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EKHN-Synode- Doppik: Kostensteigerung von ursprünglich 9 Mio. € auf rd. € 21,4 Mio.“ (Teilkosten) und Umsetzungstohuwabohu: „Die Abarbeitung von Rückständen hat weiter höchste Priorität..“

11/2016, EKHN, Drucksache zur Synode

„… Eine der größeren Baustellen im Doppik-Projekt stellt die Schnittstelle zur Personalabrechnung dar… Daneben stehen die Verbuchungen der Besoldung für Pfarrpersonen, Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamte für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 aus. …“

„Aufgrund der Umsetzungsschwierigkeiten in der Anfangsphase des Projekts entstanden in den Pilotregionalverwaltungen sowie der Gesamtkirchenkasse teils erhebliche Buchungs- und Arbeitsrückstände, die die Arbeitsfähigkeit der aller betroffenen Einrichtungen wesentlich beeinträchtigten…“

Gegenüber der in der Herbstsynode 2015 dargestellten Umstellungskosten von rd. € 13,5 Mio. ergibt die Neukalkulation einen erhöhten Finanzbedarf von rd. € 5,9 Mio. Hinzu kommt eine mit Sperrvermerk versehene Sicherheitsreserve von € 2,0 Mio. Damit belaufen sich die Gesamtprojektkosten bezogen auf die Gesamtprojektlaufzeit inklusive der gesperrten Sicherheitsreserve auf rd. € 21,4 Mio….

Zur Drucksache der EKHN-Synode.

Zu Hintergrund und Historie vgl. hier.

Neue Fehlsteuerung, teurer Sparkurs, gefloppte Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Ein Kommentar zur Ruhestandsversetzung des EKD- Finanzdezernenten Thomas Begrich von Friedhelm Schneider.

03/2016
Schon 2013 verließ Oberkirchenrat Thorsten Latzel , Leiter des Projektbüros Reformprozess im Kirchenamt der EKD seinen Posten und übernahm die Stelle des Akademiedirektors der Ev. Akademie Frankfurt.  Bald gab es in der EKD innerhäusig kritische Bemerkungen. Diese wurde immer deutlicher und klarer. Im letzten Jahr etwa ließ Thies Gundlach zum Reformprozess wissen: „Denn zum einen kostet das Umbauen viel Kraft,  und zum anderen sind die Einsparergebnisse durchaus überschaubar und jedenfalls nicht geeignet, Plausibilität gerade für
die Skeptiker der Fusion zu schaffen.  Darüber hinaus verbindet sich damit oft eine Arbeitsverdichtung“.  Kurz die Reformen führen zu innerkirchlichem Kräfteverschleiß und Mehrbelastung des Personals ohne nennenswerte Einsparergebnisse. Damit schließt sich Thies Gundlach inhaltlich der  im Wormser Wort geäußerten Kritik an den sog. Kirchenreformen an.

Auf diesem Hintergrund liest sich die Pressemeldung zur Ruhestandsversetzung von Thomas Begrich als zwar verklausulierte, aber letztlich doch unverhohlene Kritik: „In seiner Zeit bei der EKD hat er maßgeblich am Reformprozess der EKD mitgewirkt“. Wenn dann noch diese ganze Reformphase vom Ratsvorsitzenden als Ära Begrich betitelt wird,  dann wird schon etwas vom Einfluss eines Mannes in der EKD- Zentrale sichtbar, den viele noch nicht einmal mit Namen kennen. Doch soll wohl weniger eine einzige Person für die wenig schmeichelhaften Resulate dieser eineinhalb Jahrzehnte stark ideologisch gefärbter EKD- Kirchenleitung verantwortlich gemacht werden, als vielmehr ein Schlusspunkt gesetzt werden. Eine neue, eine Postreformepoche kann und soll mit dem  Ausscheiden von Thomas Begrich beginnen. Der in der DDR sozialisierte und gelernte Diplom-Betriebsökonom bekleidete den Posten des EKD Finanzdzernenten von 2003-2016. Bis 2003 war er Finanzdezernent der Kirchenprovinz Sachsen und zu DDR-Zeiten Finanzchef eines Krankenhauses in Sachsen-Anhalt.

