Fusionen ohne Spareffekt und Fusionskonzepte mit wenig Aussagekraft

Kirchen sind seit Jahren im Fusionsrausch. Für die EKD stellt die Reduktion der Landkirchen auf 8-12 im Impulspapier „Kirche der Freiheit“ eines der Leuchtfeuer dar (Leuchtfeuer 11). Aber fusionieren sollen auch Dekanate/Kirchenkreise, Verwaltungsämter, Kirchengemeinden. Sind Fusionen das Allheilmittel?

Wer die Beschlussgrundlagen von Fusionen näher studiert, stellt fest, dass die Zielvorstellungen meist nebulös und vage formuliert werden (Synergieffekte, Effizienzsteigerung). Fehlanzeige besteht hinsichtlich von entsprechenden plausiblen Kostenberechnungen der Vollkosten solcher Maßnahmen. Also als Kosten für den Prozess selbst inklusive Beraterkosten, der eigenen Personalkosten in Form von Kostenansätze für die Arbeitszeit des eigenen Personals, Kosten für die Anpassungsprozesse unterschiedlicher „Kulturen“, Kosten für Kollateralschäden wie Akzeptanz- oder Imageverluste, Kosten für Gebäudeinvestition bzw. -abschreibungen bei Verkäufen etc., ggf. steigenden Folgekosten) im Vergleich zu den zu erwartenden und zu beziffernden Einsparungen. Wem es ein Trost ist: das passiert auch anderswo, z.B. bei den Krankenkassen. Dort wurden derartige Fusionen allerdings anschließend vom Bundesrechnungshof einer Überprüfung unterzogen – mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis. Aufgrund der Ähnlichkeit der Problematik wird man die Ergebnisse des Rechnungshofs auf kirchliche Fusionsprozesse übertragen dürfen – so lange jedenfalls, bis die eigentlich zuständigen Rechnungsprüfungsämter der Landeskirchen entsprechende Prüfungen vorgenommen haben.

Bericht des Bundesrechnungshofs zu Krankenkassenfusionen

In dem Rechnungshofbericht heißt es, Fusionen bänden „erhebliche zeitliche und personelle Ressourcen“, führten „zu keinen deutlichen Synergieeffekten“ und seien „mit erheblichen, zum Teil dauerhaften zusätzlichen Aufwendungen verbunden“. Dem stünden „nur geringe Einsparungen gegenüber“, so zitiert der Focus.

Fusionskonzepte mit wenig Aussagekraft

Der Gesamteindruck des Bundesrechnungshofs ist: „Die den Fusio­nen zugrunde liegenden Konzepte waren meist lückenhaft, uneinheitlich und wenig aussagekräftig. Angaben zu Auswirkungen auf Organisation, Personal und Finanzen fehlten überwiegend.“

Hintergrund: 1992 bis 2010 ging die Zahl der Krankenkassen durch Fusionen von 1397 auf 160 zurück. Der Bundesrechnungshof prüfte für mehr als ein Viertel der 2007 bis 2009 vollzogenen Fusionen die wirtschaftlichen Auswirkungen. Mit den Verschmelzungen sollten Leistungs- und Verwaltungsausgaben einge­spart werden – was offensichtlich selten gelang…

Denn einen effizienzsteigernden Einfluss konnte der Rechnungshof bei den GKV-Fusionen nicht feststellen. Sie wurden – man Vergleiche die Situationen in den Kirchen – genehmigt, „ohne dass die wirtschaftlichen Folgen transparent waren“, kritisiert der Bundesrechnungshof…

Dafür stiegen bei fast allen untersuchten Fusionen die Verwaltungsausgaben im Jahr der Vereinigung an, im Einzelfall um bis zu 18 %. Und auch in den ersten drei Folgejahren sanken die Verwaltungsausgaben nicht.

Bei der Hälfte der vom Bundesrechnungshof untersuchten Fusio­nen erhöhten sich die Vorstandsvergütungen um bis zu 25 %! Mehr dazu.

 

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