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Kirchenaustritt/ Konfessionslose/ religiös Unbestimmte

„Der Exodus ist immer noch nicht gestoppt“. Wir sind Kirche zu den immer noch dramatischen Kirchenaustrittszahlen 2015.

15. Juli 2016

Als nach wie vor dramatisch wertet die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche die heute veröffentlichten Zahlen der Kirchenaustritte für das Jahr 2015, die mit 181.925 zwar unter dem Vorjahreswert (217.716) liegen, aber immer noch über dem Spitzenwert von 181.193 Kirchenaustritten im Krisenjahr 2010 liegen, als in Deutschland die systematische Vertuschung sexualisierter Gewalt ans Licht kam. Der Gottesdienstbesuch ist innerhalb des letzten Jahres nochmal von 10,9 Prozent auf 10,4 Prozent gesunken….
Endlich Pfarreizusammenlegungen und -schließungen stoppen!

Eine Trendwende bezüglich Kirchenmitgliedschaft wird nach Ansicht der KirchenVolksBewegung nur dann möglich sein, wenn zum einen endlich die jahrzehntelang vorgenommenen unsäglichen gemeindlichen Strukturreformen in Form von Pfarreizusammenlegungen und -schließungen gestoppt werden, gegen die sich immer mehr Widerstand bildet. Zum anderen ist es allerhöchste Zeit, neue Zugänge zu Menschen zu finden, die sich zwar mit der christlichen Botschaft identifizieren können und sich dafür auch einsetzen, aber kein Interesse mehr an überlebten kirchlichen Strukturen und Hierarchiedenken haben….
… Mehr dazu. 

vgl. dazu als Beispiel auf evangelischer Seite die Hannover’sche Landeskirche.

Hannoversche Landeskirche, Statistik 2015: Kirchenmitgliedschaft minus 1,4%, Kirchensteuereinnahmen + 2,2%

07/2016, Hannover’sche Landeskirche

Die Gesamtzahl der Kirchenmitglieder ist innerhalb eines Jahres um 37.923 oder 1,4 % gesunken auf 2.676.858 (2014: 2.714.781).
Die Erträge aus den Kirchensteuern betrugen 546,6 Mio. €, was einer Steigerung von 2,2 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht (2014: 534.8 Mio. €)…

Zur Quelle.

Anm. F.S: Die Austrittsquote stieg im EKD- Durchschnitt von 2013 auf 2014 von 0,8% auf 1,2%. Die Hannover’sche Landeskirche, zahlenmäßig eine der größten Landeskirchen, liegt auch 2015 noch über dem 2014 infolge der Kirchensteuer auf Kapitalerträge emporgeschnellten Durchschnittswert der EKD von 2014.

 

 

Die Konfessionslosen im Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung.

06/2016, eine Studie der EKD

Interessen:

Auf welche „Selbst- und Weltdeutungen“ greifen die Konfessionslosen im
Untersuchungsgebiet zurück, wenn es um Fragen der konkreten Lebensbewältigung geht?
Handlungspraktisch:
kirchliche Anknüpfungspunkte zu Konfessionslosen finden bzw. nutzen

Inhalt
1. Lebensgefühl
2. Religionsbezogene Orientierungen
 Subjektive Religiosität und Bezug zur Religion
 Soziodemografische Differenzierung
3. Bezug zur Kirche
 Bisherige Berührungen und Eindruck
 Kenntnis der Kirchengemeinde im eigenen Stadtteil
 Interesse an Angeboten
4. Lebensbewältigung
 Weltsichtenansatz
 Operationalisierung
 Ergebnisse
5. Religionsbezogene Orientierungen und Lebenszufriedenheit

Zur Studie – download.

Reformierte Schweiz: Kirchliche Statistik 2014/ Statistique ecclésiale 2014, Kircheneintritte und -austritte

03/2016
I.
– Kircheneintritte und Kirchenaustritte 2014
– nach Altersgruppen
– nach Gründen
– Entrées et sorties de l’Eglise 2014
– par classes


Eintritte / Entrées: 331 (zum Vergleich 2013: 360)

Austritte / Sorties: 4710 (2013: 4353)

Geordnet nach Gründen / Par motifs

Mehr dazu.

EKD: Kirchenaustritte 2014 auf 270.000 gestiegen. Höchster Austrittsprozentsatz in Berlin-Brandenburg-Oberlausitz, Nordkirche (1,7%), Ev. Kirche Mitteldeutschlands (EKM) und Bremen (1,6%).

