Schlagwort-Archive: Krankenstand

Der sog. „doppelte Arbeitsvertrag“. Kirchenpräsident Joachim Liebig, Anhalt.

Synodalbericht zur Lage der Landeskirche
Frühjahrssynode 2015, Kirchenpräsident Joachim Liebig

17./18.04.2015; hier: 11/2015

 

„Bei jeder Art von Personalfragen geht die Fachwelt inzwischen von einem sogenannten doppelten Arbeitsvertrag aus… Gleichzeitig mit diesem Arbeitsvertrag wird jedoch immer auch ein psychologischer Vertrag geschlossen. …Auf allen Ebenen der Landeskirche wird immer wieder deutlich, wie vor allem der psychologische Vertrag durch Veränderungen auf der einen oder anderen oder beiden Seiten in eine Schieflage gerät. Reorganisation von Einrichtungen, Veränderungen im Stellenzuschnitt oder Veränderung der familiären Situation eines Arbeitnehmers können die Auslöser sein. Gerade wenn diese Veränderungen sich abzeichnen, gilt es, durch gute Kommunikation, Teilhabe und Transparenz das (hoffentlich) bestehende Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern zu bewahren. Kommt es zum Bruch des psychologischen Arbeitsvertrages, geht es immer zu Lasten der Motivation aller Mitarbeitenden. Eine ansteigende Zahl von Krankheitstagen, der so genannte Dienst nach Vorschrift und ähnliche Erscheinungsformen sind Ausdruck eines gebrochenen psychologischen Arbeitsvertrages. …  Zur Quelle.

»Die Kirche im Dorf lassen!« Vorstandsbericht des Vorsitzenden des Pfarrrverbandes Deutschland, Pfr. Andreas Kahnt

11/2015, Deutsches Pfarrerblatt

Seinen Vorstandsbericht anlässlich der Mitgliederversammlung des Verbandes Evang. ­Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland stellte der Vorsitzende Andreas Kahnt dieses Jahr unter die Überschrift »Die Kirche im Dorf lassen!« und übte damit indirekt Kritik am Reform­prozess der EKD und an einem Pfarrbild, das mehr und mehr zum Gemeindemanagement mutiert.
„Dieser Bericht gibt einen Überblick über aktuelle und – soweit bereits sichtbar – zukünftige Herausforderungen, denen sich der Verband zu stellen hat. Er zeigt Chancen und Grenzen auf. Er beschreibt Veränderungen und erzählt von der Kontinuität, mit der der Verband sich für Pfarrerinnen und Pfarrer, für ihren Beruf, für ihren rechtlichen Status und damit für die gesamte Kirche engagiert. Nur wenn wir uns verändern, werden wir bleiben, was wir sind. Diese Einsicht mag uns helfen, die Scheu vor Veränderungen zu überwinden und mit Freude und Zuversicht den Herausforderungen aus diesen Veränderungen zu begegnen. Damit »die Kirche im Dorf« bleibt und wir als Teil von ihr mittendrin!“  Der vollständige Text des Berichts.

„Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern klar signalisieren: Ich stehe hinter dir… agieren extrem gesundheitsförderlich.“ Interview mit der Biologin Carola Kleinschmitt in der FAZ.

05.01.2015, FAZ, Interview mit der Biologin Carola Kleinschmidt.

„…

Frau Kleinschmidt, Sie beschäftigen sich mit neuen Erkenntnissen aus der Stressmedizin. Was hat Sie am meisten überrascht?

Es ist erstaunlich, wie sehr Druck am Arbeitsplatz mit unserem Gefühlsleben zusammenhängt. Wenn ich beispielsweise unter Zeitdruck an einer anspruchsvollen Aufgabe sitze, macht mich jeder, der mich stört, ärgerlich oder sogar richtig wütend. Ich möchte auf keinen Fall scheitern. Da kommen deutlich mehr negative als positive Gefühle auf, übrigens auch bei tollen Projekten…

Also geht es wieder um das große Thema Wertschätzung im Beruf?
Vor allem darum, dass die Anerkennung letztlich ein Signal für die wichtigere Botschaft ist: Du gehörst dazu. Der Düsseldorfer Medizinsoziologe Johannes Siegrist (vgl. Die Ursache für Burnout liegt in der Arbeitswelt) hat das mit seinen Studien zur „Gratifikationskrise“ belegt, in die geraten Menschen, wenn erstens die Anerkennung durch die direkte Führungskraft ausbleibt, sie zweitens nicht den Eindruck haben, das Gehalt sei angemessen für ihren Einsatz, oder sie drittens zu wenig persönliche Entwicklungsmöglichkeiten sehen. Dazu gibt es beeindruckende Zahlen. Menschen mit einer Gratifikationskrise haben ein doppelt so hohes Risiko für einen Herzinfarkt oder eine Depression. Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern klar signalisieren: Ich stehe hinter dir, schätze deine Leistung und stärke dich, damit du deine Arbeit gut machen kannst, agieren extrem gesundheitsförderlich…“  Zum vollständigen Text.

