Schlagwort-Archive: Bürokratisierung

Bologna-Prozess: „Überbürokratisiertes Monster“

07/2016, Deutschlandfunk

Die Kultusminister und Hochschulrektoren wollen das System der Credit Points flexibler gestalten. In den gemachten Vorschlägen sieht zumindest Mathias Brodkorb, Kultusminister in Mecklenburg-Vorpommern, eher eine weitere Verschlimmerung. Ohnehin seien diese Beschlüsse nicht bindend, sagte er im DLF. Mehr Großzügigkeit in der Abschlussanerkennung könnte eine Lösung sein.
Mathias Brodkorb im Gespräch mit Manfred Götzke… Mehr dazu.

Bildung-Wissen EU:

…Anstatt also nach dem Scheitern das Bachelor-/Master-Konstrukt in Frage zu stellen und zu sinnvollen Strukturen (zurück) zu kommen, die es übrigens in den ältesten Fakultäten (Medizin, Jura und katholische Theologie sowie den deutlich jüngeren Lehramtsstudiengängen sowie Pharmazie mit erstem und zweitem Staatsexamen) immer noch gibt, wird ein “überbürokratisiertes Monster” weiter gefüttert. … Mehr dazu.

Aus Anlass des 10 Jahrestages wieder gelesen zum Thema Umbauprozess „Kirche der Freiheit“: Angst und Ausblendung. Begann mit dem Papier „Kirche der Freiheit“ ein Irrweg? Von Dr. Dieter Becker

06/2016

Die Publikation von „Kirche der Freiheit“ jährt sich zum 10. mal. Das ist Anlass, in den Wort-Meldungen frühere Artikel noch einmal neu aus der zeitlichen Entfernung zu lesen. Denn manches versteht man im Nachhinein und im Abstand besser.

Begann mit dem Papier „Kirche der Freiheit“ ein Irrweg?

Zu erinnern ist daran, dass das „Kirche-der-Freiheit-Papier“ und der Reformprozess nachhaltig vom  „Arbeitskreis Ev. Unternehmer“ AEU beeinflusst wurde. Der AEU… hatte sich um die Jahrtausendwende eine neue strategische Zielbestimmung gegeben,  … sollte nun eine aktive Beteiligung in den Kirchengremien erfolgen. Als Theologe, Betriebswirt und Mitglied des AEU seit Mitte der 90iger Jahre begrüßte ich diesen strategischen Wechsel. Doch inzwischen ist bei mir der Verdacht entstanden,  dass das AEU- Engagement in Verbindung mit gleichgesinnten EKD-Kräften einer Art von kirchlichem Reformbürokratismmus Vorschub geleistet hat, der für die Kirche eine einzige, alternativlose und zentral gesteuerte Lösung zu etablieren sucht… Dabei scheint mir mit Angstszenarien und systematischer Ausschaltung kritischer Stimmen gearbeitet zu werden…

Der vollständige Text aus „Zeitzeichen“ 2012.

Zentralproblem von Großorganisationen. Oder: Was sind Betafehler?

03(/2016, aus: Brandeins Ausgabe 11/2015
Interview mit Oliver Weyergraf

Was sind Betafehler?
Die entstehen, wenn sich Prozesse in großen Organisationen verselbstständigen und Widersprüche erzeugen, die keiner mehr eingefangen bekommt. Wenn viele Menschen zusammenarbeiten, muss ein Regelwerk einen formellen Rahmen abstecken und Prozesse vorgeben. Das geht nicht anders. Die Kehrseite kennt die Organisationslehre seit Langem: je mehr Regeln, desto größer das bürokratische Eigenleben. Dadurch kommt es regelmäßig zum Konflikt. Eigentlich wissen alle, dass es richtig wäre, ein Problem so und so zu lösen. Da es aber dem in der Organisation vorgegebenen Weg widerspricht und keiner das Risiko eingehen möchte, gegen die Regeln zu improvisieren, handeln die Beteiligten gegen den gesunden Menschenverstand. Sie tun es wissentlich und leiden darunter. Mehr dazu.

