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Zukünftiger Finanzbedarf

Die Altersversorgung für 1,2 Millionen Beschäftigte der (kath.) Kirche und der Caritas ist in Schieflage geraten.

05/2016, Von Matthias Drobinski
Die Zusatzrente ist sicher. Michael Klass hat das noch einmal betont, er sagt sogar: „Eine Rentenkürzung sehen wir nicht vor.“ Aber so ist das, wenn einer etwas oft wiederholt – die Frage, ob es nicht doch Anlass zur Sorge gibt, wird eher noch lauter. Michael Klass ist ein kaum bekannter und doch wichtiger Mann, er ist Vorstandssprecher der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse KZVK mit Sitz in Köln. Sie ist die betriebliche Altersversorgung für 1,2 Millionen Beschäftigte im Dienst der katholischen Kirche oder des Sozialträgers Caritas. Derzeit beziehen 154 000 Menschen über sie eine schöne Zusatzrente. Die KZVK ist damit eine der größten Pensionskassen in Deutschland… Zum Artikel.

Tour d’Horizon der Fragen und Probleme, mit denen Pfarrrvereine im Umbauprozess der Kirche beschäftigt sind III: „Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde“. Intransparenz durch Doppik, Sparkonzepte auf der Basis von Langfristprognosen

Corinna Hektor, Korrespondenzblatt Bayern 6/7 2016

Vorstandsbericht für die Frühjahrstagung des
Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins am 25. und 260
April 2016 in Rothenburg o.d. Tauber

Viele davon sind Finanzentscheidungen. Doppik zum Beispiel. Erst hieß es, Doppik berücksichtige kirchliche Besonderheiten, inzwischen muss sich die Kirche nach der Doppik richten. Nach einer speziellen Form der Haushaltslehre genauer gesagt.  — Das HGB, Handelsgesetzbuch, wurde faktisch zu einer Art heiligem Gesetzbuch und zwingt, quasi kanonisch geworden, nicht nur unsere Finanzen in eine bestimmte Form, sondern bestimmt auch Inhalte. Es formt Kirche um… vgl. S. 81, vgl zum selben Thema auch den Artikel: „Orientierung der Steuerung an Finanzgrößen“
Manches hat sich verändert. Wir hatten mal ein System mit Rücklagen als Planungsgröße. Heute haben wir stattdessen einen großen Topf und die Aussage, dass auf der Kostenseite insgesamt etwas fehle. So wird aus der Planung eine neue Aufgabe: kürzen. Was dabei nicht gesagt wird: Die Kosten sind eine Schätzung, genauer: eine Prognose aufgrund mehrerer Schätzungen. Stattdessen ist die Rede von Personalkostenquoten, Benchmarks und Gewinnen, die wir als gemeinnützige Organisation gar nicht machen dürfen. Es sieht düster aus. Sparen scheint die einzige Chance. Ja, Doppik und HGB bescheren uns einen besseren Blick auf die Immobilien — aber wenig Übersicht für vieles andere; vor allem aber eine Systematik, die den meisten innerkirchlichen Fachleuten fremd ist. Selbst im Finanzausschuss haben nach eigener Aussage nicht alle verstanden, was beschlossen wurde. Und die Folgen erst recht nicht. Wenn das die versprochene Transparenz sein  soll, hätte ich gern das alte intransparente System zurück.

vgl. S. 82

Doppik zeichnet Negativbild eines positiven Befundes. Dargestellt am Beispiel der Pensionsrücklagen

Doch vermittelt es ein bedrückendes Bild, wenn das früher auf die Seite gelegte Geld für absehbare Ausgaben nur noch als schwarzer Balken auftaucht und damit als Belastung – deren Gegenleistung nicht mehr sichtbar wird. vgl. S. 82

Das hat viel mit Zahlen zu tun, mit Prognosen – und mit Überzeugungen, die sich damit erzeugen lassen. Es ist komplex. Neue Berechnungen für Lebenserwartung, Berufsbiografien, Gehaltsentwicklung, Verzinsung etc. und damit die neu berechneten erwarteten Kosten. Dazu neue Ansprüche an die nötige .Kapitalstock-Absicherung. So wird aus einer gut abgesicherten Versorgung ein Problemfall… vgl. S. 83

