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Mitlere Ebene/ Leitungsebene in der Region

EKiR: Januarsynode: „Leichtes Gepäck“, Rundschreiben 36

01/2018, LS 2018  Drucksache 32: „AG Leichtes Gepäck“

„Leichtes Gepäck“ für wen?
Die Kirchenkreisverwaltung als Zentrum der Kirche

Von Pfr. i.R. Manfred Alberti

Wer wissen will, wie es um die Rheinische Kirche steht und wie es weitergeht, der braucht nicht auf den Präsesbericht zur Landessynode zu warten, sondern lese aufmerksam die Vorlage 32 in den Synodendokumenten zu dem Großprojekt „Leichtes Gepäck“. Sie offenbart zwischen den Zeilen sehr deutlich, wohin die Reise der EKiR geht.
Kaum jemand hat sich vor fünf Jahren vorstellen können, dass die Presbyterien und Gemeinden als die bislang tragende Grundlage der Rheinischen Kirche innerhalb von fünf Jahren ihrer Kraft und ihres Einflusses beraubt werden könnten. Sie sind unwichtig geworden, so unwichtig, dass bei dem derzeitigen Großprojekt „Leichtes Gepäck“ kein einziger Vertreter aus der Gemeindebene, kein Presbyteriums-vorsitzender, kein Kirchmeister, kein Gemeindepfarrer mit am Tisch sitzt und Aspekte aus Gemeindesicht „von unten“ einbringen könnte. Die Gemeinden sind so unwichtig geworden, dass der Vorsitzende des Ausschusses seine Gespräche mit den Superintendenten und Verwaltungsleitern der Kirchenkreise als Gespräche mit der „Basis“ bezeichnen kann. Auch wenn dieser Arbeitskreis das Bewußtsein dafür schärfen möchte, dass die „Evangelische Kirche im Rheinland eine Gemeinde auf drei Ebenen“ ist (S. 20, unterstrichen im Original, Frage: Druckfehler oder theologischer Versuchsballon, um den Ebenen Kirchenkreis und Landeskirche die gleichen juristischen Rechte zuzuschieben, die eigentlich alleine den Gemeinden als „öffentlich – rechtliche Körperschaften“ zukommen?), kommt die Gemeindeebene nur ganz nebensächlich am Rande vor, wenn sie überhaupt irgendwo erwähnt wird.
Die Schwerpunkte in der Kirche haben sich verschoben: Die mittlere Ebene hat fast alle Kompetenzen der Gemeindebene an sich gezogen.
Und nun möchte sie, vor allem die Verwaltungsleitung, auch die (fast) alleinige Aufsichtsebene über die Gemeinden werden.
Da ist das Programm „Leichtes Gepäck“ eine gute Gelegenheit, die Aufsicht des Landeskirchenamtes über die Gemeinden weitgehend loszuwerden und auf die Kirchenkreise zu übertragen.
Mit dem Wunsch nach Bürokratieabbau kann man überall offene Türen einrennen. Und der Abbau überholter und überflüssiger Gesetze war und ist ein sicher gut gemeinter und wichtiger Wunsch der Kirchenleitung und der Landessynode an dieses Programm: Oft überholtes, schweres Gepäck zu erleichtern.
Doch was ist wirklich überflüssig? In den ersten Semestern des Theologiestudiums lernt man, dass Gebote und Gesetze im Kern oft das Ziel haben, die unbegrenzte Macht der Mächtigen zum Schutz der Schwächeren zu begrenzen: Das Gebot, den Feiertag zu heiligen, ist ein Schutzgebot mit dem Recht auf einen freien Tag in der Woche zur Erholung: nicht nur für Gottesdienstbesucher, sondern auch für das Vieh, das keinen Gottesdienst braucht.
Was ist dann die Konsequenz, wenn (kirchliche) Gesetze weitgehend durch Vorschlagsregelungen ersetzt werden soll und wenn die Kirchenordnung und das Lebensordnungsgesetz reduziert werden auf wenige Leitlinien? Gut ist sicher die Vielfalt der Möglichkeiten, die dann offenstehen. Aber Schutzgesetze für die im kirchlichen Leben inzwischen wenig Mächtigen, wie die Presbyterien, Gemeinden, Mitarbeiter und Pfarrer oder auch Schutzregelungen für Minderheiten, stehen in Gefahr, als überflüssiger Ballast verworfen zu werden.
Die kirchliche Mittelebene, die Kirchenkreisverwaltung, entscheidet dann anhand von Leitlinien oder Vorschlägen, was richtig ist. Diese Beschlussempfehlungen sollte das „Leitungsorgan“, also der Kreissynodalvorstand oder die Presbyterien, ohne Veränderungen wortwörtlich übernehmen. Ein solcher Beschluss gilt als genehmigt und braucht keine besondere kirchenamtliche Genehmigung durch Superintendenten oder die Landeskirche mehr (Leitlinie 1, S. 6).
Dieses Verfahren eines von der Verwaltung erarbeiteten Beschlussvorschlages, der mit einem Häkchen des Leitungsgremiums offiziell beschlossen wird, soll der Standard kirchlicher Verwaltung auf der Kirchenkreisebene werden. Über die offenbar kindliche Freude an dem Ausdruck „Von Anfang an Haken dran“ kann man sich beim Lesen köstlich amüsieren. Aber: Wie weit da Superintendent, Presbyter oder Pfarrer in den jeweiligen Vorbereitungsprozess eines Beschlusses einbezogen werden, das entscheidet die Verwaltungsleitung.
