Schlagwort-Archive: Exzellenzinitiative

Der Schein ist wichtiger als das Sein. Fatale Allianzen auf dem deutschen Sonderweg zur wissenschaftlichen Exzellenz. Von Prof. em. Richard Münch, Bamberg

09/2016

Kapital und Arbeit im akademischen Shareholder-Kapitalismus (Teil 1)

Die Exzellenzinitiative ist nämlich Teil einer globalen Entwicklung, die man als Transformation des Wissenschafts- und Hochschulsystems in einen akademischen Shareholder-Kapitalismus deuten kann. Am weitesten ist diese Entwicklung in den USA vorangeschritten. Deutschland hinkt dieser Entwicklung etwa 20 Jahre hinterher. Da die USA eine hegemoniale Stellung im globalen Feld der Wissenschaft einnehmen, sehen sich alle anderen Regionen und Länder der Welt gezwungen, ihre eigenen Systemstrukturen an das hegemoniale Modell anzugleichen, ohne dass dadurch eine Verbesserung der eigenen Leistungsfähigkeit und Stellung im globalen Feld garantiert ist. Es ist auch leicht möglich, dass nicht die Vorteile des globalen Modells mit den Vorteilen der eigenen Strukturen verbunden werden, sondern Nachteile des neuen mit den Nachteilen des alten eine fatale Allianz eingehen.

...In diesem Beitrag wird diese Tendenz zu einer fatalen Allianz neuer und alter Strukturen näher beleuchtet, indem die Entwicklung in den USA in den letzten 20 Jahren als Modell dient und reflektiert wird, was für Deutschland im Fahrwasser der Exzellenzinitiative zu erwarten ist. Dabei erweist sich das Milliardenspiel der Champions League im europäischen Fußball als hilfreiches Modell für die Analyse der globalen Champions League der Wissenschaft,…
Der akademische Kapitalismus erzeugt einen ‚brain gain‘ an wenigen Standorten und an vielen anderen Standorten einen ‚brain drain‘, ein Phänomen, das den Gewinn der Wenigen mit einem Verlust der Vielen erkauft und im Allgemeinen als unerwünscht gilt. Dem Überfluss der Wenigen steht eine intellektuelle Ödnis der restlichen Welt gegenüber…

 

Der Schein ist wichtiger als das Sein. Es kommt auf die richtige Fassade des Qualitätsmanagements an, um in diesem Spiel bestehen zu können. Die Finanzabteilungen der Universitäten werden ausgebaut, nehmen das Heft in die Hand und unterwerfen alle akademischen Tätigkeiten einer an der Steigerung des Shareholder-Value im Sinne der Ranking-Position der Universität orientierten strikten Kontrolle (Engelen et al. 2014)…

Der vollständige Beitrag, Teil I

Der vollständige Beitrag, Teil II

Freie Bahn für Hierarchie? Grenzen der Machtkonzentration bei Hochschulleitungen. Von Prof. Wolfgang Löwer

08.08.2016, Professor Wolfgang Löwer, in: Forschung & Lehre,

(Löwer lehrt Öffentliches Recht und Wissenschaftsrecht an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und ist Präsident der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.)

Universitas semper reformanda?

Der Imboden-Bericht zur Evaluation der Exzellenzinitiative ruft neuerlich in Erinnerung, dass die Diskussion um die innere Organisation der Universität ein Dauerthema ist. Der Bericht thematisiert als Erfolgsbedingung für Exzellenz (unter 3.2) die „Governance der Universitäten“;…

Die „interne Steuerungsfähigkeit und das institutionelle Selbstverständnis der Universitäten sei im internationalen Vergleich wenig ausgeprägt.“ Interne Steuerungsfähigkeit heißt aber offenbar: „Starke interne Governance“, wie sie für internationale Spitzenuniversitäten typisch sei. „Stark“ ist solche Governance, wenn sie die Universitäten von oben steuern kann. Kurzum: Die Kommission steht unter dem Eindruck, an den deutschen Universitäten bestehe immer noch ein großes ungenutztes Potenzial und ein substanzieller Nachholbedarf beim Thema universitäre Governance…

In der verfassungsrechtlichen Logik dieses Systems liegt nicht die Ausstattung der Leitungsebene mit weiteren Kompetenzen, wie dies der Kommissionsbericht anzudeuten scheint (ohne eventuell dafür geeignete Zuständigkeiten zu benennen). In der Logik dieses Systems wird vielmehr die Wissenschaftsseite intensiv mit der Erwartung belastet, dass sie sich der Mitgestaltungsverantwortung durch Mitentscheiden und Kontrolle auch stellt. Vom MHH-Beschluss geht die Botschaft an die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus: Kümmert Euch um Eure Hochschule und überlasst sie nicht allein der Hochschulleitung!

Mehr dazu.

FÜR GUTE FORSCHUNG UND LEHRE – ARGUMENTE GEGEN DIE EXZELLENZINITIATIVE. Eine Unterschriftenaktion aus den Hochschulen.

05/2016

Die sogenannte Exzellenzinitiative, mit der Bund und Länder deutsche „Spitzenforschung“ fördern wollen, ist auf dem besten Weg, unser Hochschulsystem auf problematische Weise umzugestalten. Seit 2005 wurden die Universitäten in bisher zwei Runden aufgefordert, sich mit Forschungs- und Strukturplänen um beträchtliche Mittel zu bewerben; nun sollen die Wettbewerbe im Sieben-Jahres-Rhythmus verstetigt werden. Zu vergeben sind 533 Millionen Euro pro Jahr, die acht bis elf erfolgreichsten Bewerber können sich „Exzellenzuniversität„ nennen. Das erklärte Ziel lautet, die „vertikale Differenzierung“, also die Ungleichheit zwischen den Hochschulen auszubauen. Wir meinen, dass dies keine gute Nachricht ist. Eine verschärfte Prestigekonkurrenz und Umverteilung von unten nach oben werden Forschung und Lehre in Deutschland insgesamt schaden. Als wissenschaftlich Arbeitende, die davon zum Teil massiv betroffen sind und die ein faires Hochschulsystem der Prestigekonkurrenz vorziehen, wenden wir uns gegen die Exzellenzinitiative. Statt der vermeintlichen „Spitze“ sollten die bestehenden, gegenwärtig bedrohten Vorzüge des deutschen Hochschulsystems gefördert werden: ein hohes Lehrniveau an allen Standorten und breit gestreute Freiräume für innovative Forschung.

Erstunterzeichnende (in alphabetischer Reihenfolge)
Prof. Dr. Thomas Alkemeyer (Universität Oldenburg), Sportsoziologie
Felix Anderl, M.A. (Goethe-Universität Frankfurt a. M.), Politikwissenschaft
Prof. Dr. Clemens Arzt (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin), Jura
AStA der Goethe-Universität Frankfurt a.M.
Prof. Dr. Brigitte Aulenbacher (Universität Linz), Soziologie
Sevda Can Arslan, M. A. (Universität Mannheim), Medien- und Kommunikationswissenschaft
PD Dr. Johannes M. Becker (Universität Marburg), Friedens- und Konfliktforschung
Jonas Becker (Goethe Universität Frankfurt a. M.), Erziehungswissenschaft
Prof. Dr. Thomas Bedorf (FernUniversität Hagen), Philosophie

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