Schlagwort-Archive: Management

Zündstoff. Intuition und Vernunft sind keine Gegensätze. Sie ergänzen einander ideal.

11/2016, von Wolf Lotter, brandeins

Der Rationalist ist einfach ein Mensch, dem mehr daran liegt, zu lernen als recht zu behalten.
Karl Popper

1. Bauchschmerzen

In schwierigen Zeiten muss man einen kühlen Kopf bewahren. Klingt logisch. Aber was ist das eigentlich genau, so ein „kühler Kopf“?
Ein kühler Kopf setzt auf die Vernunft, um die Probleme der Welt zu lösen und sie damit vielleicht ein bisschen besser zu hinterlassen, als er sie vorgefunden hat. Er ordnet die Welt in ihre Bestandteile, um sie in den Griff zu kriegen. Die Vernünftigen sind Mechaniker. Und sie haben es nicht leicht… Mehr dazu.

Die Flüchtlingsfrage – in der ganzheitlichen Praxis vertane Chance für Diakonie und Kirche.

03/2016

Von Friedhelm Schneider

Eher selten äußert sich die geistliche Leitung der Landeskirchen gleichzeitig und unisono zu politischen Fragestellungen. Hinsichtlich der Flüchtlingsströme ist dies wohl zunächst aus einem humanitären Impuls heraus erfolgt. Einige Landeskirchen stellen sogar aus den sprudelnden
Kirchensteuern Finanzmittel für die Flüchlingsarbeit bereit. In diesen Fällen will man es also nicht bei Worten belassen, sondern wirken. Das geschieht an der Basis ohnehin in ertaunlich vielfältigen Aktivitäten, die Menschen den Flüchtlingen gegenüber entwickelt haben.

Hilfe für die Flüchtlinge heißt konkret: Unterkünfte, Verpflegung, Rechtsberatung, Sprachunterricht, Kommunikationsangebote. Das sind in der Regel staatliche Aufgaben. Allerdings kann (oder will) der Staat diese Leistungen nicht selbst erbringen, sondern stellt dafür die Finanzmittel zur Verfügung oder baut auf das Engagement Freiwilliger. Finanzmittel werden hauptsächlich für die Unterbringung bereitgestellt  damit freie Träger, Verbände, Investoren, Unternehmer diese Aufgaben erfüllen können.
Ist auch das eine Aufgabe der Kirchen? Eigentlich und auf den ersten Blick nicht. Man denkt dabei aber an freie Träger, also an die Diakonie. Inwieweit aber ist die Diakonie als
vertrauenswürdiger Akteur als Partner der staatlichen Stellen in den Kommunen und
Landratsämtern in Sachen Flüchtlingsunterkünften aktiv? Inwieweit kommt sie Ihrer Aufgabe nach? Wird die Aufgabe in der Diakonie überhaupt als Aufgabe wahrgenommen? Werden nicht nur die Aufgaben und Risiken, werden auch die Chancen, die humanitären wie auch die wirtschaftlichen Chancen wohlgemerkt, wahrgenommen? Seit Mitte letzten Jahres werden bei Investoren Hochglanzbroschüren für den Markt von Flüchtlingsunterkünften lanciert (z.B. Horinnzonte20xx; Dr. Klein Wohnungswirtschaftsplatttform 02/2015).. Aber bei der Diakonie herrscht – so der Eindruck – Desinteresse.