Prognosen über 40 Jahre

Dabei ist zu beachten, dass all die scheinbar so konkreten Zahlen Prognosen für die Zukunft sind. In 40 Jahren werden wir… Wer das konsequent zu Ende denkt – bzw. mal umgekehrt überlegt, was sich vor 40 Jahren für heute hätte voraussagen lassen, am Beispiel der Verzinsung etwa, wird merken, wie wenig verlässlich das ist. Auf meine Anfragen bekam ich zu hören: Alternativlos. Eine ARD-Dokumentation lässt an der Aussagekraft und erst recht an der Alternativlosigkeit Zweifel wachsen. Prof. Bosbach erläutert dort, wie leicht sich Zahlen und ihre Darstellung manipulativ verwenden lassen – und wie wenig seriös die Projektion von Bestehendem in die Zukunft ist: »Man kann nicht 45 Jahre in die Zukunft schauen! Was konnte man vor 45 Jahren von heute wissen? Nichts.«…

vgl. S. 83, der empirische Befund von Prognosen am Beispiel des Bistums Mainz. Das eigentliche Problem: wo man sich auf Prognosen zur Steuerung stützt, zeigt sich die Abwesenheit von gutem, richtigem Management (Fredmund Malik). Und das ist in der Kirche allenthalben spürbar (F.S.).

 

„Volkskirche qualitativ weiter entwickeln.“ Historie und zukünftige Ziele des Reformprozesses der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.

Hess. Pfarrerblatt 2 April 2016, von  Wolfgang Kallies Geschäftsführer des Reformprozesses,
Dr. Volker Mantey Vorsitzender des Zukunftsausschusses und des Begleitausschusses 2012 2015

Am 21. November 2011 beschloss die Landessynode einen Verfahrensvorschlag zur Posterioritätendiskussion. Sie beauftragte den Rat der Landeskirche, einen Ausschuss einzurichten, der einen Vorschlag zur Festlegung von sog. Posterioritäten erarbeiten sollte… Die inhaltliche Vorgabe für den Zukunftsausschuss lautete zunächst, 25% der Kosten zu identifizieren, die auf der Basis des landeskirchlichen Haushalts von 2010 als Referenzgröße bis 2026 zu reduzieren seien…

Das Leitmotiv des Prozesses und am Ende auch des Gesamtergebnisses wurde dem Gutachten der Theologischen Kammer zum Reformprozess entnommen: „Volkskirche qualitativ weiter entwickeln“. … Sechs Ausschüsse und Arbeitsgruppen, die alle Bereiche des kirchlichen Lebens im Haushalt unserer Landeskirche abbilden, entfalteten in der Folge die auf der Grundlage der Vorschläge des Zukunftsausschusses gefassten Beschlüsse inhaltlich und finanziell:… Insgesamt fanden inklusive mehrtägiger Klausuren 125 Sitzungen mit insgesamt 90 ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern statt. Zuarbeitende aus dem Landeskirchenamt, den Kirchenkreisen und anderen Gremien waren ca. 250 Personen…

Volkskirche qualitativ weiter entwickeln“ – was aus den Ergebnissen folgt. Mit den Beschlüssen der Synode im Herbst 2015 und dem Verlauf des Prozesses ergeben sich unseres Erachtens insbesondere für den Gemeindepfarrdienst folgende Konsequenzen:
a) … , die Anpassung von Gemeindepfarrstellen bleibt an der Entwicklung der Mitgliederzahlen orientiert, während für die Funktionspfarrstellen eine feste Reduktion beschlossen wurde. Damit zieht das Ergebnis Konsequenzen aus der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung hinsichtlich der vor allem lokalen und regionalen Wahrnehmung von Kirche. …

