Der Fehler Fusion ist beliebt – und führt selten zu Lernfortschritten, nicht nur in der Kirche:
…Die größte und auch umstrittenste Akquisition war der teure Einstieg in den US-Mobilfunk-Markt. Noch unter Ron Sommer als Chef vollendete die DT im Jahr 1. Juni 2001 die Übernahme der Wireless-Netzbetreiber Voicestream und Powertel zu einem Gesamtvolumen von insgesamt 59 Milliarden (!) US-Dollar.
Auch wenn in den USA inzwischen ein beachtlicher Teil des Umsatzes der DT generiert wird (16,1 Milliarden Euro, 2010), kann das Engagement schon jetzt als ein Reinfall gelten. Ähnlich wie der Automobilhersteller Daimler hat sich ein deutsches Vorzeigeunternehmen bei den mit einem Einstieg in den riesigen US-Markt verbundenen Synergie-Effekten und Wachstumschancen offenbar verschätzt. Zum Artikel.
Archiv der Kategorie: 2014_Januar Management
Zur Untauglichkeit von Finanzgrößen für die strategische Steuerung (Thema des Monats)
Von Friedhelm Schneider. Bei den neoliberalen Reformen fällt die starke, fast ausschließliche Orientierung an Finanzgrößen auf. Sie sollen die Steuerung auf Kurs bringen. Dazu sind sie aber nicht geeignet. Insofern muss der Versuch misslingen. Denn die Finanzgrößen sind Teil der operativen, der kurzfristigen Steuerung. Strategische, langfristige Steuerung basiert hingegen auf anderen Orientierungsgrößen.
In der Kirche stammen solche strategischen Orientierungsgrößen klassischerweise aus der Theologie und/oder der Soziologie. Bis Anfang der 90er Jahre bestimmten diese konzeptuell die Steuerung in der Kirche. Das letzte Große Zeugnis dafür ist die EKHN- Reformschrift „Person und Institution“ aus dem Jahr 1992.
Wir hatten auf den Sachverhalt der Zugehörigkeit des Finanzwesens zur operativen Steuerung in einer früheren Ausgabe der Wort-Meldungen schon einmal hingewiesen.
Hier noch einmal eine Grafik, die den Managementansatz von Gälweiler (St. Galler Schule) zur strategischen Steuerung verdeutlicht. Die Begrifflichkeit ist die der Wirtschaft. Sie ist also noch nicht übertragen auf die Kirche. Selbstverständlich muss sie bei einer Anwendung auf die Kirche entsprechend modifiziert werden. Stoßen sie sich also nicht am „Kunden“ – begriff. Der taugt in der Kirche selbstredend nicht.
Entscheidende Erkenntnis: mit Finanzgrößen wird nur das operative, kurzfristige Geschäft gesteuert. Die strategische Steuerung hat anhand von Orientierungsgrößen zu erfolgen, die den Unternehmenszweck ausdrücken. Entscheidend sind die Konsequenzen, die aus dieser Erkenntnis zu ziehen sind. Sie lauten: die Theologie, sprich: die PfarrerInnen, TheologInnen, die BischöfIn, die KirchenpräsidentIn, die Präses, dürfen sich nicht länger hinter den „alternativlosen“ Vorgaben der Finanzabteilungen oder mit externen Beratern besetzten Reformzirkeln verstecken. Sie, die Theologen und nicht irgendwelche Kirchenjuristen, sind zuständig für die strategische Steuerung. In Managementsprache: sie sind zuständig für die Effektivität. Die Finanzdezernenten hingegen sind „nur“ für die operative Steuerung, für die Effizienz, zuständig. Dabei verstehe man das in Anführungszeichen gesetzte „nur“ nicht falsch. Das ist und bleibt immer noch eine große, selten befriedigend erledigte Aufgabe! Namentlich im Bereich des Immobilienmanagements oder der Verwaltungstätigkeiten selbst. Auch die Frage nach dem angemessenen Rechnungswesen (Doppik/NKF?) oder nach der Anlagenpolitik braucht ganz offensichtlich neues Nachdenken und neue Impulse und fordert also Aufmerksamkeit. Baustellen gäbe es also im originären Sektor der Finanzdezernate wahrlich genug.
