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Funktionswandel von Doppik/ NKF im Laufe der Geschichte der Kirchen“reform“

Funktionswandel der Doppik in der Geschichte des kirchlichen Reformprozesses.
Das ist erläuterungsbedürftig. Denn dies Instrument hat in der langen Geschichte der Reformen ebenfalls einen Funktionswechsel erfahren. Im Folgenden führen wir keine Fachdiskussion über Rechnungswesen und die Unterschiede zw. Doppik und Kameralistik! Hier geht es allein um die Funktion der Doppik innerhalb des Reformabschnitts. Die ursprünglichen Zielsetzungen aus den 90iger Jahren lassen sich an der Württembergischen Landeskirche noch gut nachvollziehen. Ziel war die Verbesserung Transparenz, Partizipation und Nachhaltigkeit. Ziele, die kaum erreichbar waren. Aber das konnte man damals nicht wissen. Heute zeigt die empirische Forschung in den Verwaltungswissenschaften:
„Die Transparenz über die reale Vermögenslage einer Kommune kann durch die Doppik ohne Zweifel erhöht werden. Die Fragen, die sich anschließen, sind indes: Stehen die Kosten für den Aufbau der Doppik in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen? Wird durch die Doppik der Informationsstand für die Kommunalpolitik und wird die politische Steuerung verbessert?
Diese Punkte sind zumindest umstritten. Die vorliegenden empirischen Untersuchungen offenbaren erhebliche Befürchtungen, dass sich die Versprechungen der Doppik nicht einlösen lassen. Deutlich wird dies nicht nur an unseren repräsentativen Befragungen aus NRW, sondern auch, wenn man Ergebnisse der Rechnungshöfe und Regierungskommissionen anderer Bundesländer sowie die Umfrage der KGSt und der kommunalen Spitzenverbände aus dem Jahr 2010 heranzieht (vgl. hierzu Buchholz/Lazar 2010; Bolay 2012; Schäfer u.a. 2010; Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz 2011; Landesrechnungshof Mecklenburg Vorpommern 2011)“…
Bis zum empirischen Beweis des Gegenteils ist deshalb davon auszugehen, dass die Transparenz und die Effizienz der Doppik, genauso wie die des Neuen Steuerungsmodells zuvor, zumindest fraglich sind. Dass durch eine bessere Informationsversorgung quasi automatisch bessere politische Entscheidungen getroffen werden, ist darüber hinaus sowieso ein Mythos von Teilen der betriebswirtschaftlichen Verwaltungswissenschaft, auf den schon seit langem hingewiesen wurde (vgl. zusammenfassend Bogumil 2011). Entsprechend zeigen nicht nur unsere Ergebnisse aus NRW sondern auch die Umfrage der KGSt und der kommunalen Spitzenverbände, dass die ergebnisorientierte Steuerung nur »schleppend voranschreitet«, obwohl einige Kommunen die Doppik bereits mehrere Jahre nutzen (Buchholz/Lazar 2010, S. 298). vgl. Prof. Bogumil.

Hier ist aber Ernüchterung eingezogen. Still und heimlich vollzog sich bei der Nutzung der Doppik aber ein Funktionswandel. Über die neue Funktion wird nicht mehr gesprochen. Das Problem sei exemplarisch dargestellt anhand der EKiR- Version der Rücklagenbildung (Ressourcenverbrauchskonzept) in Form einer doppelten (!) Rücklage für Gebäude – einmal gemäß Abschreibung und zum zweiten gemäß SEP (Substanzerhaltungspauschale). Das Resultat: eine rechnerische (!) Verarmung des Rechtsträgers, also in der Regel der Gemeinden. Eine Verarmung also, die nicht real sein muss. Den Gemeinden aber ‚reale‘ Entscheidungen abnötigt, damit sie nicht – rechnerisch – in die Verschuldung, ins bilanzielle Minus, geraten. Um sich mit diesem Argument der „Verschuldung“ dann etwa vom Verwaltungsamt regieren lassen müssen. Wie dies vergleichbar bei rechnerisch „verschuldeten“ Kommunen geschieht, die ihre Kommunalhoheit einbüßen und unter das Regime der Regierungspräsidien gestellt werden.

Friedhelm Schneider