Archiv der Kategorie:
Freihandel – TTIP, CETA, Tafta

TTIP trifft die Kultur- und Kreativwirtschaft

09/2015
„…

Es ist aber zu kurz gesprungen, bei TTIP und Kultur nur an den öffentlichen Kulturbereich zu denken. TTIP betrifft als Freihandelsabkommen für Güter und Dienstleistungen insbesondere die Kultur- und Kreativwirtschaft. Immerhin eine Branche mit 1,6 Millionen Beschäftigten in Deutschland, deren Beitrag zur Bruttowertschöpfung in Deutschland über der der chemischen Industrie oder der Energieversorgung liegt….“ Mehr dazu.

Der sterbende Staat und die Abschaffung der Demokratie.

09/2015

… ein gut versteckter Vorstoß der EU-Kommission in den TTIP-Verhandlungen (ist) nur als Beihilfe zu einer Machtergreifung der Wirtschaftsverbände zu bezeichnen.
Im Textvorschlag der EU zur regulatorischen Zusammenarbeit tauchen in Artikel 2 vage international bodies or fora auf. Sie werden weder namentlich genannt noch abschließend aufgezählt, nur in einer Fußnote wird erklärt, es handle sich dabei um „bodies“ wie „beispielhaft“ die OECD, das IMDRF oder die ICH. Die ansonsten ungenannten Gremien würden künftig Dokumente verfassen, die „international instruments“ (d.h. Rechtsakte) genannt werden. Die vertragschließenden Parteien, also die USA und die EU, verpflichten sich in Artikel 10 des Vorschlags, solche „international instruments“ anzuwenden („to apply“). Mit anderen Worten: Die EU verpflichtet (bei Annahme des Textes) die Mitgliedstaaten und ihre Regionen und Gemeinden, heute noch unbekannte Anweisungen ungenannter Verbände und „bodies“ künftig in Politik umzusetzen („to implement“). Global Governance wäre damit einen gewaltigen Schritt vorangekommen. Zum ersten Mal würde hier, festgeschrieben in einem völkerrechtlichen Vertrag, die Politik sich insofern selbst entmachten, als sie die widerspruchslose Erfüllung irgendwelcher Regulierungen irgendwelcher Wirtschaftsverbände garantiert. Wer sich dann noch fragt, wie die Vorherrschaft der Wirtschaft zustandekommt, findet hier eine Antwort.
Es sind aber speziell für den Protest gegen TTIP zwei Dinge bedeutsam: Diese Regime sind keine Erfindung der Freihandelsverträge, und sie werden nicht mit ihnen verschwinden.
Die Vielzahl der regelsetzenden globalen „bodies“ der Wirtschaft dürfte in Zukunft noch zunehmen. Und jedes dieser vielen Gremien legt für seinen spezifischen Wirtschaftsbereich die transnationalen Verfahren und Normen fest.
Es erstaunt nicht, dass diese Auffächerung der vielfältigen Regelsysteme die Aufmerksamkeit der Staatsrechtswissenschaft gefunden hat. In einem groben Überblick lässt sich sagen: Die europäischen Wissenschaftler befassen sich mehr mit der Frage, ob und wie die zahllosen „Regime“ mit einem hierarchisch höheren, sie überwölbenden rechtlichen „Dach“ versehen werden können (da überwiegt meist Skepsis) oder auch wie im Falle von Normenkollisionen zu verfahren sei. Die angelsächsischen Autoren gehen hier pragmatischer vor; für sie ist das Auseinanderfallen der Rechtssysteme historisch unvermeidlich und wird unter der Bezeichnung „Pluralismus der Regime“ hingenommen. Beide gehen dabei von der Tatsache aus, dass diese Regime (nicht zuletzt durch die Sprüche der Schiedsgerichte) tief in das Leben der Bürger eingreifen und damit öffentliche Gewalt ausüben. Das Gewaltmonopol des Nationalstaats besteht ihnen zufolge nicht mehr; der Staat ist nicht mehr Inhaber der öffentlichen Gewalt, sondern nur noch „Manager“ diffus verteilter transnationaler Rechtssysteme (Jurisdiktionen). Gelegentlich wird diese Entwicklung als „Entparlamentarisierung“ und „Neues Mittelalter“ beschrieben: eine Zeit, in der jeder Einzelne ganz verschiedenen Rechtssystemen unterworfen war, der Kirche so sehr wie dem Reich, dem Fürsten so sehr wie (als Leibeigener) dem Leibherrn. Wer auf der im Nationalstaat noch definierten Selbstbestimmung beharrt, wird gelegentlich sogar als „souveränitätsfixiert“ verunglimpft.
Quelle: Fritz Glunk (Gründer und langjähriger Herausgeber der GAZETTE)

Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin Brot für die Welt, ruft auf zur Demonstration gegen TTIP

09/2015

TTIP ist auch ein Versuch, dem Welthandel die Regeln der reichen Industriestaaten aufzudrücken. Ärmere Länder haben keine Chance, ihre Interessen geltend zu machen. TTIP setzt Standards – aber nicht für Menschenrechte, Arbeits- und Umwelt-Standards, sondern zur Absicherung der Wettbewerbsvorteile von EU und USA….

Der Aufruf zur Demonstration gegen TTIP in Berlin

Anm. F.S.: Ist TTIP eigentlich auch für die Kirchen(leitungen) oder Synoden ein Thema?

267.000 mittelständische Unternehmen – Bedenken gegen TTIP. DIE ZEIT.

Wie gut findet die deutsche Wirtschaft das Handelsabkommen TTIP wirklich? Mario Ohoven vertritt den Mittelstand. Er hat Bedenken, vor allem gegen Schiedsgerichte. INTERVIEW: PETRA PINZLER

30. März 2015
ZEIT ONLINE: Herr Ohoven, es heißt immer, die deutsche Industrie stehe fest hinter dem geplanten europäisch-amerikanischen Abkommen TTIP. Sie vertreten 267.000 mittelständische Unternehmen in Berlin und viele von denen haben offensichtlich Bedenken. Welche?

Mario Ohoven: Wir sind TTIP-Befürworter, sehen aber auch die Gefahren für den Mittelstand. So sind wir entschieden gegen private Schiedsgerichte, die durch den Vertrag ermöglicht werden sollen und die ausländischen Investoren ein besonderes Klagerecht geben würden. Warum sollten wir ausländische Investoren bevorzugen? So eine Idee hat in dem Abkommen nichts zu suchen. Außerdem können sich eh nur große Konzerne diese Klagen leisten … Zum Interview.

Die Hochschulrektorenkonferenz fordert den Ausschluss des Bildungssektors aus den TTIP-Verhandlungen.

02.06.2015, von Thomas Thiel, FAZ

Die Kultur gilt als Keimzelle des Widerstands gegen das Freihandelsabkommen TTIP, seine Folgen für das Bildungssystem sind dagegen bisher nur am Rande angeklungen. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat sich dieser Tage zu Wort gemeldet und von der Europäischen Kommission gefordert, den Bildungssektor komplett von dem Abkommen auszunehmen. Bildung sei kein Handelsgut, sondern Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Natürlich wird an deutschen Universitäten längst mit Bildung gehandelt. So gibt es das (auch von der HRK getragene) Leitbild der unternehmerischen Hochschule vor… Zum Artikel.

Rauchen ist gesund! Wie globale Konzerne über TTIP & Co die Macht übernehmen. Von Joseph E. Stiglitz, Wirtschaftsnobelpreisträger.

