Schlagwort-Archive: Herbert Diekmann

KMU-Schock für alle Gemeinde-Verächter. Sogar die befragte „Großstadt-Kirche“ bleibt gemeinde- und pastoren-orientiert! Eine Untersuchung von Herbert Dieckmann, Hannover.

03/2016, Hannover’scher Pfarrverein

Ende der Geheimniskrämerei
Zwei Jahre lang hielt die EKD ihre Befragungsergebnisse der fünften Kirchenmitgliedschaft-Untersuchung von 2012 unter Verschluss. Lediglich ekd-interne Interpreten durften im März 2014 Teilergebnisse vorlegen, die sie so weit wie irgend möglich anti-parochial und anti-pastoral deuteten. Freilich durchschaute schon der erste kritische Blick diese Umdeutung und erkannte die klare Gemeinde- und PastorInnen-Orientierung der befragten Evangelischen sowie ihre völlige Ignorierung jener „Kirchenkreis-Kirche“, die doch in den letzten zwanzig „Reformjahren“ mit so großem finanziellen, medialen und nicht zuletzt emotionalen Aufwand unter weitgehender Enteignung der Ortsgemeinden als angeblicher Wunschtraum der Kirchenglieder propagiert worden war…

Dennoch tappte jede externe KMU-Deutung wegen des fehlenden Zugangs zu allen Daten bis Ende 2015 nahezu im Dunkeln. Erst am 7. 12. 2015 beendete die EKD ihre unseriöse Geheimhaltung! Unter dem Titel: „Die fünfte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft: Vernetzte Vielfalt – Kirche angesichts von Individualisierung und Säkularisierung“ sind nach einer erweiterten KMU-V-Auswertung (S. 16-456) auch alle Fragebögen und ihre Beantwortungen sowie vor allem die Sozialstatistik endlich erschienen. Und nun zeigt sich das ganze Recht der Kritik an einer Stelle, an der es bisher niemand vermutet hatte… Zum Text der Studie.

Führungsmethoden wie bei VW ? Warum der VW-Skandal auch unsere evangelische Kirche betrifft. Ein Kommentar von Herbert Diekmann, Hameln

12/2015, Pfarrverein Hannover
„Wie konnte VW seit Jahren millionenfach derart dreist lügen und betrügen – und kein Mitarbeiter oder Manager hat sich widersetzt?“ Inzwischen wissen wir: einer hat es getan, bereits vor vier Jahren! Doch die VW-Leitung stellte sich taub. Und ein anonymer Entwickler erklärt auch, warum: „Bei uns herrscht ein Klima der Angst. Wenn der Chef sagt, das müsst ihr hinkriegen, dann traut sich keiner zu sagen, das geht aber nicht.“ (SPIEGEL 40/2015, S. 13). Dieser „Glaube an die eigene Unfehlbarkeit“ und an die Effizienz strikter Hierarchien scheint „in deutschen Chefetagen weit verbreitet“ (s. ebd. S. 8). Doch wie widersinnig und auch gefährlich solch ein Irrglaube an unkontrollierte Willkürherrschaft ist, belegt der VW-Skandal beispielhaft: 50 Milliarden € könnte der bereits aufgedeckte Massenbetrug kosten. Und fast wöchentlich kommen weitere Betrügereien dieses Herrschaftssumpfes ans Licht, die inzwischen das Überleben des gesamten Konzerns gefährden. Es ist darum für VW überlebenswichtig, was sein Betriebsratschef Bernd Osterloh für die Zukunft fordert: „Ein Klima, in dem Probleme nicht versteckt, sondern offen an Vorgesetzte kommuniziert werden“ und „eine Kultur, in der man mit seinem Vorgesetzten um den besten Weg streiten kann…“
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5. KMU: Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche. Von Herbert Diekmann.

Die neue Kirchenmitgliederbefragung als Lernchance für unsere Kirche
Von der Schwierigkeit, ein liebgewordenes Tabu aufzugeben

Von: Herbert Dieckmann in: Deutsches Pfarrerblatt 12/2014

Dass der Pfarrberuf in der Kirche ebenso wie in deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle spielt, wird eigentlich von ­einer Kirchenmitgliederbefragung zur nächsten bestätigt. Dennoch lassen sich die Großstrategen in den Kirchenleitungen von ihrem irregeleiteten Reformkurs nicht abbringen. Herbert Dieckmann führt das Dilemma vor Augen und verweist auf Auswege.

Die Schlüsselrolle der Pastoren­schaft – ein kirchliches Tabu

Es geschah vor etwa zehn Jahren. Da wagte der Präsident des Landeskirchenamtes, Dr. von Vietinghoff, öffentlich anzusprechen, was bis dahin auch in der hann. Landeskirche als absolutes Tabu galt: die »Schlüsselrolle« der PastorInnen in den Gemeinden. Reflexartig erschallte ein Aufschrei des Entsetzens: Mitarbeitende, Ehrenamtliche, Synodale, ja selbst Kirchenleitende wollten einfach nicht wahrhaben, was in jeder Gemeinde die übergroße Mehrheit der Kirchenglieder selbstverständlich erlebt und dankbar anerkennt: die zentrale Stellung der PastorIn. Doch diese gemeindliche Selbstverständlichkeit wirklich zu benennen, war ­kirchenpolitisch inkorrekt. Denn die landeskirchlichen Meinungsmacher wollten die Gemeindepfarrstellen als willkommenes Einsparpotential nutzen, weil sie behaupteten, die Kircheneinnahmen würden sich bis 2030 halbieren. Tatsächlich sind die Kirchensteuereinnahmen in der EKD im letzten Jahrzehnt um über 30% gestiegen, nachdem sie sich von 1967 bis 1970 verdoppelt und von 1970 bis 1990 verdreifacht hatten!1 Darum war 2004 diese Entwicklung tendenziell vorhersehbar. Dennoch wurden drohende Einnahmeverluste als sicher unterstellt und sogleich PastorInnen als überflüssige Amtsträger identifiziert, die lediglich hohe Ausgaben verursachen und zudem das eigenständige Wirken engagierter Ehrenamtlicher behindern und Mitarbeitende autoritär und inkompetent behandeln würden. Stereotype PastorInnenschelte mit ernster Warnung vor einer antiquierten »Pastorenkirche« war seinerzeit »angesagter Ton«. Dass den PastorInnen als einziger kirchlicher Dienstgruppe die Gehälter erheblich gekürzt, etwa 350 junge TheologInnen trotz bestandener Examina einfach abgewiesen und vor allem viele Gemeindepfarrstellen (in manchen Kirchenkreisen bis zu 50%) ohne nennenswerten Widerstand kurzerhand gestrichen wurden, verstand sich danach beinahe von selbst… Zum Artikel.