Die Fragestellung der Effizienz ist hingegen bei der Arbeit mit Menschen selbst, also bspw. In der Seelsorge, aber auch der Pädagogik weitgehend unangemessen. Weswegen die an Effizienzgesichtspunkten orientierten „Totalen Qualitatsmessungen“
auch immer wieder ins leere laufen oder völlig unbrauchbare Ergebnisse liefern. Vgl. bspw. das aktuelle Beispiel der Pflegeheime.
Richtiges Management, etwa im Sinne Gälweilers, ordnet also die Bedeutung des Finanzwesens und die Orientierung an Finanzgrößen in der Kirche (wie auch in allen Unternehmen) anders ein als neoliberale Ansätze. Als operative Steuerungsgrößen haben sie keine Priorität gegenüber der Theologie. Das ist es, was die Kirche heute von richtiger Managementlehre (wieder) lernen kann. Das ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Aufforderung an alle Theologinnen und Theologen, die Leitung der Kirche nunmehr wieder selbst zu übernehmen. Finanzdezernenten, die einer solchen Managementlehre der St. Galler Schule zuzuordnen sind, erkennt man umgekehrt daran, dass sie sich selbstredend der strategischen Steuerung (der Theologen) unterordnen. Wo dies nicht geschieht, sind Managementprobleme in der Kirche zwangsläufig.
Die wichtige Differenz zwischen Management und Sachaufgaben (Thema des Monats)
Management bleibt immer gleich, die Sachaufgaben hingegen, auf die Management angewandt wird, sind so vielgestaltig wie die Gesellschaft selbst. Management ist die Konstante, die Sachgebiete sind die Variablen.
Die vielleicht größte Verwirrung entsteht dadurch, dass Management nicht sauber unterschieden wird von den Sachgebieten, auf die es angewandt wird. Die Quelle der Konfusion sind die Betriebswirtschaftslehre und die MBA-Programme, weil man irrtümlich anzunehmen neigt, dass jemand, der Marketing, Rechnungswesen oder Personalwesen studiert hat, schon deswegen ein Manager, gar ein guter Manager sei. Weniges richtet mehr Schaden an als dieser Irrtum. Management und Betriebswirtschaftslehre sowie die MBA-Programme haben nur wenig gemeinsam.
Entscheidend sind zwei Tatsachen: Erstens, Management erfordert ganz anderes Wissen und andere Erfahrungen als die Erfüllung von Sachaufgaben. Die beiden Elemente, Management und Sachaufgaben, hängen zwar voneinander ab und müssen zusammenwirken, um Ergebnisse zu erzielen, sind aber dennoch ganz verschieden und erfordern unterschiedliche Kenntnisse und Fähigkeiten. Zweitens, Management bleibt invariant, ungeachtet der Sachaufgaben, auf die es angewandt wird. Z.B. kann jemand zwar ein ausgezeichneter Forscher in der Pharmaindustrie, also ein Sachexperte, und dennoch – nicht selten gerade deshalb – gleichzeitig ein schlechter Manager sein, und er läuft Risiko, an seinen Führungsaufgaben zu scheitern. Umgekehrt ist selbst der beste Manager weitgehend hilflos, wenn er von den Sachgebieten der Pharmaforschung nichts versteht. Ein guter Jurist zu sein genügt nicht für die Leitung der Rechtsabteilung eines großen Konzerns und auch nicht, um eine Anwaltssozietät zu führen, denn das erfordert Managementkenntnisse. Diese sind andere als die des Juristen. Andererseits kann ein noch so guter Manager, der selbst kein Jurist ist, eine Rechtsabteilung oder Law-Firm kaum erfolgreich zu managen hoffen, schon allein deshalb, weil ihn die Juristen nicht als Chef akzeptieren werden, eben weil er vom Recht nichts versteht.
