Archiv der Kategorie:
Grundfragen der (Wirtschafts-) Ethik

„Alle vier Evangelisten des Neuen Testaments berichten von der sogenannten Tempelreinigung…Diese Szene fällt einem ein, wenn man die Exzesse des Ökonomismus studiert.“ Heribert Prantl/SZ: Zorn ist der Anfang für eine bessere Welt

11/2015, Heribert Prantl bei Denk-doch-mal

Es kann der Zorn sein, der die Kraft gibt, eine etwas bessere Welt zu schaffen – und möglichst damit bei sich selber anzufangen. Zorn ist der Anfang für eine bessere Welt und nicht lediglich die Voraussetzung für den Anfang; denn wer zornig ist, hat den naiven Glauben schon verloren, dass etwas „alternativlos“sei, wie es die Politik so oft sagt; und das ist das Entscheidende…

Aus dem Artikel:
„…Das empört. Empörung über solche Zockerei gibt es schon in Bibel. Alle vier Evangelisten des Neuen Testaments berichten von der sogenannten Tempelreinigung. Die heißt ja nicht so, weil Jesus den Tempelboden geputzt hätte, sondern weil er falsche Einstellungen, den Geist der Habsucht, der Gier, den Geist der ökonomischen Exzesse aus dem Tempel hinauswarf. Jesus steht mit heiligem Zorn im Tempel, eine Geißel aus Stricken in der Hand, er stürzt die Tische um und wirft die Händler und Geldwechsler hinaus, die das „Haus des Vaters“ zur Räuberhöhle gemacht haben. Diese Szene fällt einem ein, wenn man die Exzesse des Ökonomismus studiert…“ Zum Artikel.

Ächtung, Baby: Korrupte Funktionäre, Wirtschaftslenker und Politiker verdienen wirkliche gesellschaftliche Ächtung.

07.06.2015, von Jeffrey D. Sachs


Die Straflosigkeitsfalle
In einigen Gesellschaften und Wirtschaftssektoren ist Ungestraftheit bei Fehlverhalten inzwischen so verbreitet, dass sie als unvermeidlich betrachtet wird. Wenn unethisches Verhalten durch führende Politiker und durch Wirtschaftslenker weithin als „normal“ betrachtet wird, wird es nicht mehr durch die öffentliche Meinung abgestraft und seine Normalität damit bestätigt. Das Ergebnis ist eine „Straflosigkeitsfalle“…
Die Situation auf dem weltweiten Bankensektor ist besonders alarmierend. Eine aktuelle, sorgfältige Studie zur ethischen Einstellung in der Finanzdienstleistungsbranche in den USA und Großbritannien beispielsweise zeigt, dass unethisches und gesetzwidriges Verhalten heute tatsächlich als allgegenwärtig betrachtet wird. Rund 47 Prozent der Auskunftgebenden erklärten, es sei „wahrscheinlich, dass ihre Konkurrenten sich an unethischen und ungesetzlichen Aktivitäten beteiligt haben“…  Mehr dazu.

Rezension „Ökonomie des Müßiggangs“ von Thomas Maritsch, 2014

Rezensent Klaus M. Wilmes

Dieses 600-Seiten Buch eines bisher unbekannten Autors untersucht den wahnwitzigen Anspruch der gegenwärtigen Ökonomie, für alle sozialen, psychischen, kulturellen und materiellen menschlichen Prozesse eindeutige Erklärungen (und auch Leitplanken dafür, was akzeptabel und nicht akzeptabel ist) zu bieten. Dieser Alleinstellungsanspruch der Wirtschaft auf Erklärungshoheit wird zurückgewiesen und zu diesem Zweck werden zahlreiche unterschiedliche Argumentationslinien herangezogen: psychologische, soziale, historische, ökologische, religionsphilosophische, ethisch-moralische. Maritsch erreicht durch diese Vielzahl an Perspektiven, dass die „Sozio- und Psychopathologie“ der Ökonomie (siehe Untertitel) besonders deutlich und eindringlich wird und interpretiert Wirtschaft auf diese Weise als eine Art Pseudo-Religion. Darüber präsentiert M. eine Reihe von Anregungen, wie man Ökonomie auch auf andere als die aktuell machtbasierte Art organisieren könnte….

Vier soziale Sünden, die zum Himmel schreien

Der katholische Moraltheologe Karl Golser schreibt über „eine vergessene, aber anscheinend wieder aktuelle Kategorie“.

Vier Sünden, die zum Himmel schreien werden in der Bibel erwähnt: Der Brudermord an Abel, die sexualisierte Gewalt in Sodom, die Unterdrückung von Armen und das Vorenthalten des verdienten Lohns. Die Kategorie folgt keiner inneren Logik, sondern listet Verbrechen auf, deren Opfer keine Möglichkeit haben sich an menschliche Gerechtigkeit zu wenden. Daher schreien die Sünden zum Himmel und appellieren direkt an Gott zum Eingreifen.

Der im 19. Jahrhundert populäre Begriff ist nun in der Moraltheologie in Vergessenheit geraten. Dabei bietet er heute interessante Perspektiven.

Vielen Dank an Theology.de, deren Newsletter mich zu dem Text brachte.

Die Auswirkungen des Bluttest auf Trisomie21

Ob ein ungeborenes Kind das Downsyndrom hat, lässt sich heute unkompliziert und schnell diagnostizieren. In meiner Ethikvorlesung habe ich gelernt, dass 90% aller Kinder bei denen eine Trisomie21 festgestellt wird abgetrieben werden. Die Möglichkeiten der genetischen Diagnostik werden immer besser. Selbst das deutsche Ärzteblatt titelte neulich mit einer „Eugenik von unten“.

