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Anmerkungen zur Pfarrstellensituation in der EKHN

Der ehemalige Personaldezernent der EKHN Dr. Walter Bechinger wurde auf der Frühjahrssynode 2014 feierlich und ehrenvoll in den Ruhestand verabschiedet.

„Ehre, wem Ehre gebührt“, so lautet ein gängiges Sprichwort. Doch wie mag es dabei den Menschen ergangen sein, die von der desaströsen Personalpolitik des Herrn Dr. Bechinger hautnah, oder sagen wir besser existentiell betroffen waren oder noch sind?
Das Credo, an dem Herr Dr. Bechinger während seiner Amtszeit bis zuletzt eisern festgehalten hat, war die Zahl der Pfarrstellen zu verringern. Zu Beginn seines Wirkens Anfang der 2000er Jahre wurde dieser Grundsatz seiner Personalpolitik damit begründet, dass die Zahl der Mitglieder in der EKHN drastisch zurückgehen würde und die Finanzkraft der EKHN damit eine Konstanz bei der pfarramtlichen Versorgung sich keinesfalls mehr wird leisten können. Die unangenehme Aufgabe, die Stellenstreichungen vor Ort in den betroffenen Gemeinden zu kommunizieren und umzusetzen, überließ man dann aber doch lieber den Dekanatssynodalvorständen, kaschiert unter den neuen Zauberwörtern „Stärkung der Mittleren Ebene“ bzw. „Dekanatsstrukturreform“. Trotz der permanent bis in die ersten Jahre des neuen Jahrtausends wiederholten Aussage, die EKHN habe viel zu viele Pfarrpersonen, wurden seltsamerweise zeitgleich immer mehr Vakanzsituationen evident. Die Reaktion, an der Herr Dr. Bechinger unerbittlich festhielt: Stellenstreichungen! Damit wurde auch die Vakanzproblematik gelöst. Die Logik ist einfach und schlüssig: Wo es keine Stellen gibt, kann es auch keine Vakanzen geben.
1998 gab es noch 1201 Gemeindepfarrstellen, 2001 wurden 1150 Gemeindepfarrstellen ausgewiesen, seit 2007 sind es noch 1036, im Haushaltsplan 2015 steht nun die Zahl 1006.
Im April 2007 verkündete die stellv. Kirchenpräsidentin Cordelia Kopsch vor der Kirchensynode, dass man in Zukunft von einer jährlichen 2-prozentigen Kürzung der Pfarrstellen ausgehen müsse. Einwänden aus der Synode begegnete sie mit dem Hinweis, dass die Zahl der Pfarrpersonen nicht mehr ausreiche, mit denen die Stellen besetzt werden könnten. Das Dilemma nahm seinen Lauf: Anstatt eines bisher ständig behaupteten Personalüberhanges wurde nun eine sich weit öffnende Personallücke deutlich. Hektisch machte der Begriff von „neuen pastoralen Räumen“ die Runde, in denen statt Koexistenz der Pfarrpersonen nun Kooperation gefragt sei, die die „pastorale Grundversorgung“ in Zukunft sichern soll.
Gleichzeitig bastelte man an einem neuen „gerechteren“ Pfarrstellenbemessungsmodell, bei dem „alternativlos“ (Zitat Dr. Bechinger) von einer jährlich 2-prozentigen Kürzung der Pfarrstellen ausgegangen wurde. Einen Paradigmenwechsel gab es aber dabei in der Begründung: Musste in der Vergangenheit immer die Litanei der zurückgehenden Finanzen herhalten, war diese Argumentation bei steigenden Kirchensteuereinnahmen plötzlich auch vor der Kirchensynode nicht mehr stichhaltig und vertretbar. Jetzt musste die angeblich überdurchschnittliche „Pastorationsdichte“ in der EKHN herhalten, um den zukünftigen Personalnotstand zu verschleiern. Auch hier wurde auf alte Lösungsrezepte zurückgegriffen, die Herr Dr. Bechinger gerne durchgesetzt hätte: Stellenkürzungen! Damit würde sogar die sich abzeichnende zukünftige Vakanzproblematik schon hier und heute gelöst. Was nicht ausgesprochen wurde, aber jedem denkenden Menschen klar war: Wo es keine Stellen mehr gibt, wird es auch keine Vakanzen geben. In dieses System passte dann auch die Absicht, durch Abschmelzung und Kürzung finanzieller Mittel in einem neu kreierten Zuweisungssystem kleine (meist ländliche) Kirchengemeinden in Fusionen zu treiben mit dem Ziel Gottesdienstorte zu „konzentrieren“. Weitere finanzielle Investitionen in kleine Gemeinden wurden als unökonomisch und nicht zukunftsträchtig erachtet: „Die Grundversorgung kleinerer Gemeinden zur Sicherstellung des gottesdienstlichen und gemeindlichen Lebens sowie der Erfüllung des volkskirchlichen Auftrages widerspricht dem Anliegen einer gerechten Verteilung der Finanzmittel. Im Hinblick auf den demographischen Wandel hat die Grundversorgung kleiner Gemeinden gesamtkirchlich gesehen keine Zukunftsperspektive.