Schlagwort-Archive: Zukunft der Kirche

Gemeinde in 10 Jahren: „Hoffentlich noch da!“ Praktikumsbericht einer Theologiestudentin.

Leonie Rix am 31. März 2018

„Hoffentlich noch da!“
Ich lese den ersten Punkt auf dem Plakat mit der Überschrift „Unsere Gemeinde in zehn Jahren“. Hoffentlich noch da! Mein erster Gedanke ist: Das ist dann, wenn ich fertig bin. Mit dem Studieren und dem Vikariat. Also dann, wenn ich vielleicht gerade meine erste eigene Gemeinde übernehmen könnte…

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Alles klar? – Die Zukunft der Kirche aus der Sicht ihrer Führung. Ergebnisse einer Umfrage unter Führungskräften.

07/2017

von Valentin Dessoy, Ursula Hahmann, Gundo Lames

„Kirche soll dialogischer, partizipativer, adressatenorientierter werden“

Ausgewählte Ergebnisse der Befragung kirchlicher Führungs- und Fachkräfte zu Kirchenentwicklung und -führung in Deutschland 2016/2017

Für 29% der Befragten gehören die Rahmenbedingungen kirchlichen Handelns („kirchliche Faktoren“) zu den zentralen Herausforderungen auf dem Weg in die Zukunft [vgl. Kap. 2.1.4., Abb. 26]. Der wahrgenommene Relevanzverlust sowohl im Blick auf den einzelnen als auch in Bezug auf die Gesellschaft steht dabei ganz oben an (62% der Aussagen zu den kirchlichen Faktoren). Zu diesem Befund passen die Aussagen zu den organisationalen Rahmenbedingen (vgl. Abb. 30), die als große Herausforderung gewertet werden (38% der Aussagen zu den kirchlichen Faktoren). Die Rangfolge der Nennungen ist eindeutig: Mitliederverlust (50% der Nennungen) und der Rückgang der finanziellen Ressourcen (30% der Nennungen) stehen ganz oben, gefolgt von Rückgang des Personals, inadäquaten Produkten und inadäquaten Strukturen. Unsere Hypothese lautet: Ein großer Teil der Führungs- und Fachkräfte hat bei allen Unterschieden im Detail in der Analyse klar, dass die Kirchen v.a. ein Adressatenproblem haben, das im Kern auf den fortschreitenden Relevanzverlust kirchlichen Handelns zurückzuführen ist. Dies impliziert die Notwendigkeit, dringend eine Antwort auf die Frage zu finden, wie die christliche Botschaft wieder „anschlussfähig“ (also kontextualisiert) werden und für das Leben der Menschen heute Plausibilität und Bedeutung gewinnen kann. Hier kann an die zuvor genannte These angeschlossen werden: Kirchliches Handeln und Entscheiden gewinnt Relevanz, wenn es die Themen der Menschen im gesellschaftlichen Diskurs aufgreift und damit sichtbar machen kann, wie und für wen Kirche beansprucht da zu sein.7..

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Was wird aus der Kirche? Religionssoziologische Beobachtungen und vier Vorschläge. Von Prof. Detlef Pollak

09/2016, Deutsches Pfarrerblatt, Teil III

…Vielmehr lautet die gegenwärtig weithin vertretene Annahme, dass Religion auch unter modernen Bedingungen eine hohe Prägekraft besitzt, mit der Moderne kompatibel ist und selbst zu einer Quelle von Modernität zu werden vermag… Mehr dazu.

Enormes Angebot für die Kirchenentwicklung. Von Florian Sobetzko, Uta Hahmann und Matthias Sellmann.

05/2016


Die Kühlschrankmetapher drückt dabei aus, was die Kognitionspsychologie über das Entscheidungsverhalten erfolgreicher Entrepreneure herausgefunden hat: diese bearbeiten marktliche Ungewissheit anders als andere. Unter „Markt“ sei hier verstanden der Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage. Marktliche Ungewissheit besteht vor allem im Bereich des Neuen: während ein bestehendes Produkt für eine bestehende Nachfrage leicht zu „vermarkten“ scheint, wird es beschwerlicher, wo ein bestehendes Produkt noch keinen Markt oder keinen Markt mehr hat, wo für ein bestehendes Kundenproblem eine neue, bessere Lösung zu finden ist, oder gar: wo weder konkretes Produkt oder konkreter Bedarf noch gar nicht zu bestehen scheinen.

