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Drittmittel korrumpieren mehr und mehr die Idee der Universität. Problem auch von Kirchen.

Verantwortlich: Wolfgang Lieb

Bei real stagnierenden Grundmitteln, sind die Universitäten, um überhaupt noch Forschung betreiben zu können, mehr und mehr auf die Einwerbung von Drittmitteln angewiesen. Der Wettbewerb um Drittmittel wurde geradezu zum Steuerungsinstrument der Universitätsforschung. Das Grundecht der Wissenschaftsfreiheit für den einzelnen Hochschulwissenschaftler wird dadurch eingeschränkt und die Idee der Universität als ein von Fremdbestimmung, von wirtschaftlichen Verwertungsinteressen oder von politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen freier Ort der Wissenschaft wird zunehmend korrumpiert. Von Wolfgang Lieb.

Welche Probleme bringt die Abhängigkeit von Drittmitteln mit sich?

Drittmittel sorgen nicht mehr dafür, dass die Hochschulforscher zusätzliches Geld für die Forschung ausgeben können, wie das früher einmal der Fall war, sie werden mehr und mehr zur Grundbedingung für Forschung überhaupt. Weite Bereiche der Forschung könnten ohne Drittmittel gar nicht mehr durchgeführt werden, weil die Grundfinanzierung der Forschung seit Jahren stagniert.

Es besteht die Gefahr, dass das Individualrecht der Wissenschaftsfreiheit, das jedem Hochschulwissenschaftler vom Grundgesetz garantiert wird, ausgehöhlt wird und das individuelle Erkenntnisinteresse und damit auch die Forschungsentwicklung insgesamt vom Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln gesteuert wird.


Die nach wie vor überwiegend öffentlich finanzierten Hochschulen geraten unter das Diktat einseitiger externen Verwertungsinteressen. Dieser grundlegende institutionelle Wandel bedroht die innere akademische Freiheit und unterwirft Bildung und Wissenstransfer äußeren Zwecken.

Das Konzept der wettbewerbsgesteuerten Hochschule, also das Regime von McKinsey und Co widerspricht den „professionskulturellen“ Voraussetzungen einer freien Wissenschaft und beeinträchtigt die Innovationsfähigkeit der Hochschulforschung. Denn Innovationen entstehen innerhalb der Universität als Ergebnis weitgehend ungeplanter Prozesse in Nischen, die sich einer direkten Kontrolle entzögen. Sie beruhen auf kollektivem Lernen, setzten Vertrauen und gegenseitige Anerkennung vor. Durch strikte Effizienzorientierung geraten gerade jene assoziativen Arbeitsformen, Freiräume und Vertrauensbeziehungen unter Druck, die eine zentrale Bedingung für Innovationen sind….

Zur Kurzstudie.

Auf dieselbe Problematik hatte  Pfr. Hans-Jürgen Volk vor kurzem in seinem Artikel zur EKiR Landessynode Januar 2015 hingewiesen.

Humboldts Begräbnis – 10 Jahre Bologna- Prozess

von Wolfgang Lieb, 2009, in: Blätter für deutsche und internationale Politik

Am 19. Juni dieses Jahres jährt sich das wohl einschneidendste Ereignis der jüngeren europäischen Hochschulgeschichte zum zehnten Mal. An diesem Tag kamen 1999 im italienischen Bologna die Bildungsminister 29 europäischer Staaten zusammen, um die Mobilität der Studierenden im „europäischen Hochschulraum“ etwa durch vergleichbare Studienabschlüsse voranzutreiben. Das Ergebnis war die Verabschiedung der sogenannten Bologna-Erklärung, die bis heute von 46 Staaten unterschrieben wurde. Ihr Ziel sollte, neben der Verständlichkeit und Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen, die Einführung eines zweistufigen (angelsächsischen) Studiensystems (Bachelor und Master) sowie die Förderung der Mobilität von Hochschulangehörigen sein. Seither haben sich die deutschen Hochschulen grundlegend verändert: Stand früher eine allgemeine wissenschaftliche Ausbildung im Vordergrund, so ist es heute die „Beschäftigungsfähigkeit“ der Studierenden. Zudem wurden die Strukturen der Hochschulen umgebaut, an die Stelle von Selbstverwaltung traten autokratische Leitungsstrukturen. Auf diese Weise wurden die Hochschulen zunehmend der demokratischen Gestaltungsmacht des Staates entzogen und einseitig auf den globalen Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln und Studiengebühren aus- und zugerichtet.
Dies heute zu diagnostizieren, bedeutet nicht, den vorangegangenen Zustand für sakrosankt zu erklärten. Auch im ausgehenden 20. Jahrhundert waren unsere Hochschulen wahrlich nicht im besten Zustand. Es gab erheblichen Reform- und vor allem riesigen Investitionsbedarf. Aber ganz so schlecht können die staatlichen Hochschulen nicht gewesen sein, wenn etwa die als „Stachel im Fleisch“ gegründeten privaten Hochschulen in Deutschland, jedenfalls in der Breite, nie zu einer echten Konkurrenz aufsteigen konnten. Da gab es offenbar keine „Marktlücke“, dazu war das Studienangebot der staatlichen Universitäten und Fachhochschulen einfach zu gut. Trotz der Überfüllung der Hochschulen führte ein Studienabschluss jedenfalls in aller Regel zur Befähigung zur selbstständigen Bearbeitung von neuen Problemen mit wissenschaftlichen Methoden. Wenigstens dem Anspruch nach galt das Humboldtsche Prinzip der „Bildung durch Wissenschaft“.

Reform und Realität – die Hochschulrektorenkonferenz übt Selbstkritik

Hochschulrektoren gestehen Fehler bei Umsetzung des Bologna-Prozesses ein.

20. 11. 2013 Von Johann Osel,

Bologna-Prozess Hochschulrektoren räumen Defizite bei Bachelor und Master ein

Die Studierenden üben schon lange Kritik am Bachelor-Master-System. Jetzt gestehen auch die Hochschulrektoren ein, dass es Versäumnisse bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses gibt. Vor allem in einem Bereich sehen sie Nachbesserungsbedarf.

„Bislang war in Bologna-Beschlüssen der HRK Selbstkritik kaum zu finden.“ Mehr in der SZ.