Sachgebiete brauchen Management, und je schwieriger sie sind, desto mehr brauchen sie richtiges und gutes Management. Damit Management andererseits professionell angewandt werden kann, braucht eine Führungskraft ein hohes Maß an Kenntnissen über das Sachgebiet. Daher ist es ein krasser, wenn auch weit verbreiteter Irrtum, dass Sachexperten allein wegen ihres Sachwissens auch schon gute Manager seien. Ein genauso schwerwiegender Fehler ist die ebenfalls verbreitete Meinung, dass ein professioneller Manager jedes beliebige Unternehmen, überhaupt jede beliebige Organisation führen könne. Zum Artikel von Prof. Fredmund Malik im Deutschen Pfarrerblatt.
Die hier geschilderte Problematik ist in der Kirche nicht unbekannt, wenngleich sie unbeachtet ist. Denn viele, insbesondere juristische Führungskräfte (Dezernenten etc.) lernen die Kirche erst mit ihrem Dienstantritt richtig kennen. Das wirkt sich dann vielfach im o.g. Sinne schädlich aus. Denn Sachwissen ist immer organisationsspezifisches Sachwissen und systemisches Sachwissen. Defizite bei Neubesetzungen können vermieden werden, wenn als Grundvoraussetzung die aktive Teilnahme in einem Kirchenvorstand/Presbyterium während mindestens einer Periode gilt. Ob die betreffenden Personen dann aber auch gute Manager sind, das steht selbst damit leider noch nicht fest. F.S.
Wem gehört die Zeit?
Stress und Zeitdruck nehmen immer weiter zu. Immer mehr Menschen fühlen sich von den Zwängen beherrscht und können sich nicht ohne fremde Hilfe daraus befreien. Die Diagnose Burnout nimmt zu.
Auf der anderen Seite können wir so viel Zeit sparen, wie noch nie. Kommunikation, Verkehr und Freizeit sind technologisch so effizient, wie noch nicht gestaltet. Doch die gesparte Zeit ist schon längst verplant.
Der Theologe und Journalist Christoph Fleischmann versucht in seinem Artikel „Wem gehört die Zeit?“ zu erklären, wie beides zusammen hängt. Fleischmann blickt daher auf die Anfänge des Kapitalismus und einen Wandel der Mentalität. War die Zeit in der vorwiegend agrarischen Gesellschaft ein göttliches Gut, jenseits der eigenen Verfügungsgewalt, wurde es mit dem Beginn des Kapitalismus zu persönlichem Besitz. Mit der Folge, das dieser Besitz auch Teil der Wertschöpfung wird.
Die Kirche spart sich kaputt (Thema des Monats)
(zusätzlich ein Negativbeispiel zum Thema des Monats: „Management“, F.S.)
»Es ist für mich unerträglich, dass für meine Pension Menschen entlassen werden«, klagt ein Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland. Ob er mit dieser Meinung allein steht, wird sich zeigen: Noch bis in diese Woche hinein tagt die Synode seiner Landeskirche. Ihr liegt der erste Teil eines umfangreichen Sparpaketes der Kirchenleitung vor. Bis zum Jahr 2018 sollen im Haushalt der gesamtkirchlichen Aufgaben zwanzig Millionen Euro gestrichen werden. Die rheinische Kirche ist kein Einzelfall…
Im Effekt werden durch den Sparkurs Haushaltsposten umgeschichtet: Wenn man sagt: Wir müssen sparen, um Defizite abzubauen, kann man drastische Einschnitte rechtfertigen. Wenn dann doch – überraschend – mehr Geld reinkommt, kann man es für Anderes ausgeben. Wenn man aber sagen würde: Wir entlassen Leute, um den Vorgaben der anderen EKD-Kirchen zu entsprechen oder (ebenfalls ein Thema im Rheinland) das neue Finanzmanagement einzuführen, würde das mehr Wind in der Synode verursachen.
