Archiv der Kategorie:
Bildung

Rückkehr zu G 9 unabdingbar. Von Prof. Dr. Schwägerl

Leserbrief zum Thema Schulbildung in der SZ von Prof. Dr. Schwägerl, Ottobrunn
(SZ vom 5./6.4.2014, S.2 – M. Prenzel: „Das bringt die Qualität sicher nicht voran“)
8. April 2014

Bereits am 20. Mai 2010 hat Prenzel in der SZ geäußert: „… es gibt noch viele Möglichkeiten, Unterrichtsstoff zu konzentrieren, ohne an Qualität zu verlieren. Auch bei den Kernfächern.“
Die Erfahrungen zeigen aber die Unrichtigkeit dieser Meinung. Gerade in den MINT-Disziplinen ist Denken und Arbeiten in Zusammenhängen unerlässlich. Wenn er (als Pädagoge, Psychologe und Soziologe!) annimmt, man könne aus Gründen der Zeitersparnis Elemente herausbrechen und trotzdem das Gesamtgebäude noch stabil halten, widerspricht dies schlicht und einfach der Realität in den „harten Fächern“.
In der Mathematik zeigt sich der durch die Kürzungen entstandene Schaden auf katastrophale Weise; Schüler und Studienanfänger leiden ganz erheblich darunter.

Und dass keine Zeit bleibt, ausreichende Bildungsinhalte in der Biologie zu vermitteln, ist angesichts des Stellenwertes, der der Ökologie aus Überlebensgründen endlich eingeräumt werden muss, ein unerträglicher Skandal.
Hier muss ein anderer Weg eingeschlagen werden. In Wirklichkeit wäre es daher ein Riesenfehler, NICHT zum G9 zurückzukehren.

mit freundlicher Genehmigung des Autors:

Prof. Dr.rer.nat. Dietrich Schwägerl
Feldstr. 6a
D-85521 Ottobrunn

Moratorium gegen den ‚Morbus testeritis‘ gefordert: Eine Dekade Pisa-frei – von Prof. Ralf Lankau

Veröffentlicht am 02.04.14 | Prof. Ralf Lankau

Wer am 2. April 2014 die Tageszeitungen daraufhin durchschaute, welche Aprilscherze am 1. April dieses Jahr veröffentlicht wurden, findet unter anderem eine Pressemeldung der OECD: „PISA – Beim kreativen Problemlösen liegen deutsche Schülerinnen und Schüler im oberen Mittelfeld.“

Wer die Meldung daraufhin aufruft, darf lesen, dass schwächere Schülerinnen und  Schüler Schwierigkeiten haben, einen (simulierten) Fahrkartenautomaten zu bedienen (was, je nach Automat und Software, durchaus eine Herausforderung sein kann, hier erschwert durch die Aufgabenformulierung) oder dabei scheitern, die kürzeste Strecke zwischen zwei Stationen auf einer interaktiv anzuklickenden Karte zu ermitteln. Wer diese computer-basierten Aufgaben selbst ausprobieren möchte (siehe: Testfragen) …

Moratorium gegen den Morbus testeritis: Eine Dekade Pisa-frei

Hilfreich wäre stattdessen eine Moratorium: Setzen wir PISA- und alle anderen Morbus Testeritis-Szenarien für eine Dekade aus und gewähren den Schulen und allen Beteiligten eine Pause von diesem Zähl- und Rankingwahn. Zu tun gibt es genug, das gesparte Geld wäre für Personal an den Schulen deutlich besser investiert als an den mittlerweile ungezählten empirischen Studien über Schule.
Die Testpäpste und ihre Adlaten haben auch so genug Zahlenmaterial, um für die nächsten Jahre sinnfreie Bedarfs-Statistiken zu generieren, um sich ihrer selbst zu vergewissern, auch wenn deren Aussagekraft und Relevanz selbst in angeblich „harten Faktenfächern“ wie Mathematik mehr als fragwürdig sind (siehe die Vortragsreihe: Mathematik in der Schule – Versuch über eine Bildungsmiser), den Beitrag des Kollegen Jahnke: Die Illusion der Statistiker oder oder die Publikationen zu PISA von  Wolfram Meyerhöfer, (Univ. Paderborn).

