Archiv der Kategorie:
Kirchenvermögen

Bayern: Großinvestition in Bürokomplex in Nürnberg.

11/2017, Korrespondenzblatt Bayern

 
…Eine mittlerweile in einer größeren
Öffentlichkeit geführte Diskussion
ist über die Zukunft eines Bürokomplexes
entstanden, den die
Landeskirche vor kurzem in Nürnberg
für einen mittleren zweistelligen
Millionenbetrag erworben hat. …
Befragte Architekten sagen, dass
es sehr schwer ist, den ursprünglichen
Nutzungskontext als Behördengebäude
zu ändern. Das wäre
aber nötig. So müsste der Komplex
in erheblichem Maße (und mit erheblichem
finanziellen Aufwand)
umgebaut werden. Die angedachte
Nutzung ließe aber auch dann mit
großer Wahrscheinlichkeit nicht
ermöglichen. Von Architektenseite
hieß es auch, der Bauherr solle
sich genau überlegen, welche öffentliche
Ausstrahlung er mit seinen
Baukörpern beabsichtige. Hier
könnte man für die Nutzung eben
dieses Gebäudes als „Haus der Kirche“
eigentlich gar keine Begründung
finden. Schlicht gesagt – das
Gebäude bleibt hässlich und stünde
Kirche nicht gut zu Gesicht….
vgl. S. 190 (Print)

 

Anm. F.S.: Das ist leider nicht die erste derartige Investition von Landeskirchen. Schon vor jahren fand bspw. ein ähnlicher Umstrukturierungsprozess der Liegenschaften in der Braunschweigischen Landeskirche in Wolfenbüttel (Sitz der Landeskirche) statt. Dort erwarb man den leerstehenden Kasernenkomplex um darin nicht allein das Landeskirchenamt/Kirchenverwaltung, sondern in Sicht- und also Kontrollweite den Großteil der landeskirchlichen Einrichtungen unterzubringen. Auch nach der (finanziell sicherlich recht aufwändigen) Renovierung  war nicht ein Hauch von Charme, Ambiente, Stil spürbar.

Dahinter steht ein Problem der kirchlichen Liegenschaftabteilungen, die eben oft nicht in der Lage sind, ganzheitlich, also unter Berücksichtigung aller zugehörigen Aspekte Entscheidungen zu treffen. Leider – oder soll man sagen: zum Glück? – fällt das nur bei solch exponierten Objekten auf.

Bildung und Geistliches Amt – Perspektiven und Konsequenzen eines geplanten „Bildungscampus“ in Nürnberg

11/2017; Korrespondenzblattt Bayern

von: Dr. Christian Eyselein, Pfarrverwalterausbildung
Neuendettelsau, Dr. Gerhard Knodt, Kirchliche Studienbegleitung
Neuendettelsau Dr. Manacnuc Lichtenfeld, Predigerseminar Nürnberg
Prof. Dr. Klaus Raschzok, Augustana-Hochschule, Neuendettelsau
Frank Zelinsky, Pastoralkolleg, Neuendettelsau

…Im August schrieben Vertreter und
Verantwortliche der pastoralen
Aus-, Fort- und Weiterbildung in
unserer Landeskirche an die kirchenleitenden
Organe der ELKB.
Mit diesem Schreiben wollten
wir in der Frage einer möglichen
dienstlichen Nutzung des ehemaligen
Telekomgebäudes Bayreuther
Straße 1 in Nürnberg als zentralen
„Evangelischen Bildungscampus“
einen Diskussionsbeitrag in dem
anstehenden Entscheidungsprozess
einbringen. Im Folgenden fassen
wir unsere wesentlichen Bedenken
zusammen, die gegen eine Nutzung
des Telekomgebäudes für die kirchliche
Aus-, Fort- und Weiterbildung
sprechen:
Ein Konzerngebäude als Haus der
Kirche? Zur Sprache und Logik von
Gebäuden …

vgl. S. 204 (print)

Immobilien- Statistik „auf der Basis der Erhebung von 1994“

07/2017

In Ihrer aktuellen Statistik gibt die EKD sämtliche Gebäude der Kirche –
mit Ausnahme der Kirchengebäude selbst – auf der Basis der Erhebung von 1994 an.

Wir hatten im letzten Jahr schon auf diese Peinlichkeit hingewiesen.
Geht die EKD davon aus, dass die Zahlen ohnehin nicht gelesen werden?