Was assoziiert man mit der „Ära Begrich“ und warum muss sie so schnell wie möglich beendet werden? Man assoziiert: 1. die Ersetzung von richtigem Management durch Langfristprognosen als argumentative Basis der Notwendigkeit eines tiefgreifenden Umbauprozesses der Kirche, 2. die Einführung der kaufmännischen Buchführung in der Kirche, 3. die Sparpolitik und 4. der jüngste Flopp mit der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Der Reihe nach:

1. Ich erinnere mich lebhaft an den Vortrag von Thomas Begrich auf einer Tagung der Ev. Akademie Bad Boll im  Jahr 2008. Das zentrale Chart zeigte die Entwicklung der kirchlichen Finanzen im Jahr 2030. Unterstellt war die Fortsetzung der kirchlichen Arbeit im damals vorhandenen Umfang unter Berücksichtigung einer Verschlechterung der Einnahmesituation (Kirchensteuerrückgang). Das Ergebnis: zu diesem zukünftigen Zeitpunkt hätten die Mittel gerade noch für die Pfarrgehälter gereicht. Also: keine Mittel mehr für Verwaltung, für… Fazit: undenkbar! Da musste gegengesteuert werden, und zwar heute! Das Auditorium, ca. 200 Personen mit Positionen in den kirchlichen Finanzabteilungen lauschten andächtig. Ein Vortrag, den nicht nur diesen Auditorium zu hören bekam. Ich selbst sah die Präsentation nahezu unverändert im Jahr 2011 noch einmal auf einer Tagung des Reformzirkels „Netzwerk Kirchenreform“ in Wiesbaden. Der Inhalt war leicht eingängig. Und viele, viele, beteten die Botschaft bei allen möglichen oder unmöglichen Gelegenheiten nach.  Das also war die Welt und Botschaft des Thomas Begrich, die man in der EKiR ganz ernsthaft, aber treffend „einfache Formel“ taufte.  Sinn  und Zweck liegen auf der Hand: der so erzeugte Krisenalarm war Legitimation und argumentative Grundlage eines bis dato einzigartigen innerkirchlich angestoßenen Abbau- und Umbauprozesses.

2. Beschluss zur Einführung der kaufmännischen Buchführung (Doppik/NKF) 2005. Wo die Implementierung der Doppik schon stattgefunden hat, absorbierte dies alle vorhandenen Kräfte der Verwaltungen, und zwar über Jahre. So wurde die Doppik zum Musterbeispel für kirchliche Selbstbeschäftigung. Ehrenamtliche verweigerten die Mitarbeit oder schieden aus.  Gesteigert wurde die Schwierigkeit der Aufgabe, als damit auch die Umstellung der – in der Regel zuvor nicht für den eigenen Bedarf getestete – IT verbunden war. Anstelle einer EKD- weiten Harmonisierung, kochte jede Landeskirche auch noch ihr eigenes Süppchen. In Bayern bspw. wurde die gekoppelte Doppik und SAP- Einführung daher von einem Synodalen als Jahrhundertprojekt bezeichnet, von Mitarbeitern im LKA hingegen stand SAP für „Search And Pray“.  Die EKiR hatte über Jahre keine Jahresabschlüsse, war also letztlich durch einen finanziellen Blindflug gelähmt.