“ Die dahinter steckende Ekklesiologie ist mehr als fragwürdig! Nach außen propagierte die Kirchenleitung jedoch breitbrüstig, an einer flächendeckenden Präsenz der EKHN als missionarische Volkskirche auch zukünftig festhalten zu wollen, zudem die Vielfalt gemeindlichen Lebens und ihre unterschiedlichen Gestalten weiterhin in der Fläche zu ermöglichen.
Diese unglaubwürdige, un-glaubliche Handlungsweise hatte und hat zur Folge, dass die Zahl der am Gemeindepfarrdienst interessierten jungen Menschen weiter sank (trotz steigender Studierendenzahlen insgesamt), können sie sich doch leicht ausrechnen, welche „Mega-Pfarrstellen“ sie dereinst zu versorgen haben oder hätten. Sorgenvolle Hinweise auf einen sich damit abzeichnenden Trend zu „katholischen“ Verhältnissen, wurden von kirchenleitenden Personen als schizoid“ bezeichnet.
Trotz eindrucksvoll powerpoint-medial präsentierten Zahlen und projizierter glitzernder, sich im Sinkflug befindlichen bunten Kurven, ging die Synode den „alternativlosen“ Weg des Herrn Dr. Bechinger nicht mit, ungeachtet vehementer Auftritte des Finanzreferenten und Höchstselbst des Herrn Kirchenpräsidenten. Statt 2 Prozent wurde nur eine 1 prozentige jährliche Kürzung der Pfarrstellen beschlossen, kongruent dem durchschnittlichen Mitgliederverlust in der EKHN in Höhe von 0,9 % pro Jahr. Gleichzeitig beauftragte die Synode die Kirchenleitung mit diesem Beschluss ein Zeichen nach außen zu setzen und noch verstärkter für das Theologiestudium zu werben, was auch hoch und heilig versprochen wurde. Doch leider scheint der Ruf der EKHN nach mehr Nachwuchs nur auf verhaltenes Echo zu stoßen. Allerdings voller Enthusiasmus verkündigte jüngst OKR Jens Böhm als Nachfolger von Dr. Bechinger den staunenden Synodalen während der Herbstsynode 2014 bei seiner ersten Stellenplanrede zum Haushalt eine frohe Botschaft: Die Zahl der Theologiestudierenden auf der Liste der EKHN hat sich erhöht! Unterlegt mit einer grünen (damit wahrscheinlich seiner Hoffnung Ausdruck verleihenden) Grafik und einer steil nach oben zeigenden Kurve wurde die Erhöhung vom Jahr 2013 mit 262 Studierenden auf sage und hier schreibe 269 in 2014 gefeiert. Noch besser sieht das Ganze im Vergleich zu 2010 aus: Eine Steigerung von 246 auf aktuell 269. Ja, das sind innerhalb von fünf Jahren tatsächlich 9,4% mehr. Man mag das als Erfolg bejubeln, kann aber auch genauso gut aus diesen Zahlen herauslesen, dass vielmehr der Ruf der EKHN als glaubwürdige und solide Arbeitgeberin eher nachhaltig ruiniert zu sein scheint. Ob dafür Herrn Dr. Bechinger Ehre gebührt, sei dahingestellt.
Jedoch: In Sachen Sparen und Kürzen hat Herr Dr. Bechinger durchaus eine beachtenswerte Bilanz vorzuweisen. Jede vakante volle Pfarrstelle spart der EKHN im Jahr ca. 60.000 €. Allein in den Ausgaben des EKHN-Amtsblattes September und Oktober 2014 sind 33,25 Vollzeitäquivalente nur für Gemeindepfarrstellen (darunter viele 0,5 Stellen und etliche zum zweiten oder wiederholten Male) ausgeschrieben. Daneben stehen 5,25 Stellen übergemeindliche Stellen zur Ausschreibung. Zudem gibt es versteckte Vakanzen. Z. B. all jene (meist halben) Stellen, die dereinst nur befristet bis 31.12.2014 ausgeschrieben wurden und