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Stellenplanung allgemein in Kirche

Aus der Pfarrvertretung Baden: Entgegenung an Oberkirchenrat Strack. Von Volker Matthaei.

05/2016

In der Aprilausgabe der Pfarrvereinsblätter fand sich ein Artikel, in dem sich Herr Oberkirchenrat Strack der Diskussion mit der badischen PfarrerInnenschaft stellt, was ich für anerkennenswert halte. Seinem Artikel will ich mit diesem Beitrag entgegnen:

dienstfreien Tag
Erholungsurlaub
Vertretungen
Stellenabbau
Dienstwohnungs- und Residenzpflicht
Umstellung der Pfarrbesoldung …

vgl. S.192-198

Synodenantrag auf der Landessynode Juli 2015 der ELK Württemberg: Attraktivität des Pfarrdienstes steigern. Finanzzuweisung zur Errichtung von 50 Stellen für RU.

07/2015

Antrag 23/15 Attraktivität des Pfarrdienstes

Der Oberkirchenrat wird gebeten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in den beiden Pfarrplanperioden 2024 und 2030 die Zielzahlen für die Kirchenbezirke nicht vollkommen starr gehandhabt werden müssen. Vielmehr soll es entsprechend den Gegebenheiten vor Ort möglich sein, davon um insgesamt bis zu 0,25 Stellenanteil pro 10.000 Gemeindeglieder nach oben abzuweichen.
Außerdem soll den Kirchenbezirken durch entsprechende Finanzmittelzuweisung die Möglichkeit gegeben werden, bis 2030 zusätzlich insgesamt 50 DiakonInnen- oder JugendreferentInnenstellen mit Deputat im Religionsunterricht einzurichten.
Begründung:
1.
Die Anforderungen an den Pfarrdienst sind in den vergangenen Jahren vor allem auf kommunikativer und administrativer Ebene stetig gestiegen. Landeskirchliche Entlastungs und Konzentrationsprogramme haben diesem Trend in den vergangenen Jahrzehnten nicht wirksam genug begegnen können. Dazu kommt, dass die Anerkennung des Pfarrberufs heute immer weniger qua Amt und immer mehr über die (zusätzlich geleistete) Arbeit geschieht. Die Folge: Die Belastung für die einzelnen PfarrerInnen steigt. … Der Antrag mit vollständiger Begründung.

EKHN: Vakanzen von Pfarrstellen – schon heute ein Problem?

In der Septemberausgabe des EKHN- Amtsblattes sind 20,5 Vollzzeitäquivaltente nur für Gemeindepfarrstellen (darunter etliche 0,5 Stellen) ausgeschrieben. Das sind ca. 2% aller Gemeindepfarrstellen – in nur einem Monat. Insgesamt kann man damit auf eine Vakanzquote von mindestens 8% schließen. Ca. 3 Prozent sind erforderlich, um die die Fluktuation zu gewährleisten.

Gibt es also schon heute ein Problem fehlender PfarrrerInnen?  Noch vor der erst 2017 anhebenden Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge? Und das in der EKHN, die den eigenen Bestand pro Jahr um ca. ein Dutzend zu Lasten anderer Landeskirchen stablisiert? Die also von anderen Landeskirchen ca. ein Dutzent PfarrerInnen/VikarInnen pro Jahr übernimmt?

Um das Problem fehlenden Personals zu kaschieren, sollten der Pfarrstellenabbau mit dem Plan der Pfarrstellenbemessung ab 2012 um 2% p.a. reduziert werden. Dem folgte die Synode nicht. Damit werden die Amtsblätter auch in Zukunft mit den Ausschreibungen der freien Stellen die Defizite der Personalpolitik an die Öffentlichkeit bringen.

Ganz nebenbei: der Personaldezernent der EKHN, Walter Bechinger, offiziell verantwortlich für die Personalpolitik der Landeskirche seit Mitte der 90er Jahre, wurde jüngst auf der Frühjahrssynode 2014 der EKHN verabschiedet.

Der Nordkirche geht der Theologennachwuchs aus

In der nordelbischen Landeskirche geht der Theologennachwuchs aus. 2013 konnten noch alle Pensionierungen mit HochschulabsolventInnen besetzt werden. Doch für die folgenden Jahre wird erwartet, dass nicht alle Stellen besetzt werden können.

