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„Mit hellem Schein im Herzen“. Eine Kontroverse mit Rolf Kötter. Von Maximilian Hesslein.

 

Große Lust und Freude am Pfarramt spricht aus diesem Text, der die Bedeutung des Pfarramtes als Schlüsselfunktion kirchlicher und gesellschaftlicher Transformation errichtet und festhält (vgl. Rolf Kötters Artikel im Hess. Pfarrerblatt (S.2ff)).

Dabei geht es Ralf Kötter vor allem um eine „Präsentation des Evangeliums mitten in der Gesellschaft“. Binnenkirchliche Verengung muss abgeschafft, den Versorgungsansprüchen des Vereinskirchentums muss widersprochen, die Befreiung des Pfarrdienstes von den Fesseln der Vergangenheit muss geleistet werden.

Es steht außer Zweifel, dass das Pfarramt kein attraktiver Beruf in diesen Zeiten ist. Die Studierendenzahlen gehen seit Jahren zurück. Es fehlen die Menschen, die sich in einer klaren Orientierung am Evangelium mit Offenheit und Weite dem Dienst in der Kirche widmen und zugleich den Blick für die und in der Gesellschaft pflegen.

Kötter bietet nun an, unter Rückgriff auf die Anliegen der Reformation die Attraktivität zu steigern, indem das Pfarramt nicht mehr in seiner binnenkirchlichen Funktion gedacht wird, sondern als ein Dienst an der Gesellschaft. Das Wort Gottes muss mitten hinein in die Welt. Damit wird die Kirche ganz und gar eine Kirche für andere.

Dabei geht er mit der bestehenden Kirche hart ins Gericht. Die Kirche und die Menschen, die in ihr arbeiten, seien wehleidig, pflegten einen kirchlichen Binnen-Jargon und starre Insider-Formen.

Ja, das gibt es. Es gibt unproduktive Wehleidigkeit. Es gibt verschiedene einengende Ketten der Tradition. Es gibt das ängstliche Verharren im Status quo. Ja, das lähmt die Kirche an vielen Stellen ihrer Arbeit und ihres Dienstes.

Dass manche Formen und auch die gepflegte Sprache aber zu den Schätzen der Kirche gehören könnten, geht dem Autor leider nicht auf. Er erschöpft sich vielmehr in der pauschalen Kritik an der bestehenden Kirche und ihrer Amtsträger, bläst damit in das Horn, das seit Kirche der Freiheit Pfarrerinnen und Pfarrer demotiviert und quält. Ob diese pauschale Kritik nun zu einer besseren Motivation junger Menschen führt, als Pfarrerinnen und Pfarrer einen Beitrag für die Kirche und in der Gesellschaft zu leisten, darf bezweifelt werden. Ob Pfarrerinnen und Pfarrer sich unter diesen Voraussetzungen an eine Neuausrichtung ihres Berufes machen, ist unwahrscheinlich.

Dass die Kirche als Teil der sich weiter entwickelnden Gesellschaft manche Veränderungen nötig hat, ist unbestritten. Leider lässt die pauschale Kritik Kötters den Blick auf das bestehende Gute nicht zu. Es geht ihm damit nicht um eine kontinuierliche Weiterentwicklung, wie sie in vielen Gemeinden derzeit geleistet wird, sondern um Abwicklung und Neuaufbau.

In seinen Ideen zur theologischen Fundierung des Transformationsprozesses und zum Heraus aus den angstbesetzten Rückzugsgefechten, in seinen Ideen zur kirchlichen Präsenz in der Kommune und zur Einheit von Verwaltung und Verkündigungsdienst im Pfarramt liegen viele Chancen begründet. Die sollten wahrgenommen werden, ohne die bestehenden Amtsträger gleich zu diskeditieren. 

