Schlagwort-Archive: Impulspapier „Kirche der Freiheit“

„Kirchentheoretisch unterkomplex“. Neuer Reformprozess „Profil und Konzentration“ in der ELK Bayern.

06/2017, Korrespondenzblatt, von Corinna Hektor, 1. Vors. Pfarrer- und Pfarrerinnenverein Bayern

Was verbirgt sich nun eigentlich hinter PuK, werde ich immer wieder gefragt. Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Auf alle Fälle eine Menge Begeisterung, große Aufbruchstimmung und die Hoffnung, damit alles zurückzulassen, was gerade Probleme, Ärger und Arbeit verursacht. Das ist schön zu sehen. Schwierig wird es, wenn man nachfragt, wohin es eigentlich gehen soll.

Wenn PuK umgesetzt wird, werden sich wohl neue Handlungs- und Entscheidungsebenen profi -lieren. Die mittlere Ebene wird viel stärker werden. Das hat den Vorteil, dass deutlich schneller und unabhängiger entschieden werden kann; wenn es gut geht passend zur Situation am Ort. Es birgt aber auch die Gefahr, dass damit ohne die Kontrolle einer zentralen Regelung und starken Gemeinden  KORRESPONDENZBLATT S. 97 Nr. 6 Juni 17 mit festen Stellen DekanInnen und Dekanatsausschüsse entscheiden…

mehr dazu, vgl. S. 96

Diskussionskultur der Kirche

Auch im Papier selbst. „Kirchentheoretisch unterkomplex“ hat es ein Vertreter der Fakultäten in der Diskussion genannt. Das erinnert an seinen geistigen Vorgänger „Kirche der Freiheit“, das man in Bayern mit guten Gründen nicht adaptierte und auf EKD-Ebene heute so auch nicht mehr machen würde – ebenso wie der Reflex, Kritik mit dem Hinweis zu begegnen, es sei ja nur ein Impuls – und gleichzeitig den Anspruch zu erheben eine umsetzbare Strategie entwickelt zu haben.

mehr dazu, vgl. S. 97

Das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ und seine Weichenstellungen. Ein Zwischenruf aus dem Jahr 2010. Von Prof. Eberhard Mechels.

05/2017

Das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ und seine Weichenstellungen.
Ein Zwischenruf aus dem Jahr 2010

Eberhard L.J. Mechels

1. Eine positive Bilanz?

Die Bilanz „Reformprozess“ der EKD seit der Veröffentlichung des Impulspapiers „Kirche der Freiheit“ vom Juli 20062 ist nicht so positiv, wie einige sie gern sehen wollen. Denn erstens sind Bilanzen von der Art „Aufbruch mit Rückenwind“3 wenig überzeugend, wenn dort Reformen als durch „Kirche der Freiheit“ „angestoßen“ oder „beflügelt“ aufgelistet werden, die zum großen Teil vor 2006 bereits abgeschlossen waren (so in der EKHN, 2000) bzw. vor und unabhängig von „Kirche der Freiheit“ begonnen wurden und liefen (so in der Badischen Landeskirche, in der Evangelischen Kirche im Rheinland, in der Nordkirche.) Und zweitens ist der Tenor dort so überaus positiv, auch von Insidern des EKD-Kirchenamtes, dass Zweifel aufkommen: „´Kirche der Freiheit´ hat als Katalysator gewirkt und überall die Reformkräfte gestärkt, bestätigt Oberkirchenrat Thorsten Latzel, Leiter des ´Projektbüros Reformprozess im Kirchenamt…“4 „So viel Aufbruch gab es selten.“5 Demgegenüber fällt auf, dass auf kritische Stimmen wie z.B die von Michael Welker, Matthias Rein, Christian Möller, Christoph Demke, Rolf Adler, Rolf Festerra, Klaus Douglass, Klaus Hoffmann, Friedrich Weber, Wilfried Härle, Isolde Karle, Heino Falcke, Klaus Weber, Christof Dinkel, Günter Thomas, Hans Martin Dober6, um einige der fundiert argumentierenden Kritiker zu nennen, inhaltlich kaum Bezug genommen wird, sondern allenfalls durch diskreditierend – abschätzige Charakterisierungen. Dazu nur ein Beispiel: “Der Impuls der EKD ´Kirche der Freiheit´ wurde in der inner- und außerkirchlichen Öffentlichkeit überwiegend positiv aufgenommen… Aus dem Funktionärsmilieu und von Hochschullehrern kam dagegen harsche Kritik.“7 Mit keinem Satz wird hier auf die Argumente und Anfragen eingegangen, sondern es wird schlicht konstatiert: „Im Rückblick auf diese Debatte können sich die Autoren des Impulspapiers nur bestätigt fühlen.“8