d) Der Duktus der Beschlüsse richtet sich auf eine Stärkung der Verantwortung in den Regionen (Kirchenkreise / Kooperationsräume). B…
e) Die Entscheidungen der Landessynode, sowohl Stellenpools in den Kirchenkreisen einzurichten, als auch das berufliche Profil der Diakoninnen und Diakone als explizit soziales Amt der Kirche weiterzuentwickeln, bedeutet mittelfristig einen Einstieg in „interprofessionelle Teams“ in regionalen Kooperationsräumen …
So wie sich die finanzielle Entwicklung und die des theologischen Nachwuchses absehen lässt, wird man in der Landeskirche mutmaßlich immer wieder einmal in die Lage kommen, in der zwar finanzielle Ressourcen für die Besetzung einer Pfarrstelle vorhanden sind, aber kein Personal. …
vgl. S. 43-47 (print)

 

Die Beschlüsse in der Kurz- und Langfassung finden Sie unter folgendem Link im Internet.

Der Mythos von den sinkenden Kirchensteuereinnahmen durch den prognostizierten Mitgliederschwund wird immer lächerlicher. Evangelische Kirche in Westfahlen widerlegt ihre Prognose gleich doppelt

17.11.2015 Neue Westfälische

Die Evangelische Kirche von Westfalen hat in diesem Jahr 50 Millionen Euro mehr eingenommen, als sie geplant hatte. Die Einnahmen von 505 Millionen Euro sind die höchsten ihrer Geschichte. Dennoch sollen weiter Pfarrstellen gekürzt werden.

Das passiert in dem Jahr mit den Rekordaustritten aus den evangelischen Kirchen. Der Mythos von den sinkenden Kirchensteuereinnahmen durch den prognostizierten Mitgliederschwund wird immer lächerlicher. Dennoch hält die Westfälische Kirche am Abbau der Pfarrstellen fest. Langfristig will rechnet man mit sinkenden Kirchensteuereinnahmen.

Wie unbegründet die Sparziele sind zeigt sich an den Zukunftsprognosen. Wenn man die Kirchensteuern an die Mitglieder koppeln will, wäre es sinnvoll so viele Stellen zu sparen, dass gleichbleibend viele Mitglieder eine Pfarrstelle finanzieren. Die Pläne sehen aber vor, dass statt 2500 Gemeindeglieder im Jahr 2040 3500 eine Pfarrstelle finanzieren. Nicht einmal mit der eigenen Schwarzmalerei kann man anscheinend konsequent rechnen.

Lesen hier die Quelle der Zahlen.

Misswirtschaft in der kirchlichen Zusatzversorgungskasse Baden

8.10.2015 Spon

Die kirchliche Zusatzversorgungskasse Baden soll Zusatzrenten von Angestellten der Kirche und Diakonie in Baden verwalten. Doch mit den Beiträgen der Mitarbeitenden wurde nicht sorgfältig umgegangen. Misswirtschaft können vierzig Millionen Euro vernichtet haben. Nun drohen sogar Gerichtsverfahren.

Lesen Sie hier den Artikel.

OECD-Studie: Lebensversicherer spielen mit dem Leben. Paralleleln zur Rücklagenpolitik der Kirchen unübersehbbar.

06/2015, von Sara Zinnecker,  Handelsblatt

Die internationale Wirtschaftsorganisation OECD findet klare Worte: Lebensversicherern drohen Insolvenzen. Die Suche nach Rendite werde zu riskant. Was bedeutet das für Ihren Vertrag?

Soweit geht die OECD mit ihrer Warnung nicht. Sie spricht lediglich an, dass manche Unternehmen zu viel Risiko in die Bilanz aufnehmen könnten – und daran kaputt gehen. Für kleinere Versicherer, Pensionskassen oder Versicherer außerhalb des Euro-Raumes bestehe diese Gefahr so lange, bis sie ein tragfähiges Risikomanagement-System einführen, so die OECD… Zum Artikel.

„Und Euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ Zum Bericht von Landesbischof Bedford- Strohm vor der Landessynode der ELKB.

