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Konfessionslose – Residual des Christentums oder Stütze des neuen Atheismus ? von Prof. Gert Pickel

Abstract
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Entwicklung der Konfessionslosigkeit in Deutschland und seinen Gründen. Mittels empirischer Belege wird bestimmt, welche Typen der Konfessionslosigkeit existieren und inwieweit sie Ausdruck eines ‚Neuen Atheismus‘ oder aber exemplarisch für einen eher unspektakulären sozialen Bedeutungsverlust von Religion sind. Konfessionslose erweisen sich dabei als eine plurale Gruppe mit teils divergierenden Interessen. Nur ein Teil sind überzeugte Atheisten, öfter handelt es sich um Menschen, bei denen Religion schon lange keine bedeutende Rolle im Lebensalltag mehr spielt. In dieser Hinsicht sind sie ein Kennzeichen der in modernen Gesellschaften voranschreitenden Säkularisierung. Selbst wenn Konfessionslose nicht unbedingt ‚religiös unmusikalisch‘ sein müssen, bereiten sie durch den von ihnen vollzogenen Traditionsabbruch (religiöses Wissen, religiöse Riten) die Grundlage für eine weiter gehende Säkularisierung und Distanzierung vom Christentum.

Aus dem Artikel:

… Wenden wir uns noch einmal etwas genauer der deutschen Entwicklung zu. Hier muss man zwischen West- und Ostdeutschland unterscheiden…Anders als erhofft, kamen die 1970 einsetzenden Verlustbewegungen der beiden westdeutschen Großkirchen somit bis heute nicht zum Halt…

Diese Erosionsprozesse der Mitgliedschaft in den beiden christlichen Großkirchen drücken sich sozialstrukturell in Altersdifferenzen hinsichtlich der Mitgliedschaften aus: So ist die Zahl der Konfessionslosen in den jüngeren Alterskohorten deutlich höher als in den älteren Alterskohorten. Damit wird auch etwas über die zeitliche Entwicklung ausgesagt und damit über ihre Folgen und die Zukunft: Es handelt sich bei der Zunahme der Konfessionslosigkeit um einen generationellen Wandel. In jeder nachwachsenden Generation finden sich in geringerer Stärke Kirchenmitglieder und in größerer Zahl Konfessionslose. Eine Umkehrung dieser Entwicklung erscheint angesichts der hohen Stabilität dieses Prozesses unwahrscheinlich. Auffällig ist dabei, dass die höchste Zahl der Konfessionslosen in der Altersgruppe zwischen 20 und 40 zu finden ist. Doch Hoffnungen auf jugendliche Kirchrückkehrer sind verfrüht…

…So ist unter den Konfessionslosen auch die Zahl derjenigen, welche einen jugendkulturellen oder hochkulturell-jugendkulturellen Lebensstil verfolgen, erheblich über dem bei evangelischen Kirchenmitgliedern. Gerade die Kombination aus höherer Bildung und Jugend erweist sich für die Abwendung von der Kirche als ungünstige Mischung…

Zweifelsohne kann die Säkularisierung mit dem damit einhergehenden Abbruch religiöser Sozialisation für diese Entwicklung verantwortlich gemacht werden. Doch andere Begründungen sind damit nicht vollständig ausgeschlossen. Und wie stark ist die Abneigung oder Ablehnung gegenüber der Kirche ausgeprägt? Entsprechend stellt sich die Frage, mit welchen Typen von Konfessionslosen man es zu tun hat…

Der vollständige Text im Netz.

Buchhinweis: Unter dem Titel „Konfessionslosigkeit heute“ erschien 2014 der Sammelband einer interdisziplinären Tagung internationaler Wissenschaftler in Jena 2013. Hrsg. Miriam Rose und Michael Wermke. Neben den Herausgebern finden sich Beiträge von Prof. Uta Pohl-Patalong, Prof. Michael Domsgen, Prof. Gert Pickel u.a.

Atheistische Sonntagsversammlungen. Gottesdienste bekommen Konkurrenz.

Atheistische „Gottesdienste“ finden immer mehr Anklang.
London (idea) – Religionsfreie „Sonntagsversammlungen“ machen den Gottesdiensten Konkurrenz. Die „gottlosen“ Zusammenkünfte mit Musik, Ansprachen und Gemeinschaft finden international immer mehr Anklang. Aus der ersten Versammlung, die 2013 im Londoner Stadtteil Islington startete, ist inzwischen eine weltweite Bewegung geworden. In Großbritannien finden sich in zehn Städten Hunderte Menschen zu solchen Versammlungen ein; in den USA gibt es sie in zehn und in Australien in sechs Städten… Mehr dazu.

Kaum zu glauben – ein atheistischer Gottesdienst in London

von Alexander John.

Als ich kürzlich einen Artikel über atheistische Gottesdienste in Großbritannien las, war ich überrascht.

Vielleicht ist es ein skurriles Faktum, über das ich einfach nur schmunzeln sollte. Aber eventuell ergibt sich auch mehr aus der Tatsache, das Menschen, die nicht an einen Gott glauben wollen dennoch einen Gottesdienst feiern wollen.

Man könnte der Auffassung sein, dass in gut 2000 Jahre Tradition ein solides Versammlungskonzept entwickelt hat, das auch über den Rahmen des christlichen Gottesdienst wirkt. Wenn immer wieder der sonntägliche Gottesdienst schlecht geredet wird und nahezu seit einhundert Jahren wird immer wieder behauptet diese Betätigung des Christentums stehe vor dem Aussterben. Die stärken dieses Konzeptes werden nur selten gewürdigt. Wenn sogar Atheisten die Form übernehmen muss es auch Stärken geben, die viel zu selten in der kirchlichen Diskussion auftauchen.

Auf der anderen Seite, macht es stutzig, das es möglich erscheint einen Gottesdienst ohne Gott zu feiern. Manchmal zu Feiertagen oder Kasualien habe ich Gottesdienste erlebt, in denen man sich versuchte an die wenig oder kaumgläubigen im Publikum anzubiedern. In der Predigt ging es dann um allgemeine Lebensweisheiten und kaum um das Evangelium. Vermitteln einige Gottesdienste so wenig von ihrer zentralen Botschaft, das sie sich einfach ihres zentralen Inhalts entledigen können?

Unsicher bin ich mir auch, was es für die Besucher dieser Gottesdienste bedeutet. Sehnen sie sich nach einer Form der Gemeinschaft, die Kirche versucht zu geben? Oder sehnen sie sich nach etwas Anderem?

Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht wissen Sie es.