Dazu der eigene Kommentar der EKD:
Statistik hilft uns, wahrzunehmen,
was wir sonst gern übersehen.
(vgl. S. 40)
** Auf Basis der Erhebung 1994

mehr dazu, vgl. S. 35

Synode Nordkirche: Positionspapier zur Bewirtschaftung kirchlicher Ländereien.

… Wir sprechen bei Kirchenland im Besitz der Kirchengemeinden
der Nordkirche von etwa 57.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Die Kirchenkreise
in Schleswig-Holstein und Hamburg bringen zusammen etwa 13.000 ha ein, die
Kirchenkreise Mecklenburg und Pommern je etwa 22.000 ha.
Der monetäre Wert des Ackerlands ist in den letzten Jahrzehnten außergewöhnlich
stark gestiegen, insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern. Land ist bei instabiler
Wirtschaftslage und viel Kapital, das nach Anlagemöglichkeiten sucht, auch für
Nichtlandwirte eine sichere Geldanlage,…

vor jeder Verlängerung des bestehenden
Pachtvertrages oder Neuverpachtung, die nachfolgenden Kriterien zu prüfen:
• traditionell: bisheriger Pächter vor neuem Pächter
• kirchlich: als Pächter sind in erster Linie Kirchenmitglieder zu berücksichtigen
(ACK vor Nicht-ACK). Eine Rolle kann auch das Engagement in der
Kirchengemeinde spielen, aber Vorsicht vor Begünstigungen!
• regional: näherer Pächter vor fernerem Pächter
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Positionspapier zur Bewirtschaftung kirchlicher Ländereien,
im AGFB am 27.1.2017 beschlossene Vorlage für die Landessynode
• ökologisch:
– ökologischer Anbau vor konventionellem Anbau
– Flächen, die bereits auf ökologischen Landbau umgestellt sind, sollten
bevorzugt an ökologisch wirtschaftende Betriebe verpachtet werden
• sozial:
– ökonomisch bedeutsam für den Betrieb vor „nice to have“
– mehrere Arbeitskräfte vor wenigen Arbeitskräften
– Haupterwerbslandwirt vor Nebenerwerbslandwirt
– Bevorzugung einer landwirtschaftlichen Existenzgründung
• ökonomisch: höherer Pachtpreis vor niedrigem Pachtpreis

Mehr dazu.

Erzbistum Köln soll per Gericht zur Auskunft über Anlagen gezwungen werden.

23/12/2016, „Correctiv“

Kirche & Geld – nicht ganz so geil wie Pfarrer & Sex, aber das zweiteinzigste Thema, das Journalisten in dem Zusammenhang können. Auch „Correctiv“ will mehr über die „Kirchenmilliarden“ wissen und dazu das Bistum Köln per Gericht zur Auskunft zwingen. Für die Klage wird derzeit Geld gesammelt, und dann soll Generalvikar Dr. Dominik Meiering zum Wohl der Menschheit folgende Frage beantworten:

„In welche Firmen hat das Bistum Geld in Form von Aktien oder Anleihen investiert und um wieviel Euro handelt es jeweils?“  Mehr dazu.

Baden: Liegenschaftsprojekt der Landeskirche.

10/2016, Pfarrverein Baden, „Aus der Pfarrvertretung“

Das Liegenschaftsprojekt der Landeskirche hat das Ziel, den Gebäudebestand der Landeskirche zukunftsfähig zu machen; d.h. dafür zu sorgen, dass die rund 3000 Gebäude der Kirchengemeinden bis 2020 analysiert werden und ein Konzept für die zukünftige Nutzung erstellt wird. Hintergrund dieses Vorhabens ist der erwartete Rückgang der Einnahmen ab 2025, weswegen der Gebäudebestand um 30% reduziert werden soll …
vgl. S. 392

Anm. F.S: Erstaunlich, dass dieser Narrativ noch immer funktioniert: Auf der Basis langfristiger Prognosen wird in der Kirche schon heute, in vorauseilendem Gehorsam, aus Angst vor der Zukunft, aus ideologischer Verblendung oder Instrumentierung, aus… der Abbau betrieben. Von Personal, von…, und selbstredend von Immobilien.

Heute schreiben wir das Jahr 2016. Dieser Narrativ und dies Konzept hat also schon einen langen Bart. Erstmals wurde es eingesetzt im Jahr 1998, damals vom Abteilungsleiter Bau- und Liegenschaften der EKHN. Er schrieb alle Gemeinden an mit der Aufforderung, 20% ihres Gebäudebestandes abzubauen. Grund? Drei mal darf man raten: Finanzknappheit.

