Hans-Joachim Maaz, Psychater und Psychoanalytiker aus Halle/ Saale , lange Zeit Chefarzt des Diakoniekrankenhauses Halle und bekannt geworden durch seine DDR-Kritik, sieht in seinem neuesten Buch: „Die narzistische Gesellschaft. Ein Psychogramm„, Verlag C.H. Beck, München 2012 die gegenwärtige Politik und Gesellschaft als narzistischen Kompensationsprozess. Er fragt: „Was ist unsere Demokratie noch wert, wenn die Spekulanten der Finanzwirtschaft über die gesellschaftliche Entwicklung entscheiden? Wenn bloße spekulative Bewertungen an der Börse die reale und redliche Arbeit von Millionen Menschen rein virtuell vernichten können, sind wir gesellschaftlich auf dem Niveau eines Spielcasinos angekommen. Und wer sind die Märkte, die die Politiker vor sich herjagen, weshalb ist die reale Macht an irrationale Prozesse abgegeben worden? Meine Antwort lautet: Wenn selbstwertgestörte Menschen in die Politik gehen, um ihr narzistisches Defizit durch Macht aufzuwerten, sind sie nicht ihrer selbst mächtig, sondern gejagt vom Erfolgszwang, der ihnen von außen diktiert wird. Und dort entfalten vor allem die versammelten Kräfte narzistisch begründeter Gier ihre Wirkungsmacht, um den Mangel an Selbstwert ein ‚goldenes‘ Kostüm zu schneidern.“
Die Rolle der Kirchen wird in dem Büchlein nicht erwähnt, wohl aber an verschiedenen Stellen Erfahrungen von Seelsorgern angesprochen, die in einem Atemzug mit Psychologen und Therapeuten genannt werden.