Theologenmangel in der EKiR

im Präsesblog der EKiR findet sich folgender Beitrag zum Titel:

Beitrag von: Alexa von Zotwitz am 11.12.2013
um 07:43 Uhr – Bernd Kehren schrieb am 30.11.2013:

“in den letzten Jahren konnte (fast) kein theologischer Nachwuchs eingestellt werden; die Zahlen der Theologiestudierenden sind dramatisch eingebrochen und erholen sich erst ganz langsam; ab 2020 werden so viele TheologInnen pensioniert, dass bis 2030 gut 1000 Pfarrstellen allein deshalb nicht wieder besetzt werden können, weil es kein ausgebildetes Personal dafür gibt.”

Zur Klarstellung und Präzisierung im Sinne der von Präses Rekowski und Herrn Pistorius anvisierten Transparenz ist darauf hinzuweisen, dass nicht mehr die Anzahl der Studierenden für zukünftige Pfarrstellenbesetzungen entscheidend ist, sondern das “Nadelöhr” Predigerseminar (= Seminar für pastorale Ausbildung) in Wuppertal als Gemeinschaftsveranstaltung der rheinischen, westfälischen und lippischen Landeskirche sowie der reformierten Kirche mit dem Ziel, zukünftige Pfarrerinnen und Pfarrer zwischen erstem und zweitem Examen auszubilden. Dort hat die rheinische Kirche pro Jahr 20 Ausbildungsplätze – wenn Lippe und Reformiert “zugreifen” nach meiner Laienkenntnis nur noch 18.

Dies bedeutet, dass pro Jahr nur maximal 20 (!) für ein Pfarramt in Frage kommende Theologen nach Bestehen des 2. Examens (möge keiner “durchfallen”) für eine zukünftige Bestzung einer Pfarrstelle zur Verfügung stehen bei folgenden “Pensionierungszahlen” (Gemeindepfarrstellen ohne Funktionspfarrstellen):

2015: 24
2016: 31
2017: 31
2018: 50
2019: 47
2020: 81
2021: 75
2022: 121
2023: 111
2024: 129
2025: 139

Die Zahlen basieren auf “Statistik Theologen”, die jährlich für die Landessynode erstellt wird. Zu beachten ist jedoch: Nicht alle durch Pensionierung “frei” gewordenen Pfarrstellen werden auch zur Wiederbesetzung wieder frei gegeben – sie werden einfach “aufgehoben”.

Für Gemeinden mit mehren Pfarrstellen wird eine “Nichtwiederbesetzung” (= Aufhebung der Pfarrstelle) schmerzhaft, jedoch verkraftbar sein. Die sogenannten “ländlichen” Kirchenkreise werden erhebliche Probleme haben, eine Pfarrstelle wieder zu bestzen. “Fusionen” von Gemeinden oder “pfarramtliche Verbindungen” sind eine den Augenblick gut überbrückende Möglichkeit.

Mehr dazu: Beitrag von: Alexa von Zotwitz am 11.12.2013

 

Die evangelische Landeskirche in Bayern kürzt Pfarrstellen um fünf Prozent

Pressemitteilung vom 25.10.2013.

„Landesstellenplanung 2010 abgeschlossen – 800 Stellen in Gemeinden und Jugendarbeit verändert. Im Oktober konnte ein Mammutprojekt der bayerischen Landeskirche erfolgreich abgeschlossen werden: Die Landesstellenplanung 2010 ist umgesetzt…

Hinzu kommt ein zweiter Trend: Die Evangelischen in Bayern werden weniger. Etwa 0,6% der Mitglieder verlieren die evangelischen Kirchengemeinden durchschnittlich pro Jahr. Das hat vor allem demografische Gründe, aber auch die rund 15.000 Kirchenaustritte pro Jahr tragen dazu bei. Die Landesstellenplanung hat das Ziel, nach 10 Jahren die Anzahl und Verteilung der Pfarrstellen anzupassen. So wurden bei der Landesstellenplanung 5% aller Stellen in der Gemeinde und Jugendarbeit gekürzt…“ Zum aktuellen Pressebericht.

Kommentar: Lesen Sie den Artikel. Haben Sie den Inhalt verstanden? Oder haben Sie Fragen. Wie z.B: um welche Stellen geht es? Zum besseren Verständnis hier noch eine frühere Pressemeldung von OKR Völkl:

„Landessynode verabschiedet Stellenplan
Derzeit gibt es in der Landeskirche den Angaben zufolge rund 2100 Pfarrstellen in Kirchengemeinden und Dekanatsbezirken, von denen rund 1.900 in Kirchengemeinden, Dekanatsbezirken und im Religionsunterricht eingesetzt sind. Rund 200 sind im Landesweiten Dienst oder bei überregionalen Projekten angesiedelt. Im landesweiten Durchschnitt bedeutet diese Kürzung fünf Prozent weniger Stellen.“ Zum Bericht.