EKiR Synode 2016: „Zu spät“. Von Pfr. i.R. Manfred Alberti

01/2016

„Zu spät! – Die Macht der Verwaltungsleiter ist gesetzlich zementiert! – Da brauchen wir gar nicht mehr darüber zu reden! – Ihre Anträge sind damit erledigt!“
So lautet – mit meinen Worten zusammengefasst – die klare Antwort der Kirchenleitung der EKiR auf mehrere Anträge von Kreissynoden für die Landessynode vom 10. bis 16. Januar 2016, die gerne in dem Verwaltungsstrukturgesetz einzelne Verantwortlichkeiten wieder in die Presbyterien oder die Kreissynodalvorstände zurückgeholt hätten (Fundweg: www.ekir.de/ueberuns/Landeskirche/Landessynode/Landessynode 2016/Dokumente/Drucksachen/DS 1 I 1 S. 3ff). Zwar könnten, so die Antwort, gemeindlichen oder kreissynodalen Fachausschüsssen evtl. beratende und begleitende Aufgaben zugewiesen werden, aber Entscheidungsträger ist und bleibt der Verwaltungsleiter. Da sei die Gesetzeslage in dem 2013 verabschiedeten Verwaltungsstrukturgesetz eindeutig und so gewollt.
Eine ganz bittere Quittung bekommen die Gemeinden und Kirchenkreise nun dafür, dass die Landessynode in den vergangenen Jahren kaum bewusst und kaum diskutiert durch das Verwaltungsstrukturgesetz die Machtverhältnisse in der Kirche gravierend verschoben hat: Nicht mehr Presbyterien oder Kreissynodalvorstände und ihre Vorsitzenden sind die Entscheidungsträger, sondern die Verwaltungsleiter der zwangsweise zusammengelegten Verwaltungen von Gemeinden, Kirchenkreisen und Werken. Ihnen ist ausdrücklich gesetzlich das Recht zugeordnet, über Ausgaben der laufenden Verwaltung zu entscheiden. Ob damit der Rahmen von 1000 Euro oder vielleicht 10 000 Euro pro Ausgabe gemeint ist, kann die Kreissynode beschliessen: Das Entscheidungsrecht im Rahmen solcher Grössenordnungen kann den Verwaltungsleitern weder ein Presbyterium noch ein Kreissynodalvorstand entziehen. Wer weiss, wie wenig verfügbare Finanzmasse einem Presbyterium jährlich überhaupt zur Verfügung steht, erkennt schnell, dass hier eine zentrale Entscheidungsverantwortung der Presbyterien ausgehebelt wurde.
Ausserdem, so befürchtet der Kirchenkreis Köln – Rechtsrheinisch wohl nicht zu Unrecht, besteht die große Gefahr, dass immer mehr Verwaltungsstellen zu Lasten verkündigungsrelevanter Dienste eingerichtet werden: also Verwaltung ausgedehnt und Gemeindearbeit eingeschränkt wird. (DS 1 I 3 S. 5ff)
Bei Anträgen mehrerer Kirchenkreise wird deutlich, dass sie zugunsten der Presbyterien und Kreissynodalvorstände Entscheidungskompetenzen wieder von der Verwaltungsleitung lösen möchten. Aber mit manchmal sehr klaren und harten Worten wird den beantragenden Kirchenkreisen mitgeteilt, dass ihre Anträge noch nicht einmal die Landessynode beschäftigen sollen – sie gelten mit dieser Antwort als erledigt (Antrag Essen DS 1 I 1, S. 3 ff). Verwaltungsmacht pur. Eigentlich müsste es im Sinne des reformatorischen Selbstverständnisses unserer Kirche sinnvoll sein, Verwaltungsaufgaben kostengünstig durch Ehrenamtliche erledigen zu lassen (Antrag Solingen DS 1 III 28, S. 55) oder Fachausschüssen Verantwortung und Entscheidungskompetenz zu übertragen (Antrag Essen DS 1 I 1, S. 3 ff), doch das Verwaltungsstrukturgesetz legt alle relevante Entscheidungsmacht in die Hände der Verwaltungsleiter.
Dass solche Machtzusammenballung problematisch ist, lässt der Antrag des Kirchenkreises Gladbach – Neuss durchklingen, wenn er vorschlägt, dass die Kirchenleitung zur „entschlossenen Verschlankung der aufgeblähten Verwaltungsvorschriften“ einen Ausschuss von erfahrenen aber vor allem unabhängigen (!) Verwaltungsfachleuten einsetzen soll (DS 12, Nr. 9, S. 4). Es kann nicht sachdienlich sein, wenn Fachleute selbst über ihre eigene Machtfülle entscheiden dürfen und so leicht zu ganz egoistischen, aufgeblähten Lösungen kommen.