Bei vielen normalen Alltagsentscheidungen mag das ein gangbarer Weg sein. Aber viele Entscheidungen kirchlicher Gremien sind nicht Probleme, bei denen nur der richtige Paragraph herauszusuchen und anzuwenden wäre, sondern sind konfliktträchtige Entscheidungen, bei denen theologische Hintergründe, Gemeindeerfahrungen und Presbyteriumsziele eine zentrale Rolle spielen: Und diese Vorentscheidungen liegen dann in der Hand der kirchenkreislichen Verwaltungsleitung. Nicht mehr der Beschluss des Presbyteriums oder des KSV wird verwaltungsmässig umgesetzt, sondern das Presbyterium hakt den Beschlussvorschlag der Verwaltung ab. So ist die Rheinische Kirche auf dem Wege zur Verwaltungskirche. Presbyteriale und synodale Entscheidungen sind nur noch nach Vorgabe der Verwaltung möglich.
Solche Verwaltungsherrschaft sollte man beim Lesen der Vorlage 32 immer im Hinterkopf haben: Bei dem „leichten Gepäck“, dem Aussetzen von Gesetzen geht es auch darum, vielleicht sogar für einige vorrangig, die Aufsicht des Landeskirchenamtes über die Kirchenkreisverwaltungen zu reduzieren bis auf einen notwendigen Rest, den man großzügig dem Landeskirchenamt überlässt: „Es gilt Felder auszumachen, die weiterhin einer besonderen Genehmigung der aufsichtsführenden Ebene, auch der Landeskirche, bedürfen.“ (S. 13)
Übersetzt bedeutet das: Nachdem die Gemeinden und Presbyterien ihre Macht weitgehend an die Kirchenkreisverwaltung verloren haben, soll nun auch der Einfluss von oben, die Aufsicht über die Gemeinden durch das Landeskirchenamt weitgehend reduziert werden. Der Verwaltungsleiter im Kirchenkreis wird übermächtig: Weder das Landeskirchenamt oben noch die Gemeinden und Presbyterien unten haben Macht über ihn. In einer presbyterial-synodalen geprägten Kirche eine erstaunliche Machtverschiebung.
Aber da ist ja noch der Superintendent oder die Superintendentin, auch wenn er schlechter bezahlt wird als mancher Verwaltungsleiter: Haben die vielleicht…. Solchen Träumen schiebt die Vorlage 32 konsequent einen Riegel vor (S. 13): Da die Superintendentur nach dem Verwaltungsstrukturgesetz Teil der Kirchenkreisverwaltung sei, müssten „die gleichen Abteilungen, die den Leitungsgremien zuarbeiten, ebenso der Aufsicht zuarbeiten“. Doppelarbeit könne man sich selbstverständlich sparen, denn bei der Aufsicht durch die gleichen Mitarbeiter kann nichts anderes herauskommen als beim Beschlussvorschlag. Herrlich: Die Verwaltung ist ihre eigene Aufsicht!
Aber stimmt dieser Grundgedanke überhaupt? Viele Entscheidungen sind subjektiv geprägt, aus Kirchenkreissicht oder Gemeindesicht! Müsste nicht die Aufsichtsfunktion des Superintendenten gerade die Funktion haben, kritisch auch die Verwaltungssicht zu beurteilen? Verwaltungssicht ist oft nicht Gemeindesicht!
Auf gut Deutsch: Dadurch dass er keine eigenen, ihm alleine unterstellten und ihm zuarbeitenden sachkundigen Mitarbeiter mehr hat, kann der Superintendent seiner Aufsichtsfunktion nur schwer noch nachkommen: Sie ist damit in den Augen der AG „Leichtes Gepäck“ weitgehend überflüssig geworden, wenn die Kirchenkreisverwaltung mit den gleichen Mitarbeitern gleichzeitig Entwurf und Aufsicht erarbeitet.
Wie ein mit vier Superintendenten besetzter Arbeitskreis eine solche faktische Entmündigung des Superintendentenamtes durch die Verwaltung mit tragen kann, ist mir schlicht unerklärlich. Wird der Superintendent bald nur noch repräsentative Aufgaben haben und der Verwaltungsleiter hat die gestaltende Macht? Die Aufsichtsfunktion des Superintendenten in der Dienst- und Fachaufsicht über die Verwaltungsleitung muss gerade dann gestärkt werden, wenn die Aufsichtsfunktion des LKA über die Gemeinden gestrichen wird und alleine an die Kirchenkreisverwaltungen übergehen soll (Punkt 5.1.1. S. 12).
Sieht so die Kirche der Zukunft aus? Die Aufsichtsfunktion des LKA oben ist weitgehend abgeschafft, die Gemeinden unten haben eh keine Rechte mehr und wo sie noch Rechte haben, wie beim Haushalt, wird die Haushaltserstellung so schwierig und kompliziert gemacht, dass sie kaum noch ein Presbyter oder Pfarrer verstehen kann.
Selbständiges, eigenverantwortliches Arbeiten ohne Kontrolle! Wer freut sich nicht über einen solchen Arbeitsplatz? Das ist wirklich für die Kirchenkreisverwaltung ein Arbeiten mit „Leichtem Gepäck“. Dass die Umstellung für die Gemeinden erst einmal wieder mit Mehrkosten verbunden ist, verschweigt die Vorlage nicht (Punkt 6, S. 20)