Mechels Aufsatz 2010

EKiR: Bericht des Vorsitzenden des Pfarrvereins in der Mitgliederversammlung in Bonn

02/2017, Bericht von Friedhelm Maurer gehalten am am 7.11.2016

… Das große Reformationsjubiläum stellt eine große Chance dar, uns wieder darauf zu besinnen, was Kirche heißt. Die reformatorische Minimalbestimmung der notae ecclesiae sollte wieder bewusst werden im Angesicht einer Situation, in der Verwaltungsdenken unsere Kirche zu einer Behördenkirche aufbläht. Wo das Evangelium wiederentdeckt wird, reformiert sich Kirche durch das Wort Gottes selbst. Die Reformation war eine Predigtbewegung und lief nicht Gefahr, in „Struktur- und Reformprozessen“ zu ersticken.
Andreas Kahnt, der Vorsitzende des Verbandes Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V., dem etwa 21.000 Pfarrerinnen und Pfarrer angehören, hat in seinem Vorstandsbericht auf der Mitgliederversammlung am 26.September 2016 in Travemünde in aller Klarheit Stellung genommen zu dem unsäglichen Reformprozess, der vor zehn Jahren mit dem „Impulspapier“ der EKD „Kirche der Freiheit“ in Gang gesetzt wurde: …

Zu einer Rückschau auf zehn Jahre Impulspapier wurde der Verband trotz eines konstruktiven Gesprächs des Verbandsvorsitzenden mit dem Leiter des Reformbüros nicht eingeladen. Nun war zu erfahren, dass die Veranstaltung ausgefallen ist. Das ist schade. Es hätte ein schönes Forum fröhlicher Auseinandersetzung werden können.“…

Auch wir in der Kirche haben zuallererst ein Problem in der Leitung. Wer trägt die Verantwortung für die Einführung der Doppik?

Der vollständige Vortrag, vgl. S. 10

„Qualität muss immer wieder neu überprüft werden“. Zehn Jahre nach der Veröffentlichung von „Kirche der Freiheit“ zieht EKD-Vizepräsident Gundlach Bilanz.

07/2016

10 Jahre Impulspapier „Kirche der Freiheit“. Aus diesem Anlass melden sich derzeit immer wieder frühere Verfechter oder Opponenten wie Prof. Isolde Karle zu Wort. Auch Thies Gundlach hatte sich in anderem Rahmen schon deutlicher ausgedrückt, als im folgenden Interview :

Die EKD hatte sich „Wachsen gegen den Trend“ zum Ziel gesetzt. In welchen Punkten ist das geschafft worden?
Gundlach: …Das alles kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gültig bleibt: Wir werden kleiner, ärmer und älter.

…Im Papier „Kirche der Freiheit“ wurden daher wie in einem Unternehmen Zielgrößen beziffert – etwa wachsender Gottesdienstbesuch oder eine Taufquote. …
Gundlach: Gottes Geist weht, wann und wo er will! Glaube lässt sich nicht erzwingen und auch nicht überprüfen. Insofern sagt genau genommen auch ein guter Gottesdienstbesuch wenig über den rechten Glauben aus…
In Ihrer Abteilung im EKD-Kirchenamt war ein Reformbüro installiert worden. Ihre Mitarbeitenden kümmern sich jetzt aber vor allem um die Vorbereitung des Reformationsjubiläums. Ist die weitere Umsetzung der Reformziele für die EKD kein Thema mehr?…  Mehr dazu.

