Schlagwort-Archive: EKD-Reformprozess

Den Weg der Reorganisation positiv gestalten. Eröffnung der 2. Fachtagung der Land-Kirchen-Konferenz. Von Thies Gundlach

33/2016 wort-meldungen, Vortrag von 2015

a) Einmal der rein organisatorische Umbau. Ihm zugrunde liegt das Ziel, die Finanzen besser aufzustellen, die Organisationsabläufe effektiver zu gestalten, die vielen Hierachieebenen und teuren Overheadkosten abzubauen. So wichtig und unerlässlich diese Umbauten auch weiterhin sind, wir müssen uns eingestehen, dass die Verheißungen des Umbauens in aller Regel nicht so erreicht werden wie gedacht. Denn zum einen kostet das Umbauen viel Kraft, und zum anderen sind die Einsparergebnisse durchaus überschaubar und jedenfalls nicht geeignet, Plausibilität gerade für die Skeptiker der Fusion zu schaffen. Darüber hinaus verbindet sich damit oft eine Arbeitsverdichtung…

Allerdings wird man auch hier nüchtern bleiben müssen: Denn die Erfolge missionarischer Arbeit sind – ich spreche vorsichtig – recht überschaubar. Trotz aller Bemühungen erreichen wir letztlich nur wenige neue Mitglieder. Das hat sicher damit zu tun, dass wir nun einmal in einer schwierigen Phase der Gottesvergessenheit und Glaubenserschöpfung leben. Das in »Kirche der Freiheit« festgestellte religiöse Interesse hat nicht – wie damals erhofft – zu einer Wiederkehr der Religion geführt. Das Wachsen gegen den Trend ist ausgeblieben. … Zum Vortrag von Thies Gundlach, vgl. S. 57,58.

Nachgefragt bei der EKD: Wo bleibt die Zwischenbilanz der EKD-Reform-Steuerungsgruppe?

09/2015

Bericht über die 13. Sitzung der EKD Reform-Steuerungsgruppe auf dem EKD-Portal:

„Die Steuerungsgruppe kam am 24. März 2015 in Hannover zu ihrer 13. Sitzung zusammen.

U.a. folgende Themen standen im Mittelpunkt der Beratung:

Zwischenbilanz Reformprozess

Hierzu wurde ein Text erarbeitet, der nach der Beratung weiteren externen Personen und Institutionen (u.a. dem Rat) zur Kommentierung vorgelegt wird. Diese Zwischenbilanz soll die Entwicklung des Reformprozesses nach acht Jahren unter folgenden Fragestellungen skizzieren:

Was ist durch das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ angeregt worden?
Welche Thesen bzw. Ziele waren überzogen? Welche sind erreicht worden? Welche sind nicht im Blick gewesen?“ Zum Portal.

Am. F.S.: Leider ist dieser sicherlich spannende und in mehrfacher Hinsicht aufschlussreiche Bericht noch immer nicht veröffentlicht oder öffentlich zugänglich.
Lesen Sie daher bis zum Erscheinen der EKD- Zwischenbilanz:
Eine Zwischenbilanz zum kirchlichen Impulsprozess »Kirche der Freiheit«
im Deutschen Pfarrerblatt 01/2014 von Friedhelm Schneider

 

Kirchenpräsident Jung/EKHN: Parole „Wachsen gegen den Trend“ hat viel Druck gemacht und keinen Nutzen gebracht. Und: „Niemand wagt heute mehr eine Finanzprognose“

08/2015

„Die Parole „Wachsen gegen den Trend“ habe viel Druck gemacht und keinen Nutzen gebracht.“ Von Pollack zitiert er: „Weil ihr als Evangelische Kirche so gut und flexibel arbeitet hab ihr noch die Stärke, die ihr jetzt habt. In den Niederlanden gibt es keine Volkskirche mehr…“

Jung distanziert sich vom Impulspapier „Kirche der Freiheit“ und der darin enthaltenen „einfachen Formel“ wonach in einem gegebenen Jahr 2030 die Mitgliederzahl und Finanzkraft der Kirche sinken würden: „Niemand wagt heute mehr eine Finanzprognose. Die tatsächliche Entwicklung der Finanzkraft hat sich zum Glück nicht so bestätigt wie prognostiziert. Die Finanzkraft sei nicht nur von der Mitgliederzahl abhängig. Bei guter wirtschaftlicher Situation verzeichnet die ev. Kirche auch bei Mitgliederschwund hohe Einnahmen.“

Meine KP Jung in einem Vortrag vor der Dekanatssynode Darmstadt-Stadt am 12.06.15.