Was kann die Doppik für die Steuerung der Kirche leisten?  Die für das Management entscheidenden Indikatoren wie etwa die Mitgliederbindung werden damit jedenfalls ebenso wenig erfasst wie etwa die Motivation der Mitarbeiter, namentlich der Pfarrerschaft. Was hingegen neu dargestellt wird, ist das finanzielle Vermögen der Kirche. Freilich ist das eine Information, die einen großen Bewertungsspielraum lässt und von daher für die präzise Steuerung kaum tauglich ist.  Zum anderen handelt es sich um Angaben,  mit deren Darstellung die Kirche eigentlich nur verlieren kann. Denn die kirchennahen Mitglieder werden durch diese Angabe, die monetäre Bewertung primär geistlicher Größen (!), irritiert.  Und unter den Distanzierten wird die Kirche den einen zu reich, den anderen aber zu arm sein ( bzw. besser: sich darstellen ). Ergebnis also: man schafft Angriffsflächen. Und das völlig ohne Not. Obwohl es ja schon genug andere Angriffsflächen gibt. Und das Lieblingsargument der Befürworter, die Darstellung des Ressourcenverbrauchs, ist so richtig wie falsch zugleich. Denn selbstverständlich war der Administration das Thema auch vorher schon bekannt. Man war sogar so intelligent, dass man richtige Lösungen nicht nur entwickelte, sondern – weil nur administratives, dienendes Handeln –  daraus noch nicht einmal großes Aufhebens machte. Bsp: Pensionen, Bsp. EKHN. Dort  hatte man das Problem (mit Kameralistik) für die damalige Zeit, im letzten Viertel es letzten Jahrhunderts, nachgerade genial gelöst. Etwa mit der Finanzierung erheblicher Anteile über die BfA, also beitrags- und nicht kapitalorientiert. Warum werden also nicht solche Mitarbeiter geehrt, die aus Managementsicht für die damalige Zeit wirklich glanzvollen Leistungen erbracht und so der geistlichen Leitung der Rücken frei gehalten haben? Man muss nach ihnen keine Ära benennen, aber ihnen die Ehre für ihre Leistung zollen. Die betroffenen Personen, hier der ehemalige OKR Tempel, eine Person frei von jeglichem Narzissmus, würde man auf diese Weise zurecht nach völlig absurder Verunglimpfung durch die „Reformer“ rehablitieren. Das lief in den meisten Landeskirchen gut.  Anders verhielt es sich bei den Bauämtern. Dort war das Management durchaus und durch die Bank verbesserungsbedürftig: Man stattete sie in guten Zeiten einfach so satt mit Finanzmitteln aus, dass nichts anbrennen konnte. Auf Dauer war das nicht zu halten, weswegen es einer präzisen Kostensteuerung bedurft hätte, eines Kirchlichen Immobilienmanagements. Gerade Letzters, eine präzise Kostensteuerung und präzise Ressourcenverbrauchswerte lieferte die Doppik mit pauschalen Abschreibungswerten nun aber gerade nicht.
Dass diese Abschreibungen auf Gebäudewerte zu guter letzt noch dazu verwendet wurden, um Gemeinden oftmals unbegründet arm zu rechnen und damit zu Fusionen zu zwingen, das war denn die letzte Volte in einem zuvor schon unsäglichen Spiel. Den Umbau-Protagonisten hat all das an der Basis wenig Freunde gemacht.

Man wird bei alledem fragen müssen, ob Thomas Begrich die äußerst spärlichen Resultate der Doppik für die Steuerung der Kirchen, den Aufwand der Maßnahme der Implementierung, die Kompetenzen in den landeskirchlichen Verwaltungen und – last not least – die Kosten (!) überschaut und berücksichtigt hat. Und diese in ein Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen der Organisation gesetzt hat. Ich denke: bei einer solcherart ganzheitlichen Sicht wäre das Projekt Doppik  in der Kirche schon in der Brainstorming-Phase erledigt gewesen.

3. Die Leitfigur des Finanzdezernenten war indes die Schwäbische Hausfrau.  In seine Zeit fallen umfassende Sparmaßnahmen der Landeskirchen, die größere Abbauprozesse wie Personalabbau, Gemeindeabbau etc. zur Folge hatte.  Die Frage, ob dabei das vorgegebene und verfolgte Ziel höherer Wirtschaftlichkeit etwa im Falle von Fusionen überhaupt erreicht wurde oder je zu erreichen sein wird. Selbst von der EKD- Zentrale wird dies heute offen bezweifelt (s.o.). Evaluationen zu solchen Sparprogrammen gibt es nicht. Und das hat seinen Grund.