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind I: Von Corinna Hektor, Vorsitzende des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins Bayern

„Um Aufgaben und Sachen. Leidenschaftlich.“

Vorstandsbericht für die Frühjahrstagung des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins am 25. und 26.
April 2016 in Rothenburg o.d. Tauber im Korrespondenzblatt 6/7 2016

Von der Vielzahl der angeschnittenen Themen stellen wir einige besonders heraus, hier:

Impulspapier „Kirche der Freiheit“

Kirche der Freiheit?! Es war scheinbar der große Wurf – gelandet ist das Unternehmen eher unsanft. … Trotzdem liest Thies Gundlach die Mitgliedschaftsstudie als Bestätigung:…

Seine These zur Kommunikation ist folgerichtig »Die Kirche ist Repräsentantin religiöser Themen, nicht aber Partnerin der religiösen Kommunikation der Themen.« Verkündigung ist nicht mehr Thema. Das degradiert die Kirche zur »religiösen(!) Nachrichtenagentur«. Die direkte Kommunikation in Gottesdiensten, Bibelkreisen, Konfirmandenunterricht oder bei Besuchen bleibt naturgemäß unerwähnt und scheint nicht mehr relevant. In einer solchen Kirche will ich nicht Pfarrerin sein…

vgl. S. 88,89

Pfarrverband

Auch im Verband stellt sich die Frage nach einer sinnvollen Ausstattung der Arbeit. Leider ist die EKD nicht bereit, sich daran zu beteiligen. Und die aktuelle Freistellung durch die Landeskirche läuft 2017 aus. So sind wir intern dabei darüber zu verhandeln, ob und wie wir wenigstens vorübergehend aus eigenen Mitteln eine Stelle finanzieren. Wir als Verband – alle Vereine. In Euro und Cent sind das aktuell ca. 1.- € pro Mitglied und Monat. Damit wäre die Arbeit des Vorsitzenden gesichert. Das sollte es uns wert sein!  vgl. S. 94

Benachteiligung der Pfarrvertretungen gegenüber anderen in ELK Bayern

Haben wir doch? Na ja — für 3.500 Kolleglnnen, davon 2.500 im aktiven Dienst haben wir seit 1990 faktisch 1,5 Freistellungen. Die MAV im LKA hat für über 300 und unter 600 Mitarbeitende 1,0 Freistellung. Wären wir eine MAV, hätten wir 4,5 — davon 1 für die Ruheständler. Für einen Personalrat wäre das übrigens analog. Dazu kämen 12,5 % Freistellung für alle Mitglieder der Pfarrerkommission und anteilig Freistellung für die Arbeit in den Gremien auf EKD- und velkd-Ebene. Nachdem diese Maßstäbe richtig sind und sich offenbar bewährt haben, sollte die Kirche sie auch auf die Pfarrvertretung anwenden. … vgl. S. 86

Erfolge des Vereins

Vieles ist gelungen in der langen Zeit. In den letzten Jahren: Sicherstellen, dass alle Geeigneten übernommen werden mit »Pfarrer helfen Pfarren«, politischem Einsatz und der Abwendung einer Einstellungsliste, die Neuberechnung der steuerrelavanten Mietwerte; und nicht zuletzt die vielen kleinen und größeren Gesetzesvorhaben, an denen wir zu bessern versucht haben, was nötig und möglich war. Immer mit Elan und Sachkenntnis, manchmal durchschlagend, aber nicht immer erfolgreich — leider…

vgl. S. 86

Eine Menge steht gerade an: Urlaubsverordnung ändern, privatrechtliche Dienstverhältnisse aus der doppelten Benachteiligung bringen, nach der Begleitung des Pfarrbildprozesses ein Auge auf die versprochenen »Hausaufgaben« der Landeskirche haben, Examensreform, Versorgungsausschuss, Assistenz im Pfarramt, Verwaltungsreform, Gemischter Ausschuss, Visitationsordnung… Die Liste ist lang — und noch gar nicht vollständig. vgl. S. 86

„Fernab jeder redlichen Bilanz…“ Leserreaktionen auf einen Lobgesang auf die EKD-Reform von Rainer Clos in den „Zeitzeichen“.