So deutet der Kirchenkreis Gladbach – Neuss indirekt ein zentrales Dilemma an: Verwaltungsfachleute sind zwar nicht Juristen, aber sie sind die Fachleute für Gesetze und Verordnungen: Die meisten Presbyter, Synodalen und Theologen sind auf die Fachkenntnisse ihrer Verwaltungsleiter angewiesen. Wenn die Verwaltungsfachleute in der Synode Gesetze erarbeiten und niemand genau und kritisch hinschaut, welche Macht hier auf die Verwaltung übertragen wird, dann kann diese Macht unter der Hand faktisch fast grenzenlos werden.
Am Beispiel: Presbyterien und Kreissynodalvorstände haben noch das Recht, den Haushalt aufzustellen. Doch anders als früher ist das mit dem Neuen Kirchlichen Finanzwesen eine so komplizierte Angelegenheit geworden, dass nur die Verwaltung selbst in der Lage ist, den Haushaltsplan aufzustellen, und Presbyter, Pfarrer und Synodale ihn weitgehend fast nur noch abnicken können. Über die konkreten Ausgaben eines einmal beschlossenen Haushaltsplanes hat aber im Rahmen der laufenden Verwaltung der Verwaltungsleiter das ihm ausdrücklich gesetzlich zugestandene Verfügungsrecht. So ist die Leitungsmacht von Synoden und Presbyterien entgegen allem presbyterial-synodalen Selbstverständnis unserer Kirche weitgehend auf die Verwaltungsleiter übergegangen.
Einzelnen Verwaltungsleitern ist das immer noch nicht genug. (Andere sehen das ganz anders.) Sie möchten ihre Macht auch nicht mehr durch bestehende Verwaltungsordnungen einschränken lassen. So hat die Synode des Kirchenkreises Wuppertal, dessen Verwaltungsleiter Mitglied der Landessynode und einer der Verfasser des Verwaltungsstrukturgesetzes ist, 2014 einen Antrag an die Landessynode gestellt, dass einige Verwaltungsleiter Reformexperimente durchführen können, ohne sich diese vorher vom Landeskirchenamt genehmigen lassen zu müssen. „Die Kirchenleitung wird weiterhin beauftragt, die vorhandenen Genehmigungsvorbehalte für die Modell-Verwaltungsstrukturen zu minimieren bzw auszusetzen…“. (LS 2015, DS 12, Nr. 56, S.30) Bedeutet das nicht, dass faktisch sich damit der Verwaltungsleiter selbst über Recht und Gesetz stellen will, selbst alleine die Entscheidungsmacht haben möchte, was in seinem Kirchenkreis an Rechtsverordnungen gilt? Sollen Verwaltungsleiter im Rahmen eines Experimentes alles selbst ändern dürfen? Bedeutet das nicht, dass der Verwaltungsleiter sich als der Fürst des Kirchenkreises sieht: über Recht und Gesetz stehend, niemandem untertan, nicht einmal den für alle anderen geltenden Verordnungen der Landeskirche?
Was für eine Hybris, was für eine Überheblichkeit! Der Verwaltungsleiter ist Angestellter (oder Beamter) des Kirchenkreises, er ist nicht von den Gemeinden synodal gewählt und beauftragt und soll nun über Recht und Gesetzen stehend alleine verantwortlich sein? Was für ein Irrweg von Leitungsverantwortlichkeit!
Gesetze, Rechte und Verordnungen haben immer auch eine Schutzfunktion für Schwächere. Sonst brauchte es sie nicht zu geben. Wie kann man auch nur überlegen, dem Starken zu erlauben, sich seine Rechte selbst zu verordnen und sei es probehalber auf Zeit?