Ein Feature der Zeit widmet sich den Erfahrungen zweier Familien, deren Kinder die Diagnose Downsyndrom bekommen haben. Eindrücklich werden die Auswirkungen der Entscheidung auf das Leben der Familien geschildert.

Jubiläum: Albert Schweitzers Ehrfurcht vor dem Leben

14. Januar 2015
Heute jährt sich zum 140. Mal der Geburtstag Albert Schweitzers – und das in einem sehr bemerkenswerten Jahr. So steht am 4. September bereits der 50. Todestag des noch heute weltbekannten Philosophen, Theologen, Arztes und Musikers an. Hinzu kommt ein ganz besonderes Jubiläum: Im September des Jahres 1915 – d. h. vor nunmehr 100 Jahren – gelang es Albert Schweitzer den für seine Philosophie zentralen, noch heute weithin bekannten Begriff zu finden: die »Ehrfurcht vor dem Leben«.

Denkwürdige Daten genug also, um zum diesjährigen Geburtstag Schweitzers die Entstehung und grundlegenden Aspekte seiner Philosophie noch einmal näher in den Blick zu nehmen und nach ihrer Aktualität – insbesondere für den Tierschutz – zu fragen…  Zum Artikel.

Wolfang Huber zur ethischen Frage im Irak einzugreifen

Der ehemalige Präsident der EKD Wolfgang Huber gab der Zeit ein Interview zur Problematik der Waffenlieferung an die Jesiden und dem Terror des Islamischen Staat. Huber präsentiert eine ausgewogene Position auf der Basis protestantischer Ethik. Wie Bonhoeffer hebt er die Verstrickung in Schuld hervor. Schuldig macht, sich wer eingreift und wer die Opfer alleine lässt.

Die Rolle der UN sieht Huber in diesem Konflikt kritisch: „Nein. Ich bin erschrocken und empört, dass die Vereinten Nationen nicht ihre Schutzverantwortung wahrnehmen. Sie haben sich vor mehr als einem Jahrzehnt auf die responsibility to protect als Handlungsprinzip in internationalen Konflikten geeinigt. Jetzt wäre die Stunde, das anzuwenden. „

Auch auf die Pazifisten geht der ehemalige Präsident der EKD zu: „Pazifismus heißt nicht Passivität. Pazifisten sind diejenigen, die Frieden machen. Pazifisten sind nicht diejenigen, die alles geschehen lassen. „

Ein lesenswertes Interview.

Ökumenischer Informationsdienst: Norwegen legt Prüfungsbericht über Legitimität von Schulden armer Länder vor

Norwegen hat als erster Geberstaat einen unabhängigen Bericht vorgelegt, der sich mit der Legitimität der Schulden von Entwicklungsländern gegenüber dem nordeuropäischen Land befasst. Als Bewertungsgrundlagen dienten die Leitlinien zur Förderung einer verantwortungsvollen Kreditvergabe („Principles on Promoting Responsible Sovereign Lending and Borrowing“), die eine Arbeitsgruppe der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) aufgestellt hat. Obwohl Norwegen zu den besseren Geberstaaten zählt, hat die von Oslo beauftragte internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Deloitte“ herausgefunden, dass einige Kredite mit den derzeitigen Standards einer verantwortlichen Kreditvergabe nicht zu vereinbaren sind…
Die Prinzipien für eine verantwortliche Kreditvergabe seien der Versuch, eine Minimalregulierung und mehr Transparenz zu schaffen. Bisher haben sich 13 Ländern einschließlich Deutschland den unverbindlichen Prinzipien angeschlossen.

Zum Bericht, vgl. Bericht S.4

Neue Studie: Der Beitrag von „Best-in-Class“-Ratings zur Einhaltung von Menschenrechten im Verantwortungsbereich von Unternehmen

Februar 2014, Südwind-Institut.

Nachhaltige Investoren legen ihr Geld in Unternehmen an, die im Vergleich zu anderen ihrer Branchen nachhaltig arbeiten. Dieser „Best-in-Class“-Ansatz soll einen Wettbewerb unter den Unternehmen erzeugen, der dazu führt, dass alle Unternehmen auf die Dauer nachhaltiger wirtschaften.

Die vorliegende Studie untersucht diesen Ansatz. In ausführlichen Interviews mit Nachhaltigkeitsratingagenturen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen werden die Ziele der Agenturen und die Reaktion der Unternehmen auf die Anliegen der nachhaltigen Investoren herausgearbeitet. Das Ergebnis ist eine überraschend ehrliche und sicher zunächst vorläufige Antwort auf die Frage, wann Unternehmen ihr Verhalten ändern und wann nicht. Zum Download der Studie.

Profile für ethisches Wirtschaften. Antrittvorleseung Prof. Dr. Martin Büscher, Bielefeld

21.2.2014

Ein Grenzgänger und akademischer Weltbürger gibt Antrittsvorlesung am Institut für Diakoniewissenschaft in Bielefeld.

Professor Dr. Martin Büscher hat jetzt offiziell seine Antrittsvorleseung gehalten. Als erster Hochschullehrer wurde er auf den bislang einzigen wirtschaftswissenschaftlichen Lehrstuhl an einer theologischen Fakultät in Deutschland berufen. Zum Volltext.

Mit Video der Antrittsvorleseung.