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Papst Franziskus will die Kirchenbürokratie umkrempeln.

14. Februar 2015, von Christiane Florin, DIE ZEIT

Papst Franziskus hat seine Kardinäle nach Rom bestellt, um über eine Reform der Kurie zu beraten. Wie arbeitet diese Verwaltung der Weltkirche eigentlich? 

„Wir wissen, dass es an diesem Heiligen Stuhl schon seit einigen Jahren viele gräuliche Missbräuche in geistlichen Dingen und Exzesse gegen die göttlichen Gebote gegeben hat, ja, dass eigentlich alles pervertiert worden ist. […] [Wir werden] jede Anstrengung unternehmen …, dass als erstes diese Kurie, von der das ganze Übel ausgegangen ist, reformiert wird.“

Klingt wie Franziskus, doch es war Papst Hadrian VI., der diese Diagnose vor rund 500 Jahren stellte. …  Zum Artikel.

Zur Kritik des Papstes an der Kurie: Der nächste Papst dankt ab. Von Dr. Roman Stöger.

Leserbrief SZ, 08.01.15, S.17 zum Artikel „Der Papst geißelt Kurie“ vom 23.12.14 (Leserbrief überschrieben dort: Zerstörtes Vertrauen)

mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Papst Franziskus hat nun also gesprochen und es waren deutliche Worte: Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, stellt er der Kurie, dem Vatikan und insbesondere dem Führungspersonal ein sehr schlechtes Zeugnis aus: Unfähigkeit zur Veränderung, Doppelmoral, Eitelkeit, Bigotterie und Machtgier. Eine solche Weihnachts-Ohrfeige hat das katholische Führungspersonal rund um den Petersdom in ihrer Geschichte wohl noch nie erhalten. Viele Katholiken werden spontan Zustimmung, Respekt und Erleichterung über diese Form der Kritik verspüren. Endlich spricht ein Papst aus, was Sache ist. Zu lange schon schweigt die Kirchenspitze über die Selbstzufriedenheit der kirchlichen Obrigkeit und deren Folgen: sinkende Glaubwürdigkeit, Zusammenbruch der Seelsorge, fatale Personalentscheidungen, Festhalten an tradierten Moralvorstellungen und Wirklichkeitsverweigerung am Beginn des dritten Jahrtausends.

Ebenso viele Katholiken werden mit dieser Weihnachts-Schelte auch die Hoffnung verbinden, dass sich in und mit der Kirche etwas ändert. Die mediale Resonanz für den Papst war auch durchwegs positiv und nicht selten wird vermutet, dass dies der Beginn eines durchgreifenden Wandlungsprozesses ist. Ich würde das zutiefst begrüssen, sehe aber die Äusserungen des Papstes als genaues Gegenteil. Es ist das Ende seiner Reformbemühungen und damit auch leider das inhaltliche (nicht zeitliche) Ende des Papsttums von Franziskus. Die Gründe dafür liegen nicht in der Theologie, sondern haben mit Organisation und Führung zu tun:

– Wenn der Papst die Kurie derart kritisiert, dann stellt er sich als Chef dieser Organisation selbst ins Abseits. Als Katholik erwarte ich mir vom Papst, dass er die Kurie in seinem Sinn verändert und führt – und nicht, dass er sie öffentlich blossstellt. Seine Kritik an den Kardinälen und dem Vatikan ist mindestens ebenso Kritik an seiner eigenen Führungsleistung und Dokument eines Gescheiterten.

– Mit dieser Art von Kritik hat er einen wichtigen Führungsgrundsatz zerstört, nämlich Vertrauen. Wie kann der Papst annehmen, dass er mit seinem Führungsapparat – der Kurie – noch vernünftig und konstruktiv zusammenarbeiten kann? Die Kurie wird ihn „auflaufen“ lassen und permanent ins Abseits stellen. Medial hat der Papst vielleicht gewonnen, organisatorisch hat er verloren.

Die Äusserungen des Papstes mögen aus seiner Sicht menschlich verständlich und für uns Katholiken nachvollziehbar und in gewissem Sinne auch sympathisch gewesen sein. Im Kern sagen sie aber leider etwas ganz anderes aus: Der Papst wollte Kurie und Kirche verändern und hat jetzt als Führungsperson abgedankt. Neben Papst Benedikt haben wir nun einen zweiten zurückgetretenen Papst: den Reformer Franziskus.

Dr. Roman Stöger
Kufstein / Österreich

Dezentralisiert sich die katholsiche Lehre in der Frage der Familie?

Bisher ist das Papstprimat die Garantie für die Einheit der katholischen Kirche. Eine Kirche, ein Papst und eine Lehre. Doch „Eine übertriebene Zentralisierung kompliziert das Leben der Kirche und ihre missionarische Dynamik, anstatt ihr zu helfen“, so der Kurienkardinal Walter Kasper.

Daniel Decker sieht in einem Artikel der FAZ  in dem Umgang mit der Familie eine neue Politik im Vatikan. Papst Franziskus setzt in diesem Thema auf eine Dezentralisierung. Die Machtbalance im Vatikan wird dadurch erschüttert.

Vatikanbank: Scheidender Vatikanbank-Chef Freyberg klagt über Intriganten in Kurie

In seinem „Aktuellen Lexikon“ auf S. 4 schreibt die Süddeutsche am 10.07. zu „Vatikanbank u.a.: „Seinen dubiosen Ruf verdankt das 1942 von Pius XII. gegründete IOR vor allem kriminellen Verwicklungen in den 1970er- und 1980er-Jahren. Mafia-Kreise nutzten das Institut für Geldwäsche und nicht zu kontrollierende Transfers.“
Beitrag:  Scheidender Vatikanbank-Chef Freyberg klagt über Intriganten in Kurie:

„Manchmal hat man das Gefühl, dass sich gerade an der Kurie nicht nur die besten Köpfe, sondern auch große Intriganten tummeln“, sagte Freyberg der „Bild“-Zeitung (Mittwochsausgabe). Er habe nahezu alle Betraterverträge bei der Bank gekündigt. Gegen einen ehemaligen Anwalt des „Instituts für religiöse Werke“ (Instituto per le Opere di Religione, IOR) ermittelten inzwischen die Behörden. 200-mal habe er Anzeigen wegen des Verdachts auf Geldwäsche gestellt und 3.000 Konten geschlossen, sagte Freyberg: „Damit habe ich mir nicht nur Freunde gemacht.“… Mehr dazu.

Der Papst und Bruder Franziskus

Historisch gesehen war Franz von Assisi einer der stärksten Kritiker der Kirchenpolitik Innozenz III. Die zentralen Forderungen Franz von Assisi Armut, Demut, Schlichtheit widersprechen den Strukturen des Vatikans. Hans Küng sieht daher in der Wahl Franziskus zum Papst die Möglichkeit, das es zu dringend nötigen Kirchenreformen kommt. Dennoch lehrt auch das historische Vorbild die Möglichkeit des Scheiterns. Innerhalb kurzer Zeit gelang es der Kurie die Franziskaner in die eigenen Interessen einzuspannen. Ebenso befürchtet Küng, könnte es auch eine Opposition gegen eine Reform im Vatikan geben.

Lesen sie dazu Küngs Artikel: Das Franziskus-Paradoxon