11.06.16, Zeitzeichen, Artikel von Rainer Clos: „Der Überraschungscoup“

Leserreaktion von Manfred Jeub, 03.06.2016 14:02:

„Fernab jeder redlichen Bilanz betätigt sich hier ein Journalist (aus den eigenen Reihen!) als Apologet einer auf falschen Annahmen beruhenden und mit falschen Mitteln arbeitenden, misslungenen Reform: tendenziös bis in die Wortwahl hinein. Kritik und minutiöser Aufweis der Reformschäden, wie sie gleich jahrgangsweise z. B. im Dt. Pfarrerblatt dokumentiert sind, wird verschwiegen oder verniedlicht und selbst die Autorin des Buches „Kirche im Reformstress“ soll noch als Zeugin für positive Wirkungen des Reformpapiers herhalten. In der Überschrift spricht der Autor wahr, ohne es zu merken: In der Tat, die Vorgehensweise war ein „Coup“, das Handstreichverfahren eines selbsternannten Thinktanks. Diese Kamarilla maßte sich gar an… Mehr dazu – bis ans Ende der Seite durchscrollen!

 

dazu auch:  Kirche der Freiheit – Abgesang auf ein kirchliches Altpapier,  von Andreas Reinhold,

„Reformen werden nicht von oben verordnet, sondern vollziehen sich von unten her.“
Dies wäre aber ein notwendiger Reinigungsprozess, der Voraussetzung dafür ist, dass adäquate Reformen angestoßen werden – und zwar dieses Mal von unten! Denn nicht nur die 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung macht deutlich, wo Kirche verortet ist: in den Gemeinden und in den Diensten und Werken, die für jedermann ersichtlich konkrete Arbeit am Menschen leisten. EKD, Landeskirchen, ja selbst Kirchenkreise bleiben für die meisten abstrakte Größen, die nur wenig Bindungskraft entwickeln. Die besitzen aber nachweislich immer noch die Kirchengemeinden vor Ort… vgl. hier.

5. KMU – Vernetzte Vielfalt. Kirche angesichts von Individualisierung und Säkularisierung. Hrsg. Heinrich Bedford-Strohm, Volker Jung.

06/2016

Aus dem vollständig im Netz verfügbaren Auswertungsband hier nur ein kurzer Ausschnitt des Vorwortes:

„…In der Praxis kirchenleitenden Entscheidens und Handelns wird es in Zukunft mehr denn je
um eine profilierte Vernetzung von Profilierungs- und Diversifizierungsmaßnahmen gehen. Das
Grundziel der stärkeren Erkennbarkeit ist dabei zu beziehen auf die volkskirchliche Notwendigkeit, eine Vielzahl von unterschiedlichen Profilen aufrechtzuerhalten und miteinander zu vernetzen… Eine in ihren Angeboten, Sprachformen und Frömmigkeitsstilen vielgestaltige Kirche hat das Potenzial vielfältiger Bindungskräfte…“

vgl. Vorwort, S. 14

Ein entgegengesetztes, engführendes Konzept kirchenleitenden Handelns wurde hingegen im Impulspapier „Kirche der Freiheit“ vertreten:

„a. Geistliche Profilierung statt undeutlicher Aktivität. Wo evangelisch draufsteht, muss Evangelium erfahrbar sein. In diesem Motiv scheint das biblische Bild vom Licht der Welt auf, von dem Licht, das nicht unter den Scheffel gestellt werden soll (vgl. Lukas 11, 33).
b. Schwerpunktsetzung statt Vollständigkeit. Kirchliches Wirken muss nicht überall vorhanden sein, wohl aber überall sichtbar. Hier ist an die vielfältige Bedeutung des zeichenhaften Handelns Jesu zu denken (vgl. insbesondere die Heilungs- und Wundergeschichten)…

 

Bevor der Karren noch tiefer in den Dreck fährt: Warum das Reformvorhaben »Kirche der Freiheit« zum Scheitern verurteilt ist. Von Anne Lungová .