Ursache für Demotivation nicht bei PfarrerInnen, sondern in der Haltung der Konsistorien und Oberkirchenräte – Dr. Dieter Becker

Die Demotivation der Berufsgruppen in den Kirchen ist das eigentliche Thema der Zukunft der Kirchen! Niemand kann auf Dauer gegen die seit 20 Jahren demotivierenden Verschlankungskurse bestehen. Was schon ab 2001 bei den Pfarrbefragungen sichtbar wurde, dass die Pfarrpersonen gegenüber der Zentralverwaltung, den Konsistorien, den obersten Vorgesetzten innerlich gekündigt hatten und in deren Folge ein Abschließungsprozess gegenüber der Landeskirche entstand (durch Konzentration auf
die eigenen lokalen Aufgaben), setzte sich dramatisch bis heute fort. Und deren Ursache
liegt letztlich nicht bei den Pfarrpersonen selbst, sondern vielfach in der Haltung der
Konsistorien und OKRs. Statt Mut und Zuversicht zuzusprechen, etablieren Kirchenverwal-
tung und Administrationsebenen der Kirchen Krisengeschrei, Reduktion, Verwaltungspro-
zesse, steigende Aufgabenanforderungen; und Schmerz, weil man ja mit Herzblut seinen Pfarrjob tut.

Auf Dauer hält das keine Organisationsstruktur aus, wenn die Menschen in ihr (top
down) als die eigentlichen Feinde betrachtet werden. Die verleumderischen Aussagen von
Kirche-der-Freiheit haben diese Niedertracht hoffähig gemacht. Heute erlauben sich Kir-
chenmitglieder Urteile über die pastorale Arbeit, deren theologischer Horizont häufig
selbstverliebt oder ökonomistischen Kriterien gewichen ist. Dass es Luschen im Pfarramt
gibt, ist so sicher wie deren Vorhandensein auf EKD- oder landeskirchlicher Ebene. Aber deshalb den Stab pauschal über eine ganze Berufsgruppe zu brechen, ist dumm. Wegen 1-
3% Versetzungsfällen nun über ein zentralistisches Pfarrdienstgesetz alle gesetzlich knech-
ten zu wollen, zeigt nur die Unfähigkeit von (einigen) Vorgesetzen frühzeitig mit Problem-
fällen umzugehen. Häufig sind Krisen von Organisationen ursächlich bedingt Krisen ihrer
Führungskräfte. Die Kirchen sind auf dem Weg, ihre eigene pastorale Berufsgruppe als
Symbol und als Träger zu „verlieren“. Nicht die (Landes-)Kirche wird mehr von der Pfarrperson repräsentiert, sondern allein die lokale „Gemeinschaft“. Der Krieg mit denen da oben in Kassel, Darmstadt, Hannover, Karlsruhe oder München ist in vollem Gange. Waffen sind von oben Vergesetzlichungen, Verkürzungen und Gängelungen sowie von unten Ungehorsam an der Grenze zur kirchlichen Illegalität. Haushaltsplanrecht versus lokales Stiftungswesen, Zielvereinbarungskontrollen vs. Leistungsfakes, digitale Kontrolle vs. Systemabstürze.
Der Weg der Kirche in die Zukunft ist ein kriegerischer – gegen die eigenen Mitarbeiter.
Bedenke: So kann kein via positiva evangelii entstehen.

zum Artikel von Dieter Becker (gehe auf: Archiv, Ausgabe 1/2013 Posterioritätenausschuss)

Ganz ähnlich auf katholischer Seite der Frankfurter Stadtdekan von Eltz: „Die jetzige Krise ist keine Krise des Glaubens und der Gläubigen, sondern vor allem eine Krise der Hierarchie.“ (vgl. hier in den Wort-Meldungen)

 

Gedanken machen über die Entwicklung der Kirche – offener Brief eines KV- Vorsitzenden

In einem offenen Brief schreibt sich der Kirchenvorstandsvorsitzende der hessischen Kirchengemeinde Kirtorf, Wilhelm Metz, seinen Frust über die zunehmende Behinderung und Gängelung der gemeindlichen Arbeit infolge der Reformprozesse vom Leib:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich glaube, es ist an der Zeit, sich einmal ein paar Gedanken über und um die Entwicklungen in unserer Hessen-Nassauischen Landeskirche zu machen.

In den 27 Jahren meiner Arbeit im Kirchenvorstand habe ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen leichte und schwierige Zeiten durchlebt.

In den letzten Jahren muss ich feststellen, dass es für uns Kirchenvorstände vor Ort immer schwieriger wird.

Dies liegt nicht allein an den immer geringer werdenden Haushaltsmitteln, sondern auch an der Machtgestaltung in unserer Kirche…

Lesen Sie das vollständige Schreiben: Offener Brief des KV-Vorsitzenden Metz an die EKHN Synode.