Schlagwort-Archive: McKinsey

„Maximalschaden“ im Pina Bausch Tanztheater: Und dann kam die McKinsey-Beraterin. Fatale Folgen wie in der Kirche?

23. September 2018, 18:51 Uhr

…Ein gescheitertes Güteverfahren und ein Stadtdirektor, der im Konflikt auf eine „Wachstumsexpertin“ setzte: Wie Pina Bauschs Tanztheater versenkt wird – die Geschichte des Wuppertaler Debakels.

Von Dorion Weickmann
Am 13. Juli wurde Adolphe Binder, die Künstlerische Intendantin des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch, fristlos gekündigt. Sie reichte Kündigungsschutzklage ein, vor wenigen Tagen hat sie eine richterliche Mediation abgelehnt. Damit ist der Maximalschaden eingetreten. …

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PARABUSINESS — DIE VORHERRSCHAFT DER USA. Von Manfred Hoefle.

02/2017

…Von den großen Internet-Playern, den „Big-5“ in Kalifornien abgesehen, ist kein Sektor der amerikanischen Wirtschaft so stark und global, aber auch so unauffällig gewachsen wie das Parabusiness. Dies ist eine Folge der Transformation weg von industrieller Wertschöpfung zu einer international organisierten Transaktionsökonomie. Das Parabusiness hat eindeutige Züge einer „Abschöpfungsökonomie“.(6)…
Drittens: Wachsende Zahl von Vorständen mit MBA-Ausbildung u./o. Parabusiness-Erfahrung.
Naturgemäß führt die größere Gesamtheit von MBA-Absolventen und die aufgrund der „up or out“-Personnel-Policy amerikanischer Consultingfirmen, kombiniert mit einem Placement-Support, zu einer zunehmenden Zahl von Ex-Beratern im Leitungskader von Großunternehmen. In besonderem Maße trifft dies auf Banken (CEO HVB: Weimer) und Versicherungen (CEO Allianz: Bäte) zu(17). In rund zwei Drittel der DAX-Unternehmen ist ein früherer McKinsey-Mann auf Vorstandslevel vertreten. Die Alumni-Netzwerk-Effekte erweisen sich bei der Rekrutierung von Spitzenpositionen als hochwirksam…

 

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Vertagt, vergessen oder verwirklicht? Zehn Jahre Reformprogramm „Kirche der Freiheit“ Von Reinhard Bingener, NDR Kultur

3. Juli 2016

Gegen „Kirche der Freiheit“ wurden im Wesentlichen drei Einwände vorgebracht. Die
bis heute gängigste Kritik lautete im Kern, Wolfgang Huber wolle mit seiner Reform in
der Kirche nachmachen, was Gerhard Schröder ihm mit der Hartz-IV-Reform im Staat
vorgemacht habe. .. der EKD Ratsvorsitzende wolle die Methoden von McKinsey auf die Kirche übertragen….

Heute, zehn Jahre nach der Veröffentlichung von „Kirche der Freiheit“, kann man
feststellen, dass die angestrebte Kirchenreform nur zu einem kleinen Teil in die Tat
umgesetzt worden ist…. So haben sich die Rahmenbedingungen kirchlichen Handelns ganz anders entwickelt, als es die Autoren des Reformpapiers erwartet hatten…

Besonders deutlich zeigte die Untersuchung, dass gerade die Gemeindepfarrer für die
Bindung der Mitglieder an die Kirche einen weit höheren Stellenwert haben, als ihnen
von den Kirchenleitungen lange zugestanden wurde. Die Ergebnisse legen nahe, dass
die Kirchenleitungen sich bei einem neuen Reformanlauf stärker darum bemühen
sollten, die Pfarrerschaft für ihr Vorhaben zu gewinnen und auch selbst mehr
Bereitschaft zeigen müssten, ihre eigene Arbeit zu hinterfragen…

Das jahrzehntelange Aufblähen der kirchlichen Apparate blieb in der Gesamtschau des
Papiers „Kirche der Freiheit“ jedoch merkwürdig unterbelichtet. An den Beharrungskräften
dieser Strukturen dürfte die von Wolfgang Huber für nötig befundene „zweite
Reformation“ bisher vor allem gescheitert sein. Die fatale Machtkonzentration in den
Verwaltungen und Synoden, in denen die Mitgliederschaft der Kirche nur scheinbarrepräsentiert wird, wurde nicht offensiv genug benannt. …

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Die McKinsey-fizierung der Republik. Der intime Kenner Dr. Julius Lengert berichtet über Wirken und Wirkungen der McKinseys am Bsp. Siemens u.a.

