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Vakanzen

In 20 Jahren sind PfarrerInnen… eine ziemliche Seltenheit. Ein Interview mit der Vorstandsspitze des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins in Bayern

Frage: „Ein Blick in die Zukunft: In 20 Jahren sind Pfarrer …?“ Antwort Klaus Weber: … eine ziemliche Seltenheit …

»Wir haben zu wenige Pfarrer«

Die Vorstandsspitze des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins über Vakanzen, Bürokratie und Prädikanten

Beim bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenverein steht diesen Mai ein Wechsel an der Spitze an: Vorsitzender Klaus Weber tritt nicht mehr an, Stellvertreterin Corinna Hektor kandidiert für dessen Nachfolge. Beide erklären in einem Doppel-Interview, warum es den Verein heutzutage mehr denn je braucht – und was die evangelische Landeskirche tun müsste, um den Pfarrberuf wieder attraktiver zu machen. Zum Interview mit Pfr. Klaus Weber und Pfarrerin Corinna Hektor.

Schon heute: ernst zu nehmender Ärztemangel.

Die Medizinerverbände warnen vor einem grassierenden Mangel an Hausärzten

„Nach jüngsten Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sind schon jetzt bis zu 2600 Hausarztstellen unbesetzt. Auch bei den Fachärzten fehlten 2000 Mediziner…

In den kommenden Jahren würden mehr als 50 000 noch aktive Mediziner aus dem Bereich der haus- und fachärztlichen Grundversorgung in den Ruhestand gehen. Der Hausärzte-Mangel entwickele sich zu einem massiven Problem, urteilte der scheidende KBV-Vorstandschef, Andreas Köhler. Die Nachfrage nach medizinischen und psychotherapeutischen Leistungen werde wegen der demografischen Entwicklung weiter steigen.“ Dazu die SZ.

Anm. F.S.: Da zeigt sich die parallele Entwicklung in den herkömmlichen Professionen. 2600 Ärtzestellen vakant – das sind schon jetzt gut 5% aller Stellen. Und das noch vor der Pensionierungswelle, die mit den geburtenstarken Jahrgänge ab ca. 2016 erst beginnt. Und in der Kirche? Wie steht es da um Vakanzen? Üblich ist eine Quote freier Stellen von 3,5% um die Rotation der Stelleninhaber zu gewährleisten. In Bayern bspw. wird die Vakanzquote derzeit aber mit 7% bis 10% taxiert. Das ist also rund 5% über der Rotationsquote. Bekanntlich steht Bayern noch gut da hinsichtlich der Pfarrerzahlen. In anderen Landeskirchen dürfte es eher schlechter aussehen. Das heißt aber: die Zustände bei den Pfarrstellenbesetzungen sind schon heute ähnlich wie bei den Ärtzestellen. Aber in der Kirche wird die Information noch unter Verschluss gehalten. Offziell wird der Ernst der Lage heruntergespielt. So etwa in der Landessynode in Württemberg. Aber es gibt auch in der Kirche Menschen, die mitdenken. Und die Vakanzproblematik und die Problematik des Personalmangels offen benennen. Aber noch sind es zahlenmäßig wenige. Warum eigentlich?

Theologenmangel in der EKiR

im Präsesblog der EKiR findet sich folgender Beitrag zum Titel:

Beitrag von: Alexa von Zotwitz am 11.12.2013
um 07:43 Uhr – Bernd Kehren schrieb am 30.11.2013:

“in den letzten Jahren konnte (fast) kein theologischer Nachwuchs eingestellt werden; die Zahlen der Theologiestudierenden sind dramatisch eingebrochen und erholen sich erst ganz langsam; ab 2020 werden so viele TheologInnen pensioniert, dass bis 2030 gut 1000 Pfarrstellen allein deshalb nicht wieder besetzt werden können, weil es kein ausgebildetes Personal dafür gibt.”

Zur Klarstellung und Präzisierung im Sinne der von Präses Rekowski und Herrn Pistorius anvisierten Transparenz ist darauf hinzuweisen, dass nicht mehr die Anzahl der Studierenden für zukünftige Pfarrstellenbesetzungen entscheidend ist, sondern das “Nadelöhr” Predigerseminar (= Seminar für pastorale Ausbildung) in Wuppertal als Gemeinschaftsveranstaltung der rheinischen, westfälischen und lippischen Landeskirche sowie der reformierten Kirche mit dem Ziel, zukünftige Pfarrerinnen und Pfarrer zwischen erstem und zweitem Examen auszubilden. Dort hat die rheinische Kirche pro Jahr 20 Ausbildungsplätze – wenn Lippe und Reformiert “zugreifen” nach meiner Laienkenntnis nur noch 18.

Dies bedeutet, dass pro Jahr nur maximal 20 (!) für ein Pfarramt in Frage kommende Theologen nach Bestehen des 2. Examens (möge keiner “durchfallen”) für eine zukünftige Bestzung einer Pfarrstelle zur Verfügung stehen bei folgenden “Pensionierungszahlen” (Gemeindepfarrstellen ohne Funktionspfarrstellen):

2015: 24
2016: 31
2017: 31
2018: 50
2019: 47
2020: 81
2021: 75
2022: 121
2023: 111
2024: 129
2025: 139

Die Zahlen basieren auf “Statistik Theologen”, die jährlich für die Landessynode erstellt wird. Zu beachten ist jedoch: Nicht alle durch Pensionierung “frei” gewordenen Pfarrstellen werden auch zur Wiederbesetzung wieder frei gegeben – sie werden einfach “aufgehoben”.

