Seit einiger Jahren kursiert in der EKHN ein neuer Begriff: „der Gemeindemanager“. GemeindepfarrerInnen fühlen sich infolge Stellenreduktionen, Reformen, gesellschaftlichen Wandlungsprozessen zusehends stärker gefordert. Da verspricht der „Gemeindemanager“ Entlastung. An Geld mangelt es der EKHN auch nicht. Finanziell wäre eine solche Lösung in gewissem Umfang also ebenfalls realisierbar. Fragt sich nur: wer ist das? was versprechen sich die PfarrerInnen davon? Und: sind die Weichen nicht längst für ganz andere „Lösungen“ gestellt?
1. Entlastung…
Was ist ein Gemeindemanager eigentlich? Es gibt ihn ja noch nicht. Betrachten wir mal den Gebrauch des Begriffs – etwa im Kollegenkreis. Dort wird der Begriff auch bezogen auf konkret agierende Personen von GemeindessekretärInnen dann verwendet, wenn es sich um eine Person handelt, der/die die der Stelle obliegende Sachbearbeitung selbstverantwortlich auszuführen in der Lage ist. Kurz: ein kompetenter Mitarbeiter, eine kompetente Mitarbeiterin. Jemand, dem/ der man nicht alles erklären muss; jemand, der/die wirklich den Vorgesetzten entlastet. Der Gemeindemanager als sehr kompetenter Sachbearbeiter. In Unternehmen würde man damit den Chefsekretär/die Chefsekretärin bezeichnen. So weit – so harmlos. Dies Problem ist leicht durch eine höhere Besoldungsstufe bei Ausschreibungen bzw. teilweise durch Fortbildungen beim vorhandenen Personal zu erreichen.
2. Wunsch und Wirklichkeit
Versucht man eine Annäherung von der Begrifflichkeit her, dann leitet sich das Berufsbild vom Manager, also formal und kurz von dem Leiter, dem Hauptverantwortlichen eines Betriebs, einer Einrichtung etc. ab. Was der Manager im einzelnen macht, muss man dabei an dieser Stelle außer Acht lassen. Dass die Tätigkeit in einem Unternehmen eine andere ist als in der Schule, der Kirchengemeinde oder im Fußballclub ist unzweifelhaft. Aber der Manager leitet und sorgt dafür, dass die vorhandenen Ressourcen zur Erreichung des Ziels – also des Geschäftszwecks, der Bildung, der Kommunikation des Evangeliums, dem Sieg im Fußballmatch eingesetzt werden. Wenn nun der Begriff Gemeindemanager kreiert wird, schreibt man diesem Berufsbild genau diese Funktion zu: die der Gesamtverantwortlichkeit. Traditionell war und bis dato ist das die Rolle des Pfarrers/der Pfarrerin. Er/sie ist der Dienststellenleiter. Die Alternative wäre: der Pfarrer/die Pfarrerin ist Angestellter eines Betriebs mit der Aufgabe, gewisse Leistungen (wie Seelsorge, Kasualien etc.) zu erbringen. Er/sie hat aber in der Geschäftsführung nichts mehr zu suchen. Die Leitung und Verantwortung (das Management) liegt bei einem Geschäftsführer o.ä. . Das wäre eine ganz andere Organisationsstruktur. Und man mache sich nichts vor: der Pfarrer/die Pfarrerin ist dann von Verwaltungsarbeit entlastet. Aber damit wächst nicht die Freizeit. Sondern dann muss er/sie in dieser neuen Organisationsstruktur entsprechende Mehrarbeit an Gemeindediensten leisten. In der EKBO stieg die Zahl der zu betreuenden Gemeinden nach der Reform der Organisationsstruktur im ländlichen Bereich von neun auf 19! So sieht jedenfalls die Praxis dort aus, wo ähnliche Modelle schon umgesetzt sind. Man mache sich also keine Illusionen hinsichtlich Entlastung! Das ist z.B. in der EKBO der Fall. Dass der „Gemeindemanager“ dort nicht auf Gemeindeebene sondern der Ebene des Dekanates/Kirchenkreises vom Verwaltungsamt aus die Gemeinden managt, ist dabei sekundär. Dass die „Entlastung“ von PfarrerInnen gerne auch in kirchenleitenden Papieren als Begründung für Reformmaßnahmen, sprich Downsizing-Konzepten, bemüht wird, gilt es konsequent zu hinterfragen und zu durchschauen. Es ist zu fragen: sind Pfarrerinnen und Pfarrer nach der Reform wirklich entlastet? Oder sind sie nur entmachtet?
3. … oder Entmachtung?
Was ändert sich? Man muss von aktuell konkret handelnden Personen absehen, die man mit diesem Ehrenwort (ChefsekretärIn) bedenken kann. Denn der Gemeindemanager wie er in den Reformkonzepten auf der mittleren Ebene vorkommt, wird die Organisationsstruktur grundlegend verändern. Ein anderes Wort lautet dann schlicht: Geschäftsführer. Das neue/alte Organisationsmodell ist das der DDR- Poliklinik
oder etwa von Pflegediensten. Das Poliklinik-Modell ist dabei das Reformmodell für das Gesundheitswesen. Analog ist das Reformmodell für die Kirchen mit einem neuen Steuerungsmodell auf der mittleren Ebene in der Umsetzung. Für die betroffenen Professionen, hier also die Pfarrerinnen und Pfarrer, hat das eine gerne noch übersehene Folge: sie haben in diesem System nichts, aber auch gar nichts mehr zu gestalten oder zu sagen. Sie haben zu funktionieren.