16.03.2015, Bad Wörrishofen, Bericht des Landesbischofs, S. 16f:

„Wenn wir auf den Gott vertrauen, der uns geschaffen hat und der uns jeden Tag begleitet und erhält und uns die Zukunft öffnet, woraus leben wir dann eigentlich? … Oder leben wir aus der certitudo, der Gewissheit, zu der uns Jesus mit dem berühmten Wort aus der Bergpredigt Mut macht: „Seht die Vögel am Himmel! Sie säen nicht, sie ernten nicht. Sie sammeln nicht in die Scheunen. Und Euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr nicht viel mehr als sie? Darum sollt ihr nicht sorgen!“ (Mt 6,26.31).

Wenn ein Finanzreferent dieses Wort zum Planungsprinzip für die kurz- mittel- und langfristige Finanzplanung machen würde, wären seine Tage gezählt und das zu recht. Denn wer jetzt nicht vorsorgt und sich etwa Gedanken macht, wie die Pensionsverpflichtungen unserer Mitarbeiter erfüllt werden können, verschiebt die Lasten auf die, die nach uns kommen. Das ist zwar erheblich bequemer für uns, aber eben auch verantwortungslos. Aber wie genau lässt sich das im Voraus erfassen, was uns da an Verpflichtungen für die Zukunft anvertraut ist? Und welchen Aufwand sind wir bereit, dafür zu treiben? Und das unter Annahmen, deren Zuverlässigkeit keiner vorher genau beurteilen kann. Soll der Abzinsungsfaktor mit 2,5 % oder mit 3,5 % angesetzt werden? Und gehen wir von Gehaltssteigerungen in den nächsten 20 oder 30 Jahren von 2 oder 3 % pro Jahr aus? Jede kleine Änderung dieser Annahmen in den versicherungsmathematischen Gutachten hat für die Haushaltsbilanz unserer Kirche Auswirkungen, die sich bis in den dreistelligen Millionenbereich auswirken können.Trotzdem wird heute gefordert etwa die Pensionsverpflichtungen für jeden einzelnen Personalfall genau auszurechnen, um eine möglichst genaue Ausweisung der dafür in die Bilanz einzustellenden Beträge zu gewährleisten. Hinter solchen Anforderungen stehen grundsätzliche Entwicklungen. Unter dem Stichwort „Qualitätsmanagement“ haben sich in der Wirtschaft insgesamt, aber auch bei uns in der Kirche, die Anforderungen an die Qualitätsnachweise der jeweiligen Arbeit deutlich erhöht. Der gute Sinn ist das Aufspüren von Schwachstellen und die tatsächliche Verbesserung von Prozessen. Aber wir müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass der Aufwand dadurch immer höher wird. Nicht nur müssen die jeweiligen Akteure ihre Prozesse verbessern, sie müssen es auch so genau dokumentieren, dass diejenigen, die die Qualität dann kontrollieren sollen, dafür auch die Grundlage haben. Sowohl für das Dokumentieren als auch für das Kontrollieren sind zusätzliche Personalkapazitäten erforderlich, soll die eigentliche Arbeit nicht liegen bleiben….“

vgl. s.S. 16f 

Anmerkung F.S.: 

Beim Lesen stellen sich zwei Fragen:

1. Wann ist genug genug?

2. Welche Risiken verbergen sich hinter den Zahlen?

1.  Wann ist genug genug?

Zum   „Vermögen der Kirche“ heißt es:

„Das Vermögen der Kirche“ im Sinne eines einheitlichen verfügbaren Vermögensbestandes gibt es nicht. Nehmen wir allein die Immobilien: Der Wert dieser Gebäude ist nur schwer bezifferbar. Kirchengebäude haben in der Regel keinen realen Handelswert.

Auf der Aktiva-Seite der Bilanz (Vermögen) stehen 1,7 Milliarden Euro im Versorgungsfonds und weitere 1,2 Milliarden Euro an Wertpapierbesitz und Immobilien. Trotz dieser Summen steht auf der Aktiva Seite noch ein Fehlbetrag von 100 Millionen Euro, denn die finanziellen Verpflichtungen der Landeskirche (Passiva) sind um 100 Millionen Euro größer als das Vermögen: Für die Altersversorgung der Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen sind 2,6 Milliarden Euro aufzuwenden. Darüber hinaus ist die Landeskirche weitere finanzielle Verpflichtungen in Höhe von 500 Millionen Euro eingegangen – etwa verbindliche Zusagen für die Finanzierung von Instandsetzungen von Kirchen oder Gemeindehäusern.“

Die sich aus de finanzmathematischen Berechnungen ergebenden Verpflichtungen in Höhe von 2,6 Mrd. € sind also gedeckt.