Jetzt rächt sich im Rheinland, dass für viele Theologen die Verwaltung kein theologisches Thema ist. So konnte die Verwaltung nahezu unbemerkt und nahezu undiskutiert die kirchliche Machtkonstellation im Rheinland zu ihren Gunsten umdrehen: Von presbyterial-synodalen Gremien und deren Vorsitzenden auf die Leiter bzw die Leiterinnen der mittleren Verwaltungsebene. Man hat geschickt die entscheidenden Stellschrauben (Z.B. „Entscheidungen über laufende Verwaltung“) so verändert, dass die Verwaltung faktisch über nahezu alles bestimmen kann. Personal, Gebäude, Finanzen… alles von Gemeinden und Kirchenkreis ist Teil der Verwaltung und damit dem Verwaltungsleiter unterstellt. Presbyterien und Synoden sind so in ihrer Verantwortung weitgehend ausgehebelt worden. Und wenn Synoden oder Presbyterien noch die Verantwortung für wichtige Entscheidungen behalten haben (Haushaltspläne) oder sie sich ausdrücklich vorbehalten, dann liegen alle Vorarbeiten so im Verantwortungsbereich des Verwaltungsleiters, dass er seine Vorstellungen leicht durchsetzen könnte.
Presbyterien und Kirchenkreise sind faktisch dem Verwaltungsleiter unterstellt. Vielleicht sind die bald nicht einmal mehr durch landesweit geltende Verordnungen geschützt, wenn der Verwaltungsleiter sie im Rahmen eines Experimentes einfach selbst verändern darf.
Wer vor zwanzig Jahren eine solche Machtverschiebung von Gemeinden, Presbyterien, Kreissyndalvorständen und Superintendenten zur Verwaltung vorausgesagt hätte, dem wäre sicher der Besuch bei einem guten Arzt angeraten worden. Heute ist es Realität.
Theologisch eigentlich undenkbar, weil die Verwaltung kein theologisches Thema ist: Weder kommt sie in der Bibel vor, noch erwähnen sie die Bekentnisschriften als Leitungsorgan, noch haben je Kirchenordnungen Verwaltungen mit Leitungsfunktionen ausgestattet, die die Verantwortung von presbyterial-synodalen Gremien faktisch verdrängen. Kirchengeschichtlich ohne Vorbild, weil Verwaltung immer dienende Aufgaben hatte, niemals herrschende oder leitende.
Aus den deutlichen Voten der Anträge der Kreissynoden wird ersichtlich, dass die aufgeblähte Verwaltung in den Kirchenkreisen wohl das landeskirchliche Reizthema der nächsten Jahre sein wird.
Die mit dem Verwaltungsstrukturgesetz hervorgerufenen Probleme treten immer deutlicher zutage: Es gibt trotz hoher Besoldung sowohl im Bereich der Rechnungsprüfung (DS 17 B 1, S. 2ff) als auch im Bereich der allgemeinen Verwaltung bei weitem nicht genug ausreichend qualifiziertes Personal (LS 2015: DS 19 und Beschluss 65): Verwaltungsleute mit zweiter kirchlicher Verwaltungsprüfung sind nicht in genügender Anzahl und Güte verfügbar oder persönlich nicht gewillt, eine solche weitreichende Verantwortung zu tragen: Man muss Leute aus der staatlichen und kommunalen Verwaltung anwerben. Wie sollen solche Leute „ohne kirchlichen Stallgeruch“ die ihnen nun durch Gesetz zugeschriebene Leitungsverantwortung für Gemeinden, Kirchenkreise und kirchliche Werke alleine wahrnehmen, die früher viele Presbyterien, Pfarrer, KSVs und Superintendenten getragen haben? Theologie ist völlig draussen und überflüssig. Kirche ist auf dem Weg, in den Griff einer reinen Verwaltungshierarchie zu geraten. Gemeinden und Kirchenkreise stehen in die Gefahr, zu Managementobjekten zu werden wie jeder x-beliebige Wirtschaftskonzern mit seinen Filialen.
Als Lösung hilft m. E. nur eine Konsequenz: Möglichst bald das Verwaltungsstrukturgesetz von 2013 radikal umzugestalten, die theologischen Implikationen zu überdenken, das Gesetz neu zu formulieren und die unevangelische und unreformatorische Machtfülle des Verwaltungsleiters, der ja ausserhalb der presbyterial-synodalen Leitungsstruktur steht, grundsätzlich zu kappen.

