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Religion als zentrale Resonanzoase: „Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung“. Rezension des Werks von Prof. Hartmut Rosa von Prof. Christian Grethlein .

07/2016

… Immer wieder wird scharf der Gegensatz von Resonanz und Entfremdung herausgearbeitet und modernitätstheoretisch gedeutet: „Resonanz bleibt das Versprechen der Moderne, Entfremdung aber ist ihre Realität.“ (624) Dabei taucht eine theologische Perspektive im Bereich der Resonanz auf, insofern „Religion“ – neben Natur und Kunst (197 – als zentrale „Resonanzoase“ gilt: Die „überlieferten Religionen, jedenfalls in ihrer jüdisch-christlichen oder auch islamischen Gestalt“ scheinen „zumindest auch – wenn nicht sogar primär – als (möglicherweise unverzichtbare) Gegenpole zur Steigerungs- und Dynamisierungslogik der Moderne zu fungieren“ (688). Dazu greift Rosa immer wieder auf zumindest theologie- bzw. religionsaffine Sprache zurück. So fasst er schließlich zusammen: „Unter den Bedingungen eines unerlösten Daseins ist Resonanz nur das Aufblitzen der Hoffnung auf Anverwandlung und Antwort in einer schweigenden Welt.“ (750) Davor betont er nachdrücklich die Unverfügbarkeit der Resonanzerfahrung (625) und weist auf die „Berührung durch das unverfügbar Andere“ (621) hin – fast man möchte sagen: er beschwört sie…

Die Rezension.

Vortag Prof. Hartmut Rosa: Was brauchen Menschen?

Mitteilungsblatt des Thüringer Pfarrvereins, Ausgabe April-Juni 2016
„…Unsere moderne Gesellschaft… braucht genau dies: Sie bedarf einer schrankenlosen Steigerungsorientierung der Subjekte, sie schafft sich Subjekte, die dieser Steigerungslogik folgen, sie richtet uns auf Mehrhabenwollen ab, weil dieser Modus der Weltbeziehung … das kulturelle Korrelat ist zur strukturellen, institutionellen, ökonomischen Verfassung einer modernen Gesellschaft…
Aber: brauchen das auch die Subjekte? Tut das uns Menschen gut?

… wird das Spiel, je länger es dauert, auch von….Angst angetrieben: wer nicht auf Steigerung und Optimierung bedacht ist, fällt im Vergleich zu anderen zurück, verliert Ressourcen, Optionen, Anschlusschancen…

Wettbewerb und Beschleunigung sind konstitutive Resonanzkiller, weil sie systematisch Angst erzeugen. Angst davor, abgehängt zu werden…

Schlussfolgerungen:
zunächst scheint es offensichtlich, dass der Modus der Weltbeziehung, der durch das instiutionelle, kapitalistische Regime der Moderne… gestiftet wird, seiner Natur nach weit eher resonanzfeindlich als resonanzförderlich ist…

Entfremdung wurde so zu einem Schlüsselbegriff moderner Sozialphilosophie und -psychologie.

Dass wir mit der Welt und einer Macht hinter ihr einen tragenden, sogar liebenden raum- und zeitübergreifenden Resonanzverbindung stehen, das ist das Versprechen der Religion.

Der vollständige Text, vgl. S. 5-19

Wenn die Kette der Generationen reisst. Wir wollen uns selber erfinden. Eine neue Kritik der Moderne diagnostiziert unsere zunehmende Herkunftsvergessenheit. Von Prof. Manfred Schneider.

05.01.15, von Prof. Manfred Schneider (Ruhruniversität Bochum), NZZ

Dies klingt in der Tat überholt, ja für unsere Moderne geradezu skandalös, lässt aber ein Problem erkennen, das sich an vielen Stellen in der gegenwärtigen Gesellschaft artikuliert, dass nämlich der Wandel, vor allem der verlangte, geforderte, erzwungene Wandel, der unablässige Zwang zu Innovation, diese Substanz aufzehrt und ein rein materielles Gesellschaftswesen zurücklässt, das sich nur noch in Begriffen der Ökonomie und Effizienz beschreiben kann und das sich unter dem Befehl ökonomischer Rationalität immer wieder von einer traditionsgeleiteten Gegenwart zu trennen gezwungen sieht. Auf der Suche nach Optimierungen geht nicht nur das persönliche genealogische Band verloren, sondern gehen alle Herkünfte verloren, auf denen eine Gesellschaft und eine Kultur einmal beruhten.
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