Archiv der Kategorie:
Religion und Bildung

„Was man vom Kirchentag schon lange nicht mehr erwarten darf, ist das kritische, gerade auch selbstkritische Religionsgespräch.“ Sollten nicht alle Menschen zuerst Humanisten sein? Fragen zum Kirchentag 2017 an Prof. Wilhelm Gräb

13. Mai 2017 : Prof. Wilhelm Gräb im Gespräch

Die Fragen stellte Christian Modehn
…Der Kirchentag ist ein weiteres Element in der „Eventisierung“ populärer Kultur und dabei zugleich ein Fest, auf dem die Kirchenchristen erleben können, dass sie doch immer noch ziemlich viele sind und offensichtlich in die Mitte der Gesellschaft gehören. Von der Bundeskanzlerin über den Bundespräsidenten bis zu Barack Obama, alle machen sie ihre Aufwartung. Und dabei werden natürlich auch die uns heute global bedrängenden Probleme angesprochen, vom Beitrag der Religionen zum Weltfrieden, bis hin zu den Fragen der sozialen Gerechtigkeit und des Klimawandels.

Nur, was man vom Kirchentag schon lange nicht mehr erwarten darf, ist das kritische, gerade auch selbstkritische Religionsgespräch. Die rationale, aufklärende und aufgeklärte Auseinandersetzung um Religion und Vernunft, um Religion und Humanität, um Religion und Weltanschauung, Religionsbegründung und Religionskritik, um die Religion in den Religionen und deren Verhältnis zueinander, findet nicht statt – das nicht erst dieses Mal in Berlin…

Mehr dazu.

Zwischen den Stühlen. Gespräch mit Kurt Marti. Von Prof. Horst Schwebel.

05/2017

Der folgende Text stammt aus dem Buch von Horst Schwebel (1979): Glaubwürdig.

Fünf Gespräche über heutige Kunst und Religion mit Joseph Beuys, Heinrich Böll, Herbert Falken, Kurt Marti, Dieter Wellershoff. München: Kaiser (Kaiser-Traktate, 40), S. 97-125….

Das Gespräch aus den Ende 70er Jahren.

Debora Feldmann über ihre Zeit als ultraorthodoxe Jüdin. Rezensionen zu Deborah Feldman: Unorthodox

04/2016, Jacqueline Masuck

Kürzlich saß ich stundenlang zwischen den Bibliotheksregalen und dachte über meine Zukunft nach. Die aufgereihten Bücher vor Augen, erinnere ich mich daran, wie sehr ich mir als Kind das Recht ersehnte, lesen zu dürfen, wie viel ich für das Wissen riskierte und wie die Freude, zu lesen, stets die Angst überwog (S. 297).

Wenn Deborah Feldman im letzten Drittel ihres autobiographischen Romans diese Gedanken ausspricht, dann hat sie die wichtigsten Schritte zur Realisierung ihres Traumes, Brooklyn zu verlassen, bereits getan. Aufgewachsen in der chassidischen Satmar-Gemeinde in Williamsburg visualisiert sie bereits als kleines Mädchen jene mutige Frau, welche die streng orthodoxe Gemeinde irgendwann verlassen wird… Mehr dazu.

 

weitere Rezensionen, etwa der SZ.

 

04/2016, chrismon

Das Ende der Angst
Der Amerikanerin Deborah Feldman gelang es, sich aus ihrer ultraorthodoxen ­jüdischen Gemeinde zu befreien. In ihrem Bestseller beschreibt sie, wie sie zuvor ­unter der allgegenwärtigen Kontrolle ­und unter der Theologie der Satmar-Gemeinde litt…

Zum Artikel.

Seltsame apokalyptische Vorstellungen bei einem beträchtlichen Segments des amerikanischen Protestantismus. Norman Birnbaum.

13. August 2015


Das ist nicht zuletzt den apokalyptischen Vorstellungen jenes beträchtlichen Segments des amerikanischen Protestantismus (vielleicht 20% der Gesamtbevölkerung) geschuldet, das glaubt, dass die Errichtung des Jüdischen Staates der Beweis für die unmittelbar bevorstehende Rückkehr von Jesus sei. Viele glauben, dass zwar Millionen von Juden in Israel in den letzten Tagen zugrunde gehen, eine bestimmte Zahl aber konvertieren und in ein glückliches zukünftiges Leben herübergerettet werden. Die amerikanischen jüdischen Organisationen, die Israel unterstützen, ziehen es vor, sich nicht in diesen ziemlich zweischneidigen Vorstellungen zu ergehen. Sie sind dankbar für die Stimmen der gewählten Vertreter in Kongress und Senat, die wie sie davon überzeugt sind, dass Obama ein Agent einer fremden Macht ist und der Klimawandel eine Phantasiegeschichte, die sich Wissenschaftler ausgedacht haben. Deren Unterstützung wird von den pro-israelischen jüdischen Organisationen umso mehr begrüßt, denn große und einflussreiche Gruppen des amerikanischen Christentums (inklusive der Katholiken) kritisieren immer offener und zunehmend strenger die Besetzung Palästinas.


