5. Juni 2014 Verantwortlich: Jens Berger; Texteinschub im Vorspann zu Kirche: FS
„Kaum ein Begriff beherrschte die Medienlandschaft der vergangenen Jahre bis heute so stark wie „Wettbewerbsfähigkeit“. Inzwischen gibt es kaum mehr eine Rede, Talkshow oder ein Interview, in dem der Begriff „Wettbewerbsfähigkeit“ mit einem mahnenden oder fordernden Unterton nicht enthalten ist. Bundeskanzler von Schröder bis Merkel, Wirtschaftsminister wechselnden Namens aus SPD, CSU und FDP, Arbeitsminister, Parteivorsitzende, Konzernchefs, sogar Gewerkschaftsbosse und Journalisten führen allerorten das Wort der Sicherung oder gar Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im Mund.“ Und selbst in der Kirche wird das Wettbewerbsparadigma auf der Basis der us- amerikanischenen „Rational-Choice-Theorie“ zu kultivieren versucht. Allerdings mit schwacher empirischer basis – wie jeder Praktiker weiß. Und so gilt in der Kirche in Punkto Wettbewerb, was auch ansonsten konstatiert wird: „nur selten war eine Begrifflichkeit ist so stark mit Mythen und falschen Assoziationen behaftet wie diese. Falsche Assoziationen, die das Verstehen und das Handeln grundlegend verzerren.“
Schlagwort-Archive: Wettbewerb in Religion
Verhältnis Staat und Kirche: Wettbewerbsmodell oder Säkularisierungstheorie? von Prof. Gerd Pickel
Als Erkenntnis aus den vorgestellten Überlegungen wichtig ist, dass man die Betrach-
tungen des Staat-Kirche-Verhältnisses über die Jahrzehntelange alleinige Gegen-
überstellung repressiver versus unterstützender Positionen des Staates hinaus erwei-
tert und sich die Frage stellt, ob nicht möglicherweise auch eine Position kirchlicher
Autarkie unter bestimmten Umständen eine wünschenswerte Option für die Kirchen
sein könnte. Eine zu enge Verzahnung zwischen Staat und Kirche – und sei sie noch
so gut gemeint – könnte die gleichen Folgen besitzen wie politische Repressionen –
eine kontinuierliche Säkularisierung und einen Rückgang religiöser Vitalität in der Ge-
sellschaft. Wie weit oder eng das Verhältnis der Kirchen zum Staat dabei sein sollte,
um eine möglichst gute Rahmenbedingung für den Bestand von Religion in modernen
Gesellschaften zu bieten, ist allerdings noch zu klären. Lesen Sie den Artikel.
Wettbewerb – «Hayekianer» zum Thema Religion
Keine Denkverbote gab es bei der Tagung der „Hayekianer“ bei der Frage, ob Religion für die Freiheit nützlich, schädlich oder unerheblich sei.
Michael Zöller von der Universität Bayreuth sieht in der (reformatorischen?) Betonung der individuellen Verantwortung vor Gott einen freiheitlichen Einfluss christlicher Religion in der Politik, wobei er den Wettbewerb von Religionen für zentral hält, damit sich nicht freiheitsbeschränkende Monopole bilden.
Einig mit dem Islamwissenschafter Bassam Tibi von der Universität Göttingen waren sich die meisten «Hayekianer» darin, dass die Säkularisierung ein westliches Phänomen ist und dass weltweit eine Rückkehr religiös-politischer Fundamentalismen zu beobachten ist, welche u. a. im Islam einen guten Nährboden finden, weil dieser nicht auf eine Trennung des Religiösen vom Politischen ausgelegt ist.
«Hayekianisch» wäre dabei wohl, die Religionsfreiheit zu schützen und niemandem Denkverbote aufzuerlegen, aber von allen Toleranz für den freien Wettbewerb der religiösen Überzeugungen einzufordern. (NZZ)