Anm. F.S.: Die geistliche Leitung glaube also nicht mehr an Finanzprognosen. Die Aussage mag für einige des Personenkreises zutreffen. Sie stimmt aber sicher nicht durchgängig. Erst im Juli hörte ich den Vortrag eines Personaldezernenten, dessen Präsentationsfolien noch völlig unberührt von derartigen neuen Erkenntnissen das Reformcredo der Finanzprognose repetierte. Und ob EKD Finanzchef Thomas Begrich seine Prognose-Charts, mit denen er jahrelang Kirchenversammlungen und Reformzirkel belehrte, in den Ordner „Museum Kirchenreform“ ablegt, sei auch noch dahingestellt. Die Formel ist leider so einfach, dass sie in jedes Hirn hineinpasste. Und über mehr als ein Jahrzehnt hin litaneiartig bei jeder möglichen oder unmöglichen Gelegenheit als Frohbotschaft verkündet wurde. Sie wird also noch lange in den Köpfen kirchendepressionsfördernd wirken.

Wichtiger als schnell aus der Depression herauszukommen, ist aber zunächst mal eine klare Analyse. Erkannt wurde von einigen: die Finanzprognosen sind empirisch nicht zutreffend. Das ist aber gar nicht die entscheidende Frage! Die entscheidende Frage, das entscheidende Problem liegt doch darin, dass man darauf, auf Prognosen also,  eine Managementstrategie aufgebaut hat.  Ein solches Managementkonzept wäre auch falsch, wenn die Prognosen eingetroffen wären! Wir erinnern noch einmal die einfache Formel: im Jahr 2030 sind wir Evangelischen viel kleiner (noch 70% Mitglieder). Managementkonzept:  bauen wir doch schon mal heute das Personal entsprechend ab, reduzieren wir doch schon mal heute die Kirchen, Gemeindehäuser, Pfarrhäuser, Kindergärten, Tagungshäuser etc. . Konzentrieren uns auf Kernkompetenzen und Strukturreformen (Peter Barrenstein, McKinsey).  Übertragen auf ein Unternehmen wie VW würde das heißen: auf die (fiktive) Prognose, dass im Jahr 2030 das Absatz des Golf um 30% zurückgeht, hätte VW- Chef Winterkorn schon 2010/2005 angefangen, die Produktionsstätten des Golf drastisch abzubauen. Was wäre daraufhin bei VW  passiert?  Winterkorn hätte seinen Hut nehmen müssen, und zwar sofort. In der Kirche läuft das anders… Verantwortung? War da was…? Die Verantwortlichen gehen eh bald in Ruhestand…

Die alte, einfache, zu einfache Strategie auf der Basis der Prognosen ist also empirisch durch die Kirchensteuerentwicklung falsifiziert. Was aber fehlt ist eine der evangelischen Tradition, der evangelischen Kultur wie auch den Anforderungen der heutigen Zeit (digitale Welt) angemessene Kirchenstrategie. Man darf gespannt sein, wie lange es braucht, bis eine solche entwickelt sein wird. Erst mal sind wir ja mit dem Reformationsjubiläum beschäftigt. Danach…?

Kommentare zur Online-Petition des Wormser Wortes

Seit 29.12.14 steht das Wormser Wort als Online-Petition im Netz. An dieser Stelle veröffentlichen wir dort platzierte Kommentare zur Petition:

Harald W.
Ich habe unterzeichnet, weil ich seit 13 Jahren Kirchengemeinderat bin, und diese Entwicklung mit Sorge beobachte. Unsere Daseinsberechtigung ist die Verbreitung des Evangeliums, somit sind wir eine Vertriebsgesellschaft mit der tollsten Ware, die man sich vorstellen kann. Aber wir stellen den Vertrieb auf den Außenstellen ein, und werden somit unserem Auftrag nicht mehr gerecht. Lasst uns umkehren, und uns nicht selbst Abschaffen.