oftmals unbesetzt blieben und seitdem durch Vakanzvertretungen verwaltet werden und wahrscheinlich gar nicht mehr erneut ausgeschrieben werden, trotz ihrer nun verlängerten Ausweisung bis 31.12.2016. Bei einer vierjährigen Vakanz solch einer halben Stelle spart die EKHN Finanzmittel in Höhe von ca. 120.000 €, abzüglich der 132 € Schwierigkeitszulage, die eine vakanzvertretende Pfarrperson brutto monatlich erhält. Dann sind es korrekterweise „nur“ 113.664 €. Nimmt man einmal an, dass allein die im September- und Oktoberamtsblatt ausgeschriebenen Stellen durchschnittlich ein dreiviertel Jahr vakant sind, dann summiert sich dies auf eine Ersparnis von über 1,68 Mio €. Da absehbar ist, dass trotz Stellenstreichungen die Zahl der Vakanzen in naher Zukunft weiter steigen wird, spart dadurch die EKHN auf Dauer ein ordentliches Sümmchen ein; und das trotz steigender Pensionslasten, die allerdings zu einem großen Teil noch aus BfA-Ansprüchen bzw. aus der Versorgungstiftung gedeckt werden. Dies schmälert die „Verdienste“ des Herrn Dr. Bechinger nicht wirklich. Allerdings versucht die Kirchenleitung nun mittels eines neuen Internetwerbeauftritts die Kurve der Zahl der Studierenden weiter hoch zu puschen. Unter www.machdochwasduglaubst.de erklärt ein auf dem Foto angestrengt aussehender Kirchenpräsident, dass man sein Glück im Beruf als Pfarrer in der EKHN finden könne und eine „Simpleshow“ zeigt den Weg zum Pfarrberuf. Also alles ganz simpel! Fragt man da vielleicht nach den drei alten Sprachen, die es zu lernen gilt, erklärt eine permanent lächelnde Theologiestudentin: „Kein Problem!“ Da kann man nur resümieren: Nun denn, viel Glück!
Ausgesuchte nette Pfarrerinnen präsentieren sich und ihren tollen Beruf, bei dem es besonders wichtig ist, dass man ihn liebt, weil zugegebenermaßen die Arbeitssituation manchmal extreme Züge annehme, wie der „blonde Engel“ Martina Schefzyk ausführt, unterlegt durch ein Bild mit tiefem Dekolleté. Auch der auf der Herbstsynode 2014 unterlegenen Propstkandidatin Clarissa Graz merkt man es als Gemeindepfarrerin an, „dass sie das breite Spektrum ihres beruflichen Engagements genießt.“ „Es kann nie langweilig werden“, verkündigt sie strahlenden Gesichtes. „Mit der Zeit gehend, gastfreundlich, offen, modern, in ihrer Außendarstellung up to date, auch via App auf dem Handy informiert, damit die Themen und Botschaften auch junge Menschen erreichen“ so zeigt sie sich den Menschen ihrer Gemeinde, die nicht fromm den Blick nach innen richten und sich nicht allein mit Glaubensfragen und Theologie beschäftigen. Allerdings ihr Outfit in einem auffällig großflächig gemusterten Kleid, das scheint zu dem seriös-schwarzen Blazer irgendwie nicht zu passen. Da passt es aber umso mehr, dass in ihrer Gemeinde über Veranstaltungen und nächtliche Events ganz oben unterm Kirchendach mit „Licht, Klang und Wein“ sofort im Internet darüber berichtet wird, natürlich auf einer benutzerfreundlichen, frisch aufgemachten und aktuellen Homepage.
Augenblick mal…? Warum wollte Frau Graz eigentlich diese Super-Gemeinde verlassen?
Ebenso betont Pfarrer Christoph Kiworr, dass er seinen Beruf liebt: „Dass die Menschen nach dem Pfarrer schauen, ist kein Problem“, sinniert er mit verklärt-mystischem Blick direkt aus dem Pfarrhaus auf die Dorfkirche.
Da drängt sich insgesamt dem unbedarften Betrachter schon die Frage auf, warum eigentlich der EKHN ihr Nachwuchs abhandengekommen ist…?
Nun aber: Man darf im Blick auf diese mediale Glaubenslust- und Glücks-Kampagne gespannt sein auf die nächste Zahl, die Herr OKR Böhm präsentieren wird. Denn jetzt setzt die EKHN noch eins drauf: „Bewerbungen externer Studierender, Vikare und Pfarrvikare sind willkommen.“(!) Herr Böhm macht, was er glaubt. Bravo!