Betrachten wir die Sache etwas genauer: Bei den (Pensions-) Verpflichtungen der Landeskirche hängen die Ergebnisse wesentlich von den unterstellten Annahmen über Entwicklungen in ferner Zukunft (!) ab:

„Soll der Abzinsungsfaktor mit 2,5 % oder mit 3,5 % angesetzt werden? Und gehen wir von Gehaltssteigerungen in den nächsten 20 oder 30 Jahren von 2 oder 3 % pro Jahr aus?“ fragte der Bischof (.s.o.).

Beide alternativen Ansätze sowohl des Abzinsungsfaktors als auch der Gehaltssteigerungen lassen Fragen aufkommen:

a. Dauerhafte Gehaltssteigerungen von jährlich 2 oder 3 % ? Schauen wir zurück in die Vergangenheit:  Der Pfläzische Pfarrverein hatte errechnet, dass in den zurückliegenden  Jahren eine Verschlechterung der Einkommenssituation der Pfarrfamilien von grob geschätzt 20 % im Vergleich zu den Jahren vor 2001 bzw. über 30 % seit 1992 bei gleichzeitiger Arbeitsverdichtung aufgrund des Pfarrstellenabbaus im Gemeindepfarramt von rund 12 % eingetreten sei. Das Ergebnis dürfte in Bayern kaum abweichen. An eine langjährige Steigerung um 3 % p.a. – das käme einer Verdoppelung des Gehalts ca. 24 Jahren gleich –  dürfte im LKA in München wohl selbst niemand glauben. Mal andersherum gefragt: wie wäre es, wenn die PfarrerInnen in Bayern dauerhaft eine Gehaltserhöhung von „nur“ 1,5% verlangten? Der Finanzdezernent würde vermutlich – zu Recht – aus allen Wolken fallen. Genauso dürften jetzt die PfarrerInnen aus allen Wolken fallen, wenn bei finanzmathematischen Berechnungen Gehaltserhöhungen in doppelter Höhe (im Falle der 3%) unterstellt werden. Klar ist: das hier durch die so bestückte Formel produzierte Ergebnis wird deutlich zu hoch ausfallen. Das gilt übrigens für beide Annahmen, auch die von 2% Gehaltssteigerung p.a. 

b. Abzinsungsfaktor. Der Abzinsungsfaktor wird abgeleitet von bzw. benötigt wegen der Inflationsrate. Für die Bestimmung ist also die Inflationsrate erforderlich. Die aktuelle Inflationsrate beträgt 1,6 %: „Wie in der Schnellmeldung am 13. Februar 2015 mitgeteilt, … ergibt sich daraus für das gesamte Jahr 2014 ein Anstieg von + 1,6 % (auch kalenderbereinigt)  (vgl. Statist. Bundesamt) . Der aktuelle Wert liegt von 1,6% also bei ca. 40 % des ungünstigen (3,5%)  und bei ca. 65% des günstigsten unterstellten Berechnungswertes (2,5%).

Zwischenbemerkung zu den Grundlagen der finanzmathemat. Berechnungen : die in den Zukunftsberechnungen getroffenen Unterstellungen der ELKB treffen nach heutiger Sicht ganz offensichtlich nicht zu. Und zwar weder mit den geringeren, noch mit dem höheren Ansätzen. Sie sind definitiv zu hoch angesetzt. Der Bedarf an zukünftigen Finanzmitteln dürfte demnach aus heutiger Sicht also bei realistischer Sicht niedriger liegen als bisher angesetzt. Kleine Änderungen der Ausgangslage zeitigen aber große Wirkungen. Bedford-Strohm (s.o.): „Jede kleine Änderung dieser Annahmen in den versicherungsmathematischen Gutachten hat für die Haushaltsbilanz unserer Kirche Auswirkungen, die sich bis in den dreistelligen Millionenbereich auswirken können.“