Kommentar Friedhelm Schneider: Die aktuelle Pressemitteilung ist in großen Teilen kryptisch. Worum geht es? Um den bereits in den zurückliegenden Jahren begonnenen und jetzt abgeschlossenen Pfarrstellenabbau um 5%. Bei weiteren Recherchen auf den Seiten der Landeskirche findet man eine Mitteilung von OKR Völkl (s.o.): „Etappenziel bei der Anpassung der Pfarrerzahl zur abnehmenden Gemeindezahl“. OKR Völkl ist also sicher der bessere Pressesprecher, weiß doch der Leser jetzt, woran er/sie ist, was sich hinter der „Landesstellenplanung“ verbirgt. (Hier zeigt sich also nebenbei am praktischen Beispiel, welche Probleme bei der Zwitterrolle von weichspülendem Pressesprecher und/versus gutem Journalisten entstehen – vgl. dazu den Beitrag zum Thema des Monats – s.o. Nr.1). Nicht geht es jedenfalls bei der Kürzung um alle Stellen der Landeskirche, wie man eigentlich vermuten könnte und müsste. Hinter der Landesstellenplanung verbirgt sich die Pfarrstellenplanung, die Pfarrstellenbemessung, die… möglichen anderen, vielfältigen Bezeichnungen des Sachverhalts des Pfarrstellenabbaus in den EKD Gliedkirchen. Quantitativ geht es in Bayern vermutlich um einen Abbau von 5% ab 2010/11 bis heute. Das wären dann pro Jahr gut 1,6% – und damit 1% mehr als der Rückgang der Mitgliederzahl, der -s.o.- mit 0,6% beziffert wird. Nicht ganz auszuschließen ist, dass die Reduktion einen größeren Zeitraum betrifft. Andererseits wäre die Abbauquote von 1,6% im Verhältnis zu der in anderen Landeskirchen (bspw. EKKW > 2% p.a.) und Bistümern (vgl. Bistum Mainz 2% p.a.) eher moderat. Denn starker Pfarrstellenabbau ist die – ökumenische – Devise.

Dazu wichtige Fragen:

1. Nirgendwo wird aber bisher die Frage gestellt, ob positiv korrelierende Rückgangs-/Abbauquoten von Gemeindegliederzahlen und Pfarrstellen eine wirklich sinnvolle Steuerungskennziffer darstellen? Erst wenn diese Frage gestellt und nach alternativen Antworten aus dem (realwirtschaftlich fundierten) Management gesucht wird, verlässt die Führung der Kirche den Pfad von Magie und Ideologie, auf der sich Entscheidungen bisher leider zu häufig, wie auch bei der Pfarrstellenplanung, bewegen.

2. Was bringt der Pfarrstellenabbau im Vergleich zur Einführung der Doppik? Für die Einführung der Doppik schlagen bislang ca. 40 Mio. € zu Buche. Wir halten eine Verbesserung mit für die kirchlichen Aufgaben erforderlichen Steuerungsinstrumente (z.B. gezielte Erweiterungen der Kameralistik) für sinnvoller und vor allem kostengünstiger. Ca. 10 Mio. € wären hierfür zu veranschlagen. Die Bayerische Landeskirche hätte also – bei besserer Leistung – ca. 30 Mio. € einsparen können. – 30 Mio. € – das sind etwa die Kosten für 600 Pfarrstellen p.a. (ohne Versorgung). Über einen Zeitraum von 10 Jahren hätte man mit diesen Mitteln also 60 Pfarrstellen p.a. finanzieren können. Das sind 3% der Pfarrstellen in Bayern. Der Stellenabbau hätte also rechnerisch und finanziell deutlich verlangsamt werden können. Bei einer im Vergleich zur Doppik besseren Steuerungsalternative!

2013 nimmt die EKiR so viel Kirchensteuern ein, wie lange nicht mehr. Ein Grund 35% des Haushalts sparen zu wollen.

Ein Paukenschlag –

Rheinische Kirche kündigt verschärften Sparkurs an

Trotz gestiegener Einnahmen:

betriebsbedingte Kündigungen sind nicht ausgeschlossen!

Von Hans-Jürgen Volk

Wenn Unternehmen trotz hoher Gewinne Arbeitsplätze abbauen, gab es dazu in der Vergangenheit berechtigterweise kritische Stellungnahmen von exponierten Vertretern der Ev. Kirche wie dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider. Nun kündigt die Ev. Kirche im Rheinland einen drastisch verschärften Sparkurs an – trotz einer Steigerung des Nettokirchensteueraufkommens von etwa 24% seit 2005.