Anna Tamenta

Von der »Theologenwelle« zur »Pensionierungsdelle«. Landeskirchen brauchen dringend junge PfarrerInnen

Von Verena Schneider, Deutsches Pfarrblatt 06/2014

Diegramm der eingeschriebenen Studierenden von 1984 bis 2013

Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für PfarrerInnen in den Ruhestand gehen. Was bedeutet das für Gemeindemitglieder und Studierende bzw. für die PfarrerInnen selbst? Und was kann die Kirche tun, um den Pfarrberuf wiederr ein Theologiestudium. Schon jetzt bleiben Pfarrstellen vakant, weil der Nachwuchs fehlt. Doch es kommt noch härter: Zwischen 2017 und 2027 wird in vielen Regionen mehr als die Hälfte de attraktiver zu machen? Zum Artikel.

„Pastorationsdichte“ wird dramatisch schrumpfen. Zahlen und Kennzifern zu den Theologiestudenten der Landeskirchen.

von Friedhelm Schneider.

Dass der Theologennachwuchs rar ist, hat sich herumgesprochen. Dass schon jetzt die Vakanzen deutlich über der Grenze liegen, die für Rotationen der Stelleninhaber erforderlich sind (3,5%) auch. In Bayern geht man schon heute von einer Vakanzquote von ca. 7-8% aus.  Schon jetzt müssen sich Gemeinden bei Vakanzen um PfarrerInnen bemühen. Das Thema wird mit Beginn der Pensionierungswelle ab 2017 zum Hauptproblem der Kirche aufrücken. Das zeigen auch Blicke auf den studentischen Theologennachwuchs.

