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Projekt „Doppik“ nun auch in der EKHN mit spürbaren Problemen.

04/2015 , von Horst Kandler (vgl. dazu: EKHN. Der Reformstress geht weiter.)

In der jüngst veröffentlichten Synodendrucksache Nr. 04-1/15 „Bericht der Kirchenleitung“  heißt es: 

„Mit dem Produktivstart im Pilotbetrieb hat sich sehr schnell gezeigt, dass der Scanprozess und die digitale Bearbeitung von Buchungsbelegen einer erheblichen Optimierung bedürfen. Durch eine unzureichende Erkennung der wesentlichen Buchungsinformationen der vom Dokumentenmanagementsystem über eine Schnittstelle in das Buchhaltungsprogramm MACH zu übergebenden Belegdaten kam es zu erheblichen Bearbeitungsrückständen und Belegstaus in den Finanzabteilungen der Pilotkassengemeinschaften, weil die wesentlichen Beleginformationen nun manuell in MACH „nach“erfasst werden mussten und Belege z.T. mehrfach im System vorhanden waren. Zur Abarbeitung des Rechnungsstaus sind nun folgende Maßnahmen beschlossen worden:
– Kurzzeitige personelle Unterstützung bei der Buchführung in den beiden Pilotregionalverwaltungen, bis die anderen Aufgaben Haushaltsplanung und Jahresabschluss weitestgehend abgearbeitet werden konnten.
– Vorübergehendes Aussetzen des Scanprozesses in der Gesamtkirche mit dem Ziel, den Scanvorgang und die dazugehörenden Bearbeitungsformulare so zu standardisieren, dass die Belegerkennung die Buchhaltung unterstützt.“

Was sich hinter dieser eher nüchternen Darstellung verbirgt, wird in einem Artikel von Renate Haller in der Ev. Sonntagszeitung vom 29.03.2015 evident (leider online nicht verfügbar, deshalb hier verkürzt):

Unbezahlte Rechnungen
Die Einführung der doppelten Buchführung bringt Probleme in rund 20 Kirchengemeinden Darmstadt. Ärger mit Telefon- und Stromanbietern sowie mit Handwerkern – die Einführung des Doppik-Verfahrens in der hessen-nassauischen Kirche hat wegen unbezahlter Rechnungen mancherorts für Ärger gesorgt.
Mehr Transparenz und eine bessere Übersicht über tatsächlich entstandene Kosten soll die doppelte Buchführung, das Doppik-System, bringen. (…) In zwei Pilotregionen (…) wird es getestet. Dabei ist einiges schief gelaufen.
Zum neuen System gehört das Scanverfahren. (…) Zum einen waren die Scanner nicht überall pünktlich zum Starttermin 1. Januar geliefert, zum anderen funktionierte die damit verbundene Software nicht richtig (…) „(…) die Softwareentwicklung war noch nicht so weit, wie wir das erwartet hatten (…)“. In den Regionalverwaltungen seien „unvollständige Belegfragmente“ angekommen. Ergo wurden die Rechnungen nicht bezahlt. Die Gemeinden, im guten Gefühl, die Rechnungen zum Bezahlen ordnungsgemäß auf den Weg gebracht zu haben, waren überrascht, als Mahnungen ankamen. Zum Teil haben sie die Rechnungen dann selbst überwiesen, was zu doppelten Bezahlungen führte. Denn auch in den Regionalverwaltungen wurden die Papiere (…) nach aufwendigem Nacharbeiten, um alle notwendigen Daten zusammenzubekommen, dann auch bezahlt.
Die Regionalverwaltung (…) hatte im Vorfeld der Systemumstellung alle Lastschriftverfahren gekündigt. Das bedeutet, auch die Rechnungen von Strom-, Wasser- und Telefonanbietern wurden nicht mehr einfach abgebucht, sondern mussten überwiesen werden. „Zum Teil hatten die Gemeinden Angst, dass ihnen der Strom abgestellt wird.“ Bei einer Gemeinde sei sogar ein Inkassobüro erschienen, um das fehlende Geld einzutreiben. Auch Handwerker seien sehr ärgerlich gewesen, als ihre Rechnungen nicht bezahlt wurden. Das Scanverfahren ist nun fürs erste gestoppt, und in den Regionalverwaltungen helfen jeweils zwei Zeitarbeitskräfte, das Liegengebliebene aufzuarbeiten. Die angefallenen Mahngebühren zahlt die Gesamtkirche. (…)“

Frage: Wer trägt eigentlich die Kosten für das „aufwendige Nacharbeiten“, die doppelten Bezahlungen, die Zeitarbeitskräfte? Wie hoch sind sie zu beziffern?
Wer repariert eigentlich den hervorgerufenen Imageschaden der Ev. Kirche bei Handwerkern oder Versorgungsbetrieben?
Und das alles ist ja erst der Anfang…

P.S.: was nicht zu erwarten war: dieser Reformpatzer wird sogar in der Sonntags-Zeitung der EKHN mit einem Artikel bedacht („Unbezahlte Rechnungen“, 29.03.2015, S. 16). Kehrt die Kirchenpresse zur Abbildung realer Vorgänge und Probleme zurück?