Aber Ist der Abbau von Aufsichts- und Kontrollfunktionen wirklich der richtige Weg? Die Rheinische Kirche kann doch nun ein leidvolles Lied singen, wohin fehlende Aufsicht und Kontrolle führen kann. Sind die 20 Mio. verlorenen Euro für das BBZ schon vergessen?
Und der Wuppertaler Vorgängerkirchenkreis Elberfeld hatte z.B. vor Jahren gegen laute Warnungen auf der Kreissynode für ein Werk des Kirchenkreises eine Satzung beschlossen, die keine Aufsicht und Kontrolle für den Geschäftsführer beinhaltete. „Vertrauen“ sollte das massgebliche kirchliche Stichwort sein. Zwei Jahre später war das Vertrauen plötzlich weg, denn der Geschäftsführer wurde von der Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachtes festgesetzt.
Gerade wenn es bei Bau- und Reparaturmassnahmen um tausende oder Millionen € geht, sollte man durch eine effizientes Kontroll- und Aufsichtssystem jeden Mitarbeiter davor schützen, in einen Korruptionsskandal verwickelt zu werden. Aufsicht hat auch eine Schutzfunktion. Weitgehender Verzicht auf Kontrolle und Aufsicht und Reduzierungen bei der Rechnungsprüfung sind die völlig falschen Signale, auch in der Kirche.
Gerade eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Alltag erfordert eine davon unabhängige strukturierte und verlässliche Aufsicht. Kontrolle darf nicht gleichzeitig als Bruch vertrauensvoller Zusammenarbeit verstanden werden.
„Leichtes Gepäck“ ohne veraltete und heute überflüssige Regelungen ist eine tolle Idee, „leichtes Gepäck“ mit Aushebeln von Kontroll- und Aufsichtsfunktionen kann leicht zur Katastrophe werden. Gemeinden, Mitarbeiter, Presbyter und Pfarrer dürfen nicht den kirchlichen Gestaltungsvorstellungen eines mächtigen Kirchenkreisverwaltungsleiters ausgeliefert sein.
Die tendenzielle Schräglage dieser Vorlage 32 wird unfreiwillig offenbart in dem drittletzten Satz des Papiers im Abschnitt „7. Mentalitätswandel“ (S. 20). Dort wird mehr „Zutrauen in die Fähigkeit handelnder Personen“ gefordert:
im Blick des Landeskirchenamtes auf die Kirchenkreise und Gemeinden, und
im Blick der Gemeinden auf das Landeskirchenamt und den Kirchenkreis.
Merkwürdig: Der eigentlich logische dritte Satz fehlt, dass von den Kirchenkreisen mehr Zutrauen in die Fähigkeit handelnder Personen in den Gemeinden und im Landeskirchenamt gefordert wird. Zufall oder Absicht? Ist bei den Kirchenkreisen kein Mentalitätswandel gerade in Bezug auf Kompetenzen der Gemeinden, der Presbyterien, der Gemeindepfarrer und Gemeindepfarrerinnen angebracht? Es ist leicht, aber auch verräterisch, nur auf die Splitter in den Augen der anderen zu verweisen (Mt. 7,3).
Die Absicht des Projektes „Mit leichtem Gepäck“, überholte Regelungen, Vorschriften, Ordnungen und Gesetze zu streichen, ist sicher notwendig und unterstützenswert. Aber diese offensichtlich sehr egoistisch aus der Sicht der Kirchenkreisinteressen erarbeitete Vorlage 32 braucht dringend eine professionelle Überarbeitung aus Sicht der Gemeinden: Sonst werden nur alte Schwächen ersetzt durch neue Schwächen.