Wir haben uns blenden lassen… – Non-Profit-Management (Thema des Monats)
…Bis Mitte der 90er Jahre sei die Situation allerdings gekippt. Noch Ende der 80er Jahre sei angesichts hoher Arbeitslosen- und Hilfeempfängerzahlen eine radikale Diskussion um Grundsicherung etc. geführt worden. Mit dem Mauerfall jedoch habe sich diese Diskussion erledigt. Der Mauerfall sei als Sieg eines Systems gefeiert worden – und anschließend sei der Neoliberalismus die leitende wissenschaftliche Ausrichtung geworden. Und zwar nicht nur in Bezug auf das Marktgeschehen, sondern auch in Bezug auf andere Bereiche der Gesellschaft. Dominierend sei ein Menschenbild geworden, das in erster Linie auf wirtschaftliche Anreize reagiert.
Dem Zeitgeist entsprechend sei z. B. in den Kommunen die Phase der Ausgliederung angebrochen; das Unternehmertum habe als eine Art neue Religion gegolten. Dem Zeitgeist entsprechend sei mit der Einführung der Pflegeversicherung der Vorrang des gemeinnützigen Sektors abgeschafft worden. Damit, so Schneider, seien die Alternativen zum Preismarktgeschehen negiert worden. Es brauche aber Alternativen!
Der Zeitgeist habe sich auch darin gezeigt, dass die „smarten Jungs“ auch in der Sozialwirtschaft „in“ waren; es habe den Wunsch gegeben, auf der gleichen Ebene zu stehen wie die „richtigen Manager“; es sei die Zeit der Sozialarbeiter-Witze gewesen – und die Zeit, wo in der Sozialwirtschaft zwei Welten entstanden seien. Niemand habe die Frage gestellt, ob eine Konzernstruktur für die Wohlfahrtspflege das Richtige ist?
Die Spitze dieser Entwicklung sei die Einführung des „Kunden“-Begriffs in der sozialen Arbeit gewesen. Der „Kunde“ reduziere den Menschen auf Kaufkraft; alles andere bleibe außen vor. Er sei das Gegenteil davon, den Menschen – wie zuvor – in seiner Ganzheit zu sehen, ihn immer in Beziehungen zu sehen. Mit dem „Kunden“ sei eine 100jährige Theoriegeschichte der sozialen Arbeit „mal eben über Bord geworfen“ worden. Nicht umsonst seien für Rechtsanwälte ihre Mandanten keine Kunden und für Ärzte ihre Patienten keine Kunden: Es bestehe eine asymmetrische Beziehung. Vor dem „Kunden“ habe man in der sozialen Arbeit von „Klienten“ gesprochen. Der „Kunden“-Begriff verkenne die Komplexität sozialer Arbeit. Zum Artikel.
Der zweite Begriff, von dem sich Viele hätten blenden lassen – inklusive nach eigener Aussage Schneider selbst – sei der des „Mehrwerts“ der sozialen Arbeit gewesen. Hier sei der Versuch gemacht worden nachzuweisen, dass soziale Arbeit einen Mehrwert für das volkswirtschaftliche Wohlergehen der Gesellschaft hat. Dabei könne man nur verlieren. „In einer Gesellschaft, die mit den anderen nichts zu tun hat, wo jeder sich selbst der nächste ist, hat man keine Chance mit dem Mehrwert“, so Schneider. Die einzige Chance sei es, offensiv eine Wertediskussion zu führen…
Von der Dogmatik der Wirtschaftswissenschaften und der Schädlichkeit des Shareholder- Value (Thema des Monats)
Zentrale Passagen aus Prof. Fredmund Malik, Management, Frankfurt 2007, S. 122ff:
„Corporate Governance war das dominierende Thema der letzten eineinhalb Jahrzehnte. Die Art CG die daraus entstanden ist, ist die Ursache einer der schädlichsten Entwicklungen, die es in der Wirtschaftsgeschichte gab.“ Die Aufgabe der Corporate Governance ist nicht wie es die herrschende Meinung sagt, „Aktionäre reich zu machen, sondern dafür zu sorgen, dass das Unternehmen richtig und gut geführt wird.“… “Die absurden Theorien, die mit der Corporate Governance- Diskussion in die Welt kamen – Shareholder-Value etc… – sind wirtschaftsschädigend und als Folge dessen schädigen sie die Gesellschaft.“ … „Die seit zehn Jahren mit zum Teil mittelalterlichem Dogmatismus geführte Auseinandersetzung hat zum Gegenteil dessen geführt, was beabsichtigt war: zu den größten Betrugsskandalen an den Aktionären… zu den schlechtest geführten Unternehmungen… größten Managerbereicherungen, zu den historisch raffiniertesten Bilanzfälschungen und zur schlimmsten Sorte von Wirtschaftskriminalität.“… „Unter dem Etikett der Deregulierung (sind) die monströsesten Regulierungswerke der Geschichte entstanden…“ Mehr.