Nun wird Thomas Begrich einwenden, das Sparprogramm habe ja dazu gedient, die Rücklagen für die Pensionen aufzustocken. Und in fernen Zeiten würden  es die Ruheständler schon merken, dass er mit seiner Schwäbischen-Hausfrauen-Finanzpolitik recht gehabt hätte. Auf eine solche Argumentation muss man aber nicht hereinfallen. Andersrum wird nämlich ein Schuh draus: Die Versäumnisse an der jungen Generation, die dort den Entfremdungsprozess von der Kirche fortsetzten, wird den zukünftigen Finanzdezerneten durch fehlende Kirchensteuereinnahmen auf die Füße fallen. Gerade die Jugend wurde der Kirche stark entfremdet, u.a. weil man die Angebote hier besonders rigoros gestrichen hat. Man  brauchte das Geld ja angeblich für die Verwaltung, die Doppik, die IT oder eben die Rücklagen.  Und man muss kein Profet sein, um zu sehen, dass diese selbstverschuldeten Einnahmeausfälle höher sein werden als die Zinsen der mit vergleichbaren Mitteln gespeisten Rücklagenfonds für die Pensionen. Dies gilt selbst für den Fall, dass das Zinsniveau wieder steigt und es den Anlagemanagern gelingt, größere oder Totalverluste bei Crashs zu vermeiden, die deutsche Fonds oder Institute (wie fast sämtliche Landesbanken) doch regelmäßig zu treffen scheinen (wallstreet- Wort: „stupid german money“). Damit soll das Problem des Verlusts der Bindungskraft nicht auf die fiskalische Seite beschränkt werden, auch wenn es hier um den Finanzdezernenten und seinen Sektor geht. Management beinhaltet eben eine ganzheitliche Sicht. und die hat auch hier gefehlt.

4. Zur Verlustreichen Sparpolitik kam dann noch der verlustreiche Versuch der Steigerung der Einnahmen, der Flopp mit der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Thomas Begrich agierte hier als sei er Wolfgang Schäuble. Ist er aber nicht, wie auch er jetzt weiß. Das zu lernen brauchte es lange. Denn Thomas Begrich war doch immer  sehr von seinen eigenen Meinungen und last not least seiner eigenen Person überzeugt, dass es ihm oft genug gelang, damit – auch entgegen Erwägungen etwa des gesunden Menschenverstandes, entsthafter Managementeinsichten oder auch theologischer Positionen – auch andere zu überzeugen. Wer so in seinem eigenen Kosmos kreist, verliert den Kontakt zur Wirklichkeit. Wenig andere Beispiele wie die Sache mit der Kapitalertragssteuer belegen so deutlich, wie weit manche Akteure in der EKD- Burg in der Herrenhäuser Straße Hannovers von den evangelischen Kirchenchristen schon entfernt sind. Hier aber haben sie mit einer bis dato nicht gekannten Schärfe durch die Welle der Kirchenaustritte auf solche wirklichkeitsvergessene Kirchenpolitik reagiert. Was war mit den Mehreinnahmen? Mathias Drobinski resümiert in der SZ: „So gesehen hätten die Kirchen besser auf das Geld verzichtet, das ihnen die neue Einzugsform  zusätzlich bringt. Zudem weiß niemand, ob die Verluste durch die Austritte nicht die Mehreinnahmen übertreffen.“

Ich schließe mit zwei Fragen. 1. was wäre richtiges Management, hier: richtiges Finanzmanagement der EKD gewesen? Und 2. Inwieweit herrschte in der Grundausrichtung der neoliberalen Reformagenda  für die Kirche Entscheidungsfreiheit?

1. Was fehlte zum Management beim Diplom-Betriebsökonomen Thomas Begrich ? Es fehlte die ganzheitliche Sicht eines systemischen Managements; es fehlte Ziel und Umsetzung, die Organisation Kirche wieder näher zu den Menschen und ihrer Wirklichkeit zu bringen; es fehlte die Einsicht, dass dazu alle positiven Potenziale der Kirche zu nutzen und zu entwickeln war.   Sein Part als Finanzdezernent dabei: eine entsprechend unterstützende Finanzpolitik.