Veröffentlicht am 13.05.2015, von Joseph E. Stiglitz (Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2001)

Die Vereinigten Staaten und die Welt führen derzeit eine große Debatte über neue Handelsvereinbarungen. Derartige Verträge wurden früher als „Freihandelsabkommen“ bezeichnet; tatsächlich waren es gelenkte Handelsvereinbarungen, die auf die Interessen der Konzerne vor allem in den USA und der Europäischen Union zugeschnitten waren. Heute werden derartige Vereinbarungen häufig als „Partnerschaften“ bezeichnet – wie etwa im Falle der Trans-Pazifischen Partnerschaft (TPP). Doch es sind keine gleichberechtigten Partnerschaften: Faktisch diktieren die USA die Bedingungen. Zum Glück leisten Amerikas „Partner“ zunehmend Widerstand.
Es ist unschwer erkennbar, warum. Diese Übereinkommen reichen deutlich über den Handel hinaus; sie regeln auch Investitionen und geistiges Eigentum und zwingen den Rechts-, Justiz- und Regulierungssystemen der beteiligten Länder grundlegende Änderungen auf – und zwar ohne Einfluss oder Rechenschaftspflicht demokratischer Institutionen…
Die wahre Absicht dieser Bestimmungen besteht darin, Gesundheits-, Umwelt-, Sicherheits- und sogar Finanzaufsichtsregeln auszuhebeln, die Amerikas eigene Volkswirtschaft und Bürger schützen sollen. Die Unternehmen können die Regierungen auf vollständige Entschädigung für jede Verringerung erwarteter künftiger Gewinne verklagen, die aus aufsichtsrechtlichen Änderungen herrührt…
Wenn es je einen einseitigen Mechanismus zu Beilegung von Streitigkeiten gab, der gegen grundlegende Prinzipien verstößt, dann diesen. Dies ist der Grund, warum ich gemeinsam mit führenden US-Rechtsexperten unter anderem der Universitäten Harvard, Yale und Berkeley ein Schreiben an US-Präsident Barack Obama gerichtet habe, das erklärt, wie schädlich für unser Rechtssystem diese Übereinkommen sind…
Die Frage ist, ob wir es den reichen Konzernen gestatten sollen, in sogenannten Handelsverträgen versteckte Bestimmungen zu nutzen, um zu diktieren, wie wir im 21. Jahrhundert leben werden. Ich hoffe, dass die Bürger in den USA, Europa und im Pazifikraum diese Frage mit einem lautstarken „Nein“ beantworten werden. Zum Artikel.

Landkreis in Bayern gegen TTIP: Viele Gemeinden, Klein- und Mittelstandsbetriebe in Bayern fürchten das geplante „Freihandelsabkommen“. Nirgends ist der Widerstand so geballt wie im mittelfränkischen Landkreis Roth. Ein Bericht des Bayerischen Rundfunks.

Städte, Kommunen und Landkreis Roth gegen TTIP

21.05.2015, von: Susanne Wimmer

Dort haben sich bereits im vergangenen Jahr alle 16 Bürgermeister gegen TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership – in seiner derzeit bekannten Form ausgesprochen. Ebenso die Stadt Schwabach und der Kreistag. Das regionale „Bündnis gentechnikfreier Landkreis Roth und Stadt Schwabach“ hatte sich für diese Position stark gemacht. Ihm gehören mittlerweile eine Reihe weiterer gesellschaftlicher Gruppierungen an, wie der Bund Deutscher Milchviehhalter, der Kreisjugendring, der DGB, oder die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Zum Bericht. 

Klein- und Mittelstandsbetriebe gegen TTIP

Wir hatten und haben sehr viele Anfragen von überwiegend mittelständischen Betrieben, ob es eine Liste gäbe, in der sie sich als Gegner gegen CETA, TTIP und TISA eintragen könnten.
Diesen Gedanken haben wir aufgegriffen und stellen über dieses Emailformular die Möglichkeit des Eintragens zur Verfügung.
Wir denken, dass es wichtig ist, den Verantwortlichen in den Regierungen, dem Europaparlament sowie der EU-Kommission aufzuzeigen, dass nicht nur der einfache Bürger und die Bürgerin CETA, TTIP und TISA ablehnen, sondern auch die angeblich davon profitierenden Firmen.
Einzig und allein helfen diese Abkommen den großen Konzernen wie BASF, MONSANTO und Co. nicht jedoch den Klein- und Mittelstandsbetrieben. Mehr dazu.