Empiriker und „Bildungs-“Forscher überschätzen die Relevanz des Messbaren im Verhältnis zum Relevanten. Dabei gilt das Einstein-Wort: “Nicht alles, was zählt, ist zählbar, und nicht alles, was zählbar ist, zählt.” Eine Dekade „testfrei“ böte die Gelegenheit, sich auf Wesentliches der Lehre, d.h, die Arbeit mit den Lernenden, zu konzentrieren, denn gerade in Pädagogik und Bildung, sind die wesentlichen Qualitäten weder zähl- noch messbar und ungeeignet für Statistik. Zum Artikel.

Tu felix Austria: PISA-Stopp Österreichs als Chance für Europa

Nach einem Datenleck, bei dem Testdaten Österreichischer Schülerinnen und Schüler auf dem Server eine rumänischen IT-Firma öffentlich wurden (PM Bundesministerium für Bildung und Frauen), hat Bildungsministerin  Gabriele Heinisch-Hosek die Notbremse gezogen: Vorerst werden die Schulleistungs-Tests eingestellt und eine Teilnahme an PISA 2015 ausgeschlossen. (nachrichten.at, Linz) Heinisch-Hosek zweifelt darüber hinaus generell am Sinn solcher Testungen: „LehrerInnen und SchülerInnen lehren und  lernen teilweise nur mehr für diese Tests, das habe ich in vielen Gesprächen gehört“, erklärt die Ministerin.(Pressemeldung). Ob Österreich später wieder alle Tests durchführt, steht zudem für Heinisch-Hosek noch nicht fest: “Es geht jetzt darum, darüber nachzudenken, welche Tests in Zukunft noch Sinn machen und welche nicht.”  Zum Artikel.

Lehrstuhl für Kriegsverbrecher?

An der Universität Bonn soll ein vom Verteidigungsministerium gesponserter Lehrstuhl für internationale Beziehungen eingerichtet werden. Namensgeber soll der ehemalige Sicherheitsberater und Außenminister der USA Henry Kissinger sein.

Studierende der Universität haben nun eine Petition gegen die Pläne erstellt. Sie befürchten eine Einflussnahme der Politik auf die Inhalte der Lehre.

Auch die Wahl des Namenspatrons wird kritisiert. Immerhin hat Kissinger ein zweifelhaftes Verhältnis zu Völker- und Menschenrechten. Unter anderen Umständen hätte Kissinger als Kriegsverbrecher verurteilt werden können.

Lesen Sie hier einen ausführlichen Artikel und unterzeichnen Sie hier die Petition.

Breites Bündnis gegen G8. Schule macht die Schüler krank.

Berlin (dpa) – Nach der Rechtschreibreform ist das Turbo-Abi nach acht Gymnasial-Jahren die umstrittenste Entscheidung der Kultusminister. In vielen Ländern können Eltern nach heftigen Protesten bereits heute zwischen G8 und G9 wählen. Niedersachsen will das Turbo-Abi wieder ganz abschaffen.

Ein breites Bündnis von Eltern, Schülern, Lehrern, Ärzten und Psychotherapeuten macht sich nun bundesweit für die Rückkehr zu einer 13-jährigen Schulzeit bis zum Abitur stark. Es gebe «kein einziges pädagogisches Argument» für das «Turbo-Abi» nach nur acht Jahren am Gymnasium (G8), sagte die Sprecherin der Initiative, die Psychologin Anja Nostadt. Die verkürzte Schulzeit führe zu mehr Stress, mache mehr Schüler krank. Zugleich litten sportliche und kulturelle Aktivitäten. Zum Artikel.