Wie die Zahlen hinsichtlich der Theologiestudentenzahlen in den einzelnen Landeskirchen aussehen, hat neben anderen Daten und Kennziffern der auch der Pfarrverband erfasst. Die höchste absolute Zahl an StudentInnen hat demnach Bayern mit 382, gefolgt von Württemberg mit 287, der EKHN mit 252, Hannover mit 237 und die Nordkirche mit 227. Über 100 StudentInnen haben die EKM (142). Baden (141), die EKBO (127), Westfalen (123) und die EKiR (118). Alle anderen (in der Liste erfassten) Landeskirchen liegen darunter.
Fragt man, nach dem prozentualen Anteil der TheologiestudentInnen an der aktuellen Gesamtstellenzahl lautet das Durchschnittsergebnis aller Landeskirchen 15%. Diese vom Pfarrverband erstellte Kennziffer („Studierende pro Stelle“) differiert nach Landeskirche. In Bayern und Oldenburg liegt sie mit 24 % am höchsten. In Hannover sind es 19%, 18% in Baden und je 16% in der EKHN und Württemberg. Alle anderen Landeskirchen liegen darunter. Auffällig ist, dass zu den Schlusslichtern auch große Landeskirchen wie Westfalen (9%), aber insbesondere die EKiR mit ganzen 6% gehören.

Nun ist die aktuelle Stellenzahl (pro Gemeindeglied) variabel und differiert entsprechend den Landeskirchen schon heute ganz erheblich.  Als Kennziffer objektiver und aufgrund geringerer Manipulationsmöglichkeiten interessanter wäre die Kennziffer „Gemeindeglieder pro StudentIn“. Das wäre eine Kennziffer analog zur bekannten Kennziffer der „Pastorationsdichte“. Man kann sie als „Nachwuchsdichte“ oder genauer eben als  „StudentInnendichte“ bezeichnen (Wir lassen außer Acht, dass der Begriff wie seine Abwandlungen nicht ganz glücklich ist. Aber jede/r weiß, was gemeint ist).

Wir haben diese Kennziffer für die Leser der Wort-Meldungen für Landeskirche > 500.000 Glieder gebildet. (Keine Angaben lagen für die EKM und EKKW vor.):

Diagramm Gemeindemitglieder pro Studenten der Landeskirchen

Daraus kann man folgende Erkenntnis gewinnen:

1. In der neuen Generation wird aus heutiger Sicht das Verhältnis Gemeindeglieder/ Pfarrstellen dramatisch verändert sein. Beträgt die „Pastorationsdichte“ heute noch im Normalfall ca. 2000: 1, so tendiert sie bei den StudentInnen in den günstigen Fällen (Bayern, EKHN, Württemberg, EKBO, Baden) nach ca. 6500 bis 8000. Berücksichtigt man den Rückgang der Gemeindegliederzahl dann verbessert sich das Verhältnis um diesen Faktor. Wie nahe die Pastorationsdichte sich dann diesen Kennziffern nähern wird, hängt natürlich auch vom möglicherweise unterschiedlichen Restriktionsgrad der Einstellungspolitik der Landeskirchen in den zurückliegenden 20 Jahren ab. Auch muss berücksichtigt werden,  dass dieser Übergang wird nicht abrupt, sondern fließend erfolgen und bis Ende der 20er Jahre abgeschlossen sein. Dabei geht es hier nur um die Grobtendenz, die Streuungen – zum Negativen oder zum Positiven – noch nicht berücksichtigt. Diese Grobtendenz ist aber so eindeutig, dass TheolgiestudentInnen heute fragen: Oh Gott, was kommt da auf mich zu?

Wird die heutige Ausgangslage hinsichtlich der Pastorationsdichte  in Zukunft auch in den günstigen Fällen (s.o.) mit heute nicht mehr vergleichbar sein, dann wird sie sich namentlich in der EKiR und Westfalen mit Kennziffern von > 20.000 (Gemeindegliedern) : 1 (StudentIn, später PfarrerIn) erdruschartig verschieben.

Kirche wird nicht mehr sein, was sie war, eine Versammlung und Gemeinschaft von Gläubigen. Es findet eine Transformation in ein religiöses Dienstleistungsunternehmen statt. Die Zukunft der StudentInnen liegt auf dem Friedhof, formuliert ein Student.

