Schlagwort-Archive: Säkularisierungstheorie

Was wird aus der Kirche? Religionssoziologische Beobachtungen und vier Vorschläge (Teil I). Von Prof. Detlef Pollack

07/2016, Deutsches Pfarrerblatt

Dass die Verbundenheit mit der Kirche in Deutschland stetig zurückgeht, wird von Statistiken seit Jahren klar belegt. Doch was sind die Gründe für diesen Prozess – und wie ist er zu deuten? In den 1960er und 1970er Jahren hat vor allem das Säkularisierungstheorem die religionssoziologische Deutungshoheit besessen. Detlef Pollack präsentiert in einem dreiteiligen Beitrag Daten und Fakten kirchlichen Lebens in Deutschland, diskutiert ihre Interpretationen und kommt hieraus zu konkreten Orientierungen für das kirchliche Handeln.

Wurde bis in die 1980er Jahre das Konzept der Säkularisierung relativ bedenkenlos verwendet, um die religiösen Veränderungen in Deutschland zu beschreiben, so hat sich in der Zwischenzeit ein neuer Religionsdiskurs etabliert. Die Signaturen des gegenwärtigen religiösen Wandels bezeichnet man nicht mehr mit Stichworten wie Säkularisierung, Entkirchlichung, Rationalisierung oder Entzauberung. Die Zentralbegriffe sind heute vielmehr Desecularization (Peter L. Berger), Wiederverzauberung der Welt (Ulrich Beck), Respiritualisierung (Matthias Horx) oder Entprivatisierung des Religiösen (José Casanova). Prozesse der Modernisierung wie Urbanisierung, Industrialisierung, Wohlstandsanhebung, Individualisierung oder kulturelle Pluralisierung werden nicht mehr als Ursachen für den Rückgang der sozialen Signifikanz religiöser Institutionen, Glaubensvorstellungen und Praktiken gesehen. Vielmehr lautet die gegenwärtig weithin vertretene Annahme, dass Religion auch unter modernen Bedingungen eine hohe Prägekraft besitzt, mit der Moderne kompatibel ist und selbst zu einer Quelle von Modernität zu werden vermag.

Die leitende Frage der folgenden Analysen lautet daher, inwieweit wir es in Deutschland tatsächlich mit einem Stopp des bis vor kurzem noch allgemein unterstellten Entkirchlichungs- und Säkularisierungsprozesses sowie mit Prozessen eines religiösen Bedeutungszuwachses zu tun haben. …  Zum Artikel.

Kirchen im Abseits? Säkularisierung in Kirche und Gesellschaft. Von Prof. Gert Pickel, Leipzig

09/2015

19. Juni 2015, Kirchen im Abseits? Säkularisierung in Kirche und Gesellschaft

Präsentation im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kirche im Dialog“ in Backnang

Bildschirmfoto vom 2015-08-24 12_50_07

u.a. zu und mit den Ergebnissen der 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU), zu Säkularisierungstheorie versus Wettbewerbstheorie, u.v.a. mehr.

 

Vom Heil reden in einem atheistisch bzw. areligiös geprägten Umfeld. Von Prof. Achim Härtner M.A

These 1: Religiöse Großwetterlage: Entzauberung und Wiederverzauberung der Welt

Über Jahrzehnte galt die in den Sozialwissenschaften verbreitete „Säkularisierungsthese“ zu den allgemein anerkannten Hypothesen: im Zuge der Modernisierung westlicher Gesellschaften würde die Bedeutung der Religion immer mehr abnehmen. Antreibende Motive für eine „Entzauberung der Welt“ seien die Rationalisierung (Max Weber 1904/5), die Industrialisierung, Urbanisierung und Mobilisierung (Bryan Wilson 1966) oder die Auflösung traditioneller Bindungen (Johannes Berger 1986)…

Im Zusammenhang mit der Rede von der „Wiederkehr der Religion“ werden m.E. Umfang und Potenzial religiöser Aufschwungprozesse bisweilen stark überschätzt, insbesondere bezüglich ihrer gesellschaftlichen Prägekraft…

These 2: Atheistisches Umfeld fördert Konfessionslosigkeit, Konfessionslosigkeit fördert Religionslosigkeit bzw. Areligiosität.

Der Anteil der Konfessionslosen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig gestiegen: In Westdeutschland gehören im Jahr 1991 11% und im Jahr 2012 18% keiner Kirche an; in Ostdeutschland im Jahr 1991 65% und im Jahr 2012 68%; In der gesamten Bevölkerung einschließlich der Konfessionslosen gehen im Westen 1991 21%, 2012 25 %, im Osten 61 % und 57 % »nie« zur Kirche…

These 3: Die Gruppe der Religionslosen bzw. Religionsfreien muss von Kirche und Theologie verstärkt wahrgenommen werden…

Missionswissenschaftliche „Gretchenfrage“ angesichts zunehmender Religionslosigkeit und Areligiosität: Kann man religionslos Christ sein? – Müssen Areligiöse religiös werden, um Christen werden zu können ?…

Ausblick:
Nichtreligiös vom Heil in Christus reden – Ermutigungen und Perspektiven für Theologie und kirchliche Praxis…

Zum vollständigen Artikel.

Verhältnis Staat und Kirche: Wettbewerbsmodell oder Säkularisierungstheorie? von Prof. Gerd Pickel

Als Erkenntnis aus den vorgestellten Überlegungen wichtig ist, dass man die Betrach-
tungen des Staat-Kirche-Verhältnisses über die Jahrzehntelange alleinige Gegen-
überstellung repressiver versus unterstützender Positionen des Staates hinaus erwei-
tert und sich die Frage stellt, ob nicht möglicherweise auch eine Position kirchlicher
Autarkie unter bestimmten Umständen eine wünschenswerte Option für die Kirchen
sein könnte. Eine zu enge Verzahnung zwischen Staat und Kirche – und sei sie noch
so gut gemeint – könnte die gleichen Folgen besitzen wie politische Repressionen –
eine kontinuierliche Säkularisierung und einen Rückgang religiöser Vitalität in der Ge-
sellschaft. Wie weit oder eng das Verhältnis der Kirchen zum Staat dabei sein sollte,
um eine möglichst gute Rahmenbedingung für den Bestand von Religion in modernen
Gesellschaften zu bieten, ist allerdings noch zu klären. Lesen Sie den Artikel.

Prof. Detlef Pollack: Historische Analyse statt Ideologiekritik – eine historisch-kritische Diskussion über die Gültigkeit der Säkularisierungstheorie

Eine historisch-kritische Diskussion über die Gültigkeit der Säkularisierungstheorie

von Prof. Detlef Pollack, Münster

Bei der Debatte hinsichtlich der Anwendbarkeit der Säkularisierungsthese muss eine scharfe Unterscheidung zwischen dem Kontext, in welchem sie erstellt wurde und den Gründen für ihre Gültigkeit gemacht werden. Ziel dieses Essays ist es, empirische, theoretische und plausible Argumente gegen die Säkularisierungstheorie zu finden und zu prüfen, ob diese gerechtfertigt ist oder nicht. Aber bevor man seine Absicht bekannt gibt die Säkularisierungstheorie zu kritisieren, muss man wissen, was diese Theorie tatsächlich besagt. Häufig wird ein gekürztes, einseitiges Konzept der Theorie verwendet, (…). Daher beginnt dieser Essay mit einer kurzen Darlegung der wichtigsten Inhalte der Säkularisierungstheorie, fährt fort mit einer Auflistung der Hauptkritikpunkte und endet mit einer Diskussion über deren Rechtfertigung.

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