Zum Schluss noch zwei Anmerkungen zu anderen Themen der kommenden Synode:
– Deprimierend zu lesen ist der Abschlussbericht zur NKF – Einführung (DS 23) mit vielen offenen Fragen und der unverhohlenen Skepsis, ob sich die bis jetzt ca. 20 Millionen Euro teure Umstellung (allein für die zentrale Steuerung – ohne Kirchenkreise und Gemeinden) mit hohen Personalbelastungen und vielen Enttäuschungen wirklich gelohnt hat, zumal „angesichts einer uneinheitlichen Buchungspraxis zwischen Kirchenkreisen und der Landeskirche keine Gesamtübersicht über die wirtschaftliche Lage zu erreichen sein wird.“ (DS 23, S.16). Damit dürfte eine zentrale Hoffnung zerstört sein. Obwohl ein offizieller Abschlussbericht selbstverständlich viel danken und loben und vieles positiv sehen muss, wird zwischen den Zeilen sehr deutlich: Für viele ist NKF ein teurer Flop.
– Etwas Ermutigendes (DS 2, Punkt 5 zur Kirchenordnung Art. 142) zum Schluss: Endlich gibt es Klarheit, wer die Synode leitet, wenn die Arbeit der Kirchenleitung Thema ist. Nach allem erstaunlichen Hin- und Herlavieren der letzten Jahre, wie die Kirchenleitung doch indirekt die Plenumsleitung behalten und regeln könnte, ist das Ergebnis erfreulich eindeutig: Der oder die dienstälteste Superintendent/in wird damit beauftragt. Das können Präses oder Kirchenleitung festlegen oder kann die Synode selbst so beschliessen.