02/2016, epd

Stark gestiegen ist die Zahl der Austritte: Von den 410.000 Menschen, die die Kirche verloren hat, sind 270.000 ausgetreten, im Jahr 2013 waren es 176.500.
Als Grund für den starken Anstieg hatten Kirchenvertreter immer wieder die neue Regelung beim Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge genannt…
Die Quote der Austritte in der EKD wuchs von 0,8 Prozent im Jahr 2013 auf 1,2 Prozent im Jahr 2014. Überdurchschnittlich viele Menschen verließen die Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und die Nordkirche (jeweils 1,7)…  Mehr dazu.

Die Austrittsquote der EKM und Bremens lag bei 1,6%. vgl. hier.

 

Kommentar F.S.:

Die schlechtesten Ergebnise fahren von den Flächenkirchen Berlin-Brandenburg-Oberlausitz, die Nordkirche und die EKM ein.  Gewiss: die Austrittsneigung im Norden ist nicht neu. Wir wollen hier keinen Ersatz für – aussstehende – soziologische Forschungen bieten, die die unterschiedlichen Gründe und Motive der ausgetretenen Menschen analysieren müssten. Nicht nur, aber auch hier existiert ein „Desiderat“ der Forschung. Wir wollen dies also nicht schließen. Wir erlauben uns aber den Hinweis, dass alle drei Landeskirchen den Umbauprozess der Kirche mit Verve betrieben  haben. U.a. haben alle drei den Weg der Fusionen von Landeskirchen durchgemacht, teilweise und großem Zeit- und Kraftaufwand, wie etwa in der EKM.  Diese Tatsache der Kraftanstrengungen für teilweise wenig plausible Umbauprozesse dürfte in diesen Landeskirchen ohnehin vorhandene Trends verstärkend gewirkt haben. Die Lage ist mittlerweile dramatisch, doch die EKD gibt sich stoisch. Wann zieht man endlich aus der Lage Konsequenzen?

EKD Finanzdezernent Thomas Begrich auf der EKD-Synode: 275000 Kirchenaustritte aus ev. Landeskirchen im Jahr 2014.

11/2015,

Jetzt ist es raus: 275000 Kirchenaustritte aus den Landeskirchen im Berich der EKD. Das gab es lange nicht mehr. Nachdem sich die im Sommer erschienen „Zahlen und Fakten zum kirchlichen Leben“ der EKD 2014 über die angeschwollene Zahl der Kirchenaustritte 2014 noch ausgeschwiegen hatte, ließ auf der aktuellen Herbstsynode Finanzdezernent Thomas Begrich die  Katze aus dem Sack: 275 000 Mitglieder verließen demnach die evangelischen Kirchen. Das ist fast eine Verdoppelung seit 2011, also innerhalb von nur 4 Jahren. (vgl. dazu auch hier).

Doch: wie soll man das Ergebnis für 2014 deuten? War es ein Ausreißer? Oder zeigt es Vorbote einer anhaltenden Tendenz?  Schaut man sich die längerfristige Entwicklung an (2015_EKD-Austritte_Statistik), dann zeigt sich in den 90iger Jahren nach den Austrittswellen  infolge der Soli- Einführung eine zunehmende Beruhigung und ein Rückgang der Austritte bis 2006. In diesem Jahr – dem Jahr übrigens, in dem das EKD-Impulspapier „Kirche der Freiheit“ veröffentlicht wurde, stiegen die Austrittszahlen
wieder moderat an und erreichten 2013 wieder das Ergebnis von 2001. Der Sprung folgte danach – 2014. Dieser traurige Spitzenwert wurde von Anfang an in Verbindung gebracht mit der Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge:

„Einer der Gründe ist bereits klar: Seit 2014 wird die Kirchensteuer automatisch von der Kapitalertrags-Steuer abgezogen. Für viele ist das ein Grund, aus der Kirche auszutreten, sagt Klaus Winterhoff, bei der EKD zuständig für die Finanzen:

Die Frage muss man sich natürlich stellen. Ist das den Ärger wert, wenn man hinterher Verluste einfährt? Die Sache hat eine rechtliche Dimension, der man nicht ausweichen kann, nämlich die gerechte Besteuerung. Aber die Gerechtigigkeit ist mehr wert, als mancher Ärger, den man sich dabei einhandelt, würde ich als Jurist sagen.“ (zur Quelle).

Nun könnte man natürlich fragen, wie es mit der Gerechtigkeit bei der Kirchensteuer tatsächlich bestellt ist, schon angesichts der kirchenrechtlich schon eingeräumten Möglichkeit der Kappung, also Reduktion der Kirchensteuer um 50%.  Was heißt da Steuergerechtigkeit, wenn die einen 100%, die anderen aber nur 50% des Steuersatzes zahlen? Könnte man immerhin fragen.  Es könnte also sein, dass dies Argument der Gerechtigkeit, angesichts der erwähnten Umstände doch eher die verzweifelte Lage und Erklärungsnöte zeigt, in der sich die Verantwortlichen hier mittlerweile vorfinden.

