Schlagwort-Archive: Strukturreform

Lehren aus der 5. KMU: kirchliche Strukturen für den Glauben unwichtig. Zum Bericht des Landesbischofs Jochen Cornelius-Bundschuh auf der Frühjahrstagung 2015 der badischen Landessynode.

Aus anderen klugen Berichten von Bischöfen zur Frühjahrssynode sticht der des badischen Landesbischofs Jochen Cornelius-Bundschuh heraus. Die Tradition rezipierend verortet  er die evangelische  Kirche zunächst jenseits von Fundamentalismus und Privatisierung der Religion. Anschließend zieht er Konsequenzen aus der 5. KMU (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung) für die zukünftige Ausrichtung der Kirche. Gemessen an der von neoliberaler Ideologie durchsetzten Reformagenda von „Kirche der Freiheit“ gelingt es  Cornelius-Bundschuh mit seinen Analysen und Erkenntnissen ein empirisch-wissenschaftliches Fundament kirchlicher Praxis neu zu begründen. Seine Erkenntnisse sind anschlussfähig sind an vielfältige Reformkritiken des zurückliegenden Jahrzehnts,  etwa auch die des Wormser Wortes. Insofern ist dem Bischofsbericht schnelle und breite Rezeption zu wünschen.

Die Basis zur Rückkehr zu einem aus dem Wesen der Kirche kommenden Management sind damit gelegt. Entscheidend wird sein, wie schnell aus diesen Erkenntnissen ein Programm und eine Strategie abgeleitet und dann auch umgesetzt werden. Und wie schnell also – und das ist der Lakmustest für solche Reden – die Finanzpolitik und die Haushalte entsprechend diesen Erkenntnissen neu ausgerichtet werden. F.S.

05/2015, aus dem Bericht:

„…
2. Wie nützt die sichtbare Kirche dem Glauben?

Denn das scheint mir doch die entscheidende Aufgabe für uns als Landeskirche und als kirchenleitende Organe: Dass wir mit unseren Möglichkeiten, mit unseren „Ressourcen“ den Glauben der Einzelnen und das Miteinander stärken und Mut machen, Verantwortung in der Welt zu übernehmen…

In der neuesten, fünften Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD werden aber auch die Grenzen dieses Kirchenmodells deutlich. Ihre Ergebnisse zeigen, dass der persönliche Glaube nur dann in individueller Freiheit gelebt werden kann, wenn er mit der sichtbaren Kirche verbunden bleibt, sich ihr zuordnen und von ihr abgrenzen kann. Ohne Beziehung zu einer öffentlichen kirchlichen oder religiösen Praxis verliert er an Bedeutung, Gehalt und Gestalt…

Allerdings geht es den Menschen nicht um Fragen der Organisation. Da sind die Ergebnisse der Umfragen klar: Die kirchlichen Strukturen sind für die Bindung an die Kirche und für den Glauben nicht wichtig! Entscheidend sind: das gottesdienstliche Leben, die Kirchenräume, die geprägte Zeiten und die Personen, die dem Glauben öffentlich ein Gesicht geben. All diese „öffentlichen Möglichkeiten zur Identifikation“ stärken den Glauben und helfen, ihn aktuell und relevant zu halten…

3. Die Menschen, die uns den Glauben wertvoll machen
Es sind Menschen, die uns den Glauben lieb machen, sagt die Mitgliedschaftsuntersuchung: in der Familie: nicht nur die Eltern, auch Opas und Omas, Tanten und Onkel, Freundinnen und Freunde. Besonders wichtig sind auch die Personen, die – beruflich oder ehrenamtlich – öffentlich für Kirche einstehen. Für manche ist das die sonntägliche Gottesdienstgemeinde. Für andere die Jugendgruppe: ich habe neulich eine besucht, die es schon über fünfzehn Jahre gibt, zu der immer wieder neue Konfirmandinnen und Konfirmanden dazukommen und viele der „Alten“ bleiben lange dabei. Wir haben darüber gesprochen: Was sollen wir gegen den Krieg des IS tun? Und: Warum musste Jesus eigentlich sterben? Junge Leute, für die der Glaube wichtig ist – und ihr Pfarrer!.“ Zum Bericht des Bischofs.