Richtige Investition: Um näher zu den Menschen zu kommen wäre es vor allem nötig gewesen, in die Kommunikation des Evangeliums  zu investieren um neue Kontaktmöglichkeiten zu schaffen. Demgegenüber wurde in die Strukturen der Organisation investiert. Die danach nicht besser arbeiteten als zuvor – allerdings  infolge Zentralisierung nun allein schon geografisch weiter weg von den Menschen waren als zuvor.

Richtige Kostenreduktion: sehr wohl mussten Kosten reduziert werden, namentlich bei Verwaltung und bei Gebäuden (vgl. den entsprechenden Ansatz des Kirchlichen Immobilienmanagements – s.o.).

Umgang mit den Menschen (Potenzialen): Menschen ernst nehmen und einbeziehen. Und sie nicht durch Expertensysteme einschüchtern und gefügig machen. Kurz: mehr demokratische, mehr synodale Teilhabe auch in Finanzfragen wäre also nötig gewesen. Das wäre möglich gewesen, aber der Weg dahin wäre eben ein ganz anderer gewesen als der des Thomas Begrich.

2. Man wird freilich auch bei einem von sich und seiner Rede überaus überzeugten Menschen fragen sollen, inwieweit Thomas Begrich bei diesen Entscheidungen nur Treiber oder auch Getriebener war. Denn in dieser Zeit Anfang des Jahrhunderts wurde ein gesellschaftlicher Umbauprozess ins Werk gesetzt, der alle Lebensbereiche umfasste: Die Agenda 2010 tat das auf dem Gebiet der Sozialleistungen.  Betroffen waren aber auch alle Institutionen der Daseinsvorsorge. Teile der Institutionen wurden privatisiert oder in die Privatwirtschaft verlagert. Die Leistungen für die Bürger, Schüler, Studenten, Patienten etc. wurden auch dadurch deutlich reduziert oder verteuert. Analog dazu wurde zeitlich leicht verzögert auch der Umbau der Kirchen betrieben. Bei dieser Umgestaltung der Institutionen spielte die Finanzsteuerung eine zentrale Rolle.  Und ja, die Frage stellt sich, ob Thomas Begrich und die EKD diese staatliche Reformagenda teilten oder sich dem von dort ausgehenden Druck auf die doch noch staatsanaloge evangelische Kirche nicht widersetzen konnte? Wir müssen diese Frage hier nicht entscheiden. Das überlassen wir der Forschern der jüngsten Kirchengeschichte.  Und: wir müssen auch Thomas Begrich nicht entlasten. Eine wenig erfolgreiche Ära trägt jetzt seinen Namen. Aber diese Ära ist abgeschlossen. Letzteres wird die EKD auch der Pfarrerschaft, der Mitarbeiterschaft und dem Kirchenvolk offen mitteilen müssen, nicht nur verklausuliert. Sonst könnten Beispiele wie die in Angeln Schule machen.

Projekt „Doppik“ nun auch in der EKHN mit spürbaren Problemen.

04/2015 , von Horst Kandler (vgl. dazu: EKHN. Der Reformstress geht weiter.)

In der jüngst veröffentlichten Synodendrucksache Nr. 04-1/15 „Bericht der Kirchenleitung“  heißt es: 

„Mit dem Produktivstart im Pilotbetrieb hat sich sehr schnell gezeigt, dass der Scanprozess und die digitale Bearbeitung von Buchungsbelegen einer erheblichen Optimierung bedürfen. Durch eine unzureichende Erkennung der wesentlichen Buchungsinformationen der vom Dokumentenmanagementsystem über eine Schnittstelle in das Buchhaltungsprogramm MACH zu übergebenden Belegdaten kam es zu erheblichen Bearbeitungsrückständen und Belegstaus in den Finanzabteilungen der Pilotkassengemeinschaften, weil die wesentlichen Beleginformationen nun manuell in MACH „nach“erfasst werden mussten und Belege z.T. mehrfach im System vorhanden waren. Zur Abarbeitung des Rechnungsstaus sind nun folgende Maßnahmen beschlossen worden:
– Kurzzeitige personelle Unterstützung bei der Buchführung in den beiden Pilotregionalverwaltungen, bis die anderen Aufgaben Haushaltsplanung und Jahresabschluss weitestgehend abgearbeitet werden konnten.
– Vorübergehendes Aussetzen des Scanprozesses in der Gesamtkirche mit dem Ziel, den Scanvorgang und die dazugehörenden Bearbeitungsformulare so zu standardisieren, dass die Belegerkennung die Buchhaltung unterstützt.“