Entrepreneure bewältigen nun diese Ungewissheit, indem sie die dadurch unplanbare Zukunft gestalten, statt sie z.B. durch Marktforschung vorhersagen zu wollen. Sie fragen nicht: „was muss für das perfekte Menü noch auf meinen Einkaufszettel?“, sondern sie blicken ergebnisoffen in den halbvollen Kühlschrank: was könnte man aus dem Vorhandenen kochen? Und dann laden sie Freunde zum Mitkochen ein. Die bringen eigene Zutaten und neue Ideen mit, aus dem Kochabend kann dabei auch mal ein Kochbuch oder ein Kochblog werden, Überraschungen werden nicht per Risikomanagement vermieden, sondern als möglicherweise glückliche Fügung betrachtet – der Plan kann sich unterwegs ändern. Und das Telefonbuch wird nicht nach Sterneköchen gefiltert, sondern nach der Frage: wer ist bereit mitzumachen und etwas einzubringen?

Die Weltsicht von Effectuation ist auf vorhandene Ressourcen gerichtet statt auf „hätte, müsste, sollte“. Ein enormes Angebot für die Kirchenentwicklung.

Dieses im deutschen Sprachraum vor allem mit den Namen Faschingbauer, Grichnik und Mauer4 verbundene Gründergeist-Instrumentarium aus der Unternehmerwelt passt erstaunlich gut zu kirchlichen Innovationen und InnovateurInnen, stehen hier doch die sprichwörtlichen fünf Brote und zwei Fische im Mittelpunkt, die der Kühlschrank zu bieten hat. Die an anderer Stelle5 zu vertiefende Weltsicht von Effectuation ist auf vorhandene Ressourcen gerichtet statt auf „hätte, müsste, sollte“. Ein enormes Angebot für die Kirchenentwicklung….

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Vor allem gute Schüler zieht es ganz woanders hin. Eine Studie über die Attraktivität des Lehrerberufs könnte auf den Pfarrberuf übertragbar sein.

11. Juni 2014, SZ
An diesem Mittwoch stellt der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft seinen Hochschulreport vor, mit Schwerpunkt Lehramt… Der Beruf kommt bei jungen Leuten nicht so gut weg, vor allem nicht bei den besten. 38 Prozent der Abiturienten mit Einser-Schnitt oder glatter Zwei können sich theoretisch vorstellen, Lehrer zu werden.

Bei denjenigen mit mäßigeren Noten – 2,1 bis 4,0 – ist der Beruf für fast die Hälfte denkbar. Nur ein Viertel des Jahrgangs glaubt, dass der Lehrerberuf etwas für sehr gute Schüler sei. Und in der Spitzengruppe selbst schreibt man sich als ideale Berufe zu: Banker, Informatiker, Manager, Unternehmensberater, Moderator und Arzt. Zum Artikel der SZ.

Wohin geht die Kirche? – Sechs Punkte für einen tragfähigen Weg in die Zukunft. Alternative Positionen zu dem 2006 initiierten Reformprozess in der EKD

Arbeitskreis Zukunft der Kirche
c/o Pfarrer Maximilian Heßlein

Einleitung

Am 17. Mai 2013 hat in der Christusgemeinde Heidelberg ein Workshop zu den Zukunftsfragen der Kirche stattgefunden, an dem etwa 50 Menschen aus verschiedenen Gemeinden Heidelbergs und der Umgebung teilgenommen haben. Dieser Workshop war Teil der Vortragsreihe Wohin geht die Kirche?, die von November 2012 bis Juni 2013 in der Christuskirche Heidelberg stattgefunden hat.

Unter dem Eindruck verschiedener Vorträge von Isolde Karle bis zu Heinrich Bedford- Strohm waren die Teilnehmer des Workshops gebeten, aus ihren unterschiedlichen Erfahrungen mit der Kirche eine Vision der zukünftigen Gestalt der Kirche zu entwickeln.

Der Arbeitskreis Zukunft der Kirche in Heidelberg hat die Ergebnisse gesichtet und zusammengefasst.

Die These stellt dabei die grundsätzliche (Heraus-)Forderung an die Kirche dar, der Zustand ist eine Beschreibung, wie die Kirche gegenwärtig empfunden wird, während die Vision einen möglichen Weg der Kirche in die Zukunft bietet.

Punkt 1: Kirche und Verkündigung

These
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Mt 18,20)
Die Verkündigung des Wortes Gottes findet redend und handelnd in der persönlichen Begegnung von Menschen statt.

Zustand
Die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung zwingt uns, flexibler und mobiler zu leben. Daraus entstehen unterschiedliche individuelle Erwartungen. Deshalb fühlt sich die Kirche genötigt, mit medialen, unverbindlichen und punktuellen Angeboten Menschen für sich zu gewinnen.

Vision
Die Kirche ist in der mobilen Gesellschaft ein Ort der Ruhe und Verlässlichkeit.Sie setzt auf eine Verkündigung, die zu einer beständigen Gemeinschaft führt. Dort werden in der persönlichen Begegnung die Bedürfnisse der Menschen aufgenommen.

Punkt 2: Kirche und Kreativität
These
Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. (2 Tim 1,7)
Der Heilige Geist schenkt der Kirche kreative Spielräume. So kann sie offen, angstfrei und vielseitig ihr Leben entwickeln, erproben und gestalten.