2. Welche Risiken verbergen sich hinter den Zahlen?

Die Besonderheit der bayerischen Landeskirche: sie hat noch immer Teile der Pensionslasten bei der BfA abgesichert, hat also den Ausstieg anderer Landeskirchen aus der BfA (etwa der EKHN, ((vgl. S.11)) oder Badens) nicht mitvollzogen. Die BfA finanziert sich bekanntlich auf der Basis von Umlagen, also einem anderen Finanzierungsmodell als die Kapitaldeckung über Anlagen. Dadurch ist die ELKB weniger abhängig von der Entwicklung des Kapitalmarktes wie andere Landeskirchen. Damit sind die (im Bericht des Bischofs unerwähnten) Risiken der Pensionslasten der ELK Bayern auf zwei Finanzierungsarten gestreut – und allein dadurch niedriger als die anderer Landeskirchen. Die erhöhte Sicherheit ist selbstredend ein enormer Vorteil. Denn die Risiken lassen sich ebenfalls mit Zahlen beziffern. Etwa durch derzeit sündteure Rückversicherungsprämien, die für gewöhnlich zur Absicherung derartiger Risiken zu zahlen sind. Auf solche Zahlungen kann also die ELKB zumindest in einem gewissen Umfang verzichten ohne gleich gegen das Vorsorgeprinzip zu verstoßen. Das sieht bei anderen Landeskirchen anders aus.

Resumée:  Mit Zahlen kann man viele Menschen beeindrucken – und einschüchtern. Im realen Leben und Management hilft allein das leider nicht weiter. Problematisch wird es, wenn man eine solche Bezifferung schon als Beweis einer Qualitätssicherung apostrophiert. Spätestens seit der Qualitätssicherungsaffären im Altenheim- und Pflegesektor erweckt man ja schon bei Verwendung dieser Begrifflichkeit Verdacht. Richtig ist: ein Betrieb kann durch Planung und (richtige) Strategien der Vorsorge gewisse Unsicherheiten zukünftiger Zahlungsverpflichtungen vermeiden. Unsicherheiten und Gefahren nämlich, die aus dem eigenen Betrieb, der eigenen Verwaltung, kommen. Das zu tun ist geboten. Durch die Höhe der Rücklagen und insbesondere infolge der Verteilung der Risiken auch auf die BfA (Umlagenfinanzierung) steht die ELK Bayern hinsichtlich der Pensionsverpflichtungen gut da. Das dürfte Bischof Bedford-Strohm gemeint haben, wenn er vom Planungsprinzip des Finanzdezernenten spricht.  

Sind also – nach heutiger Sicht bei den hier verfügbaren Angaben – die Pensionsrücklagen der ELKB hoch genug?  Realistisch betrachtet wird man festhalten: die ELKB ist wohl kaum untersichert. Eher stellt sich die Frage der Übersicherung:  Es bleibt die Frage, auf welcher empirischen Basis und mit welcher (hoffentlich doch noch plausiblen) Begründung hier getroffene Unterstellungen für die Entwicklung von Gehältern (2 oder 3%?) und Inflation (2,5, 3,5% ?) getroffen werden. Übersichert? Gibt es das? Aus Sicht des Zahlungsempfängers (des Pensionärs) ist das sicher kein kein Problem. Wohl aber aus Sicht des „Betriebs“, gerade im Falle der Kirche. Noch nirgendwo in einem offiziellen Papier der Kirche vom Problem der Übersicherung gelesen? Immerhin findet man dazu etwas bei Lukas, etwa im Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lk. 12) – als ersten Anhaltspunkt.

