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Über den schleichenden, heimlichen Abzug der Finanzmittel von den Gemeinden und der Basis in der EKHN.

09/2015, von Friedhelm Schneider

Die EKHN der Nachkriegszeit hatte aus der Tradition der BK stammend eine gegnüber Amtskirchen stark gemeindeorientierte Grundordnung bekommen. Man kann von einem starken Zentrum mit flachen Hierarchien sprechen. So erfolgte der Einzug der Kirchensteuer  – anders als in der EKiR – zentral durch die Gesamtkirche. Wie auch die Anstellung und Besoldung der PfarrerInnen. Entsprechend war dann auch die Haushaltssystematik gestaltet. In der groben Version eines EKHN_1974_Mittelverwendung aus 1974:
– Mittel für Gemeinden
– Mittel für Landeskirche (inkl. der Pfarrbesoldung)
– Mittel für die EKD

Als nun Ende der 60iger Jahre die erste Bürokratisierungswelle die EKHN erfasste und die Gemeinden in finanzieller Hinsicht zu schwächen drohte, fasste die Synode der EKHN Anfang der 70iger Jahre den folgenreichen Beschluss, dass 50% der Kirchensteuermittel an die Gemeinden zuzuweisen seinen. Die Gemeinden erhielten demnach in der Folge 50% der Kirchensteuermittel zur freien Verfügung. Zusätzlich erhielten sie als Leistung – verbucht im Haushalt der Gesamtkirche EKHN – den Pfarrdienst. (Setzen wir Gemeindepfarrdienst inkl. Versorgungsleitstungen mit 25% (s.u. Jahresbericht 2002/03) an, dann erhielten die Gemeinden tatsächlich das Gros der Mittel, nämlich damals in den 70igern ca. 75% der Kirchensteuern.)

Dieser Beschluss der Kirchensynode der EKHN wurde bisher nicht revidiert, er ist also noch immer in Kraft: 50 der Kirchensteuermittel an die Gemeinden. Und er wird auch nominell noch umgesetzt. Allerdings bei deutlich geänderter Haushaltsystematik. Über die schleichende nominelle Uminterpretation geben die Jahresberichte der EKHN, herausgegeben seit 2000, Aufschluss.
Die bei Beschlussfassung gültige Systematik (s.o.) wird noch eingehalten ins Jahr 2002, allerdings wird dort die Quote des immer noch gültigen Synodenbeschlusses der 70iger Jahre mit 42,7% für Gemeinden und Dekanate um ca. 7% verfehlt:
2002/03

Kirchengemeinden und Dekanate:                                                             42,7%

Gesamtkirchliche Personalausgaben, darunter
Pfarrer (inkl. Altersvorsorge und Versorgung)                                         23,9%
s. S. Jahresbericht 2002/03, S.63

 
Die Quote von 50% gemäß Synodenbeschluss wird bald darauf wieder erreicht, ja sogar leicht übertroffen werden, allerdings unter Einbeziehung der Pfarrgehälter in die Zuweisungen für Gemeinden und Dekanate, also unter Abänderung der Haushaltssystematik. Sie werden zwar noch im landeskirchlichen Haushalt geführt, jetzt aber in einer veränderten Systematik für die Öffentlichkeit präsentiert. Ergebnis: die Zuweisungen an die Gemeinden sind de Fakto im Vergleich zu den 70iger Jahren um ca. 25% (eben die Kosten für die Pfarrgehälter) gesenkt worden:

2005/06

Kirchliche Arbeit auf Gemeinde- und Dekanatsebene:                             56,2%

s. S. Jahresbericht 2005/06, S.60

Diese neue Systematik wird bislang beibehalten, wobei die Kosten für den administrativen Teil (auch Gebäudeinvestitionen) ständig anwachsen. Der Anteil für die Pfarrbesoldung wird nun gar nicht mehr separat angezeigt. Dabei ist gerade das eine überaus wichtige Größe und – Steuerungskennziffer. Die eigentlichen Leistungen für das Gemeindeglied und die Öffentlichkeit also immer weniger sichtbar und erlebbar sind.

2014

Kirchengemeinden/Dekanate/Gemeindepfarrdienst et. al.:                     52,4%

s. S.Jahresbericht 2014, S. 78