Um nicht missverstanden zu werden: eine Organisation wie die Kirche muss auch den Gebäudebestand verändern. Wenn die auf der Basis von Analysen erfolgt, ist das schon ein enormer Fortschritt im Vergleich zu den oft recht willkürlichen Entscheidungen aus früheren Zeiten. Wenn solche Entscheidungsprozesse auf der Basis von – möglichst – realen Daten erfolgen, ebenfalls. Denn das ist ja die Gefahr bei der Umstellung auf die Doppik: dass von dort her eine Entscheidungsbasis in Immobilienfragen geschaffen wird, die mit den realen Gegebenheiten oder auch mit den eigentlich erforderlichen Strategien der Organisation gar nicht übereinstimmt.

Soweit erst mal: so gut! Allerdings macht beim Badischen Projekt die Zielvorgabe stutzig: da wird denn offensichtlich doch zu einlinig in Ausgaben und Einnahmen gedacht. Ein ganzheitliches kirchliches Immobilienmanagement, wie von mir bereit 2004 entwickelt, wäre dann wohl doch etwas anderes.

 

 

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind III: „Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde“. Intransparenz durch Doppik, Sparkonzepte auf der Basis von Langfristprognosen

Corinna Hektor, Korrespondenzblatt Bayern 6/7 2016

Vorstandsbericht für die Frühjahrstagung des
Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins am 25. und 260
April 2016 in Rothenburg o.d. Tauber

Viele davon sind Finanzentscheidungen. Doppik zum Beispiel. Erst hieß es, Doppik berücksichtige kirchliche Besonderheiten, inzwischen muss sich die Kirche nach der Doppik richten. Nach einer speziellen Form der Haushaltslehre genauer gesagt.  — Das HGB, Handelsgesetzbuch, wurde faktisch zu einer Art heiligem Gesetzbuch und zwingt, quasi kanonisch geworden, nicht nur unsere Finanzen in eine bestimmte Form, sondern bestimmt auch Inhalte. Es formt Kirche um… vgl. S. 81, vgl zum selben Thema auch den Artikel: „Orientierung der Steuerung an Finanzgrößen“
Manches hat sich verändert. Wir hatten mal ein System mit Rücklagen als Planungsgröße. Heute haben wir stattdessen einen großen Topf und die Aussage, dass auf der Kostenseite insgesamt etwas fehle. So wird aus der Planung eine neue Aufgabe: kürzen. Was dabei nicht gesagt wird: Die Kosten sind eine Schätzung, genauer: eine Prognose aufgrund mehrerer Schätzungen. Stattdessen ist die Rede von Personalkostenquoten, Benchmarks und Gewinnen, die wir als gemeinnützige Organisation gar nicht machen dürfen. Es sieht düster aus. Sparen scheint die einzige Chance. Ja, Doppik und HGB bescheren uns einen besseren Blick auf die Immobilien — aber wenig Übersicht für vieles andere; vor allem aber eine Systematik, die den meisten innerkirchlichen Fachleuten fremd ist. Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde. Und die Folgen erst recht nicht. Wenn das die versprochene Transparenz sein  soll, hätte ich gern das alte intransparente System zurück.

vgl. S. 82

Doppik zeichnet Negativbild eines positiven Befundes. Dargestellt am Beispiel der Pensionsrücklagen

Doch vermittelt es ein bedrückendes Bild, wenn das früher auf die Seite gelegte Geld für absehbare Ausgaben nur noch als schwarzer Balken auftaucht und damit als Belastung – deren Gegenleistung nicht mehr sichtbar wird. vgl. S. 82

Das hat viel mit Zahlen zu tun, mit Prognosen – und mit Überzeugungen, die sich damit erzeugen lassen. Es ist komplex. Neue Berechnungen für Lebenserwartung, Berufsbiografien, Gehaltsentwicklung, Verzinsung etc. und damit die neu berechneten erwarteten Kosten. Dazu neue Ansprüche an die nötige .Kapitalstock-Absicherung. So wird aus einer gut abgesicherten Versorgung ein Problemfall… vgl. S. 83