„Pfarrstellen schrumpfen, Gemeindepädagogen verschwinden und für immer weniger evangelische Christen braucht es immer mehr Verwaltung. Das sind klassische Steilvorlagen für einen Kirchenaustritt!! Es fällt mir immens schwer für eine solche (meine) Kirche auch noch offensiv zu werben.“

Ein Artikel, der die aktuelle Misere der ev. Kirche sehr präzise beschreibt und erklärt:

…. Über 30 Jahre lang lag mir die kreiskirchliche Arbeit am Herzen und ich habe mich gerne engagiert. In den letzten Monaten ist das alles etwas tiefer gerutscht und sie liegt mir jetzt im Magen, denn meinen Abschied aus dem hauptamtlichen Dienst hätte ich mir wirklich etwas versöhnlicher gewünscht. Meine Stelle wird verspätet mit max. 50% Stellenumfang wieder besetzt. Gerechnet haben wir damit nicht, weil wir erst 2011 beim letzten Personalwechsel erheblich abgespeckt haben…

Lesen Sie mehr dazu von Horst Pitsch in:

Jugendarbeit als Luxus?

Nordkirche: „Dieses Zusammenwachsen (ist) ein langer Weg, der sich noch über Jahrzehnte erstrecken wird“

03.01.2015 ǀ Hamburg/Schwerin. Im zurückliegenden Jahr wurden große Themen in der Nordkirche behandelt. Tilman Baier, Chefredaktuer der Kirchenzeitung in Mecklenburg-Vorpommern, und Sven Kriszio, Redaktionsleiter der Evangelischen Zeitung in Hamburg und Schleswig- Holstein, rufen die wichtigsten Debatten in Erinnerung.

Sven Kriszio: Tilman, mir fällt zuerst der Streit um das Landeskirchenamt in Kiel ein, den die Landessynode im November ausgetragen hat. In einer bemerkenswert langen Debatte von drei Stunden wurde starker Protest gegen die kostspielige Renovierung und Erweiterung des Verwaltungsgebäudes laut….
Tilman Baier: Ja, es war eine Stellvertreterdiskussion um die Fragen: Wo schlägt eigentlich das Herz der Nordkirche?

Sven Kriszio: Die Sache ist entschieden. Aber es kommen Gefühle zur Sprache, Enttäuschungen. Deutlich wurde: Neben dem Zusammenfinden von Ost und West gibt es noch etliche andere Bereiche, in denen sich die junge Nordkirche verständigen muss. Da geht es um eine gemeinsame Identität, die Zeit zum Wachsen braucht.

Tilman Baier: Darum war es auch eine gute und wichtige Entscheidung des Synoden-Präsidiums, eine fast dreistündige Diskussion zuzulassen, auch wenn einzelne Synodale ungeduldig wurden. …

Zusammenwachsen noch ein langer Weg

Sven Kriszio: Was hat das zurückliegende Jahr für das Zusammenwachsen der Nordkirche gebracht? Ich meine: Die eine Kirche wird da greifbar, wo Menschen miteinander streiten, gemeinsam um Lösungen ringen, sei es auch schmerzlich. Ich glaube, diese Auseinandersetzungen sind die notwendigen Geburtswehen, damit die Menschen in Ost und West zusammenfinden.

Tilman Baier: … Ansonsten ist dieses Zusammenwachsen ein langer Weg, der sich noch über Jahrzehnte erstrecken wird. Wichtig ist nur, dass wir ihn Schritt für Schritt gehen. Es passiert im Austausch, auch im Streiten….  Das vollständige Gespräch.

Kommentar F.S.: Die Landeskirchenfusion der Nordkirche als  jahrzehntelanger Weg. Das dürfte eine realistische Einschätzung der Lage sein. Dieser Weg ist gepflastert mit innerkirchlichen Auseinandersetzungen, mit Kräfteverzehr und Reibungsverlusten. Es ist der Weg der kirchlichen Selbstbeschäftigung. Die vorhandenen Kräfte und Potentialestehen für die „Leistungen“ nach außen , die Menschen, die Gemeinden, Projekte etc. immer weniger zur Verfügung. Die Kräfte werden nach innen schon zu einem Großteil verzehrt. Und dieser Anteil wird durch die Reformen nicht etwa reduziert, sondern steigt im Gegenteil noch stärker an. Damit wird ein bei einer Langfristperspektive sichtbar gewordene Verschiebung zu Lasten der Dienste an den Menschen noch weiter verstärkt. An anderer Stelle hatte ich die als Problem der Finanzpolitik  dargestellt.  Im Falle der wie hier beschriebenen großen Landeskirchenfusionen wird des exemplarisch bestätigt, obwohl dies Phänomen in den Bilanzen in diesem Falle gar nicht auftaucht.