Die nachfolgende Übersicht dokumentiert, dass die Einnahmesituation der rheinischen Kirche seit 2005, abgesehen von einem moderaten Rückgang, der durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 ausgelöst wurde, sich seit nunmehr 8 Jahren stabil in eine positive Richtung entwickelt hat:

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Nettokirchen-steuer-Aufkommen (Verteilbetrag)

in Euro

492 Mio.

499 Mio.

562 Mio.

599 Mio.

584,8 Mio.

560,00 Mio.

570,00 Mio.

594 Mio.

Über 600 Mio.

Schätzung

Im gleichen Zeitraum wurden bereits durch massiven Stellenabbau und durch die Schließung landeskirchlicher Einrichtungen Kosten reduziert. Die Lohn- und Gehaltsentwicklung der kirchlich Beschäftigten bewegt sich in einem äußerst bescheidenen Rahmen. Sie liegt in langjährigem Mittel deutlich unterhalb der Inflationsrate. Bisher waren trotz dieser Sachverhalte auf der Ebene der Landeskirche bis 2023 Einsparungen um 15% vorgesehen Nun sollen diese Vorgaben bis 2015 umgesetzt werden und bis 2018 Kostenreduzierungen im Haushalt der Landeskirche um brutale 35% erfolgen.

Positiv: ein neuer Stil – Einstieg zu einem ergebnisoffenen Diskurs?

Anerkennenswert ist, dass die neue Kirchenleitung den neuen Sachverhalt offen kommuniziert hat – z.B. durch eine Pressemitteilung sowie durch eine Videobotschaft von Präses Rekowski. Einen neuen Stil signalisiert die Veröffentlichung eines Schreibens an die Mitglieder der Landessynode, VerantwortungsträgerInnen in landeskirchlichen Ausschüssen, Werken und Einrichtung sowie die Superintendentinnen und Superintendenten.

Entscheidend ist nun, ob die löbliche Transparenz und die deutlich signalisierte Bereitschaft zur offenen Diskussion und ehrlichen Partizipation tatsächlich einen umfassend ergebnisoffenen Diskurs eröffnet. Dieser müsste bereits bei der Frage ansetzen, ob die anvisierten Sparmaßnahmen angesichts der positiven Einnahmeentwicklung gerechtfertigt sind. Denkt man an die Regionalkonferenzen des Jahres 2011, in dem die Themen Personalplanung und Verwaltungsstrukturreform im Mittelpunkt standen, so waren damals Detailveränderungen möglich, die wesentlichen Grundentscheidungen standen aber nicht zur Disposition – Scheinpartizipation. Was Matthias Burchardt in seinem Beitrag „Liebesgrüße aus Gütersloh“ zur gesellschaftlichen Rolle der Bertelsmannstiftung schreibt, lässt sich gut auf die von oben gelenkten kirchlichen Diskurse übertragen: „Die Zuspitzung auf Problemlösungen und Ergebnisorientierung funktionalisiert die Demokratie als nachgelagertes Potential flexibler Bewältigungsreaktionen auf externe Sachzwänge. Eine offensive Gestaltung oder Veränderung der Verhältnisse, aus denen die vermeintlichen Sachzwänge erwachsen, ist nicht vorgesehen.“ Ersetzt man den Begriff „Demokratie“ durch „presbyterial-synodale Ordnung“, so erhält man eine treffende Beschreibung kirchenleitender Top-Down-Strategien. Rekowski wie Weusmann haben mit ihren Bewerbungsreden vor der Landessynode im Januar 2013, die diese schließlich in die beiden wichtigsten Ämter der rheinischen Kirche wählte, mit unterschiedlicher Intensität andere Akzente gesetzt. Insofern kann man noch hoffen, dass es einen breiten und ergebnisoffenen Diskurs geben wird.

Auf der anderen Seite ist es derart unfassbar, wie insbesondere mit den Beschäftigten der Kirche umgegangen wird – Einsparungen um 35% bis 2018 bei gleichzeitiger Steigerung des Netto-Kirchensteueraufkommens zwischen 2005 und 2013 um ca. 24% -, dass man vermutlich auf die angeblichen „Sachzwänge“ im Zusammenhang mit zukünftigen Versorgungs- und Beihilfeansprüchen verweist und die vorgegebenen Sparziele als „alternativlos“ darstellt. Wir werden sehen!

Zukunftssicherung durch Kapital – zu Lasten der Beschäftigten

Bereits mit den „Sparankündigungen“ suspendiert sich die Ev. Kirche im Rheinland von den eigenen sozialethischen Standards bzw. setzt sie für den internen Gebrauch außer Kraft. Was ist der Hintergrund?