Ein aktuelles Beispiel aus Mittelfranken: der in die Jahre gekommene Eigentümer eines
Gasthofs an der romantischen Straße mit einer stattlichen Zahl von Fremdenzimmern will seinen Betrieb aus Altersgründen verkaufen. Als Kaufinteressenten treten auf mehrere Privatpersonen/-unternehmer, die das Haus für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen wollen. Die Mieterträge sind so hoch, dass sich die Investition in einem Jahr amortisiert hat. Das bringt auch windige Interessenten auf dem Plan, bei denen die Sachbearbeiter des Landratsamtes Magenschmerzen bekommen. Man kann sich vorstellen, wie erfreut man dort über entsprechende (wie gesagt:hochverzinsliche) Investitionen der Diakonie wäre. Allein:
seitens der Diakonie herrscht Funkstille. Die Arbeit – und das Geschäft – überlässt man
anderen. Das ist bürokratisierte Diakonie. Sie unterscheidet sich nicht von bürokratisierter
Kirche. Welche Synergien hätte Diakonie und Kirche in Kooperation in dieser
Aufgabenstellung entwickeln können? Diakonie investiert und betreibt, Kirche bietet
die Infrastruktur der Kommunikationsangebote. Besagter – auch kirchlich engagierter – Gasthofbesitzer hätte in einer diakonisch geführten Flüchtlingsunterkunft sogar selbst Integratiosangebote ehrenamtlich und uneigennützig angeboten und bereitgestellt. Er wäre sicher nicht der einzige aus der Kirchengemeinde gewesen.

Wenn ich recht sehe, exisitert solches diakonisch-kirchliche Unternehmertum nicht. Und
dies Manko gereicht Diakonie und Kirche zum Schaden. Gerade wenn man prognostiziert, dass
die Kirchensteuern sinken werden, müsste man sich – aus unternehmerischer Sicht – mehr einfallen lassen als simples Downsizing, als das Schließen von Einrichtungen, das Herunterfahren von Angeboten, die Entlassung von Personal oder den Abbau von Stellen. So reagieren Verwaltungsjuristen. Woran es den Verwaltungen fehlt ist: unternehmerischer Geist, der nicht überall, aber doch gerade dort aktiv wird, wo die Kirche in Erfüllung humanitärer Aufgaben wirtschaftlich gewinnbringend handeln kann.Wenn man so denkt, dann kann die Flüchtlingsaufgabe auch als unternehmerische Chance, ja als Chance für die Organisationsentwicklung der eigenen, bürokratisierten Organisation selbst gesehen und wahrgenommen werden. Als Chance, seine originiäre Aufgabe zu erfüllen, dafür satt mit stattlichen Mitteln unterstützt zu werden und durch die Arbeit gesellschaftliche und staatliche Anerkennung zurückzugewinnen.

Eine ähnliche Situation gab es übrigens schon einmal, Anfang der 90iger Jahre. Damals war die Diakonie als Verband ebenfalls nicht aktiv. In die Lücke sprangen jedenfalls im Rhein-Main-Gebiet Kirchengemeinden. Sie haben genau die Aufgabe erfüllt, die oben beschrieben wurde. Sie wurden in der Kirche von keiner Seite unterstützt, sondern waren auf sich selbst gestellt. Doch sie hatten mit ihrer Arbeit Erfolg. Sie gründeten damals den Verband christlicher Flüchtlingshilfen im Rhein-Main-Gebiet. Der Träger Diakonie hätte das Modell also noch nicht einmal neu entwickeln müssen, die Erfahrungen und Kennzahlen waren vorhanden.
Für dies mal dürfte diese Chance des unternehmerischen Wirkens von Diakonie in Kooperation mit Kirche, also einer ganzheitlichen Herangehensweise an das Problem, verpasst sein. Nicht nur im Gasthof in Mittelfranken. Der wurde an einen Privatinvestor verkauft. Dem die Flüchtlinge egal sind. Der aber weiß, dass er mit den Mieterträgen eines Jahres den Gasthof schon finanziert hat. Ob und wann es ein nächstes Mal gibt – wer weiß. Ob die Diakonie dann aus den Erfahrungen gelernt haben wird…?

„Geben Sie Ihren Mitarbeitern so viel Eigenverantwortung wie möglich“. Über den Managementdenker Peter Drucker.