Prognosen über 40 Jahre

Dabei ist zu beachten, dass all die scheinbar so konkreten Zahlen Prognosen für die Zukunft sind. In 40 Jahren werden wir… Wer das konsequent zu Ende denkt – bzw. mal umgekehrt überlegt, was sich vor 40 Jahren für heute hätte voraussagen lassen, am Beispiel der Verzinsung etwa, wird merken, wie wenig verlässlich das ist. Auf meine Anfragen bekam ich zu hören: Alternativlos. Eine ARD-Dokumentation lässt an der Aussagekraft und erst recht an der Alternativlosigkeit Zweifel wachsen. Prof. Bosbach erläutert dort, wie leicht sich Zahlen und ihre Darstellung manipulativ verwenden lassen – und wie wenig seriös die Projektion von Bestehendem in die Zukunft ist: »Man kann nicht 45 Jahre in die Zukunft schauen! Was konnte man vor 45 Jahren von heute wissen? Nichts.«…

vgl. S. 83, der empirische Befund von Prognosen am Beispiel des Bistums Mainz. Das eigentliche Problem: wo man sich auf Prognosen zur Steuerung stützt, zeigt sich die Abwesenheit von gutem, richtigem Management (Fredmund Malik). Und das ist in der Kirche allenthalben spürbar (F.S.).

 

Evaluation zur Pachtvergabe in der EKM nach Kritik an Verpachtungssystem.

26.02.2016

Das Stellungnahmeverfahren zur Evaluation des Pachtvergabeverfahrens in der EKM endet Ende Februar 2016. Es gibt noch ein paar Tage Gelegenheit zur Beteiligung.

Wenn Sie sich am der Evaluation noch beteiligen wollen, nutzen Sie die Möglichkeit. Stellungnahmen sind noch bis Anfang März möglich. Informationen sowie das entsprechende Formular finden Sie in diesem Interet-Portal.

Zur Quelle.

Zur Kritik vgl.

Synode EKM: „Kalte Enteignung“ von Gemeinden. Kritik an Verpachtungssystem der mitteldeutschen Kirche

 

Orte der Selbsttranszendenz. Von Prof. Thomas Erne.

01/2016, Dt. Pfarrerblatt

… Kirchen sind Orte der Selbsttranszendenz. Freilich gibt es auch andere Orte in modernen Gesellschaften, die dies leisten: Museen, Kinos, Fußballstadien. Warum wir dennoch ­Kirchen brauchen, erläutert Thomas Erne.


Hier sind einige Zahlen: Der kath. Kölner Dom führt mit 6 Mio. jährlich die Rangliste der Kirchen mit Millionenpublikum an, dahinter die Dresdner Frauenkirche mit 2 Mio., der Hamburger Michel mit 1,3 Mio. und die Kaiser-Wilhelm Gedächtnis Berlin, 1 Mio.2. Das Ulmer Münster liegt knapp an der Millionenschwelle. Die ev. Laurentiuskirche in Nürnberg hat 750.000 Besucher. Für die meisten mittleren Zentrumskirchen gibt es keine Zahlen. Ich kann nur vermuten, dass man in der Summe auch auf ein Millionenpublikum kommt….
Meine erste These ist eine Folgerung aus dieser Beobachtung: Die Kirchen sind heute nicht mehr nur und ausschließlich ein Haus der Gemeinde (domus ecclesiae), sondern auch ein Haus für einzelne Menschen (domus hominis religiosi, spiritualis et aesthetici), die in ihnen unterschiedliche Erfahrungen machen. Die Besucher kommen und erfahren die Kirchen religiös, spirituell, ästhetisch, auch politisch, etwa beim Kirchenasyl oder sozial in einer sog. Vesperkirche. Diese unterschiedlichen Bezugnahmen können sich in den meisten Kirchen entfalten, weil diese Kirchen ein weites Dach haben, so wie das Ulmer Münster. Kirchen sind Hybridräume der Transzendenz….

Zum Artikel.

Kommentar F.S.: Am Ende des Artikels berichtet Thomas Erne im Stil des Amts für Kirchenbau der EKD/ Marburg von „neuen“ Nutzungen für Kirchengebäude. Das muss im Einzelfall nicht uninteressant sein, auch wenn die Inhalte selten wirklich neu sind. Allerdings ist diese über Jahrzehnte geführte Debatte etwas anderes, bestensfalls ein Teilbereich dessen, was man „kirchliches Immobilienmanagement“ nennen könnte. Und was dringend nötig wäre. Diese Selbstbeschränkung tut dem Amt und der Sache nicht gut. Denn sie überlässt die Debatte denen, die unter dem Banner doppischer, pauschal- rechnender „Ressourcenverbrauchsorientierung“ den Abbau von Gebäuden – und damit in der Regel von monetären und nichtmonetären  Vermögenswerten – betreiben. Weiterer Schaden könnte also, sollte also, vermieden werden. Hier könnte das Marburger Amt eine wichtige Rolle spielen. Vielleicht sollte also auch das Amt für Kirchenbau in Marburg selbst zum Hybridraum werden – zwischen Kunst und Management. Vgl. zum Thema auch hier.