Managementfehler der katholischen Kirche (Thema des Monats)
Theologe und Unternehmer Ulrich Hemel über: Managementfehler der katholischen Kirche
von Dieter Schnaas und Christopher Schwarz
Der Theologe und Unternehmer Ulrich Hemel über die Schwierigkeiten der Amtskirche, die hausgemachten Probleme zu managen.
WirtschaftsWoche: Herr Hemel, es gibt Umfragen, nach denen nur noch jeder vierte Katholik seine Kirche für eine vertrauenswürdige Institution hält. Ein Autobauer würde einen solch gravierenden Verlust der Kundenbindung nicht überleben. Wie steht es um die Zukunft des Moralunternehmens Kirche?…
Sprechen wir von der Amtskirche und ihren Managementfehlern. Die Bilanz des Vorstandsvorsitzenden, Papst Benedikt XVI., fällt verheerend aus. Die Duldung der Piusbruderschaft, der Holocaust-Leugner Williamson, die Missbrauchsfälle, die Lügen Bischof Mixas – was steckt dahinter?
Hier kommt vieles zusammen. Hervorzuheben ist eine Form von Neoklerikalismus, die mit Papst Benedikt XVI. verstärkt wurde. Die Amtskirche geriert sich, als sei sie die einzige, „wahre“ Kirche – und die Unterscheidung der Amtsträger von den Gläubigen wird so stark markiert, dass der Kern des Glaubens aus dem Blick zu geraten droht. Der Macht-, Repräsentations-, Kontroll- und Deutungsanspruch des kirchlichen Amtes ist so groß, dass sie der anderen Kirche, der Kirche der Glaubensgemeinschaft, zu der sie schließlich auch selbst gehört, die Luft zum Atmen nimmt. Zum Interview.
„Schwarz, weiß, bunt. Vermittlungsversuche zwischen Ökonomie, Ethik und Theologie.“ (Thema des Monats)
Management ist in der Kirche ein heißes Thema. Für die einen der Teufel. Dann wird Management verantwortlich gemacht für allen Unsinn, der unter dem Label Kirchenreformen produziert wurde. es könnte aber sein, dass nicht das Management an sich für Fehlentscheidungen der Kirche verantwortlich ist, sondern falsches, schlechtes Management. – Die meisten Einstellungen, Vorurteile und Missverständnisse liegen in begrifflichen und sachlichen Unklarheiten. Vieles, vielleicht alles hängt also von einer Klärung der Begriffe und Sachverhalte ab. Dem dient das Thema des Monats Januar 2014. Wir beginnen mit einem Interessanten Vermittlungsansatz von PD Dr.rer.pol. Martin Büscher; Institut für Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement (IDM), Wuppertal/ Bethel
aus dem Vortrag „Schwarz, weiß, bunt“:
„Das wirtschaftsliberale Modell hat reale Auswirkungen direkt auf die Politik
und indirekt auf das Lebensgefühl der Menschen, auf das was ihnen Freu-
de macht, was sie anspornt und was ihnen Angst macht.
Wie kann vermittelt werden? Wie muss Wirtschaft gestaltet werden im
Blick auf das gute Leben der Menschen, Gemeinwohl und Gerechtigkeit?
Wie muss Theologie für Seelsorge, Predigt und öffentlichem Auftreten
ausgerichtet sein angesichts wirtschaftlicher Strukturen, die das Fühlen
und Denken der Menschen und die Kultur des Zusammenlebens prägen?