01/2016

Führung: Der in Wien geborene Managementdenker Peter Drucker hat viele Entwicklungen in der Unternehmensführung früh vorhergesehen, darunter die Bedeutung der Wissensarbeit.
Ein Überblick. Von Rick Wartzman
Geben Sie Ihren Mitarbeitern so viel Eigenverantwortung wie möglich. Mit der Einführung seines „Management by Objectives“-Konzepts schärfte Drucker Führungskräften bereits im Jahr 1954 ein, auch die Mitarbeiter der untersten Unternehmensebenen an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und zur Rechenschaft zu ziehen. Und doch gibt es viele Beweise dafür, dass die meisten Unternehmen nach wie vor Paradebeispiele für das alte „Command-and-control“-Prinzip sind. In einer wissensbasierten Wirtschaft wirkt sich dieses Top-down-Führungskonzept besonders nachteilig aus, weil die Mitarbeiter in so einem Umfeld zwangsläufig mehr über ihr Fachgebiet wissen als ihre Vorgesetzten. Und vielleicht wissen sie auch mehr über die Kunden und deren Wünsche und Bedürfnisse. „Wissensarbeiter müssen sich selbst managen“, empfiehlt Drucker. „Sie brauchen Autonomie.“ Zum Beitrag.

„Topmanager sitzen im Elfenbeinturm“. Ein Gespräch mit den Autoren des Buches „Mad Business“ über abgehobene Manager, erfolgreiche Führungsstile und den Reiz der Start-up-Szene

vom 12.04.2015, Manuel Schumann

Untersuchungen (http://www.hare.org/) zufolge sind Menschen mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeit etwa drei- bis viermal häufiger in Machtpositionen vertreten als im Bevölkerungsdurchschnitt – Ihre Meinung?

Oliver Weyergraf: Das ist ein schmaler Grat. Wo hört der Soziopath auf, wo fängt der Psychopath an? Klar ist: Diejenigen, die in Weltkonzernen Karriere machen, müssen mit harten Bandagen kämpfen, sie sind meist durchsetzungsstark, eitel und extrem fokussiert. Fehlende Empathie und wenig Selbstreflexion sind üblich….

…Der kurzfristigen Gewinnmaximierung wird nahezu alles untergeordnet. …Dieses Konzept hat einiges verändert.

Speziell die Unternehmenskultur?
Oliver Weyergraf: Klar. Den meisten Managern geht es in erster Linie um die Frage: Wie optimiere ich den Aktionskurs meines Unternehmens? Danach richten sich ja später die Boni. Der Blick auf die Mitarbeiter dagegen schwindet zunehmend. Ebenso der Teamgedanke. Da sind Zielkonflikte entstanden, die nicht mehr auf die Schnelle zu lösen sind…. Das vollständige Interview.

Die protestantische Basis emanzipiert sich. Von Friedhelm Schneider.

06.07.2015

Nachdem schon früh einige der Pfarrvereine fast prophetisch gegen den EKD- Kirchenumbauprozess argumentiert hatten, nachdem im letzten Jahr auch leitende Geistliche hinsichtlich der sog. „Reformen“ von Zweifeln beschlichen wurden, formuliert nun auch die protestantische Basis ihren Widerspruch. In unterschiedlichen Landeskirchen hatten sich schon Gemeindebünde gegründet. Dieser Teil der Basis ändert nun offensichtlich seine Aktionsform: Dass eine einzige Gemeinde mit einer Demonstration im Landeskirchenamt viel Unsicherheit in den sonst sich eher arrogant gebenden Führungsetagen erzeugen kann, belegt die Aktion der Kirchengemeinde Rommerskirchen in der EKiR vom 25.Juni.