04/2016,  älterer, aber aktueller Beitrag von Dr. Julius Lengert

Erstens: Die Erfolgsbilanz der von McKinsey beratenen Unternehmen steht nicht selten in praktisch diametralem Gegensatz zum geschäftlichen Erfolg von McKinsey selbst.

Viele große, renommierten Unternehmen, die in den letzten zwei Jahrzehnten eine spektakuläre Pleite mit nachhaltigen Folgeschäden für Mitarbeiter, Zulieferer und das gesamte soziale Umfeld erlitten, wurden von McKinsey beraten. Die traurige Serie begann in Amerika mit Enron, Global Crossing, K-Mart, sie setzte sich fort mit der Swissair, Hypo Real Estate, HSH Nordbank. Bei Siemens traf es die Kommunikationssparte, das traditionelle Herzstück des Unternehmens, das auf „World Class“ gebracht werden sollte. Bei Daimler schlug der Ausritt zum integrierten Technologiekonzern und zur Welt-Auto AG grandios fehl….
Zweitens: Gesellschaft ohne Haftung.

McKinsey agiert nach dem Pilatus-Prinzip: Man wäscht seine Hände in Unschuld und stiehlt sich aus jeglicher Verantwortung heraus….

Die McKinsey-fizierung der Siemens AG
Das Paradebeispiel für ein nach den Maßstäben vernünftigen und verantwortungsvollen Handelns völlig unverständliche Bindung an ein Beratungsunternehmen ist die Siemens AG. Wie es heißt, sollen bis zu 50 Berater abgestellt worden sein, viele davon, um bei Siemens „in die Lehre“ zu gehen. Das Ergebnis der zahlreichen Organisations- und Downsizing-Projekte in Zentralabteilungen, Technologietransfers und „World-Class“-Programme ganzer Unternehmensbereiche sieht folgendermaßen aus: Die gesamte Kommunikationssparte, seit der Gründung des Unternehmens die Vorzeigesparte der Firma, ist praktisch aufgelöst, die Handy-Sparte mit dreistelligem Millionen Euro Draufgeld an BenQ „verkauft“ und ein Jahr darauf pleite, mehrere Sparten unter hohen Kosten ausgegliedert und eine nach der anderen „abgewickelt“….

Doch die McKinsey-fizierung unserer Republik beschränkt sich nicht auf die Wirtschaftsunternehmen: Auch einflussreiche Wirtschaftsverbände sind davon betroffen….

Schon diese kurze Darstellung, die nur die Spitze des Eisbergs der McKinseyschen Umtriebe darstellen, macht deutlich, dass wir es heute in der Tat mit einer systematisch und gezielt betriebenen „McKinsey-fizierung der Republik“ zu tun haben. Das Unternehmen McKinsey mit einer Krake zu vergleichen, wie zuweilen zu lesen, ist hingegen die falsche Metapher. Das Bild der Krake ist viel zu plump und grob gestrickt, um als Vergleich dienen zu können. Wenn man bei einem Vergleich aus der Fauna bleiben will, dann ist die Meduse zutreffender, die mit ihren filigranen, weit reichenden Tentakeln ihr Beutetier nahezu zärtlich umschlingt und es mit ihrem Gift lähmt….

Die Therapie
Da die Ätiologie, die Krankheitsursache, hinreichend bekannt ist, ist die Therapie relativ einfach….

Zu Text und Therapie

 

Anm. d. Red.: Von der Abwicklung von Firmen zur Abwicklung der Kirche ist es nicht weit…

dazu auch: McKinsey in der Kath.Kirche , er Ev. Kirche, das Kirchenverständnis von McKinsey.

Aktuell: McKinsey wirkte im Lageso/ Berlin.

McKinsey zieht sich vom Lageso zurück.

18.03.16
Ende September hatten McKinsey-Berater mit der Arbeit am Lageso (Aufnahmelager Flüchtlinge, Berlin) begonnen. Das Unternehmen durfte für 238.000 Euro ein Integrationskonzept ausarbeiten – ein SPD-Mann soll davon profitiert haben. Nach Kritik an dem Deal hört McKinsey nun am Lageso auf. Der verantwortliche Chef der Senatskanzlei will offene Fragen beantworten….