 

Abstimmung über Strukturreform. Ja zu einer einzigen Kirchgemeinde Zürich

29.9.2014, von Dorothee Vögeli

Die reformierten Stimmberechtigten der 33 Kirchgemeinden der Stadt Zürich haben am Sonntag beide Strukturmodelle deutlich angenommen. Nur die ebenfalls dem Stadtverband Zürich angeschlossene Limmattaler Kirchgemeinde Oberengstringen lehnte die im Modell 1 vorgeschlagene Einheitsgemeinde mit grösseren Teilgemeinden ab. In der Stichfrage bevorzugte Oberengstringen zusammen mit Witikon Modell 2. Diese Variante sah vor, das System der 34 autonomen Kirchgemeinden beizubehalten und deren Zahl mittels freiwilliger Fusionen zu reduzieren. Im Unterschied zu Modell 1 wären im Modell 2 die Liegenschaften im Besitz der Kirchgemeinden geblieben… Zum Bericht.

Anbetung von Rationalität? Eine pastoralpsychologische Anfrage an Markus Dröge, „Welche Kirche morgen?“ (DPfBl 12/2013)

von Pfr. i.R.  und Dipl. Psych. Traugott Schall

Kein Geringerer als der der leitende Bischof seiner Kirche, Dr. Dr. h.c. Markus Dröge, nimmt zu dem in Gang befindlichen sogenannten „Reformprozess“ in der Evangelischen Kirche Brandenburg-Oberlausitz in einem „klärenden Beitrag aus kirchenleitender Sicht“ Stellung. Der Artikel „Welche Kirche morgen?“ (DPfBl 12/2013) dokumentiert seine Ausführungen.
Schon Überschrift und Beginn seiner Ausführungen hinterlassen Erstaunen und Fragezeichen. Die erste Anmerkung seines Artikels informiert, dass diese Ausführungen auf der Synodal­tagung  des Kirchenkreises Wittstock-Ruppin gehalten wurden. Das lässt aufmerken. Es ist jener Kirchenkreis, der als Modellprojekt durch den Umgang mit der Kirchengemeinde Manker-Temnitztal über die Grenzen Brandenburgs hinaus eher unangenehm bekannt wurde. Die Internetplattform des „Christlichen Vereins Manker-Temnitztal“ als Nachfolgeorganisation der als Rechtskörperschaft aufgelösten Kirchengemeinde spricht dabei von Erscheinungen, die in Anklängen an kirchenbehördliche Machtanmaßungen im Kirchenkampf längst vergangener Zeit denken lassen. „Pfarrer (wurden) mit Amtsenthebungs- und Disziplinarverfahren  schikaniert und der Vorsitzende des Gesamtkirchenrates weggemobbt“. Der Gemeindebrief ergänzt, dass sich die Ältesten der Gemeinde „Verunglimpfungen, Willkürlichkeiten und einseitigen Auslegungen von Rechtgrundlagen“ ausgesetzt sahen und samt und sonders ihr Amt niederlegten. Sie sahen sich einer „von oben durchgeführten Strukturreform“ (sic!) ausgesetzt. In der Dokumentation wird vom gewaltsamen Eindringen von Kirchenleuten in das Pfarrhaus, einer durch Dritte abgesperrten Kirche vor einem Gottesdienst und anderen Absonderlichkeiten berichtet. Der Bischof nimmt mit keinem Wort dazu Stellung. Er führt in seiner theologischen Grundlegung dagegen eine Reihe profund christlicher Grundsätze auf: „Wo Christus herrscht, da werden Menschen zu Schwestern und Brüdern“….  Zum Artikel von Traugott Schall Anbetung von Rationalität.

Eine Zwischenbilanz zum kirchlichen Impulsprozess »Kirche der Freiheit«: Rätsel – Erkenntnisgewinne – Aufklärung (Thema des Monats)

Von August 2012 bis Oktober 2013 erschienen 15 Beiträge unterschiedlicher Autoren verschiedener Landeskirchen in der Reihe »Fragen und Probleme rund um kirchliche Reformprozesse«. Unklarheiten, Fragen, Verwirrung um Reformprozesse waren Motivation zu dieser Serie; das Ziel: Durchblicke zu ermöglichen; der Ansatz: die kirchlichen oder vergleichbaren Prozesse aus vielen unterschiedlichen Perspektiven und auch Positionen zu sichten, zu bewerten, zu interpretieren.1 Friedhelm Schneider zieht ein Fazit und gibt einen ­Ausblick: Die eigentlichen Probleme scheinen nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft zu liegen.

Lesen Sie den Artikel von Friedhelm Schneider.