14.01.2015, reformiert online
Christliche Minderheiten sind im Orient unter Druck: Ignatius Ephrem II., Oberhaupt der syrisch-orthodoxen Kirche, ist dennoch optimistisch, dass die Christen in ihren Herkunftsländern verwurzelt bleiben…
? Der Westen wagt es nur halbherzig, die Türkei als Nato-Partner an ihre historische Verantwortung zu erinnern. Auch im Irak haben sich die USA lange nicht um die orientalischen Christen gekümmert. Wenig christliche Solidarität also.
Ignatius Ephrem II: Wir wollen nicht, dass die westlichen Staaten kommen, um uns Christen zu beschützen. Aber in Wahrheit kümmert sich die westliche Politik weder um Muslime noch Christen, sondern ist vor allem im Nahen Osten an einem interessiert: den ungehinderten Zugang zum Öl. Für mich stellt sich aber auch die Frage: Ist der Westen überhaupt noch christlich?
? Gilt das auch für die USA, wo Sie lange als Geistlicher gewirkt haben?
Ignatius Ephrem II: Sicher gehen die Amerikaner mehr zur Kirche als die Europäer. Sie haben durchaus fromme Politiker. Je weiter man nach oben zum Kapitolhügel kommt, desto weniger spielt das Christliche eine Rolle… Zum vollständigen Interview.
Zur Person: Ignatius Ephrem II., 49
steht der syrisch-orthodoxen Kirche mit weltweit fünf Millionen Mitgliedern vor. Sie gehört zu einer der ältesten christlichen Kirchen der Welt. Das Wörtchen «syrisch» leitet sich von assyrisch ab. Vor seiner Wahl zum Patriarchen 2014 war er achtzehn Jahre lang Erzbischof für die Gläubigen in den USA. Dort leben mehr syrisch-orthodoxe Christen als in der Türkei, Syrien und Irak zusammen. Im Dezember 2014 besuchte der Patriarch aus Damaskus die Schweiz mit einer Diaspora von 6000 Aramäern.