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Anm. F.S.: und wann zieht sich McKinsey von den Kirchen zurück?

„Zu teuer, ineffizient und maßlos überschätzt“. Rezension des Fachbuchbestsellers (180.000 Ex.) „beraten & verkauft“ von Prof. Thomas Leif

12/2015, Das Buch erschien vor 10 Jahren, ist aber so lange aktuell, so lange McKinsey  noch in der Kirche mitmischt:

21. Mai 2010, Von Dorothea Heintze, Süddeutsche

… Allein der Branchenführer McKinsey erwirtschaftete in Deutschland 2004 mit einem Mitarbeiterstab von 1750 Leuten einen Jahresumsatz von 540 Millionen Euro.

Leif urteilt gnadenlos: Die Berater seien zu teuer, ineffizient und würden maßlos überschätzt. Keine andere Branche verstehe es derart perfekt, einen Nimbus um sich herum aufzubauen. Intransparenz sei das „Schmieröl der Wissens-Recycler“, die es dank eines aufgeblähten Vokabulars immer wieder verstünden, Eindruck zu schinden.

In einem Glossar listet Leif auf, wie dieser Sprach-Bluff funktioniert: „Information-Flow“ und „Benefits“ lauten die Begriffe; eine „komplexe Erklärungsvariable“ ist nichts anderes als eine „Ursache“,…   Mehr dazu.

Bevor der Karren noch tiefer in den Dreck fährt: Warum das Reformvorhaben »Kirche der Freiheit« zum Scheitern verurteilt ist. Von Anne Lungová .

11/2015, Deutsches Pfarrerblatt

Wer in den letzten Wochen die Zeitungen aufgeschlagen hat, traute seinen Augen nicht: ein Skandal jagte den anderen. Erst mussten die Vorstandsbosse der Deutschen Bank gehen, dann der Chef von VW und jetzt wackelt auch noch der Thron des deutschen Fußballkaisers. Doch für ein erleichterndes Aufatmen, dass zum Glück diesmal die Kirche von einem Skandal verschont blieb, ist es zu früh. Im Gegenteil: einige Verantwortliche in den Chefetagen der kirchlichen Verwaltung werden tief Luft geholt haben. Denn was sich auf den ersten Blick völlig unabhängig voneinander abspielt, hat einen gemeinsamen Nenner: McKinsey. Dass die amerikanische Beraterfirma McKinsey & Company maßgeblich am Reformprozess »Kirche der Freiheit« beteiligt ist, ist kein Geheimnis. Weitgehend unbeachtet hingegen verlief der Prozess der schrittweisen Anbindung an Machtzentren von Wirtschaft und Politik, die nun von Skandalen erschüttert werden.  Zum Artikel im Dt. Pfarrerblatt.

Was Peter Barrenstein/ McKinsey über die Kirche, die PfarrerInnen, die TheologieprofessorInnen und anderes weiß und zu sagen hat. Happen aus einem EPD-Gespräch.

22.09.2015

„…
Barrenstein: …In kirchlichen Einrichtungen agieren die Pfarrer zu häufig autark und allein ohne die tagtäglichen Beispiele guter Vorgesetzter….

Barrenstein: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind die einzige wesentliche weltliche Ressource, die wirklich relevant ist für unsere Kirche…
Barrenstein: Mein Gefühl ist, dass bei dem jetzigen Reformprozess viele theologische Professoren zu wenig eigene konstruktive Vorschläge oder konkrete Anregungen liefern….“

Das vollständige Gespräch.

Anm. F.S. Da gäbe es viel zu sagen…!

Eberhard Hirschler, Unternehmer und Schatzmeister der Ev. Akademikerschaft, sorgt sich um die Kirche. Leserbrief in der Evangelischen Zeitung formuliert Unzufriedenheit mit dem Kurs der Kirche.

04/2015

Pfarrverein Hannover:

An dieser Stelle drucken wir (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers) einen Leserbrief ab, den die Evangelische Zeitung veröffentlichte. Sein Verfasser, Eberhard Hirschler, ist freier Unternehmer mit Büros in Speyer und Hannover. Er ist Schatzmeitser der Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland Landesverband Pfalz-Saar. Sein Brief zeigt, dass die Kritik an der Ausdünnung der Gemeindepfarrämter und der Art der „Strukturreformen“ sich nicht mehr nur auf den Kreis der Insider oder Pfarrvertreter beschränkt. Eberhard Hirschler aus Speyer-Otterstadt schreibt:

Sehr geehrte EvZ-Redaktion,


Im Quelle-Karstadt-Vergleich geht es darum, dass die jeweiligen Unternehmensführungen sich maßlos bereicherten und dadurch das Unternehmen portionsweise reduzierten und später verkauften. Die Ergebniszahlen wurden zu diesem Zweck „frisiert“.