Der angesprochene Brief der Kirchenleitung beginnt mit dem Satz: „Wie können wir auch in Zukunft unsere Leitvorstellung „missionarisch Volkskirche sein“ verwirklichen, wenn unsere Mitgliederzahl seit 1970 um fast ein Drittel gesunken ist und weiter kontinuierlich sinkt und unsere Finanzkraft nicht zuletzt dadurch nachhaltig geringer wird?“ Offenbar verbirgt sich hinter diesem Einstieg, der einmal mehr den irreführenden Zusammenhang zwischen Mitgliederentwicklung und Finanzkraft herstellt, die Erkenntnis, dass man ohne diese Übung die angekündigten Sparmaßnahmen weder intern noch nach außen vermitteln könnte. Dennoch ist er eine Irreführung, wie der Blick auf die folgenden Zahlen verdeutlicht:

1970

1977

1987

1990

2000

2007

2013

Gemeindeglieder in Mio.

3,856

3,604

3,318

3,269

3,113

2,92

2,74

Nettokirchensteuer-

Aufkommen in Euro

200 Mio.

350 Mio.

440 Mio.

580 Mio.

551 Mio.

562 Mio.

Ca. 600 Mio.

Richtig ist also: seit 1970 hat die Ev. Kirche im Rheinland etwa 1/3 ihrer Mitglieder verloren. Das ist außerordentlich betrüblich. Gleichzeitig hat sich das Netto-Kirchensteueraufkommen verdreifacht. Wenn man also einen Zusammenhang zwischen Mitglieder- und Kirchensteuerentwicklung empirisch feststellen will, müsste man eine Kirchenaustrittsbewegung initiieren, um die kirchlichen Einnahmen zu beflügeln. Dies ist natürlich genauso großer Mumpitz wie die Behauptung, eine sinkende Mitgliederzahl würde zwangsläufig und berechenbar die Finanzkraft der Kirche schwächen. Im Zeitraum von 33 Jahren geschah das Gegenteil: die Finanzkraft stieg trotz Mitgliederverlust.

Unbestritten ist, dass es spätesten seit 1994 zu Einbrüchen bei den Kirchensteuereinnahmen kam. Diese sind zurückzuführen auf steuerpolitische Maßnahmen, die wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt.

Fazit: Der Hintergrund der angekündigten Sparanstrengungen ist keineswegs eine prekäre Einnahmesituation. Prognostizierte Kosten der Zukunft lösen vielmehr den gegenwärtigen Finanzdruck aus. (Aktuell ist in diesem Zusammenhang der Beitrag vom März 2011 „Die Zeiten für die abhängig Beschäftigten der Ev. Kirche im Rheinland werden (noch) härter“)

Auf Seite 2 des Schreibens der Kirchenleitung werden die tatsächlichen Gründe für den Finanzalarmismus benannt:

Zinsentwicklung (bbz lässt grüßen): Wir befinden uns in einer Niedrigzinsphase, deren Ende nicht abzusehen ist. Einigermaßen sicher angelegtes Kapital erbringt kaum mehr eine Rendite oberhalb der Inflationsrate. Da kirchliche Körperschaften über zum Teil recht üppige Rücklagen verfügen, bedeuten niedrige Zinsen Einnahmeverluste.

Versorgungskasse: Die niedrigen Zinsen machen bekanntlich den Versicherern zu schaffen. Die klassische Lebensversicherung scheint ein Auslaufmodell zu sein. Modelle der privaten kaitalgedeckten Altersvorsorge wie die Riester-Rente verlieren immer mehr an Popularität. Mit den gleichen Problemen wie die Versicherungsunternehmen hat die Versorgungskasse für PfarrerInnen und Kirchenbeamte zu kämpfen.

Vor einiger Zeit wurde entschieden, alles was möglich ist dem Kapitalstock der Versorgungskasse zuzuführen, die tatsächlich vordem durch kaum fassbare Fehlentwicklungen in eine Schieflage geraten war. Seit der Zeit hat die rheinische Kirche ein fragwürdiges Luxusproblem: Je höher das Kirchensteueraufkommen ist, desto umfangreicher fallen die Zuzahlungen an die Versorgungskasse aus, was auch bei einer guten Finanzentwicklung der Landeskirche, den Kirchenkreisen und den Gemeinden fiskalisch die Luft zum Atmen nimmt. Im Schreiben von Rekowski und Weusmann wird dies so ausgedrückt: „Bei der Versorgungssicherungsumlage wirkt sich aus, dass das zugrunde liegende Kirchensteueraufkommen aufgrund aktualisierter Schätzungen in der Planung erhöht wurde, wodurch sich der prozentuale Anteil ebenfalls erhöht.“ So kommt es zu der paradoxen Situation, dass gespart werden muss, weil die Einnahmen steigen.