Zustand
Die Kreativität wird in der Kirche zunehmend zentral gesteuert. Das erschwert die Reaktion auf Veränderungen in den einzelnen kirchlichen Handlungsfeldern.

Vision
Die Kirche vertraut auf das kreative Potenzial des Heiligen Geistes. Diese Kreativität ist prozess- und nicht ergebnisorientiert. Sie stiftet Gemeinschaft und verbindet Menschen über ihre eigenen Grenzen hinaus.

Punkt 3: Kirche und Verantwortung

These
Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist. (1 Petr 3,15)
Das kirchliche Leben kann nicht auf Einzelne reduziert oder an Einzelne delegiert werden, sondern es speist sich aus der Beteiligung aller.

Zustand
Die Kirche fungiert zunehmend als dienstleistende Verwaltungseinheit unter Vernachlässigung ihrer geistlichen Grundlagen. Sie wird von den meisten Menschen als Dienstleister auch in Anspruch genommen und dennoch kritisiert.

Vision
Die Kirche lebt aus der verantworteten Gemeinschaft aller. Sie versteht sich als Beteiligungskirche und nicht als Betreuungskirche ihrer Mitglieder.

Punkt 4: Kirche und Ehrenamt

These
Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir getan. (Mt 25,40)
Das Ehrenamt ist ein Dienst am gesamten Leib Christi. Es lebt von der Eigeninitiative in einem verlässlich gestalteten Rahmen und will nicht hierarchisch gesteuert werden.

Zustand
Die heutige Gesellschaft erschwert dauerhaftes und verlässliches ehrenamtliches Engagement. Dennoch sind Menschen bereit, geistliche und handelnde Verantwortung zu übernehmen. Diese Bereitschaft konterkariert die Kirche in zweierlei Hinsicht: Einmal verhindert sie eigenständiges und verantwortliches Handeln durch zunehmende zentralistische Steuerung. Zusätzlich delegiert sie Verpflichtungen von beruflich Beschäftigten an Ehrenamtliche. Damit geht der Charakter des Ehrenamtes verloren.

Vision
Es gibt eine Basis aus gut ausgebildeten beruflich Beschäftigten, die die Grundlage für freiwillige ehrenamtliche Arbeit schaffen. Durch das Ehrenamt wird die Vielfalt des kirchlichen Gemeindelebens weiter ausgebaut. Dabei werden beide Ämter nicht gegeneinander ausgespielt, sondern in ihrem Wert für das Leben der Kirche geschätzt.

Punkt 5: Kirche und Organisation

These
Jesus Christus spricht: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener. (Mt 20, 25.26)
Die Umsetzung der These 4 der Barmer Theologischen Erklärung ist kein Lippenbekenntnis, sondern Handlungsauftrag:
Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes.

Zustand
Innerhalb der Kirche wächst die Macht der Kirchenleitung, der sog. Mittleren Leitungsebenen und der Serviceämter. Die eigentlich verantwortlichen synodalen Gremien sind dadurch de facto außer Kraft gesetzt. Dies führt zu einer schleichenden Entwertung und Missachtung der gewählten Verantwortlichen.

Vision
Die gemeinschaftliche Leitung in der Kirche geschieht in einem konziliaren Prozess unter Beteiligung der Betroffenen. Das öffnet Handlungsspielräume und wahrt umfassende Entscheidungskompetenzen. Die Organisation der Kirche bildet keine übergeordneten Machtstrukturen aus, sondern gewährleistet den Verkündigungsdienst.

Punkt 6: Kirche und Finanzen

These
Geldgier ist eine Wurzel alles Übels; danach hat einige gelüstet, und sie sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen. Aber du, Gottesmensch, fliehe das. (1 Tim 6,10.11)
Der zentrale Auftrag der Kirche ist die Verkündigung des Gotteswortes. Alles andere hat sich diesem Auftrag unterzuordnen.

Zustand
Die Kirche finanziert sich vor allem über die Kirchensteuer. Diese wird aber inzwischen nur von einem Drittel der Kirchenglieder gezahlt. Die für die kommenden Jahre prognostizierten Finanzprobleme bereiten der Kirchenverwaltung Sorge. Der dadurch auferlegte Sparzwang führt zu Personalabbau und paradoxerweise zu vermehrter Beschäftigung von Fremdfirmen. Dadurch entfernt sich die Kirche von ihrem Verkündigungsauftrag.

Vision
Die Kirchensteuer wird ergänzt durch weitere Finanzmittel und Beiträge. Die Kirche sorgt für Transparenz in allen Finanzfragen und gewährleistet eine gerechte Verteilung der verfügbaren Mittel, um den Verkündigungsauftrag nachhaltig zu sichern.

Heidelberg, 30. Januar 2014
Arbeitskreis Zukunft der Kirche
c/o Pfarrer Maximilian Heßlein
Zähringerstraße 26
69115 Heidelberg