Die Reduzierung der PastorInnenschaft, die Mehrbelastungen der PastorInnenschaft, die Zusammenlegung zahlloser Gemeinden gleichen diesem Vorgehen durchaus:

– Es werden Beratungsfirmen wie McKinsey teuer engagiert, die knallhart nach den volks-und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten der neoliberalen Gedankenwelt die Neu-Organisation der evangelischen Landeskirchen dringlich empfehlen und denen dann gefolgt wird – und wie im Vergleich werden die oberen Hierarchieebenen nicht von diesen für die Kirche langfristig tödlichen Eingriffen berührt.

– Doch die „Verkäufer“-Pastoren, also die Verkündiger der frohen Botschaft Jesu Christi bei den dafür kirchensteuer-zahlenden + brot-für-die-welt-spendenden Kirchenmitgliedern, werden von den Kirchenleitungen reduziert.

– Das ist so schrecklich falsch, wie die wichtigsten Sympathie- und Leistungsträger in einem Handels-Unternehmen, nämlich Verkaufsleiter und deren Verkäufer-Mannschaft, aus Ersparnisgründen zu kündigen.

– Das Argumentieren mit „zurückgehenden Einnahmen“ muss als „Frisieren“ angesehen werden, wenn man die seit Jahren sprudelnden Kircheneinnahmen und die mit unserem Staat bestehenden zusätzlichen Zuwendungsverträge betrachtet.

– Statt massiv für Pastoren-Nachwuchs in den Gymnasien zu werben, obwohl der Beruf des Pfarrers hochattraktiv wäre, wird auf den Rückgang der Kirchenmitgliederzahl verwiesen, den das o.a. „Management“ selber mitverschuldet.

– Stattdessen werden die noch geduldeten Pfarrer mit immer mehr pastoral unfruchtbarer Verwaltungsarbeit belastet.

– Zusätzlich wird ihnen zugemutet, mehrere oder viele bisherige Pfarreien gleichzeitig zu betreuen – mit allen Aufgaben eines Gemeindepfarrers.

– Die nahezu von jeder Gemeindearbeit freigesetzten SuperintendentInnen verstehen sich vor allem als anweisungsberechtigte Vorgesetzte, statt täglich in den Gemeinden zur Unterstützung und Motivierung ihrer PfarrkollegInnen selbst hilfreich mitzuarbeiten.

– Unzählige Pfarrer werden in scheinbar bedeutungsschweren Spezialaufgaben eingesetzt, statt im Dienst in und an der Gemeinde; denn vor Ort, in den Gemeinden, spielt das evangelische Leben und dort gehört der Pfarrer hin. Und von dort aus sollte er in überschaubaren Pfarrbezirken den regelmäßigen Kontakt zu seinen Gemeindegliedern halten…

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„Kinderarbeit nicht pauschal verdammen“. Peter Barrenstein warnt vor pauschalem Verdammen von Kinderarbeit. Dazu: Bericht über Kinderzwangsarbeit von terrre des hommes.

16.06.14

Der christliche Unternehmer Peter Barrenstein fordert ein Ende evangelischer Umverteilungsideologie. Protestanten bräuchten mehr Freiheitsbewusstsein – und eine differenzierte Sicht auf Kinderarbeit.

„Was aber nicht hilft“ – und damit rührt Barrenstein an ein kirchliches Tabuthema –, sei „ein pauschales Verdammen jeder Form der Arbeit von Kindern. Wenn ältere Kinder in sehr armen Ländern Arbeit finden und zugleich eine Ausbildung machen können, ist das immer noch besser, als wenn sie in die Kriminalität oder die Prostitution getrieben werden.“

Zum Artikel der Welt.

Dr. Barrenstein ist Mitglied der Synode der EKD und der Generalsynode der VELKD, Mitglied der EKD-Steuerungsgruppe zum Reformprozeß, Beauftragter des Rates der EKD für das Thema Führen und Leiten in der EKD sowie Aufsichtsrat der Führungsakademie für Kirche und Diakonie.