…
St. Galler Managementmodell theologisch weiterentwickeln
Ich denke, dass die theologische Dimension des St. Galler Management-
modells noch nicht wirklich integriert und durchdekliniert ist. Das Element
der Abstufung zwischen normativem, strategischem und operativem Ma-
nagement und die Differenzierung der Anspruchsgruppen, d.h. der gesell-
schaftlichen und wirtschaftlichen Partner, der sog. Stake-holder bietet im
Unterschied zu anderen Managementmodellen natürlich die Öffnung zu
einer normativen Dimension des Managements. Diese ist nach meiner
Wahrnehmung bisher in der funktionalen Dimensionen des Managements
wie im Bezug z.B. auf eine Dienst- und Wertegemeinschaft weiterentwi-
ckelt. Das ist natürlich eine kirchliche Werteorientierung. Es entspricht
kaum aber der realen Komplexität kirchlicher Einrichtungen. Sowohl in ei-
nem induktiven Zugang als in deduktiver Form als Gestaltungsaufgabe
normativen Managements könnten komplexere Bausteine entworfen wer-
den…
Mir steht ein Profil von Diakoniewissenschaft vor Augen, das dazu beiträgt, die ökonomischen, ethischen und theologischen Dimensionen
zu integrieren und kreative Wissenschaft zu betreiben. Theologia scientia eminenta practica.“
Missverständnisse des Neoliberalismus hinsichtlich der Ökonomie und die Notwendigkeit eines neuen Wirtschaftsverständnisses (Thema des Monats)
Wenn man Management verstehen will muss man die Differenzierung zwischen dem realwirtschaftlichen Ansatz, wie er bspw. in St. Gallen gelehrt wird, und dem Sharholder-Value-Ansatz des Neoliberalismus verstehen. Dann erschließt sich einem Vieles. Dann beginnt man auch die Schwächen der Kirchenreformen zu verstehen.
Über Missverständnisse des Neoliberalismus, von Prof. Fredmund Malik, St. Gallen
Der echte Liberalismus verlangt nicht,
dass wir alle Ziele der Wirtschaft unterstellen sollen. Niemand hat deut-
licher gesagt, als Friedrich von Hayek, dass letztlich alle Ziele nicht-öko-
nomischer Natur seien. »Die letzten Ziele, die vernunftbegabte Wesen
durch ihre Tätigkeit zu erreichen suchen, sind niemals ökonomischer Art.
Streng genommen gibt es kein ›wirtschaftliches Motiv‹, sondern nur wirt-
schaftliche Faktoren, die die Voraussetzungen für unser Streben nach an-
deren Zielen schaffen. Was gemeinhin in irreführender Weise das ›wirt-
schaftliche Motiv‹ genannt wird, bedeutet nichts anderes als das Verlangen
nach der Möglichkeit, beliebige Ziele zu verwirklichen.«44 Wir würden
viele einflussreiche Gegner zu Befürwortern eines freien Wirtschaftssys-
tems machen können, wenn wir von ihnen nicht ständig verlangten, alles
rein ökonomischer Ratio unterzuordnen, wogegen sich mit Recht Gefühl
und Vernunft sträuben. Was der Liberalismus aber verlangt, ist, dass je-
der für seine Handlungen einzustehen hat. Das muss auch für Manager
gelten.
Neues Wirtschaftsverständnis nötig?
Die Antwort ist: Ja. Nicht nur viele neoliberale Positionen sind fragwür-
dig. Das heutige Wirtschaftsverständnis als Ganzes ist – von wenigen Aus-
nahmen abgesehen – in grundlegenden Dimensionen falsch. Es wird zum
Beispiel noch immer aus dem Tausch erklärt, obwohl bis heute für keine
Epoche die Existenz einer Tauschwirtschaft nachgewiesen werden konnte.
Lesen Sie aus dem von Prof. Malik zur Verfügung gestellten Kapitel
seines Buchs „Management. Das A und O des Handwerks“ die Seiten 125- 129.