 

Marktanteile als Maßstab, schrumpfende Mitgliederzahlen als Alarmzeichen?

von Barthel Schröder am 7. Oktober 2013

Markanteile als Maßstab für die Effizienz der Hierarchie-Stufen
…Alle Alarmglocken läuten in Unternehmen, wenn Marktanteile verloren gehen, oder das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen sinkt. Die Erfahrung zeigt, dass eine Rückgewinnung des Ansehens und eine Wiedereroberung von verloren gegangenen Marktanteilen ungleich schwieriger zu realisieren ist, als ein rechtzeitiges Gegensteuern.

Schrumpfende Mitgliederzahlen und schwindende gesellschaftliche Bedeutung lösen hingegen in der Kirche keine verstärkten Aktivitäten aus. Der Wechsel von jährlich 18 Millionen Katholiken in Brasilien zu den Pfingstkirchen, so die Zeitschrift „Stimmen der Zeit“, weil deren Gemeinden in der Nachbarschaft und ihre Seelsorger direkt erreichbar sind, bereitet erkennbar keine schlaflosen Nächte. Wird nicht der Mut der Pastoralbriefe aufgebracht, bewährte Verwaltungsstrukturen und Entscheidungsabläufe zur Bewältigung der aktuellen Kirchenkrise zu nutzen, und wird weiterhin mit Hilfe einer phantasielosen Bürokratie nur der Untergang verwaltet, werden die Gemeinden bei weiter sinkenden Mitgliederzahlen zu unbedeutenden Minderheiten in einer konfessionslosen, säkularen Gesellschaft werden und damit ihrer Aufgabe, Salz und Licht zu sein, nicht gerecht mehr werden können…. Zum Beitrag bei futur2

Landessuperintendent Hans-Christian Brandy über wachsende Bürokratie

Ein leitender Mitarbeiter stöhnt am Telefon, er kämpfe in Nachtarbeit mit der Abrechnung für ein längst abgeschlossenes, von der EU (dankenswerterweise!) gefördertes Projekt. Immer neue Bescheinigungen werden nachgefordert, Abrechnungs-
modalitäten haben sich stillschweigend geändert. Trotz größter Sorgfalt sei ein Weg aus dem Verfahrensdschungel noch nicht in Sicht.

Am selben Tag eine Mail: Für ein Arbeitsfeld werden jetzt Bundesmittel freigegeben. Die Projekte dürfen noch nicht begonnen haben. Anträge werden an enge Vorgaben geknüpft und sind nur durch mehrere Einrichtungen gemeinsam möglich – erfordern also intensive Absprachen. Die Mittel müssen aber noch 2014 ausgegeben werden. Und diese Nachricht kommt im September. Wie soll das gehen? Eine gut gemeinte Absicht mutiert zu einem bürokratischen Schildbürgerstreich. Und kein Verantwortlicher verhindert das… Zum Kommentar.

Anm: Und wie steht es um das selbstproduzierte Wachstums des Bürokratiemonsters innerhalb der Kirchen? man vgl. z.B nur den folgenden Beitrag:

Die Einführung der Doppik oder 10 Jahre Selbstbeschäftigung der Kirche.

Am Beispiel des Projekt- und Zeiplans der EKvW  zu Einführung und Implementierung der Doppik in kann nachvollzogen werden, wie man Verwaltung über ein Jahrzehnt voll beschäftigen kann. Und bis alles rund läuft und die Verwaltung sich gefangen hat, sich eingestellt hat nicht allein auf die Anforderungen, sondern auch auf die Steuerungsschwächen des neuen Systems wird wohl ein weiteres Jahrzehnt ins Land gehen.

Nicht umsonst hat ein Finanzzexperte der bayerischen Landessysode, Werner Scheler,  das Doppik-Projekt in der bayerischen Landeskirche gar als „Jahrhundertprojekt“ apostrophiert.

Nicht selten sind die Verwaltungen mit der Implementierung sogar heillos überfordert, siehe EKiR. Dann kann es prekär werden.