Neben solchem öffentlichkeitswirksamen Protest emanzipiert sich an der Basis die Landessynode der württembergischen Landeskirche immer stärker vom offiziellen Reformkurs. Schon bei der letzten Synodentagung war der eigenständige Weg unübersehbar. Sie tut dies nicht öffentlichkeitswirksam, sondern völlig unauffällig. Und trotzdem ist das kein buissiness as usual. Am Beispiel der aktuellen Synode vom Juli 2015 kann man die wiedergewonnene Selbständigkeit der Synode an etlichen zentralen Themen der Synode festmachen, weswegen wir die Ergebnisse in dieser Ausgabe etwas ausführlicher darstellen:
1. Finanzpolitik
Die Synode votiert mit den Stimmen aller Fraktionen (Gesprächskreise), die Kirchensteuermehreinnahmen den Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Damit kommen die Mittel dorthin, wo sie hingehören – und wo sie schließlich auch herkommen: an die Basis.
Das ist zwar noch nicht die Garantie, dass die Mittel dort auch wirkungsorientiert eingesetzt
werden. Aber die Bedingung der Möglichkeit ist immerhin gegeben. Die Schwaben sagen also der (bei Nordlichtern übrigens gerne missverstandenen!) Finanzpolitik der schwäbischen Hausfrau „ade“. Gut so!
2. Personalmanagement
Dass die Landeskirche bei der Schlüsselposition, den PfarrerInnen viel Vertrauen zerstört habe, wird hier unumwunden eingeräumt, wurde zuvor schon von Thomas Striegler und Jens Böhm/ EKHN eingeräumt. (Eigentlich mehr Skandal als nur Fehler!) Die württembergische Synode zieht aus den Folgen der damaligen Fehlentscheidungen Konsequenzen. Sie erkennt die Problematik der wachsender Belastungen und zurückgehender Attraktivität Pfarrdienstes und stellt einen qualifiziert begründeten Antrag zur Entschärfung der Lage.
3. Kontrolle der Arbeit der Führungskräfte
Die Synode schaut den Führungskräften auf die Finger. Und verlangt, dass Beschlüsse der
Synode von der Leitung ernst genommen und umgesetzt werden. So wird OKR Prof. Dr. Ulrich Heckel vorgeführt. Er hat den Synodenbeschluss der Bilanzierung der Reduktion der CO2 Emmissionen aus dem Jahr 2011 (!) bis 2015 bis heute nicht umgesetzt. Seine Erklärung: „Die Bilanzierung… liegt den Verantwortlichen am Herzen.“ In der Synode wissen jetzt alle um die Herzensnöte  des Oberkirchenrats. Man weiß auch: der Mann hat sich bemüht. Merke: nur qualifizierte Kontrolle wird Qualität der Arbeit in den Landeskirchenämtern steigern.
4. Rückgewinnung einer an Barmen orientierten theologischen Basis
Die Synode beschließt eine Stelle für Friedenspädagogik am pti. Damit werden Entscheidungen
wieder auf die Basis theologischer Argumentationen gegründet.

Der Weg der Emanzipation der Synode ist aufgrund der Informationsasymetrie zw. Synodalen und Leitung nicht einfach. Nicht immer ist bspw. die Kontrolle von Behauptungen Leitender sofort möglich, wie das Beispiel des Dr. Hardecker zeigt. Dann stehen Flaschaussagen unwidersprochen im Raum. Die Synode kann aber im Nachhinein prüfen und die betreffende Person auf der nächsten Tagung mit seinen Behauptungen und den abweichenden Fakten, wie etwa hier im Falle der angeblichen Steigerung der Studierendenzahlen, konfrontieren.

Die Gemeindebasis demonstriert, die Synode emanzipiert sich von der Leitung. Die Basis
überlässt also das Schicksal ihrer Kirche oder Gemeinde nicht mehr allein der – früher immer unterstellten – Weisheit der Führung. Das Vertrauen in die Leitungen ist dahin. Das sind zwei wichtige Entwicklungen im Protestantismus. Sie könnten in anderen Gemeinden und anderen landeskirchlichen Synoden Schule machen.  Die Beispiele nähren die Höffnung, dass das Reformationsjubläum 2017 doch noch ein echt protestantisches Ereignis werden kann.

Leitbild „Radikale Selbstorganisation. Bring dich ein!“. Betriebsführung nach Art der Piratenpartei.

04/2015, Brandeins

Frank Roebers ist Chef der Synaxon AG und immer wieder bereit, seine Firma an die Grenzen zu treiben. Sein neuestes Projekt: Betriebsführung nach Art der Piratenpartei.