Denn dass man da ein „Eigentor“ geschossen hat, war schnell klar. Und daran war man nicht unbeteiligt: “ Redete man jedoch länger mit Kirchenleuten über das Thema, ließ sich der eine oder andere zu der Bemerkung hinreißen, dass dies schon eine clevere Idee sei. Einwände, dass dieser cleveren Idee ein gewisser Selbstüberlistungsfaktor innewohne, wurden souverän hinweggewischt…“, so Mathias Drobinski in der SZ.

Frühere Versuche, die Schuld an der Misere den Banken in die Schuhe zu schieben, sind zwar verständlich, entbehren aber ebenfalls der Realität.

Was ist zu tun?
Derzeit geben zwei langjährige Unternehmensberater in dem Buch „Mad buisness“ Empfehlungen, wie der ökonomische Verstand in Organisationen zurückkehren kann. Vielleicht kann die Kirche davon lernen.

Die zweite Empfehlung scheint wie auf die Kirche zugeschnitten:

„Der zweite Ansatz… ist die Stärkung der Beiräte und Aufsichtsräte. In vielen Konzernen werden bei Misserfolgen lieber Teams aussgetauscht als jene Leute an der Spitze, die es
verbockt haben. Es braucht ein stärkeres Gegengewicht, um die personellen Ursachen des Irrsinns zu beheben.“ (Oliver Weyergraf, in: brandeins, 11/2015, S. 68)

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Friedhelm Schneider

Bistum Mainz: Kirchenaustritte 2014 so hoch wie nie zuvor.

11(2015

…Das katholische Bistum Mainz hatte im Juli die Kirchenaustrittszahlen für das Jahr 2014 bekanntgegeben. Danach erklärten 8.885 Personen ihren Austritt aus der katholischen Kirche, so viele wie niemals zuvor. Ihnen standen lediglich 371 Eintritte und Wiederaufnahmen gegenüber. Da es auch deutlich mehr Todesfälle als Taufen gab, sank die Zahl der Katholiken im Bistumsgebiet auf unter 745.000.  Mehr dazu.

EKHN: Kirchenausttritte 2014 im Vergleich zu 2010 fast verdoppelt

09/2015:

Kleine Statistik der EKHN 2015 (zu finden unter Überschrift „Kirchengebiet der EKHN“)

Kirchenaustritte EKHN: 19.703

Eintritte: 3.153

Kleine Statistik der EKHN- 2011

Austritte: 10.978

Eintritte: 4.226

 

Ursache für Kirchenaustritte auch bei den PfarrerInnen?

13.08.15, Bayerisches Sonntagsblatt

In dem in dieser Ausgabe mehrfach zitierten Interview de Bayerischen Sonntagsblatts mit dem Personaldezernenten der ELKB, Helmut Völkel, findet sich noch ein bemerkenswerter Satz:

„Wir sollten jedoch nicht in die Falle tappen, die Ursache für die Austritte einseitig den Pfarrern zuzuschreiben…“

Anm. F.S.: „Nicht einseitig… zuschreiben.“ Der Oberkirchenrat kann also die Austritte schon den PfarrerInnen zuschreiben, aber nicht einseitig. Immerhin. Der bayerische Pfarrer/ die bayerische Pfarrerin kann erleichtert aufatmen. Der OKR ist aber der Auffassung, dass durch Zuschreibung Realität geschaffen wird. Selten zeigt sich hoheitliches Gehabe so offen wie in solchen Sätzen. Das Amt befindet… Sind im Landeskirchenamt in München also die Zeiger der Uhr stehen geblieben? Schreiben wir 2015 oder 1915? Wissenschaftliche, empirische Analyse als Grundlage für kirchenleitendes Handeln – war da was? Eine solche Zuschreibung des OKR kontrastiert den öffentlichen Analysen, die die aktuelle Austrittswelle (nahezu Verdoppelung der Austrittszahlen in 2014) mit der Erhebung der zeitgleichen Kirchensteuer auf Kapitalerträge begründet. Davon ist im braven Interview des Bayerischen Sonntagsblatts aber keine Rede. Gut, wenn sich die bayerischen Sonntagsblattleser also auch andernorts informieren.

Sechsjähriger baut eigene Kirche

Über den Nachwuchs der Theologen gibt es meist nur schlechte Meldungen. Um so erfreuter war ich zu lesen, dass im Erzgebirge ein sechsjähriger Junge seine eigene Kirche gebaut hat. Seit Phil vier Jahre alt ist, will er Pfarrer werden. Das obwohl keines seiner Elternteile konfessionell gebunden ist.

Bis Phil studieren kann, hat er daher seine eigene Kirche in einem Baumhaus.