Demographie: Mehrfach wird in dem Schreiben das Thema „demographischer Wandel“ sehr allgemein und unpräzise angesprochen. So liest man die von Alarmismus geprägten Sätze: „Und grundsätzlich müssen wir feststellen: Je später wir auf die seit langem bekannten demografischen Veränderungsprozesse reagieren, umso höher müssen unsere Sparmaßnahmen dann ausfallen. Je länger wir warten, desto härter werden uns die Folgen treffen.“ Zur Klarstellung: der demographische Wandel bei der Mitgliedschaft hat auf die Finanzentwicklung spätestens seit dem Alterseinkünftegesetz von 2005 eben sowenig einen empirisch nachweisbaren Einfluss auf die Einnahmen wie die Mitgliederentwicklung. Allerdings stellt die Altersstruktur der Mitarbeiterschaft ein großes Problem dar – vor allem im Blick auf zukünftige Versorgungsansprüche und Beihilfeleistungen. Aus diesem Grund wird, wie im Schreiben erwähnt, ab 2014 eine Beihilfesicherungsumlage eingeführt von zunächst 1% des Kirchensteueraufkommens, die „voraussichtlich“ auf 3% angehoben werden soll. Offenbar besteht die Absicht, ähnlich wie bei der Versorgungskasse einen Kapitalstock aufzubauen, um zukünftige Ansprüche abzusichern.

Neues kirchliches Finanzwesen (NKF): Erwähnt wird im Schreiben nur die Substanzerhaltungspauschale, die im Haushalt der Landeskirche den stattlichen Betrag von 8,2 Mio. € ausmacht, also grob 12% der gesamten Haushaltsmittel. Gewiss ist es sinnvoll, Rückstellungen zur Substanzerhaltung von Gebäuden zu bilden. Die rheinische NKF-Variante des NKF erzwingt allerdings durch eingebaute Automatismen die pauschale Ansammlung von Kapital in erheblichem Umfang und völlig unabhängig von der Einzelsituation, was nicht nur Immobilien betrifft. So entsteht ein offensichtlich gewollter Druck, sich von Personal und insbesondere von Immobilien zu trennen, um stattdessen Kapital aufzubauen.

Zusammengefasst: Die Ev. Kirche im Rheinland hat kein Problem mit ihren Einnahmen. Die Entwicklung der vergangen Jahres ist in dieser Hinsicht zumindest befriedigend und rechtfertigt in keiner Weise den von der neuen Kirchenleitung betriebenen Finanzalarmismus. Sie hat allerdings Probleme mit fragwürdigen Beschlüssen und Entscheidungen. Schon seit längerem besteht im Blick auf Versorgungskasse und Beihilfeproblematik die Strategie, durch die Ansammlung von Kapital Zukunft sichern und zukünftige Haushalte entlasten zu wollen. Hinter dieser Strategie steht die fragwürdige Hypothese, die Finanzkraft der Kirche würde sich im Zeitraum vom 2002 – 2030 halbieren. Hinzu kommt die rheinische NKF-Variante mit ihrer Tendenz, ebenfalls Geldmittel in unvernünftigem Umfang für Rücklagen und Rückstellungen aus der laufenden Arbeit abzuziehen. Man will also Sparen unter der Androhung von betriebsbedingten Kündigungen, um Kapital zur angeblichen Zukunftssicherung aufzubauen. Um die Zukunft zu sichern, wird die Kirche der Gegenwart nachhaltig beschädigt und damit ihre Zukunft erst recht aufs Spiel gesetzt.

Eine fragwürdige Strategie mit Risiken und Nebenwirkungen

Im Kern geht es um eine ernst zunehmende Problematik, auf die nicht nur die Ev. Kirche im Rheinland, sondern ebenso andere Landeskirchen wie auch weite Teile des öffentlichen Dienstes zu steuern. Es geht um die Altersstruktur der Beschäftigten, insbesondere derer, die in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis stehen. Dies sind überwiegend Pfarrerinnen und Pfarrer abhttp://www.agentur-aim.com/downloads/kirche/KVIID-Kirchenkrise-welche_Krise.pdfer auch etliche Kirchenbeamte. Insgesamt macht diese Gruppe noch nicht einmal 10% aller Beschäftigten im kirchlichen Kernbereich aus. Würde man die diakonischen Einrichtungen hinzurechnen, wäre der Prozentsatz noch wesentlich geringer. Diese Gruppe hat einen Rechtsanspruch auf Pensionen und Beihilfen. Etwa ab 2018 wird die Gruppe der sogenannten Babyboomer sukzessive in den Ruhestand gehen. Etliche Jahre später ist der Punkt erreicht, an dem die Anzahl der Ruheständler die der aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer um ein Mehrfaches übertreffen wird. Diese gewaltige Herausforderung darf man keineswegs bagatellisieren. Es handelt sich allerdings um ein Szenario, dass sich frühestens in 10-15 Jahren einstellen wird. Jetzt schon tragfähige Lösungen für diese zukünftigen Belastungen entwickeln zu wollen, ist eher ein Ausdruck menschlicher Hybris als von vorausschauender Vernunft. Die jetzt eingeschlagene Strategie des verschärften Sparens mit dem Ziel, Kapital aufzubauen um zukünftige Haushalte zu entlasten, hat erhebliche Risiken und Nebenwirkungen.