… Demokratie hinter dem Werkstor
„Wir wollen mit Liquid Feedback unser Prinzip der radikalen Selbstorganisation auf eine neue Stufe heben“, sagt Roebers. Mit neuer Stufe ist gemeint: Synaxon pflegt unter seiner Führung schon lange eine sehr offene Unternehmenskultur (vgl. brandeins 03/2007, „Die gläserne Firma”). So kann beispielsweise jeder, ob Führungskraft oder nicht, seine Aufgabenbeschreibung oder Arbeitsabläufe selbst ändern und dies in einem Unternehmenswiki vermerken. Wenn keiner widerspricht, wird fortan wie vorgeschlagen gearbeitet. Dieses Verfahren mag zwar hier und da zu Konflikten unter Mitarbeitern führen. Gleichzeitig hält es aber auch alle ständig dazu an, mit ineffizienten Routinen zu brechen und nach der intelligentesten Form der Zusammenarbeit zu suchen…. „

Die Leitbilder:
„Der Unternehmenswert Nummer eins: „Radikale Selbstorganisation. Bring dich ein!“ Nummer zwei: „Veränderung ist gut. Alles ist beta.“ Der dritte Wert der Aktiengesellschaft lautet: „Respekt. Für jeden.“… “   Zum Artikel in brandeins.

Teamgeist ist erfolgreich im Fußball

Aus Managementsicht hatten wir in den Wort-Meldungen schon Beiträge von Prof. Wolfgang jennewein zum Fußballereignis WM und was Unternehmen daraus lernen können, gebracht. Hier schreibt aus volkswirtschaftlicher Sicht ein ausgewiesener Experte, Heiner Flassbeck, von 2003 bis 2012 Chef-Volkswirt der UNCTAD.

16.07.2014, von Heiner Flassbeck
Teamgeist ist erfolgreich im Fußball. Warum begreifen wir das nicht für die Wirtschaft?
Teamgeist, sagen viele, war entscheidend für den Erfolg der deutschen Mannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft. Da ist was dran. Die Mannschaft spielte nicht nur besser Fußball als alle früheren Weltmeister aus Deutschland (ich persönlich schaue erst, seit Joachim Löw die Mannschaft übernommen hat, wieder gerne ein Spiel der Nationalmannschaft), sie macht auch im Erfolg einen ruhigen und nicht einen überheblichen Eindruck. Und was mir besonders gut gefallen hat: Die gesamte Mannschaft hat verinnerlicht, dass es das Team der Fußballer und das Team der Betreuer war, das den Erfolg gemeinsam errungen hat…

Zum Artikel des ehemaligen Chefvolkswirts der UNCTAD (Welthandelsorganisation der UNO).

Was Firmen (und Kirchen) vom Profi-Fußball in Sachen Führung und Kultur lernen können – Prof. Wolfgang Jennewein/St. Gallen.

Was Prof. Wolfgang Jennewein von der Uni St. Gallen bezüglich des gegenüber dem Sport vergleichsweise rückständigen Managements in Firmen sagt, kann auch auf die Kirchen übertragen werden und lautet dann: „Der Profi-Fußball ist Kirchen weit voraus“. Jennewein stellt das am Beispiel Fussball dar. Trainer wie Jürgen Klopp, Jürgen Klinsmann, Joachim (Jogi) Löw gelten als Musterbeispiele eines neuen, anderen, erfolgsorientierten Managements. Im Basketball wäre Holger Geschwindner, der Trainer von Dirk Novitzky, Beispiel eines neuen, erfolgreichen Managertyps. Über Letzteren brachte das Deutsche Pfarrerblatt ein Interview im Rahmen der Serie „Fragen und Probleme rund um kirchliche Reformprozesse“, dessen Aussagen sich teilweise mit dem decken, was Prof. Wolfgang Jennewein vom Management fordert.