Meines Erachtens sind mindestens folgende Korrekturen notwendig:
1. Das Vorhaben „Leichtes Gepäck“ darf nicht unter der Hand zu einer Machtausweitung der mittleren Ebene der EKiR gegenüber der oberen Ebene führen, nachdem die untere Gemeinde- und Presbyteriumsebene in den vergangenen fünf Jahren schon nahezu jegliche Macht an die mittlere Ebene abgeben musste. Auf der Ebene der Landeskirche ist deshalb eine effektive Aufsicht über den Kirchenkreis als eine Schutzfunktion für Gemeindeinteressen (auch Mitarbeiter- und Pfarrerinteressen) notwendig.
2. Starke Kontrollmechanismen sind unaufgebbar: Die EKiR wie auch einzelne Kirchenkreise haben sehr bittere und teure Erfahrungen gemacht mit zu viel unkontrolliertem Vertrauen in Mitarbeiter.
3. Mitarbeiter oder Leiter einer Kirchenkreisverwaltung sind durch die Vergaben von Aufträgen mit zum Teil erheblichem finanziellem Aufwand in besonderem Maße gefährdet, durch Korruption Schaden für den Kirchenkreis oder einzelne Gemeinden entstehen zu lassen. Es wäre unverantwortlich, hier auf effektive Kontrollmechanismen zu verzichten.
4. Angesichts der deutlichen Verringerung der Aufsicht müssen für alle Gemeindeglieder auf allen Ebenen niedrigschwellige Interventions-möglichkeiten geschaffen werden, um die vielschichtigen Interessen auf der wichtigsten Ebene der Kirche, der Gemeindebene, wahren zu können.
5. Verwaltung im Kirchenkreis ist nicht nur an Gesetze gebundene Verwaltungsarbeit. Ein Gespür für den immer vorhandenen theologischen Hintergrund zu haben, zählt nicht unbedingt zu den praktikablen Einstellungsvoraussetzungen für Mitarbeiter und Leiter. Auch in diesem Sinne ist eine besondere Aufmerksamkeit auf Aufsicht und Kontrolle angebracht.
6. Angesichts der drastischen Abwertung der Gemeindeebene in diesem Papier muss die Autorenschaft dringend erweitert werden um in der Gemeindeebene verwurzelte Gemeindepfarrer, Kirchmeister und Presbyteriumsvorsitzende. Die mittlere Ebene der Superintendenten darf nicht für sich in Anspruch nehmen, alleine die Gemeindebene mit zu vertreten: Ihre Interessen können deutlich andere sein als die Interessen der Gemeinden. (Beispiel: Ausweitung der Verwaltungsebene auf Kosten der Gemeindearbeit)
7. In diesem Papier fehlt die Reflexion, dass die mittlere und obere Ebene unserer Kirche eine dienende Funktion für die Gemeinden und die Gemeindeglieder haben muss. Diese tragen die Kirche mit ihren Kirchensteuern und Spenden, sie tragen die Kirche mit ehrenamtlicher Arbeit, sie tragen die Kirche mit ihren Gottesdiensten, Andachten, Gebeten, sie tragen die Kirche mit ihren Gesprächen und mit ihren missionarischen Aktivitäten. Die mittlere und die obere Ebene haben vor allem die Aufgabe, diese Arbeit zu ermöglichen und so gut wie möglich zu unterstützen. Eine Kirche mit bester Verwaltung könnte nicht existieren, wenn es keine Gemeindeglieder mehr gibt: Das Wohl der Gemeindeglieder, das Wohl der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in der Gemeindearbeit, das Wohl der Verkündigung des Evangeliums muss das Hauptziel aller Mitarbeitenden in der mittleren und oberen Ebene der Kirche im Rheinland sein. In diesem Sinne sind in diesem Papier deutliche Korrekturen angebracht.
In dem 2017 in zweiter Auflage erschienenen Buch von Gisela Kittel und Eberhard Mechels „Kirche der Reformation? Erfahrungen mit dem Reformprozess und die Notwendigkeit der Umkehr, Göttingen 2017² “ beschäftigen sich mehrere Aufsätze u.a. mit Entwicklungen in der Rheinischen Kirche und der Synodenarbeit.