Eine wahrscheinliche Langzeitfolge der Attacke der israelischen Regierung und ihrer amerikanischen Unterstützer auf den Präsidenten ist wohl unbeabsichtigt: Die Debatte innerhalb der amerikanischen Juden über Art und Ausmaß ihrer Verpflichtungen gegenüber Israel gewinnt an Intensität. Angesichts wachsender Zweifel in der amerikanischen Elite und den reflektierteren Segmenten der Öffentlichkeit an der militärischen und politischen Allianz mit Israel muss Netanjahu vielleicht erkennen, dass er seinen Einfluss massiv überschätzt hat. Sicher, die Voraussetzung für eine neue amerikanische Politik im Nahen Osten ist deutlich mehr Unparteilichkeit Israel und den Palästinensern gegenüber….

aus: Das Iran-Abkommen in der amerikanischen Politik
von Norman Birnbaum, Washington, 13. August 2015

Muslime mit Spaß an Debatten: „Muslimische Forum Deutschland“ gegründet

22. April 2015, von Matthias Drobinski

Mehrere muslimische Intellektuelle in Deutschland haben mit der Hilfe der Konrad-Adenauer-Stiftung eine neue Plattform für Muslime gegründet.
Die bestehenden Verbände, die sich im Koordinationsrat der Muslime zusammengeschlossen haben, sollen nicht erfreut sein über die Gründung.


Auch dass das Muslimische Forum Deutschland mit Hilfe der Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet wurde, stößt auf Kritik: Mischt sich da nicht die Politik zu sehr in religiöse Angelegenheiten ein? Oder will die CDU-nahe Stiftung jene Muslime sammeln und vereinnahmen, die ihnen ins Bild passen? Keinesfalls, sagt Petra Bahr, die bei der Stiftung die Hauptabteilung Politik und Beratung leitet und erst kürzlich von der Evangelischen Kirche in Deutschland auf den Posten gewechselt ist. Auf die Frage, welcher Islam zu Deutschland gehören soll, dürften aber nicht nur die offiziellen Islamverbände antworten oder die, die keine Muslime sind. „Außerdem ist uns wichtig, dass aus der Kritik an religiösen Strömungen kein religionsfeindliches Klima in Deutschland wird“, sagt sie…. Zum Artikel.

Was hat der Islamismus mit dem Koran zu tun? Leserbrief von Pfr. Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt in der SZ.

20. Januar 2015

Mögen Millionen Muslime friedfertig, unauffällig, gute Nachbarn und Kollegen sein, so ist damit die Frage doch nicht beantwortet, was der Islamismus in Gestalt von Terror, Hass, Intoleranz und Fanatismus mit dem Koran zu tun hat. Dieses wunderbare Buch, das bereits Goethe „Verehrung abnötigte“, hat dunkle wie helle Seiten, ist das Werk eines genialen Religionsgründers und zugleich Zeugnis von einem durchaus gewalttätigen Feldherrn. Heilige Schriften, ob Bibel oder Koran, müssen Überzeitlichkeit beanspruchen, wenn ihre Autoren und Gründer das Zeitliche verlassen. Die christliche Religion musste seit 300 Jahren, teils aufgezwungen, teils selbst vorangetrieben, lernen, die biblischen Schriften aus dieser Überzeitlichkeit herauszureißen und in ihrer konkreten Entstehungsgeschichte zu erforschen und zu verstehen. Der Lernprozess hat sie bis in die Fundamente hinein erschüttert und bis heute, nicht zuletzt im evangelikalen Lager, verletzt und beunruhigt…  Der vollständige Text.

 

Gottesdienstbesuch und Bildungserfolg. Aus: Religion und Bildung.

Religion und Bildung. Schlaglichter auf eine komplexe Beziehung

Von Marcel Helbig und Thorsten Schneider, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
…Religionszugehörigkeit hat eine lange Tradition in der sozialwissenschaftlichen Forschung als Einflussfaktor für Bildungserfolg. Für Deutschland existieren bisher aber keine Analysen auf Basis großer Datensätze, die sich auf die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Abhängigkeit von der Religionszugehörigkeit ihrer Familie beziehen. In einer gerade erschienenen Studie widmen wir uns dem Thema religionsbedingter Bildungschancen von Schülerinnen und Schülern im Vergleich zur Situation der 1960er Jahre. Ferner nimmt unsere Studie auch religionsbedingte Bildungsunterschiede in 19 europäischen Ländern in den Blick. Insgesamt greifen wir bei unseren Analysen auf Daten von fast 400.000 Kindern und Jugendlichen aus fünf Datensätzen zurück (siehe Kasten letzte Seite).

daraus:

Gottesdienstbesuch und Bildungserfolg

Wir können zeigen, dass der Besuch von Gottesdiensten positiv mit den Bildungsergebnissen im Zusammenhang steht. Für Deutschland zeigt sich eine höhere Gymnasialquote, für die untersuchten europäischen Länder ein besseres Abschneiden in standardisierten Schulleistungstests. Allerdings ist der Einfluss des Gottesdienstbesuchs auf den Bildungserfolg nicht linear. Die Analysen weisen lediglich darauf hin, dass Kinder und Jugendliche einen niedrigeren Bildungserfolg haben, wenn sie gar nicht zur Kirche gehen bzw. an religiösen Veranstaltungen teilnehmen. Zwischen jenen, die nur zu „Weihnachten und Ostern“ in die Kirche gehen, und jenen, die mindestens einmal im Monat in die Kirche gehen, zeigen sich hingegen keine Unterschiede. Auch in der amerikanischen Forschung zeigt sich, dass Kinder und Jugendliche, die an Gottesdiensten teilnehmen, einen höheren Bildungserfolg haben als jene, die dies nicht tun. Hierbei wird angenommen, dass Kinder, aber auch Eltern, die häufig einen Gottesdienst besuchen, Sozialkapital akkumulieren und darüber höhere Bildungserfolge erzielen. Die Wirkweise sozialen Kapitals wird in der Theorie unterschiedlich beschrieben. Durch den häufigen Kirchenbesuch könnten Netzwerke aufgebaut werden, durch die nützliche Informationen bereitgestellt werden. Für die Kinder könnten sich förderliche Kontakte entwickeln (zum Beispiel zu Mentoren), die sie ohne den Kirchenbesuch nicht hätten. Schließlich könnten soziale Normen zur Pflichterfüllung und Vermeidung abweichenden Verhaltens etabliert werden, deren Verletzung durch die Mitglieder der Kirchengemeinde sanktioniert werden. Auf der Basis dieser Annahmen wäre zu erwarten, dass der Bildungserfolg umso höher ist, je stärker das Engagement in der Gemeinde ist. Unsere Ergebnisse für Deutschland bestätigen diesen Sozialkapitalansatz allerdings nicht, da auch seltene Gottesdienstbesuche mit höherem Bildungserfolg einhergehen. Eine gesicherte Erklärung für die Wirkung seltener Kirchgänge haben wir nicht anzubieten. Es liegt die Vermutung nahe, dass der Besuch eines Gottesdienstes an hohen Festtagen ein Maß für die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung sein könnte.

Zum Artikel.

 

Sami Yusuf – der größte muslimische Popsänger unserer Zeit

Veröffentlicht am 13. Oktober 2014, von Jonathan Fischer

Der Brite Sami Yusuf ist der größte muslimische Popsänger unserer Zeit. Auch in Deutschland verkauft sich seine Musik millionenfach – doch westliche Medien interessieren sich nicht für ihn. Begegnung mit einem unbekannten Star.

Der traditionelle Islam teile den Kern der Schönheit und Wahrheit mit allen Religionen: “Ich möchte diesen Teil des islamischen Erbes predigen”, verkündet er, “statt mich auf den Müll zu konzentrieren, den die Medien über uns verbreiten”. Es folgt sein Song “Corazon Send Me Home”: Wer die Schätze draußen in der Welt suche, müsse scheitern, denn sie seien nur inwendig zu finden. Spontaner Applaus. Das Publikum versteht Yusufs Spitze gegen islamische Kalifatsphantasien…

Ob der Musiker etwas dagegen habe, etwa mit Robbie Williams – Yusuf hat längst viel mehr Facebook-Likes als Williams – die Bühne zu teilen? Mmmh. Irritiertes Lächeln. Es sind Fragen, die den belesenen, Nietzsche bis Rumi zitierenden Star ein wenig aus der Fassung bringen. Nun gut, eine MTV-Einladung würde er nicht ausschlagen. Schon weil es ihm eine Plattform böte, noch mehr Spenden als bisher für die Welthungerhilfe der UNO zu sammeln. Andererseits: laute Partys, Ausschweifungen, das öffentliche Zelebrieren von Sex? Nein, das sei, inschallah, noch nie seine Welt gewesen. “Mich interessiert die Zuneigung von Groupies nicht. Ihr Gekreische ist mir peinlich. Für mich ist jedes Liebeslied eine Reflexion der göttlichen Liebe.”…

BBC-Interview am Tag vor seinem Konzert, in dem es weniger um Musik ging als um die Enthauptung eines Briten durch britische IS-Kämpfer in Syrien: “Natürlich ist es dämonisch, was die IS-Jünger anrichten. Aber was haben diese sexuell frustrierten, politisch verwirrten Menschen mit dem traditionellen Islam gemein? Warum wird von uns Muslimen erwartet, dass wir uns für sie entschuldigen? Genauso gut könnte ich von Ihnen eine Entschuldigung für die Verbrechen fundamentalistischer Christen in Amerika erwarten!”

Zum Artikel. Hinweis: Scrollen Sie die anderen Beiträge durch bis zum Artikel vom 13.10.2014 (auch über das Archiv, rechte Spalte, im Monat Oktober erreichbar)