11/2015, Deutsches Pfarrerblatt

Wer in den letzten Wochen die Zeitungen aufgeschlagen hat, traute seinen Augen nicht: ein Skandal jagte den anderen. Erst mussten die Vorstandsbosse der Deutschen Bank gehen, dann der Chef von VW und jetzt wackelt auch noch der Thron des deutschen Fußballkaisers. Doch für ein erleichterndes Aufatmen, dass zum Glück diesmal die Kirche von einem Skandal verschont blieb, ist es zu früh. Im Gegenteil: einige Verantwortliche in den Chefetagen der kirchlichen Verwaltung werden tief Luft geholt haben. Denn was sich auf den ersten Blick völlig unabhängig voneinander abspielt, hat einen gemeinsamen Nenner: McKinsey. Dass die amerikanische Beraterfirma McKinsey & Company maßgeblich am Reformprozess »Kirche der Freiheit« beteiligt ist, ist kein Geheimnis. Weitgehend unbeachtet hingegen verlief der Prozess der schrittweisen Anbindung an Machtzentren von Wirtschaft und Politik, die nun von Skandalen erschüttert werden.  Zum Artikel im Dt. Pfarrerblatt.

‚Kirche der Freiheit‘ hat „die biblische und reformatorische Weite von „Ekklesia“ vergessen“. Aus der „Praktischen Theologie“ von Prof. Dr. Christoph Grethlein

Prof. Dr. Christoph Grethlein

Praktische Theologie, Berlin 2012; anstelle einer Rezension ein Zitat zu „Kirche der Freiheit“:

„Auffällig ist bei dem Papier dier weitgehende Verzicht auf theologische Reflexion (s. Hermelink…). Ein undeutlicher Religionsbegriff leistet keine inhaltliche Klärung.
So ist der Text Ausdruck kirchenamtlicher Orientierungslosigkeit angesichts der nicht zu leugnenden Herausforderungen. Soziologisch formuliert: Es wird versucht, Unorganisierbares zu organisieren, ohne dies Dilemma zu reflektieren. Dadurch kommt es zu einer Überforderung der kirchlichen Organisation, konkret der kirchlichen Mitarbeiter/innen. Der Hauptgrund dafür ist ein auf die kirchliche Organisation verengtes Kirchenverständnis, das die biblische und reformatorische Weite von „Ekklesia“ vergessen hat.“ (S. 410)

Protest der Protestanten. Von Christoph Fleischmann.

24.01.2015, von Christoph Fleischmann, Publik Forum

Ein Gespenst geht um in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): Bis 2030 könnte sie ein Drittel ihrer Mitglieder und die Hälfte ihrer Finanzkraft verlieren, so die Befürchtung. Formuliert wurde diese Prognose des Niedergangs ironischerweise in einer Schrift, die zum Aufbruch blasen wollte: In dem Impulspapier »Kirche der Freiheit« aus dem Jahr 2006. Es sollte zum »Wachsen gegen den Trend« aufrufen, aber die düsteren Prognosen waren wirkmächtiger. Und der zeitgleich und völlig geräuschlos verabschiedete »Erweiterte Solidarpakt« der Landeskirchen lehrte ebenfalls: Wenns ums Geld geht, vertrauen die Kirchenleitungen nicht auf das »Wachsen gegen den Trend«, sondern lieber auf das Schrumpfen mit dem Trend. Sie verpflichteten sich zu einer extrem sicherheitsorientierten Rücklagenpolitik: »Wir müssen viel Geld zurücklegen, besonders für die Pfarrpensionen, denn die schwachen Jahre liegen noch vor uns«, hieß es. Petition kann im Internet unterzeichnet werden Dem widersprechen nun engagierte Protestanten in einem Text, der in Worms verfasst wurde, wo Protestantisch-Trotziges ja zur Lokaltradition gehört. Das »Wormser Wort« steht als Online-Petition im Internet, jeder kann es seit dem Jahreswechsel unterzeichnen. Fast 500 Unterstützer hat es bislang gefunden. Es wendet sich gegen den durch die befürchtete Finanzknappheit initiierten Umbauprozess der evangelischen Kirchen. Die Autoren des Wormser Wortes wollen die Gemeinden stärken. Was zunächst konservativ klingt, kann durchaus vorwärtsweisend sein.

Zum Artikel.

Und im Deutschen Pfarrerblatt, Ausgabe 1/2015:

Wormser Wort: »Nein zum bisherigen Umbauprozess der Kirche durch die EKD«

Während des 73. Deutschen Pfarrertags in Worms im September 2014 traf sich der Verein »Wort-Meldungen« und verfasste nachstehende Resolution zum Reformprozess der EKD.