Missio-Interview mit dem Soziologen Jean Ziegler: „TTIP wäre die letzte Etappe der total betonierten Herrschaft der Finanzoligarchie“

14.04.2015, von Antje Pöhner

Der Schweizer Soziologe Jean Ziegler hält das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen Europa und den USA für eine Katastrophe. „Es wäre die letzte Etappe der total betonierten Herrschaft der Finanzoligarchie“, sagt der 80-Jährige in einem Interview mit dem missio magazin und betont: „Dann hätten der Nationalstaat und die internationalen Organisationen endgültig verloren. Dann wären wir wirklich der Willkür des Dschungels ausgeliefert.“…

In seinem neuen Buch „Ändere die Welt!“ spricht der Soziologe von einer „kannibalistischen Weltordnung“. Die 500 größten Konzerne hätten im vergangenen Jahr 52,8 Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes beherrscht, erläutert Ziegler im missio-magazin-Interview.

„Es gibt heute eine Weltdiktatur dieser ganz schmalen Finanzoligarchie, die über den Nationalstaaten und den internationalen Organisationen steht“, betont er. Sie entschwinde jeglicher staatlicher Kontrolle und funktioniere nach einem einzigen Prinzip: der Gewinnmaximierung. „Diese Welt hat eine unglaubliche Ungleichheit produziert. Letztes Jahr sind 14,3 Millionen Menschen an Hunger gestorben – auf einem Planeten, der vor Reichtum überquillt.“ Das vollständige Interview.

Klare Analyse, profiliertes Urteil: die Synodenvorlage der EKBO zu TTIP. Und: TTIP und die Kirchen

04/2015, Synode EKBO, Vorlage zur Synode zu TTIP:


Die Doppelstruktur des Abkommens deutet auf andere Absichten, als die Wirtschaft durch ein Freihandelsabkommen zu beleben…

Die geplante Einsetzung von „Schiedsgerichten“ bedeutet eine teilweise Umgehung des historisch gewachsenen und demokratisch legitimierten Justizsystems in Deutschland und Europa: Denn „Schiedsgerichte“ sind keine Gerichte. …

Die gewählte Form des Geheimabkommens ist inzwischen höchst zweifelhaft geworden: …

Es steht zu befürchten, dass in Folge des TTIP-Abkommens Schadensersatzforderungen nur in einer Richtung erfolgen werden. Denn solche Forderungen sind nur dort möglich, wo Märkte reguliert (z. B. durch Umwelt- , Arbeitnehmer- und Verbraucherschutzauflagen) und mit öffentlichen Mitteln subventioniert sind (z. B. Schulen, Museen, Theater, Opern, Konzerthäuser, Orchester, Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser, Agrarerzeugnisse, Forschung und Lehre, erneuerbare Energien u. a.). …

Bei Abschluss des geplanten Investitionsschutzabkommens sind daher Forderungen zu erwarten, die sich hauptsächlich von den USA nach Europa richten. Die in den USA praktizierende „Schadensersatz-Industrie“ bekäme damit einen stärkeren Zugang zu Europa; …

Da es eher unwahrscheinlich ist, dass sich kleine Firmen der damit gebotenen Mittel bedienen können, bedeutet das Abkommen eine zusätzliche Stärkung großer Konzerne. …  Zum Synodenpapier.

Generell tun sich Kirchen mit TTIP eher schwer: TTIP und die Kirchen

Das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, über das derzeit die USA und die Europäische Union verhandeln, wird auch unter Katholiken und Protestanten kontrovers diskutiert. Die Kirchenleitungen tun sich mit Kritik schwer. Mehr dazu in Publik Forum.