Man kann und sollte fragen: warum gerade im Sport? Warum kann sich gerade im Sport ein neues, an Erfolg orientiertes Management etablieren? Warum hinken die Firmen, warum hinkt die Kirche abgeschlagen hinterher? Ich mutmaße, dass es daher kommt, dass im Sport der Erfolg schnell und klar und eindeutig sichtbar wird. Da kommt es also  – ganz entsprechend gutem Management – auf Resultate an. Und es reicht im Sport nicht, davon nur zu reden. Und der Misserfolg lässt sich nicht kaschieren. Insofern bekommen dann auch völlig unorthodoxe „Manager“ eine Chance – wenn sie ’nur‘ Erfolg haben. Das ist in Unternehmen, das ist auch in der Kirche anders. Da folgt man lieber einer „rechten“, einer orthodoxen Managementauffassung. Und in diesem Mainstream fühlt man sich sicher, jedenfalls kann man so jede Kritik abwehren. Denn man macht ja nur das, was alle machen. Solche Systeme sind also nicht nur wenig innovativ, sie sind auch noch träge und reaktionsschwach. Eine Reaktionsschwäche,  die in der Kirche etwa am Beispiel des Umgangs mit den Folgen – soll man sagen Trümmern ? – des Reformprozesses „Kirche der Freiheit“ anschaulich wird. (FS).

Doch nun zum Thema: was Firmen (und Kirchen) vom Profi-Fussball lernen können. Wir zitieren Prof. Wolfgang Jennewein aus unterschiedlichen Quellen:

12./13. Juli 2014, Interview von Harlad Freiberger in der SZ

…F: Was heißt das übertragen auf das Management?
J: Wichtig ist es, vom Individuum Offenheit zu verlangen. Die Zeit der Spezialisten ist vorbei, Unternehmen brauchen mehr Generalisten, die alles können – so wie im Fußball der moderne Sechser. Er ist der Spielmacher, aber auch defensiv entscheidend. Das heißt: Der Chef muss nicht nur Finanzen beherrschen, wie das über Jahrzehnte der Fall war, sondern auch die Bereiche Produktion und Verkaufen verstehen…

F: Wie kann ein Manager das Spielsystem wechseln?
J: Er muss davon wegkommen zu sagen, dass die Zukunft planbar ist – und hin dazu zu sagen: die Zukunft ist entwickelbar. Es reicht nicht mehr, einen Businessplan zu entwickeln, Ressourcen zu bestellen und so einzusetzen, dass es dem Ziel dient. Heute passiert jeden Tag etwas Neues, man muss stets neue Kompetenzen entwickeln. Gefordert ist Flexibilität, nicht blind wie der General den Plan durchzuexerzieren…

F: Meinen Sie, dass Spitzentrainer da weiter sind als die Spitzenmanager?
J: Der Profi-Fußball ist Firmen weit voraus – um Jahre in Sachen Führung und Kultur…

Zum selben Thema von Prof. Jennewein aus weiteren Quellen: Von Reiseleitern und Fußballtrainern – Prof. Dr. Wolfgang Jenewein zu «Führung in Wandel»

Selbstreflexion und Selbstaktualisierung
«Erfolgreiche Führungskräfte besitzen zwei Eigenschaften: Selbstreflexion und Selbstaktualisierung», sagte Jenewein. Sie würden sich immer weiterentwickeln und veränderten Situationen anpassen. Heute, wo die Komplexität in der Arbeitswelt steige, sich die Umwelt ständig verändere, sei die Weisheit der Vielen gefragt. «Im Management ist die Zeit der Super-CEOs vorbei. In einer komplexen Welt brauchst du Leute, die mitdenken.»
Sein Beispiel: Fußball. Dort habe in den vergangenen Jahren der Tiki-Taka-Fußball der Spanier dominiert. Ein Spielsystem, bei dem alle Abteilungen mit einander vernetzt sind und als eine Einheit, ein «Hochgeschwindigkeitsschwarm» auftreten. Dies sei auch in Unternehmen wichtig. Außerdem solle jeder Mitarbeiter, genau wie jeder Fußballer, immer das Warum einer Aktion vom Teamchef erklärt bekommen. «Viele Organisationen bewegen sich heute vor allem auf der Was-Ebene». Es gehe nur darum, was zu tun ist, nicht um die Gründe. «Wenn Sie über Jahre hinweg aber nur ‹Was› bekommen, denken Sie irgendwann nicht mehr mit.» Zum Artikel.