Externe Risiken:

Finanzmarktentwicklung – wer durch Akkumulation von Kapital Zukunft sichern will, macht sich abhängig vom Finanzmarktgeschehen. Die jetzige Strategie der Kirchenleitung im Blick auf die Versorgungsproblematik setzt Stabilität der Finanzmärkte für die kommenden Jahrzehnte voraus. Der Nachweis, dass dies eine bestenfalls eine naive Illusion ist, wird an anderer Stelle geführt werden. Er wird überzeugend erbracht von so unterschiedlichen Autoren wie Fredmund Malik, Dirk Müller oder Sarah Wagenknecht und vielen anderen. Ein Grundproblem: es befinden sich Finanzprodukte mit wachsendem Volumen im Umlauf, die ein Vielfaches des Weltbruttosozialproduktes ausmachen. Dem gegenüber steht eine ebenso rasch wachsende Verschuldung von Privatpersonen und Staaten. Der Punkt an dem sich abzeichnet, dass die Schulden in immer größerem Umfang nicht mehr bedient werden können und damit das Finanzvermögen entwertet wird, ist bereits überschritten. Kapital, dem kein tatsächlicher Gegenwert gegenübersteht, wird mit Recht als „Schaumgeld“ bezeichnet. Offensichtlich wird der Tatbestand, dass die Fragilität und Unberechenbarkeit des aktuellen Finanzmarktgeschehens etwas mit der Versorgungskasse und anderem angelegtem Kapital der Kirche zu tun hat, konsequent verdrängt.

Wirtschaftliche Entwicklung, Veränderungen beim Steuerrecht – Dies sind die beiden Faktoren, die die Kirchensteuereinnahmen und natürlich indirekt auch die Kapitalerträge wesentlich beeinflussen. Kirchliche Finanzprognosen rechneten bisher in der Regel ökonomische Eckdaten der Gegenwart sowie den aktuellen steuerrechtlichen Rahmen schlicht für die Zukunft hoch. Die einzige einigermaßen verlässlich zu berechnende Konstante ist jedoch die Mitgliederentwicklung. Mag die Mitgliederentwicklung bis heute die Finanzkraft der Kirche erkennbar nicht beeinflusst haben, so wird dennoch auf Grund der mutmaßlich sinkenden Zahl der Gemeindeglieder ein Verlust an Finanzkraft prognostiziert, da man die wesentlichen Faktoren, die die Finanzkraft der Kirche tatsächlich beeinflussen, trotz ihrer Variabilität schlicht zu Konstanten erklärt. Diese Art von Prognostik ist das Papier nicht wert, auf dem sie noch so eindrucksvoll dargestellt wird. Einfacher ausgedrückt: wer so rechnet, liegt garantiert falsch. Denn im Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung und das Steuerrecht ist eine große Bandbreite an möglichen Entwicklungen denkbar. Aus diesem Grund rät Fredmund Malik in seinem Buch „Management – das A und O des Handwerks“, Frankfurt 2007, Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, dringend von einer derart eindimensionalen Prognostik ab und empfiehlt stattdessen das Arbeiten mit unterschiedlichen Szenarien (z.B. S. 142).

Interne Nebenwirkungen:

Auswirkungen auf die Motivation der Beschäftigten – bereits die Sparrunden der Vergangenheit, erst die 15%-Sparvorgabe für die landeskirchliche Ebene bis 2023, haben für erheblich Unruhe, Existenzdruck und Demotivation gesorgt. Die nochmalige drastische Verschärfung des Sparkurses trotz steigender Einnahmen während der vergangenen 8 Jahre ist in ihrer Auswirkung auf die Beschäftigten kaum absehbar. Selbst einem börsennotierten Großkonzern würde man ein derart unsoziales Verhalten nicht nachsehen. Die Kirche ist mehr als der Konzern angewiesen auf die Motivation ihrer Beschäftigten. Diese zu zerstören und langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Kostenfaktoren zu degradieren, beschädigt die Zukunft der Kirche.