Technikerkrankenkasse: Krankenstand 2014 steigt, Beschäftigte fehlen nicht öfter, aber länger

Berlin, 28. Januar 2015.

14,8 Tage waren Erwerbspersonen – dazu zählen Beschäftigte und ALG-I-Empfänger – in Deutschland 2014 durchschnittlich krankgeschrieben. Dies entspricht einem Krankenstand von 4,05 Prozent, der damit 0,9 Prozent höher liegt als im Jahr zuvor. Dies gab die Techniker Krankenkasse (TK) heute auf ihrer Pressekonferenz zum Depressionsatlas Deutschland bekannt.

Der Anstieg resultiert laut TK ausschließlich aus der längeren Dauer der Krankschreibungen. 13,3 Tage fehlten Erwerbspersonen in Deutschland im Krankheitsfall, die durchschnittliche Dauer stieg damit um 4,5 Prozent (12,9 Tage in 2013)…

Zur Quelle

„…. und die im Dunklen sieht man nicht!“. Ein Erfahrungsbericht aus der heutigen Arbeitswelt innerhalb und jenseits der Ev. Kirche.

Ein Erfahrungsbericht aus der heutigen Arbeitswelt innerhalb und jenseits der Ev. Kirche

Von Hans-Jürgen Volk

„Die Kirchen stehen in der biblischen und christlichen Tradition von Recht und Erbarmen. Gott fordert die Menschen nachdrücklich dazu auf, aus Erbarmen zu handeln und sich für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen. Deshalb bemühen sich Christen um Arme, aber auch um gerechtere Strukturen in der Gesellschaft, die geeignet sind, Armut zu verhindern.“

„Die Kirchen sind als Arbeitgeber, Eigentümer von Geld- und Grundvermögen, Bauherr oder Betreiber von Einrichtungen und Häusern auch wirtschaftlich Handelnde. Sie können nicht Maßstäbe des wirtschaftlichen Handelns formulieren und öffentlich vertreten, ohne sie auch an sich selbst und das eigene wirtschaftliche Handeln anzulegen.“

Aus dem Sozialwort der Kirchen von 1997

„Man darf den Einzelfall nicht überbewerten und ihn erst recht nicht zur Grundlage von Entscheidungen machen!“ sagt mir mein Gesprächspartner. Recht hat er. Eine Überbewertung von singulären Erfahrungen führt zu Vorurteilen und Ressentiments. Fehlentscheidungen sind die Folge. Ergibt sich aus Einzelfällen jedoch ein Muster, dass mit statistischen Erhebungen korreliert, muss dies zu einer Neubewertung von Sachverhalten führen. Wer sich Alltagserfahrungen konsequent verschließt, bewegt sich stetig in ein Paralleluniversum weltfremder Ideologie.

Dass die Verhältnisse heutiger Arbeitswelten Menschen im wachsenden Ausmaß krank machen, belegen die regelmäßigen Berichte der Krankenkassen. Beunruhigend ist vor allem die steigende Anzahl psychischer Erkrankungen, die allzu oft in die Berufsunfähigkeit führen. Jetzt ist die Versuchung groß, einen sozialpolitischen Artikel zu schreiben. Denn vieles spricht dafür, dass die Hartz-Gesetze, die Privatisierung von einstmals öffentlichen Unternehmen sowie die Ausdehnung von Marktmechanismen bzw. Marktsimulationen auf weite Teile des verbliebenen öffentlichen Sektors wichtige Ursachen dieser Entwicklung sind. Doch ich möchte in erster Linie einige Geschichten von Menschen umreißen, die in dieser oft kalten Wettbewerbs- und Konkurrenzgesellschaft unter die Räder gekommen sind.

Zum Artikel.

Neues Zentrum „Inspiratio“ zum Schutz kirchlicher Beschäftigter vor Burn-out von EKHN, EKvW und Hannoverscher Lk.

Im Kloster Barsinghausen bei Hannover haben die evangelischen Landeskirchen Hessen-Nassau, Hannover und die Ev. Kirche Westfalen das „Zentrum inspiratio“ „gegründet, das kirchliche Beschäftigte vor Burn-out schützen soll. Das gemeinsame Projekt soll zunächst Pfarrerinnen und Pfarrern, später aber auch anderen kirchlichen Mitarbeitenden in Krisensituationen helfen, neue Möglichkeiten der Alltags- und Berufsbewältigung zu finden:

Professionelle Auszeit für Hauptamtliche in der Evangelischen Kirche
Hauptamtlich in der Kirche zu arbeiten, ist vielseitig und erfüllend, kostet aber auch viel Kraft. Berufliche Belastungen oder persönliche Krisen können an die Grenze zur Erschöpfung führen. inspiratio gibt Ihnen die Möglichkeit, sich in geschütztem Rahmen und mit fachkundiger Begleitung mit Ihrer Situation auseinanderzusetzen. Hier haben Sie Zeit, die Dinge wieder ins Gleichgewicht zu bringen. » …