Was sich hinter dieser eher nüchternen Darstellung verbirgt, wird in einem Artikel von Renate Haller in der Ev. Sonntagszeitung vom 29.03.2015 evident (leider online nicht verfügbar, deshalb hier verkürzt):

Unbezahlte Rechnungen
Die Einführung der doppelten Buchführung bringt Probleme in rund 20 Kirchengemeinden Darmstadt. Ärger mit Telefon- und Stromanbietern sowie mit Handwerkern – die Einführung des Doppik-Verfahrens in der hessen-nassauischen Kirche hat wegen unbezahlter Rechnungen mancherorts für Ärger gesorgt.
Mehr Transparenz und eine bessere Übersicht über tatsächlich entstandene Kosten soll die doppelte Buchführung, das Doppik-System, bringen. (…) In zwei Pilotregionen (…) wird es getestet. Dabei ist einiges schief gelaufen.
Zum neuen System gehört das Scanverfahren. (…) Zum einen waren die Scanner nicht überall pünktlich zum Starttermin 1. Januar geliefert, zum anderen funktionierte die damit verbundene Software nicht richtig (…) „(…) die Softwareentwicklung war noch nicht so weit, wie wir das erwartet hatten (…)“. In den Regionalverwaltungen seien „unvollständige Belegfragmente“ angekommen. Ergo wurden die Rechnungen nicht bezahlt. Die Gemeinden, im guten Gefühl, die Rechnungen zum Bezahlen ordnungsgemäß auf den Weg gebracht zu haben, waren überrascht, als Mahnungen ankamen. Zum Teil haben sie die Rechnungen dann selbst überwiesen, was zu doppelten Bezahlungen führte. Denn auch in den Regionalverwaltungen wurden die Papiere (…) nach aufwendigem Nacharbeiten, um alle notwendigen Daten zusammenzubekommen, dann auch bezahlt.
Die Regionalverwaltung (…) hatte im Vorfeld der Systemumstellung alle Lastschriftverfahren gekündigt. Das bedeutet, auch die Rechnungen von Strom-, Wasser- und Telefonanbietern wurden nicht mehr einfach abgebucht, sondern mussten überwiesen werden. „Zum Teil hatten die Gemeinden Angst, dass ihnen der Strom abgestellt wird.“ Bei einer Gemeinde sei sogar ein Inkassobüro erschienen, um das fehlende Geld einzutreiben. Auch Handwerker seien sehr ärgerlich gewesen, als ihre Rechnungen nicht bezahlt wurden. Das Scanverfahren ist nun fürs erste gestoppt, und in den Regionalverwaltungen helfen jeweils zwei Zeitarbeitskräfte, das Liegengebliebene aufzuarbeiten. Die angefallenen Mahngebühren zahlt die Gesamtkirche. (…)“

Frage: Wer trägt eigentlich die Kosten für das „aufwendige Nacharbeiten“, die doppelten Bezahlungen, die Zeitarbeitskräfte? Wie hoch sind sie zu beziffern?
Wer repariert eigentlich den hervorgerufenen Imageschaden der Ev. Kirche bei Handwerkern oder Versorgungsbetrieben?
Und das alles ist ja erst der Anfang…

P.S.: was nicht zu erwarten war: dieser Reformpatzer wird sogar in der Sonntags-Zeitung der EKHN mit einem Artikel bedacht („Unbezahlte Rechnungen“, 29.03.2015, S. 16). Kehrt die Kirchenpresse zur Abbildung realer Vorgänge und Probleme zurück?