 

Studie Beamtenpensionen: Fakten statt Vorurteile

eingestellt 04/2015; Studie von Werner Siepe, Finanzmathematiker und ehemal. Beamter

Zusammenfassung der Ergebnisse
1. Über die Höhe der Beamtenpensionen besteht in der Öffentlichkeit eine ganze Reihe von Irrtümern. Dazu tragen auch interessengeleitete Studien und Berichte sowie von einigen Medien angezettelte Neiddebatten bei. Für die Fakten und Wahrheiten über die Beamtenpensionen interessieren sich nur wenige. Insgesamt existieren sieben häufige Irrtümer, die in der Studie durch eine Konfrontation mit nachweisbaren Fakten richtiggestellt und durch die Wahrheiten über die Pensionen ersetzt werden. Nach einem geflügelten Wort sind Halbwahrheiten so gefährlich, weil fast immer nur die falsche Hälfte geglaubt wird. Daher ersetzt die Studie Halbwahrheiten durch beweisbare Wahrheiten.
2. Beamte erhalten eine Pension in Höhe von durchschnittlich 71 % ihres letzten Bruttogehalts. Der höchstmögliche Pensionssatz nach mindestens 40 Dienstjahren schwankt je nach Bund, Bundesland oder Kommune aktuell zwischen effektiv 72,2 und 73%. Dieses maximale Pensionsniveau von aktuell 73 % erscheint auf den ersten Blick recht hoch. Es darf aber nicht mit dem aktuellen Rentenniveau von rund 48 % nach 45 Beitragsjahren verglichen werden, das sich nur auf die gesetzliche Rente eines Durchschnittsverdieners bezieht. Unter Einrechnung einer typischen Betriebsrente kommen noch rund 18 % des Bruttogehalts bei 45 Beschäftigungsjahren oben drauf. Die Bruttopension liegt dann nur noch um 7 Prozentpunkte über der Bruttogesamtrente.
3. …  Zur Studie.

Mittelfristige Pensionssenkung in Vorbereitung ? „Länder brechen unter Beamten-Pensionen zusammen“.

04/2015, die Tradition und Aktualität der Diskusssion um Pensionssenkungen

07.09.13, Die Welt

„Die Bundesländer müssen hohe Kosten für Alterversorgung tragen. Experten fordern eine dringende Reform…

Ab 2020 wird die Beamtengeneration der Babyboomer in Pension gehen. Gleichzeitig greift ab dem Jahr die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse, die den Ländern die Aufnahme neuer Schulden verbietet. „Beides zusammen wird etliche Bundesländer große Probleme bereiten. Ich halte es daher für nachvollziehbar, dass die Länder die von Steinbrück angestoßenen Debatte aufgreifen“, sagt Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft.

Nach Berechnungen des Freiburger Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen gibt der Staat schon heute rund 23 Milliarden Euro im Jahr für die Ruhestandsgehälter aus. Hinzu kommen gut fünf Milliarden Euro an Beihilfen, denn der Dienstherr beteiligt sich in der Regel mit 70 Prozent an den Krankheits- und Pflegekosten der Pensionäre. Zusammen mit der Hinterbliebenenversorgung belaufen sich die Gesamtversorgungsausgaben auf 32,5 Milliarden Euro.

Der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen fordert, sämtliche Rentenreformen auf die Pensionen zu übertragen. Vgl. zu dieser letzten These „7 Irrtümer zur Beamtenversorgung“

Zum Artikel in der Welt.
Pensionen – Senkung

Im Mai 2005 forderte Professor Bert Rürup eine Senkung des Pensionsniveaus um
ein Sechstel bis zum Jahr 2030, also analog zur Senkung des Bruttorentenniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung von 48 auf 40 Prozent bei 45 Beitragsjahren),  dies sind in der Tat also acht Prozentpunkte weniger bzw. ein Sechstel von 48 Prozent. Dies würde eine Senkung der maximalen Pension von 75 Prozent in 2002 bis auf 62,5 Prozent in 2030 bedeuten. Ende 2004 gab es bereits eine Kabinettsvorlage aus dem Bundesinnenministerium, in der eine Absenkung des Pensionsniveaus auf 66,7 Prozent und damit um ein Neuntel bis zum Jahr 2030
gefordert wurde. Mehr dazu.