„Kirchentheoretisch unterkomplex“. Neuer Reformprozess „Profil und Konzentration“ in der ELK Bayern.

06/2017, Korrespondenzblatt, von Corinna Hektor, 1. Vors. Pfarrer- und Pfarrerinnenverein Bayern

Was verbirgt sich nun eigentlich hinter PuK, werde ich immer wieder gefragt. Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Auf alle Fälle eine Menge Begeisterung, große Aufbruchstimmung und die Hoffnung, damit alles zurückzulassen, was gerade Probleme, Ärger und Arbeit verursacht. Das ist schön zu sehen. Schwierig wird es, wenn man nachfragt, wohin es eigentlich gehen soll.

Wenn PuK umgesetzt wird, werden sich wohl neue Handlungs- und Entscheidungsebenen profi -lieren. Die mittlere Ebene wird viel stärker werden. Das hat den Vorteil, dass deutlich schneller und unabhängiger entschieden werden kann; wenn es gut geht passend zur Situation am Ort. Es birgt aber auch die Gefahr, dass damit ohne die Kontrolle einer zentralen Regelung und starken Gemeinden  KORRESPONDENZBLATT S. 97 Nr. 6 Juni 17 mit festen Stellen DekanInnen und Dekanatsausschüsse entscheiden…

mehr dazu, vgl. S. 96

Diskussionskultur der Kirche

Auch im Papier selbst. „Kirchentheoretisch unterkomplex“ hat es ein Vertreter der Fakultäten in der Diskussion genannt. Das erinnert an seinen geistigen Vorgänger „Kirche der Freiheit“, das man in Bayern mit guten Gründen nicht adaptierte und auf EKD-Ebene heute so auch nicht mehr machen würde – ebenso wie der Reflex, Kritik mit dem Hinweis zu begegnen, es sei ja nur ein Impuls – und gleichzeitig den Anspruch zu erheben eine umsetzbare Strategie entwickelt zu haben.

mehr dazu, vgl. S. 97

EKKW: Landessynode beschließt Einführung von Pfarrstellenbudgets.

05/2017

Hofgeismar (medio). Die Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hat am Dienstag (25.4.) ein Kirchengesetz zur Einführung von so genannten Pfarrstellenbudgets verabschiedet… Künftig erhalten die Kirchenkreise für die Versorgung ihrer Gemeinden und für bestimmte regionale Aufgaben Pfarrstellenbudgets, die sie innerhalb ihres Gebietes verteilen können.  Mehr dazu.