8. März 2014 SZ: Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden unter Depressionen.

Achtjähriges Gymnasium, erhöhter Leistungsdruck und Lehrermangel: Schule macht Schüler oft krank, warnt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Was tun? Zum Artikel.

Risse im deutschen Bildungssystem – von Prof. Friedhelm Hengsbach

Von: Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach (Sozialethiker)

„Die international vergleichenden Pisa- und Piaac- Studien zur Leistungsfähigkeit der Bildungsabsolventen erzeugen in der politischen Öffentlichkeit immer wieder neue eruptive Erregungszustände, ohne die strukturellen Risse der deutschen Bildungslandschaft zu benennen und ursachenangemessene und zielgerichtete Reformen anzustoßen.

Im Folgenden will ich drei Risse des deutschen Bildungssystems identifizieren: Die private und öffentliche Regie der Bildungswelten liegen im Widerstreit. Die Bildungsinteressen bürgerlicher Milieus und die Bildungschancen breiter Bevölkerungsschichten weichen voneinander ab. Die Rangfolge des theoretischen Wissens und des Erfahrungswissens wird kontrovers eingestuft. Mit dem Leitbild „erweiterter Beruflichkeit“, wie es der wissenschaftliche Beraterkreis von IG Metall und verdi begründet, soll ein normativer Orientierungswechsel skizziert werden, der diese Risse entschärft.“
Zum Artikel von Prof. Friedhelm Hengsbach.

Wissenschaftliche Evaluation: ja – CHE- Ranking: nein

Stellungnahme der DGS zum (Bertelsmann -) CHE-Ranking

Seit dem Jahr 1998 werden in jedem Frühjahr die Ergebnisse des CHE-Hochschulrankings veröffentlicht, das aus einer Ranggruppenliste der universitären Standorte verschiedener akademischer Fachdisziplinen besteht. Durch die seit 2005 stattfindende Publikation in DIE ZEIT hat dieses Ranking eine hohe öffentliche Sichtbarkeit erhalten.
Seit der ersten Durchführung des CHE-Rankings sind in der Soziologie immer wieder Zweifel an dessen fachlicher Qualität geäußert worden. Dennoch haben die Institute unseres Faches mit Blick auf die Informationsbedürfnisse derer, die sich für ein Studium der Soziologie interessieren, an der Datenerhebung für das Ranking teilgenommen. Mitte letzten Jahres führten die sich häufenden fachlichen und wissenschaftspolitischen Bedenken jedoch an verschiedenen Standorten zu einem Umdenken. Das – vom CHE sehr gut bewertete – Institut für Soziologie der Universität Jena hat beschlossen, sich nicht mehr an diesem Ranking zu beteiligen. Daraufhin hat sich der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie eingehend mit dem CHE-Ranking befasst. Nach dem Studium der zugänglichen Dokumentationen und einem längeren Gespräch mit den zuständigen Vertreterinnen des CHE gelangte der Vorstand zu folgender Einschätzung und Empfehlung, die vom Konzil der DGS am 20. April 2012 einstimmig beschlossen wurde:

FACHLICHE UND WISSENSCHAFTSPOLITISCHE BEURTEILUNG DES CHE-RANKINGS
Das CHE-Ranking weist gravierende methodische Schwächen und empirische Lücken auf. Um nur die beiden wichtigsten anzusprechen:
Die Qualität der Forschung der Standorte wird vor allem über die Einschätzung durch Kolleg/-innen sowie auf der Grundlage von Datenbanken erhoben, die der Wissenschaftsrat und auch das CHE selbst als nicht geeignet oder jedenfalls nicht hinreichend aussagekräftig beurteilen.
Ähnlich wird die Qualität der Lehre vor allem auf der Grundlage einer Studierendenbefragung erhoben, die durch schwache Rücklaufquoten, geringe Fallzahlen und eine ungeklärte Selektivität gekennzeichnet ist. Entsprechend groß ist die Gefahr von Zufallsaussagen. Dagegen werden wichtige und von den Lehrenden nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen, so etwa die Betreuungsrelationen und die damit verbundenen Lehrveranstaltungsgrößen, nicht in die Analyse einbezogen. Bei so ungenügender Datenlage ist die Bildung einer Rangreihenfolge kaum zu rechtfertigen…