Dr. Hans-Jürgen F.
Ich habe unterzeichnet, weil der Reformprozess eine Anpassung von Kirche und Gemeinde an die entsolidarisierte vermarktlichte Gesellschaft erreichen will anstatt aus der Friedlichen Revolution in der DDR zu lernen, in der die Kirche die treibende Kraft war, weil sie eine klare Alternative zur totalitär verstaatlichten Gesellschaft des SED-Staates bot. Heute käme es darauf an, eine solidarische Alternative zur nahezu totalitär vermarktlichten Gesellschaft zu gestalten.

Michael R.
Ich habe unterzeichnet, weil für mich das Leben in und mit meiner Gemeinde für mich von überragender Bedeutung ist und ich durch die ins Auge gefassten organisatorischen Änderungen, die letztlich nur dem wirtschaftlichen Denken geschuldet sind, die große Gefahr einer zunehmenden Anonymiesierung des Gemeindelebens entstehen sehe. Ich denke, es wäre wahrhaftiger, wenn die Landeskirche ihren Gemeinden sagen würden, dass diese zum Teil den Aufwand für Ihre Seelsorger selbst tragen sollten.

Dorothea u Fritz R.
wie in der Politik hat sich die Leitungsebene der Kirche längst von der Basis entfernt Wir als Laien wollen uns den Menschen in unserer Gemeinde zuwenden. Kranke besuchen,mit Menschen seelsorgerlich über ihre Probleme sprechen, mit ihnen beten, Gruppen leiten, so lang man uns lässt und mit Gottes Hilfe versuchen, das Lebenslicht Jesu in das Leben der Menschen zu bringen und uns selbst immer wieder von diesem Licht die Kraft dazu holen

Bert D.
Die Lebensfähigkeit einer Kirche wird nicht bemessen durch ökonomische Effizienz, sondern durch gemeinsame Sinn-Entwicklung. Die Kirche muss lernen, die Schnittstelle zwischen ihrem Sinngrund und der ökonomisch definierten Welt zu gestalten. Das gelingt nicht durch das einfache Übernehmen der ökonomischen Prinzipien, weil sie dadurch ihren Sinngrund verlieren würde.

willi m.
Ich habe unterzeichnet, weil ich der Meinung bin,dass durch den kontinuirlichen Abbau von Pfarrstellen die Bindung zur Basis, zu den immer größer werdenden Gemeinden verloren geht. Gleichzeitig wird der Verwaltungsaufwand immer mehr aufgebläht. Das kann nicht Sinn und Zweck unserer Kirche sein, sondern in erster Linie sollte Seelsorge und Verkündigung stehen. 

Dirk H.
Menschen gehen uns durch Ihren Frust verloren. Als Kirche Jesu Christi müssen wir alle, in Ihren jeweiligen Lebenslagen beteiligen. Wir Leben von der Kirchenstruktur; von oben nach unten!

Hier noch ein Kommentar zum Text der Petition auf der Seite des Portals KirchenBunt:

Danke. Gut formuliert und präzise auf den Punkt gebracht.
Wolfgang Fleißner

 

Die neue Lust auf Leitung in der EKD

06.11.14, von Andreas Reinhold

Die Strategie der EKD hat nur ein Ziel: Strukturwandel durch Führung
Beitrag vom 6. November 2014 von Andreas Reinhold
“Machen wir uns nichts vor. Wenn Zukunft gestaltet werden soll, sind Sie gefragt. Die mittlere Führungsebene der EKD.”1) Was wie nach einem Marketingberater auf einer Motivationsveranstaltung der mittleren Managementebene klingt, ist auch einer. Denn mit diesem Satz beginnt Andreas Bauer von der Geyer & Bauer Marketingberatung aus Burgdorf seine Ansprache an die Superintendenten und Dekane im Workshop 8 “Transformation im Pfarrberuf”. Die EKD hatte im Mai diesen Jahres erstmals in ihrer Geschichte die Verantwortlichen der “mittleren Leitungsebene” zu einem Zukunftsforum nach Wuppertal eingeladen, “um gemeinsam die Frage zu bedenken, welche Herausforderungen anstehen und mit welchen Umbrüchen in der evangelischen Kirche des 21. Jahrhunderts in theologischer und organisatorischer Hinsicht gerechnet werden muss.”2) Auf der Website des “Zukunftforums 2014″ findet man den Satz von Bauer nicht. Überhaupt geht man dort sehr spärlich mit Informationen um. Wer nicht nur den Programmablauf dieser Tagung nachvollziehen will, sondern sich für die Inhalte interessiert, muss schon die entsprechende epd-Dokumentation bestellen, mitnichten ein Bestseller der kirchlichen Literatur, dafür umso aufschlussreicher. Denn gerade der zitierte Artikel scheint als Blaupause für eine Strategie der EKD zu dienen, wie die evangelische Kirche in ihrem Sinne umstrukturiert werden kann. “Transformation braucht Führung”3) – und die soll auf der Kirchenkreis- bzw. Dekanatsebene ausgeübt werden. Denn “die mittlere Leitungsebene erweist sich als diejenige Organisationsebene, auf der die Planungen für die Zukunft der Kirche am wirksamsten angegangen werden können.” 4)… Zum Artikel.