Anm. F.S.: Interessant wäre die Frage, wie der Abbau der Pfarrstellen voranschreitet. Wie in der EKHN? Mit den „Pfarrstellenbudgets“ führt man ein neues Themenfeld ein. Darüber müssen die HörerInnen sich erst einmal informieren. Man lenkt so von der Beantwortung einer zentralen Frage, der des Pfarrstellenabbaus, ab. Gehört zum Kapitel Postfaktizität in der Kirche.

Verwaltungsdienstleistungen für Gemeinden zurückgefahren: manches geht nicht mehr.

04/2017, Remscheider Generalanzeiger

 

…„Wir haben im Gemeindeamt eine deutliche Arbeitsverdichtung festgestellt“, sagt Pfarrerin Manuela Melzer von der lutherischen Gemeinde. „Es ist stressiger geworden.“ …
Und manches geht eben nicht mehr: Früher suchten die Mitarbeiter des Gemeindeamts die Namen der Goldkonfirmanden aus den Kirchbüchern heraus, um sie anzusprechen und einzuladen. Tempi passati. …

 

Mehr dazu.

Petition in Sachsen: „Zurück auf Los – Strukturreform der Kirchenleitung stoppen – neu anfangen“

04/2017

„… so ist die Petition überschrieben, die die Landessynode Sachsens aufruft, die von der Kirchenleitung initiierte Strukturreform abzulehnen. In der Begründung heißt es u.a.: „Im Herbst 2016 hat die Kirchenleitung der Sächsischen Landeskirche mit dem Papier »Kirche mit Hoffnung in Sachsen« verfügt, daß sich alle sächsischen Kirchgemeinden zu »Struktureinheiten« mit mindestens 4000 Gemeindegliedern zusammenschließen müssen. Durch die Vereinigung von Gemeinden und die Bildung von Kirchspielen wird die rechtliche Selbständigkeit der Einzelgemeinden beendet.“…

Zur Petition.

Wir sind Kirche: »Stoppt die Gemeindefusionen!« – Gemeinde mit ca. 40.000 Mitgliedern vorhanden.

10.3.2017 – Publik-Forum
Die Kirchenreform-Bewegung »Wir sind Kirche« fordert den sofortigen Stopp von Gemeindefusionen. »Wir müssen gerade jetzt die Kirchengemeinden vor Ort stärken, statt sie zu immer größeren Einheiten zusammenzufassen und zu entpersönlichen«, sagte Magnus Lux, ein Sprecher der Bewegung, vor der Bundesversammlung der Reformer in Würzburg an diesem Wochenende. »Es gibt in Gelsenkirchen Gemeinden mit rund 40 000 Mitgliedern«, so Lux…

 

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„Am besten funktionieren kleine, überschaubare Einheiten.“ Ergebnis von Fusionen empirisch betrachtet.

11/2016, Korrespondenzblatt Bayern, aus: Corinna Hektor: „Geschafft. Wir bleiben dran.“

„…Die Mitgliedschaftsuntersuchungen sprechen eine deutliche Sprache. Sie passt zu den Erfahrungen der KollegInnen, zu den Wünschen von Kirchenvorständen, zu den Erkenntnisse aus der empirischen Sozialforschung: Am besten funktionieren kleine, überschaubare Einheiten;…
Dahinter steht die Überzeugung: Verkündigung und Seelsorge brauchen personale Beziehung. Das trägt. Dass das tatsächlich funktioniert, freut auch unseren Landesbischof, der auf Facebook begeistert schreibt, dass in Gollhofen die Zahl der Eintritte die der Austritte übersteigt und wie lebendig diese kleine Gemeinde sei…“

Abschnitt Entlastung, S. 146 (print),

Die (kath.) Pfarrerinitiative stellt ein erweitertes Lobinger-Modell zur Diskussion.

07/2016

Hintergrund: Die pastorale Situation ruft eklatant nach einer Neuorientierung. Die immer größer werdenden Seelsorgeeinheiten, oft mit zusätzlichen Administrationen für vakante Pfarreien verbunden, lassen dem Pfarrer nicht genügend Raum und Zeit für die Seelsorge…

Der vollständige Text.

