewährten Akabus oder den fortschrittlicheren Rechenschieber von Aristo Scholar benutzten, um die Milliardenbeträge zu einer schwarzen Null zusammenzurechnen? Das versteht ein Laie dann doch nicht so wirklich. Genauso wenig wie die Tatsache, dass VW-Diesel-PKWs bisher immer als spritsparende Umweltschoner ausgewiesen wurden. Nun, ja, ebensowenig nachvollziehbar wurden in der EKHN-Synode die bewährten Propsteibereiche von sechs auf fünf reduziert; ausgewiesener Einspareffekt: angeblich 200T Euronen p. a., was sich aber als ziemlich hoch gegriffen darstellte. Eine seriöse Nachhaltigkeitsberechnung lag natürlich nicht vor und auch die Umsetzungskosten wurden (wahrscheinlich besser) nicht beziffert. Aber: Das war die Begründung der leitenden Akteure: „Wir sparen jetzt auch auf der Leitungsebene! So wollte es doch die Synode.“
    Dass gleichzeitig im Haushalt 2016 satte 5 Mio. Euro allein für die Anschubfinanzierung der Dekanatsfusionen ausgewiesen und ebenfalls beschlossen wurden, zeigt doch, wohin die Reise der EKHN geht: Mehr Bürokratisierung, mehr Quantifizierung, mehr Ökonomisierung. Nur nebenbei: Für diese Summe hätte die Propstei „Süd-Nassau“, die nun größtenteils mit „Rhein-Main“ verschmilzt, allermindestens noch 25 Jahre weiterbestehen können.
    Wenn man nun (ausschnittsweise) sieht, wohin das Geld fließt, wundert es nicht einmal mehr, dass durch die mittlerweile greifende, durch neoliberales Denken begründete Strukturreformen herbeigeführte Personalknappheit bei den Gemeindepfarrstellen die Dienste der Notfallseelsorge nicht mehr flächendeckend aufrecht erhalten werden können. Die leitenden Akteure überlegen nun aber allen Ernstes als Gegenmaßnahme, um diesen Prestige-Arbeitsbereich nicht aufgeben zu müssen, die GemeindepfarrerInnen für Bereitschafts- und Einsatzdienste zwangszuverpflichten. Vorteil: Diese Mehrbelastungen braucht man auch in Zukunft doppisch nicht absetzen, da sie besoldungsmäßig nicht zu Buche schlagen. Respekt! Man merkt: Die EKHN-Granden haben bei dem von VW abgekupferten bisher angewandten Assessment-Center für die Auswahl ihrer Nachwuchs-PfarrerInnen selbst einiges gelernt. Da geht vielleicht noch mehr im Sinne der vorbildhaften VW-Kultur…

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