Aufsichtsgremien in Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nicht neu. Ein Beispiel, in dem auch „Ehrenamtliche“ vertreten sind, sind die Rundfunkbeiträte des öffentlich-rechtlichen Funks und Fernsehens. Traditionell sind diese dann von den Verbänden gesandt und sollen die gesamte Gesellschaft repräsentieren.
Die Entsender der Rundfunkräte von ARD und ZDF haben folgende prozentuelle Anteile:
Rundfunkräte ARD in %
Politik 29
Wirtschaft 15
Kirchen 9
Gewerkschaften 11
Gesellschaftliche Gruppen 36
Fernsehrat ZDF in %
Politik 44
Wirtschaft 17
Kirchen 6
Gewerkschaften 6
Gesellschaftliche Gruppen 36
Demgegenüber stellt sich die tatsächliche Zusammensetzung der aus den Reformen hervorgegangenen Hochschulräte nach einer Erhebung der Bochumer Universität ganz anders dar als bei der in unserer Gesellschaft bekannten Verbändevertretung. Die Mitglieder externer Hochschulräte rekrutieren sich gemäß dieser Erhebung über die gesamte Republik mit jeweils einem runden Drittel aus der Wirtschaft und der Wissenschaft, wobei auf Seiten der Wirtschaft die Vertreter von Großunternehmen dominieren.
„Was aber noch entscheidender ist: Unter den Hochschulratsvorsitzenden liegt der Anteil der Wirtschaftsvertreter bei 47 Prozent, von diesen sind 80 Prozent Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglieder. Kein Wunder, dass das Handelsblatt ziemlich triumphierend titelte: „Manager erobern die Kontrolle an den Unis“.
Die Bochumer Soziologen sehen in ihrer Studie in den Hochschulräten eine „Privatisierung der Organisationsverantwortung“ zu Lasten der klassisch-parlamentarischen Repräsentation der gesellschaftlichen Interessen und vor allem zu Ungunsten der Selbstverwaltung der Hochschule. Es zeige sich darüber hinaus in der tatsächlichen Zusammensetzung der Hochschulräte eine Erosion der klassischen Verbändebeteiligung.“ So im Artikel von W. Lieb.
Diese Konstruktion kann man als Lobbyismus der anderen, strengeren Art bezeichnen. Zwar wird nicht die Politik in der Gesamtheit beeinflusst, aber im Bereich der traditionellen Institutionen. Punktuell aber ganz massiv und direkt. Denn der Aufsichtsrat ist kein Bittsteller sondern Be-Steller. Er bestellt und bezahlt – mit dem Geld des Steuerzahlers freilich. In der Praxis könnte also der Fall eintreten, dass eine Universität, deren Vorsitzender des Hochschulrates der Vorstand eines Tiefbaukonzerns ist, den Universitätsbereich der betreffenden Universität weiträumig untertunneln ließe. Mit dem ’schlagenden‘ Argument, dass sich auf diese Weise die Wegstrecken für alle Beteiligten, Professoren wie Studenten, von bislang 20 auf nur 5 Minuten verkürzen würden. Ein Projekt, das selbstverständlich dazu führen müsste, dass leider alle Fachbereiche der Universität über ein Jahrzehnt hin mit einem Null-Budget auskommen müssten. Die Folgen wären für die Universität verständlicherweise verheerend und auch volkswirtschaftlich schädlich. Sie schlügen positiv allein betriebswirtschaftlich beim ausführenden Unternehmen zu Buche. Tja, und wenn es der Zufall will, dann wäre der Vorstand des ausführenden Unternehmens aus der Politik in die Wirtschaft gewechselt und wäre nun – auf Umwegen – zurück in der ökonomisch in den Sektoren Gesundheit und Bildung überaus interessanten Institutionen’politik’… Die Verwendung dieses Beispiels hat zugegebenermaßen parodistischen Charakter. Das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Grundproblem dieser Konstruktion gerade so sehr anschaulich und griffig wird. Fazit: Projekte und Organisationskonstruktionen dieser Art sind weder für die betreffenden Institutionen, noch für die Volkswirtschaften von Nutzen. Sie nutzen nur einigen großen Einzelunternehmen der global players, also genau denen, die aus „gutem“ Grund des Eigeninteresses die Posten der Vorsitzenden der Hochschulräte in Besitz nehmen (vgl. die Erhebung der Uni Bochum).