Es geht nicht um Linderung, sondern um Heilung! Bischof Erwin Kräutler zum Priestermangel und seine Skepsis gegenüber XXL-Gemeinden

06/2016

Erwin Kräutler war 35 Jahre lang Bischof in Brasilien. Er wünscht sich mehr Mut für durchgreifende Reformen, vor allem bei der Zulassung zum Priesteramt. Denn jeden Sonntag Eucharistie zu feiern, sei wichtiger als alles andere.

Wie erleben Sie die Kirche in Deutschland und Österreich im Hinblick auf die pastoralen Veränderungen durch Priestermangel? Eher als mutlos oder eher als mutig? Ich gebe da nicht gerne ein Urteil ab, denn alle meine Erfahrungen habe ich in Brasilien gemacht, wo ich seit mehr als 50 Jahren tätig bin, 35 davon als Bischof. Aber dennoch möchte ich mich „outen“ und sagen, dass ich die Zusammenlegung traditioneller Pfarrgemeinden in Pfarrverbände mit großer Skepsis betrachte… Mehr dazu.

„Volkskirche qualitativ weiter entwickeln.“ Historie und zukünftige Ziele des Reformprozesses der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.

Hess. Pfarrerblatt 2 April 2016, von  Wolfgang Kallies Geschäftsführer des Reformprozesses,
Dr. Volker Mantey Vorsitzender des Zukunftsausschusses und des Begleitausschusses 2012 2015

Am 21. November 2011 beschloss die Landessynode einen Verfahrensvorschlag zur Posterioritätendiskussion. Sie beauftragte den Rat der Landeskirche, einen Ausschuss einzurichten, der einen Vorschlag zur Festlegung von sog. Posterioritäten erarbeiten sollte… Die inhaltliche Vorgabe für den Zukunftsausschuss lautete zunächst, 25% der Kosten zu identifizieren, die auf der Basis des landeskirchlichen Haushalts von 2010 als Referenzgröße bis 2026 zu reduzieren seien…

Das Leitmotiv des Prozesses und am Ende auch des Gesamtergebnisses wurde dem Gutachten der Theologischen Kammer zum Reformprozess entnommen: „Volkskirche qualitativ weiter entwickeln“. … Sechs Ausschüsse und Arbeitsgruppen, die alle Bereiche des kirchlichen Lebens im Haushalt unserer Landeskirche abbilden, entfalteten in der Folge die auf der Grundlage der Vorschläge des Zukunftsausschusses gefassten Beschlüsse inhaltlich und finanziell:… Insgesamt fanden inklusive mehrtägiger Klausuren 125 Sitzungen mit insgesamt 90 ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern statt. Zuarbeitende aus dem Landeskirchenamt, den Kirchenkreisen und anderen Gremien waren ca. 250 Personen…

Volkskirche qualitativ weiter entwickeln“ – was aus den Ergebnissen folgt. Mit den Beschlüssen der Synode im Herbst 2015 und dem Verlauf des Prozesses ergeben sich unseres Erachtens insbesondere für den Gemeindepfarrdienst folgende Konsequenzen:
a) … , die Anpassung von Gemeindepfarrstellen bleibt an der Entwicklung der Mitgliederzahlen orientiert, während für die Funktionspfarrstellen eine feste Reduktion beschlossen wurde. Damit zieht das Ergebnis Konsequenzen aus der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung hinsichtlich der vor allem lokalen und regionalen Wahrnehmung von Kirche. …

d) Der Duktus der Beschlüsse richtet sich auf eine Stärkung der Verantwortung in den Regionen (Kirchenkreise / Kooperationsräume). B…
e) Die Entscheidungen der Landessynode, sowohl Stellenpools in den Kirchenkreisen einzurichten, als auch das berufliche Profil der Diakoninnen und Diakone als explizit soziales Amt der Kirche weiterzuentwickeln, bedeutet mittelfristig einen Einstieg in „interprofessionelle Teams“ in regionalen Kooperationsräumen …
So wie sich die finanzielle Entwicklung und die des theologischen Nachwuchses absehen lässt, wird man in der Landeskirche mutmaßlich immer wieder einmal in die Lage kommen, in der zwar finanzielle Ressourcen für die Besetzung einer Pfarrstelle vorhanden sind, aber kein Personal. …
vgl. S. 43-47 (print)

 

Die Beschlüsse in der Kurz- und Langfassung finden Sie unter folgendem Link im Internet.