Kloster zwischen Stadt und Wald

inspiratio ist ein Ruhepol – auch geographisch. Unsere Einrichtung befindet sich im Kloster Barsinghausen, zu dem auch ein schön gestalteter Klostergarten gehört. Die ausgedehnten Waldflächen des Deisters liegen gleich vor der Tür…
Die lange Tradition des Ortes führt seit 1996 eine Evangelische Kommunität im klösterlichen Rhythmus von „Bete und arbeite“ (ora et labora) fort. Die Kommunität ist Teil der Diakonischen Schwesternschaft Wolmirstedt e.V. – mit neu hinzugekommenen Konventualinnen bildet sie seit 2013 den Klosterkonvent, in dem auch Einzelgäste willkommen sind. Die Mitte und Kraftquelle des Lebens im Konvent sind Gebet und die Feier des Heiligen Abendmahls. Der Tageslauf wird vom Rhythmus der Tagzeitengebete bestimmt.

Hier kommt hin wer will. Oder auch hier.

Breites Bündnis gegen G8. Schule macht die Schüler krank.

Berlin (dpa) – Nach der Rechtschreibreform ist das Turbo-Abi nach acht Gymnasial-Jahren die umstrittenste Entscheidung der Kultusminister. In vielen Ländern können Eltern nach heftigen Protesten bereits heute zwischen G8 und G9 wählen. Niedersachsen will das Turbo-Abi wieder ganz abschaffen.

Ein breites Bündnis von Eltern, Schülern, Lehrern, Ärzten und Psychotherapeuten macht sich nun bundesweit für die Rückkehr zu einer 13-jährigen Schulzeit bis zum Abitur stark. Es gebe «kein einziges pädagogisches Argument» für das «Turbo-Abi» nach nur acht Jahren am Gymnasium (G8), sagte die Sprecherin der Initiative, die Psychologin Anja Nostadt. Die verkürzte Schulzeit führe zu mehr Stress, mache mehr Schüler krank. Zugleich litten sportliche und kulturelle Aktivitäten. Zum Artikel.

8. März 2014 SZ: Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden unter Depressionen.

Achtjähriges Gymnasium, erhöhter Leistungsdruck und Lehrermangel: Schule macht Schüler oft krank, warnt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Was tun? Zum Artikel.

Studie: Erzieherinnen sind Hochrisiko-Gruppe für Burnout

23.09.13 Professor Johannes Jungbauer von der Katholischen Hochschule Aachen hat eine umfangreiche Studie durchgeführt und fast 850 Erzieherinnen zu den speziellen Belastungen ihres Berufes befragt. Was im Übrigen gar nicht so leicht war, denn in der Studie zeigte sich auch, dass viele Kita-Träger es nicht gern sahen, dass ihre Mitarbeiterinnen sich zu diesem Thema äußerten.

Das Ergebnis der Untersuchung ist alarmierend, denn viele Erzieherinnen und Erzieher sind extrem Burnout-gefährdet. Stressquelle Nummer eins ist die mangelhafte Personalausstattung in den Einrichtungen. Lesen Sie den Artikel.

Wenn Pfarrer/innen am Sonnabend krank werden…

von Pfarrer Dr. Martin Senftleben / 27.03.2013

…was passiert dann eigentlich? Selbstverständlich springt ein Kollege oder eine Kollegin ein, um den Gottesdienst am Sonntag zu halten. – Ach so, die haben dann auch gerade alle Gottesdienst? Aber es wird sich doch jemand finden…? – Das ist gar nicht so einfach: Ehrenamtliche sind in den Dörfern verstreut im Einsatz und daher auch nicht verfügbar. Was bleibt: man kämpft sich durch. Die vom Körper verordnete Auszeit muss erst einmal ausfallen.

Wenn mir so etwas passiert, kommen mir wieder die gleichen Fragen: Was kann ich meinen Kolleg(inn)en zumuten? Und was kann ich meinen Gemeindegliedern zumuten? Und mir selbst?

 

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Krankenstand als Gradmesser maskierter Konflkte

Wie sich Konflikte in Betrieben in Krankheitsbildern manifestieren, schildert  Rainer Funk in seinem Vortrag “ Harmonie um jeden Preis?  Vom Umgang mit verdeckten und maskierten Konflikten“.
Dazu eine Zusammenfassung des Buchs Krankenstand als Gradmesser von Dr. Katharina Dang.

Er stellt u.a. fest: “ Die hohen Quoten an Krankmeldungen in autoritär geführten Betrieben im Vergleich zu solchen, in denen ein hohes Maß an Mitbestimmung und Demokratisierung der Arbeitsvorgänge realisiert wird, spricht eine deutliche Sprache. Ein hoher Krankenstand ist ein Indiz für die Häufung von maskierten Konflikten.“ (S.4).

Vgl. dazu das Thema der Aktion April 2013 auf dieser Plattform.