Zur Historie der Führungsakademie der EKD:

Prof. Haas nannte im Diakonie-Jahrbuch von 2002 (S. 97f.) sieben Gründe für die Etablierung einer (damals noch eher diakonisch gedachten) Führungsakademie:

  • Nachwuchsförderung und Managementschulung zur Bewältigung des sozialen Wandels
  • Aktualitätsbezogene Fortbildung, um den beschleunigten Wissensprozessen Rechnung zu tragen (Halbwertszeit von Wissen immer kürzer)
  • Vernetzung des diakonischen Managements durch Tagungen auf Bundesebene
    Austausch der Diakonie mit politischen und gesellschaftlichen Partnern auf institutionalisierter Ebene
  • Möglichkeit des Rückzugs, quasi-klösterliches Konzept (umstritten) FAKD als Ort der Mediation/Schlichtung bei unternehmerischen Spannungen in der Diakonie
  • Bildungsverantwortung für die eigenen Mitarbeitenden: Schaffung einer kohärenten Bildungsarchitektur (es gab hierzu in den Anfangsjahren der FAKD eine Initiative, die aber zwischenzeitlich wegen Partikularinteressen wieder eingeschlafen ist)

Die BAKD (Bundesakademie für Kirche und Diakonie) ging im Jahr 2006 durch den Beitritt des Gesellschafters EKD aus der ehemaligen Diakonischen Akademie Deutschland (DAD) hervor…

Die FAKD (Führungsakademie für Kirche und Diakonie) wurde am 4. Dezember 2006 gegründet…

In seiner Sitzung am 23. April 2010 hat der Rat beschlossen, das dritte Schwerpunkt-Thema im Reformprozess „Leitung und Führung“ stärker voranzutreiben und auf den Stand der Umsetzung der Themen „Mission in der Region“ und „Qualitätsentwicklung im Gottesdienst“ zu bringen. Zu diesem Zweck hat der Rat einen „Beirat für Leitungshandeln in der Evangelischen Kirche“ berufen. Zur Quelle, Zum Beauftragten des Rates der EKD für die inhaltliche Begleitung der Führungsakademie für Kirche und Diakonie wird Peter Barrenstein (McKinsey) berufen, später 2014 zum Vorstand. Zur Quelle.

Die EKD – ursprünglich nur mittelbar an der Führungsakademie für Kirche und Diakonie über einen Sitz im Aufsichtsrat der BAKD beteiligt – erwarb im Jahr 2012 eine Aktie an der FAKD und bekleidet nunmehr zwei Aufsichtsratsposten in der FAKD. …

Mehr dazu.

„Führungsakademie in neuem Gewand“
Nach einstimmigen Beschlüssen der Hauptversammlung der FAKD gAG und der Gesellschafterversammlung der BAKD gGmbH am 2. Juni 2014 wurde aus der der gemeinnützigen Aktiengesellschaft, der „FAKD gAG“, nun der Teil einer „gGmbH“.
Im Haus der EKD am Gendarmenmarkt wurde die „Führungsakademie für Kirche und Diakonie gAG“ nach 8 Jahren organisatorischer Selbständigkeit wieder mit der „Bundesakademie für Kirche und Diakonie gGmbH“ zusammengeführt. Zur Quelle. (FS).