Kirchenkreise und Gemeinden – Von der Versorgungssicherungsumlage, der Beihilfesicherungsumlage sowie NKF sind Kirchenkreise und Gemeinden genauso betroffen wie die Landeskirche. Folgt man der im Schreiben von Rekowski und Weusmann eingeschlagenen Logik, sind auch hier Einsparungen in ähnlicher Größenordnung unabweisbar. Eine interessante Frage ist in diesem Zusammenhang, wie unter den angeblich drastisch verschärften finanziellen Rahmenbedingen die Folgekosten von NKF, die Verwaltungsstrukturreform oder die neue IT-Struktur finanziert werden sollen.

Pfarrstellen – Manche Pfarrerinnen und Pfarrer sind der Überzeugung, es sei letztlich eine gute Sache und in ihrem Interesse, wenn die Landeskirche sich in einem derartigem Ausmaß um Versorgungsicherheit bemüht. Faktisch wird so der Pfarrdienst enorm verteuert. Dies bereitet den Weg für eine weitere drastische Reduktion von Pfarrstellen.

Was jetzt geboten ist: tatsächliche Transparenz vor allem im Blick auf die Lage der Versorgungskasse, auch würde man gerne exakt und an Hand von Zahlen belegt wissen, wie die Kirchenleitung zu derart drastischen Sparmaßnahmen kommt. Das Schreiben von Rekowski und Weusmann kann hier nur ein erster Schritt sein.

Zuletzt: Für mich persönlich besteht die größte Enttäuschung darin, dass die neue Kirchenleitung offenbar bisher nicht bereit ist, sich kritisch mit der reichlich missglückten Reformphase seit 2006 auseinanderzusetzen, was gewiss auch unter Kostengesichtspunkten lohnend und geboten wäre. Stattdessen wartet man mit einem „Kassensturz“ auf, bei dem sich eine fragwürdige Kontinuität in der Denkweise und Methodik zur Vergangenheit abzeichnet. Der Stil ist neu, bei den Inhalten folgt man tapfer der Spur auf den alten Gleisen.

Wachsender Druck auf die Professionen

Auf die Professionen wächst der Druck. Den geringsten Anteil am wachsenden Druck haben externe Faktoren. Das Thema wurde in den wort-meldungen schon in einzelnen Aspekten  (vgl. 1.) gesichtet. Hier finden Sie eine Zusammenfassung und Vervollständigung.

Von Pfr. Friedhelm Schneider

  1. Gesellschaftliche-technische Entwicklung: Steigerung der Anforderungen beruflich-fachlicher Natur (übliche Entwicklungsprozesse; heute höhere Entwicklungsdynamik, die zu berufsspezifische Zusatzaufgaben wie etwa der Erziehungsfunktion bei Lehrern führen;)
  2. Personalmanagement: 2.1. Arbeitsverdichtung infolge Personalmangels, Stellenabbau, Unterbesetzung der Stellen, 2.2. Erhöhung des Leistungsdrucks (Richter: Steigerung der Fallzahlen, Ärzte: einheitliche Budgets für Krankheitsfälle, Professoren),
  3. Arbeits- und Dienstrecht: Erbringung zusätzlicher, teilweise fachfremder Leistungen und Arbeiten (Dokumentationen, Kontrollsysteme, Drittmittelbeschaffung, Verwaltung, komplizierte Abrechnungssysteme bei ÄrztInnen)
  4. Kostendruck der Institution durchgereicht an Mitarbeiter/Profession
  5. Organisationsstruktur: Verstärkte Einbindung von Ehrenamtlichkeit in Leitungsfunktion (vgl. Abschnitt „Konstruktionsfehler“) führt zu erhöhtem Aufwand für die Professionellen, Kräfteverzehr, Konflikten
  6. Arbeits- und Dienstrecht (Versetzbarkeit, Wartestand; Befristungen wie Wissenschaftszeitvertragsgesetz vgl. S.20 an Unis;, ‚Saisonverträgen‘ bei LehrerInnen)
  7. persönlicher ökonomischer Druck (Institutionsabhängige: seit etwa 2000 kein nennenswerter Inflationsausgleich beim Gehalt; Kürzungen von Gehaltszulagen wie Weihnachtsgeld, Kürzung der Mittel für Fortbildungsmaßnahmen, verzögerte Durchstufungen, etc.; bei Ärzten: div. Reglementierungen wie SGB V)
  8. Steigerung des Arbeitsaufwandes infolge von dauerhaften Reformprozessen (Umgestaltung des Arbeitsfeldes, neue Instrumente, neue Steuerungsstrukturen  etc.)