Für den Erfolg braucht es also eine Vision und die entsprechenden Strukturen?

Erfolg kann man nicht planen. Aber man kann Leistung planen, die dann hoffentlich zum Erfolg führt. Unter dem Plan verstehe ich nicht ein fünfzigseitiges Strategiepapier, das kaum einer gelesen hat und die paar wenigen, die es tatsächlich gelesen haben, nicht verstehen. Ein guter Plan ist leicht verständlich und lässt sich ohne Probleme teilen. Was ebenfalls wichtig ist, aber oft unterschätzt wird, ist die Kultur im Unternehmen, das Gefühl für das Miteinander, auch «Social Glue» genannt. Das ist wichtig, damit die Organisation nicht bei der ersten Krise auseinanderfällt. Zum Artikel.

 

Organisation und Moral – Rezension des Buchs von Prof. Günter Ortmann (Thema des Monats)

Organisation beschert ungeahnte Effizienz und enorm gesteigerte Vermögen – Fähigkeiten, Ressourcen, Kompetenzen. Das hat in eine Konstellation geführt, die der Autor mit Günther Anders (1980) prometheisch nennt: „Wir können mehr – weit mehr! -, als wir verantworten können.“ (23) Während Anders das noch vor allem auf die technischen Möglichkeiten der Menschen gemünzt hat (Die Menschen stehen in „prometheischer“ Scham vor der glitzernden Perfektion, dem glänzenden Funktionieren ihrer Maschinen …) bezieht Ortmann es nun auch auf Organisationen. Er bezeichnet diese als Orte normaler moralischer Katastrophen, als Moralverdrängungsmaschinen und Legitimationsfabriken.“ Lesen Sie die Rezension. Lesen Sie die Rezension.

Managementfehler der katholischen Kirche (Thema des Monats)

Theologe und Unternehmer Ulrich Hemel über: Managementfehler der katholischen Kirche
von Dieter Schnaas und Christopher Schwarz

Der Theologe und Unternehmer Ulrich Hemel über die Schwierigkeiten der Amtskirche, die hausgemachten Probleme zu managen.

WirtschaftsWoche: Herr Hemel, es gibt Umfragen, nach denen nur noch jeder vierte Katholik seine Kirche für eine vertrauenswürdige Institution hält. Ein Autobauer würde einen solch gravierenden Verlust der Kundenbindung nicht überleben. Wie steht es um die Zukunft des Moralunternehmens Kirche?…

Sprechen wir von der Amtskirche und ihren Managementfehlern. Die Bilanz des Vorstandsvorsitzenden, Papst Benedikt XVI., fällt verheerend aus. Die Duldung der Piusbruderschaft, der Holocaust-Leugner Williamson, die Missbrauchsfälle, die Lügen Bischof Mixas – was steckt dahinter?
Hier kommt vieles zusammen. Hervorzuheben ist eine Form von Neoklerikalismus, die mit Papst Benedikt XVI. verstärkt wurde. Die Amtskirche geriert sich, als sei sie die einzige, „wahre“ Kirche – und die Unterscheidung der Amtsträger von den Gläubigen wird so stark markiert, dass der Kern des Glaubens aus dem Blick zu geraten droht. Der Macht-, Repräsentations-, Kontroll- und Deutungsanspruch des kirchlichen Amtes ist so groß, dass sie der anderen Kirche, der Kirche der Glaubensgemeinschaft, zu der sie schließlich auch selbst gehört, die Luft zum Atmen nimmt. Zum Interview.