Klarstellung der Fakten zu Kinderarbeit und Kinderzwangsarbeit:

Kinder- Sklaverei – immer noch in Mode. Von Iris Stolz, Referentin Kinderrechte, terre des hommes

veröffentlicht in: terre des hommes-Zeitung 4/2014
mit freundlicher Genehmigung übernommen.
Die Internationale Arbeitsorganisation ILO schätzt, dass weltweit 5,5 Millionen Kinder als Arbeitssklaven, Zwangsprostituierte oder in privaten Haushalten missbraucht und ausgebeutet werden. Hinter diesen dürren Zahlen verbirgt sich unvorstellbares Leid, Tag für Tag.
terre des hommes-Partner berichten von Mädchen, die in indischen Spinnereien vor Erschöpfung zusammengebrochen sind oder die als Hausmädchen von ihren Arbeitgebern missbraucht, geschwängert und buchstäblich auf die Straße geworfen wurden. So verschieden ihre Geschichten sind, kommen doch fast alle Kinder in Zwangsarbeit und Sklaverei aus extrem armen Familien. Sie sind nur kurz oder gar nicht in die Schule gegangen, und ihren Familien fehlen Wissen und Kenntnisse, um staatliche Hilfs- und Sozialprogramme in Anspruch zu nehmen, soweit es diese denn gibt. Hinzu kommen soziale Ausgrenzungen wie beispielsweise durch das indische Kastensystem sowie die geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen und Mädchen.

Wenn Kinder durch Menschen, die nicht ihre Eltern sind, zur Arbeit gezwungen werden, dann definiert dies die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) als Zwangsarbeit. Dabei kann Zwang auf verschiedenen Ebenen ausgeübt werden: Zum Beispiel, um Kinder zu rekrutieren oder um Eltern und Kinder zu bewegen, eine bestimmte Form von Arbeit zu übernehmen. In vielen Ländern der Welt werden Kinder dazu gezwungen, Dinge zu tun, die bei ihrer Einstellung als Beschäftigte nicht Teil der Abmachung waren. Ein Beispiel dafür ist die Versklavung haitianischer Kinder als Hausdiener. Die sogenannte »Restavec«-Praxis beschreibt ursprünglich die Tradition, dass arme Familien aus ländlichen Gebieten ihre Kinder an wohlhabendere Verwandte in die Städte schicken. Die Kinder sollen dort Haushalt unentgeltlich arbeiten, dafür Essen, eine Schulbildung und bessere Lebensperspektiven erhalten. Doch der solidarische Gedanke dieses Systems wird heute für kommerzielle Zwecke und Dienstleistungen missbraucht. Die Restavecs müssen Kinder und Senioren pflegen, schwere Einkäufe schleppen, kochen putzen und waschen, Botengänge erledigen und vieles mehr, was die Gesundheit von Kindern beeinträchtigt.

Laut ILO wirft die Versklavung von Kindern und Erwachsenen jährlich rund 150 Milliarden US-Dollar Extraprofite ab – am lukrativsten ist Zwangsprostitution in Industrieländern, wo Gewinne bis zu 80.000 US-Dollar pro Opfer und Jahr möglich sind. Dies sind Profite, die bei regulären Beschäftigungsbedingungen unvorstellbar waren.

Die australische Walk Free Foundation, die den Global Slavery Index 2013 herausgegeben hat, schätzt die Zahl der Opfer von Zwangsarbeit in Indien auf fast 14 Millionen. Viele sind bei Kreditwucherern verschuldet und mitsamt der ganzen Familie deren Zahlungs-, Arbeits- und Entlohnungsbedingungen ausgeliefert.

Ein besonders perfides Beispiel für Zwangsarbeit in Indien ist das sogenannte Sumangali-Schema. Die im Akkord und unter haarsträubenden Bedingungen hergestellten Textilien werden in alle Welt exportiert und vor allem in Discountern billig angeboten. Doch es gibt auch Erfolge im Kampf gegen diese Zwangsarbeit – zum Beispiel dank konkreter juristischer Unterstützung für die indischen Arbeiterinnen, die ihnen endlich zu ihrem Recht verhilft, und indem der internationale Handel in die Verantwortung für faire Produktionsbedingungen in der gesamten textilen Lieferkette genommen wird. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, wie sich terre des hommes zusammen mit indischen Partnerorganisationen für Sumangali-Opfer engagiert.