Für Gemeinden mit mehren Pfarrstellen wird eine “Nichtwiederbesetzung” (= Aufhebung der Pfarrstelle) schmerzhaft, jedoch verkraftbar sein. Die sogenannten “ländlichen” Kirchenkreise werden erhebliche Probleme haben, eine Pfarrstelle wieder zu bestzen. “Fusionen” von Gemeinden oder “pfarramtliche Verbindungen” sind eine den Augenblick gut überbrückende Möglichkeit.

Mehr dazu: Beitrag von: Alexa von Zotwitz am 11.12.2013

 

Personalchaos in der Kirche

Neben den chaotischen Zuständen bei Siemens erinnert mich vor allem die momentane Lage der Bahn in Mainz an zukünftige Szenarien auch in der Kirche. Da man kein Personal mehr für eine ordentliche Besetzung für das Stellwerk am Mainzer Hbf hat, wird dieser – es ist kaum zu glauben – mehr oder weniger als bisheriger Knotenpunkt vom Bahnverkehr abgekoppelt. Man dünnt die Zahl der Züge, die den Mainzer Bahnhof anfahren, massiv aus. Das betrifft sogar IC und ICE-Züge. Ab 18 Uhr mutiert er zu einer Art Geisterbahnhof. Ein Skandal sondergleichen, der auf verfehlte Personalpolitik der Bahn-Verantwortlichen seit der Privatisierung zurückzuführen ist. Es ist zu befürchten, da ja unsere Kirchenleitung auch das Heil in neoliberal ausgerichteten Strukturveränderungsprozessen sieht, dass sich die verfehlte Personalpolitik beim Theologennachwuchs in ähnlich chaotischen Verhältnissen auswirken wird; dann, wenn kein Personal mehr in den „Gemeindestellwerken“ zur Verfügung steht, um den „Betrieb“ aufrecht zu erhalten. Doch nicht nur beim Theologennachwuchs gibt es Probleme, neuerdings ist eine zukünftig sich einstellende Lücke auch bei Kirchenmusikern und Gemeindepädagogen nicht mehr zu verheimlichen. Die Kirchenleitung hat allerdings – im Gegensatz zum Bahnvorstand – für diese sich abzeichnende Krise Vorsorge getroffen: Die Förderung der Ehrenamtlichen soll ausgebaut werden! Zitat aus den „Leitgedanken der Kirchenleitung zur weiteren Entwicklung der EKHN“: Erforderlich ist „ein höheres Maß an Steuerung und Koordination durch ehrenamtlich Leitende“.
Bravo!
Ich frage mich jedoch, wenn die Lösung so unkompliziert ist, warum der Bahnvorstand sich diese noch nicht zu Eigen gemacht hat. Ein höheres Maß an Steuerung und Koordination durch ehrenamtlich Leitende würde bestimmt viele Modellbahnfreunde ansprechen, in einem DB-Stellwerk nun auch mal die große Eisenbahn steuern zu dürfen oder zu können. Auf wie viel brachliegendes Bubenträumepotential oder abrufbare Väter-Märklin-Kompetenz die Bahn bei diesem Fahrdienst-Problem zurückgreifen könnte, um es mit dem genial-einfachen Lösungsvorschlag der Kirchenoberen in den Griff zu bekommen… Wahnsinn!
Wo allerdings die Kirchenleitung ihr ergiebiges Potential zum ehrenamtlichen Ausgleich ihres sich abzeichnenden Pfarrdienst-Problems sieht, ist noch nicht ausgemacht. Damit ist zu befürchten, dass es trotz dieses beschriebenen Potentials an Ehrenamtlichen in Zukunft nicht nur Geisterbahnhöfe, verwaiste Stellwerke und Streckenstilllegungen geben wird, sondern auch „Geisterkirchen“ (ohne das Wirken des Hl. Geistes), verwaiste Pfarrhäuser (in denen dann kein Licht mehr brennt) und stillgelegte Gemeindehäuser (in denen sich dann keine Ehrenamtlichen mehr versammeln können).
Jedoch momentan bleibt die erfreuliche Nachricht für die Finanzjongleure, die es dann in ihren Jahresberichten zu veröffentlichen gilt, am besten versteckt eingestreut in einer nicht auf Anhieb zu interpretierenden Zahlentabelle: Die Bahn macht Gewinn und die Kirchensteuern steigen!
Ich sage dazu: Noch! Und die Grundfrage bleibt leider unbeantwortet: Warum gibt es momentan schon jetzt bei der Bahn zu wenig Personal an Fahrdienstleitern und warum wird es in Zukunft wahrscheinlich zu wenig Pfarrpersonal geben? Aber vielleicht ist diese Frage zu simpel für leichtfassliche Antworten.