Alternativen? Weitere Deprofessionalisierung („Prädikantisierung“) oder aber – wie in der katholischen Kirche schon lange üblich: der Pfarrer/die Pfarrerin aus der weiten Welt. Auch das wäre eine Transformation der Kirche, freilich der anderen Art.

Solche Transformationen des Kirchenbildes müsste man wohl man theologisch diskutieren, bevor man ihn vollzieht. Da kämen einem gewisse Bedenken. Neben solchen theologischen Bedenken, kann man dann aber aller weitere hinzufügen, bspw. unternehmerische. Denn schon heute entsteht im Bereich „religöser Service“ privatwirtschaftliche Konkurrenz. Bei Rent a pastor bekommt man professionelle Hochzeitsredner für freie Trauungen oder Bestattungsredner für Beerdigungen. Dass die immer stärker bürokratisierende Kirche gegen solche kleinen, flexibleren und weniger bürokratischen „Unternehmen“ wenig Chancen haben dürfte, sollte den Protagonisten rechtzeitig klar werden. Es gibt also nicht theologische Bedenken, sondern auch unternehmerische Risiken bei einer solchen Transformation.

Genussstudium oder: Warum studierst du Theologie?

Am 11. Juli 2014 von Max Melzer
Seit über vier Jahren bin ich nun schon Theologiestudent und noch immer habe nicht genug davon, Theologie zu studieren.

Ein paar Jahre zuvor hätte ich das nie vermutet. Ich wollte damals eigentlich Informatik studieren. Theologie hat mich zwar interessiert, aber die Hürde der alten Sprachen schreckte mich ab. Denn die erste Herausforderung des Theologiestudiums ist das Lernen von Griechisch, Hebräisch und Latein.

Theologie studieren bedeutet längst nicht mehr automatisch den Berufswunsch Pfarrer – viele meiner Komilitoninnen und Komilitonen gehen in die Forschung oder in die freie Wirtschaft, um sich zum Beispiel als Journalisten zu verdingen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wo es für mich später hingehen soll. Aber ich weiß, dass ich richtig bin bei der Theologie und werde die letzten Jahre meines Studiums genießen. Zum Blog.

Antireformatorische Verirrungen. Ein überfälliger Einspruch gegen kirchliche Eignungstests von Pfarramtsstudierenden. Von Prof. Lukas Ohly.

Deutsches Pfarrerblatt 06/2014. Von Lukas Ohly.

„… Die Idee aufwändiger kirchlicher Eignungstests stammt aus der Zeit des Überangebots an Pfarramtskandidaten, nämlich aus den 90er Jahren. Dabei hatte sich bereits in dieser Zeit abgezeichnet, dass die Zahl an Theologiestudierenden mit dem Berufsziel Pfarramt drastisch zurückgehen würde. Schon damals haben Theologieprofessoren den Trend der Kirchenleitungen kritisiert, theologische Kriterien in ihren personalpolitischen Entscheidungen zu missachten und stattdessen auf Mittel des ökonomischen Krisenmanagements zurückzugreifen.1 Flankiert wurde diese Kritik von pastoraltheologischen Studien, die die Professionalität der Pfarramtsausübung an Kriterien banden, die sich nicht mit einer instrumentellen Logik bestimmen lassen.2 Dies gilt sogar für Untersuchungen pastoraltheologischer Herausforderungen, die sich ausdrücklich der betriebswissenschaftlichen Perspektive öffneten.3 Dass der Pfarrer anders ist4, hatte sich zwar landläufig herumgesprochen, taugte aber nicht als ökonomisches Selektionsprinzip. Schon damals wurde vor einem Vertrauensverlust der Kirche bei seinem theologischen Nachwuchs gewarnt.5 Studien belegen seitdem, dass auch erfolgreiche Bewerber nur eine geringe corporate identity zu ihrem Arbeitgeber aufweisen…“ Lesen Sie den vollständigen Artikel.