Die Publikationsformate des Rankings laden mit ihren Vereinfachungen zu weiteren Fehlwahrnehmungen der Sachlage ein:…

Auch und gerade das simplifizierende Ranking mithilfe der Ampelsymbolik täuscht über die Dürftigkeit der Datenbasis hinweg. Es suggeriert, sich hierbei den massenmedialen Präsentationserfordernissen beugend, eindeutige und verlässliche Urteile, die durch die verfügbaren Daten keineswegs gedeckt sind. Zur Stellungnahme.

Debakel bei Schulreformen: Erst in Niedersachsen und nun auch im Süden: Bayern rückt von G 8 ab

14.2. Süddeutsche: „Eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Bayern wird immer wahrscheinlicher. Weil die Staatsregierung das entsprechende Volksbegehren nicht mehr stoppen kann, überlegt man, wie sich das Turbo-Abi wieder abschaffen lässt…..

Was das G 8 angeht, scheinen Seehofer und Spaenle mit ihrem Latein am Ende zu sein. Trotz aller Energie, die sie in das Projekt stecken, werden die Klagen nicht leiser und die Zahl der G-9-Befürworter nimmt ständig zu…“

Mehr dazu bei: G9 jetzt! :

G9 für alle Gymnasiasten!

So bald wie möglich sollen Schülerinnen und Schüler in Hamburger Gymnasien ihre weitere Schulzeit wieder im G9 absolvieren können. Nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein, Hessen und Baden Württemberg sollen auch unsere Hamburger Gymnasien Wahlfreiheit zwischen dem G8 und dem G9 bekommen.

Unternehmerlobby will die die Hochschulen steuern – Zum offenen Brief der Vorsitzenden der Hochschulräte an die NRW-Landesregierung

9. Januar 2014, Wolfgang Lieb.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Vorsitzenden der Hochschulräte in NRW mehrheitlich die Hochschulen als durch den Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln gesteuerte „Unternehmen“, ja noch mehr als die verlängerten Werkbänke der Wirtschaft betrachten, dann liefert diesen Beleg ihr offener Brief an die Landesregierung [PDF – 78.5 KB].
Allein dieses Schreiben an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und an die Wissenschaftsministerin Svenja Schulze müsste eigentlich alle, für die die Freiheit von Forschung und Lehre noch den im Grundgesetz verbürgten hohen Wert besitzt, von der Notwendigkeit der Novellierung des bisherigen sog. „Hochschul-„Freiheits“-Gesetz des früheren FDP-Innovationsministers Pinkwart überzeugen. Zu den Beiträgen.

Unternehmerlobby will die die Hochschulen steuern

9. Januar 2014, Wolfgang Lieb.

Unternehmerlobby will die die Hochschulen steuern – Zum offenen Brief der Vorsitzenden der Hochschulräte an die NRW-Landesregierung

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Vorsitzenden der Hochschulräte in NRW mehrheitlich die Hochschulen als durch den Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln gesteuerte „Unternehmen“, ja noch mehr als die verlängerten Werkbänke der Wirtschaft betrachten, dann liefert diesen Beleg ihr offener Brief an die Landesregierung [PDF – 78.5 KB].
Allein dieses Schreiben an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und an die Wissenschaftsministerin Svenja Schulze müsste eigentlich alle, für die die Freiheit von Forschung und Lehre noch den im Grundgesetz verbürgten hohen Wert besitzt, von der Notwendigkeit der Novellierung des bisherigen sog. „Hochschul-„Freiheits“-Gesetz des früheren FDP-Innovationsministers Pinkwart überzeugen. Zum Hintergrundsbeitrag.