Dass es zu einem Wettbewerb um knappes Pfarrpersonal kommen wird, bahnt sich seit geraumer Zeit an. Auf ihren ansprechend gestalteten Websites zur Nachwuchswerbung (http://www.die-nachfolger.de und http://www.vikariat-nordkirche.de) bekennt sich die Nordkirche seit geraumer Zeit dazu, dass sie demnächst den Nachwuchsbedarf aus eigenen Reihen nicht wird decken können und auch offen sein wird für Bewerbungen aus anderen Landeskirchen. „Auch die Mehrzahl der anderen Gliedkirchen der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland, hat ausgerechnet, dass es in Deutschland etwa ab 2018 einen PastorInnenmangel geben wird. VikarInnen und Pastoren können frei wählen, in welcher Landeskirche sie langfristig arbeiten möchten. Die Entscheidung sollte möglichst vor dem Vikariat getroffen werden! Aber auch danach ist ein Wechsel möglich.“ (http://www.vikariat-nordkirche.de/derberuf/berufsaussichten/index.html, Stand 24.09.15) Man setzt also vor allem aber nicht nur auf möglichst jungen Nachwuchs. „Wer ein Vikariat und eine spätere Pastorentätigkeit in der Nordkirche anstrebt, sollte sich um einen Vikariatsplatz bewerben. Dies ist auch möglich für Bewerberinnen und Bewerber aus einer anderen Landeskirche.“ (http://www.vikariat-nordkirche.de/vikariat/bewerbung/index.html, Stand 24.09.15) Die Besoldung der ausgebildeten PastoInnen erfolgt dann in der Nordkirche nach A 13 und A 14.
Innerhalb der Landeskirchen gibt es den Wettbewerb ja schon längst, strukturschwache Regionen abseits der Zentren haben es deutlich schwerer, geeignete Bewerbungen auf freie Stellen zu erhalten als Gemeinden in vermeintlich oder tatsächlich attraktiveren Regionen.
Neu ist, dass immer mehr Landeskirchen sich offen dazu bekennen, anderen Landeskirchen den Nachwuchs durch bessere Besoldung und attraktivere Arbeitsbedingungen abwerben zu wollen.
Eine 48-Stunden-Woche (wie die ELKB sie vorsieht (http://www.sonntagsblatt-bayern.de/news/aktuell/2015_35_07_01.htm) besoldet nach A 14 analog Bundesbesoldungsordnung ist eben etwas anderes als eine 100% Stelle ohne definierte Wochenarbeitszeit besoldet nach A 13 analog Landesbeamtenbesoldung NRW. So in etwa stellt sich ja momentan die Bandbreite der Angebote der EKD-Kirchen dar. Und das hat neben unterschiedlich definierten Arbeitszeiten auch schnell Unterschiede von einigen hundert Euro auf der monatlichen Gehaltsabrechnung zur Folge mit entsprechenden Konsequenzen für die Versorgung im Ruhestand, den man hoffentlich gesund erreicht. Aber das ist ein anderes Thema.
Dass man auf EKD-Ebene offenbar nicht in der Lage ist, sich auf eine deutschlandweit einheitliche Besoldung für Pfarrerinnen und Pfarrer zu verständigen, wird diesen Wettbewerb im kommenden Jahrzehnt richtig anfeuern. Es werden dabei diejenigen Landeskirchen den Kürzeren ziehen, die aus finanziellen Gründen bei der Besoldung ihrer Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mithalten können oder dies aus ideologischen Gründen auch nicht wollen. Der im Internet frei einsehbare Personalentwicklungsbericht der EKvW aus dem Herbst 2014 http://www.evangelisch-in-westfalen.de/fileadmin/ekvw/dokumente/berichte/Personalbericht_2014.pdf rechnet damit, dass, die jetzige Entwicklung fortgeschrieben, in 2030 der EKvW rund 250 ausgebildete PfarrerInnen fehlen werden und in 2035 rund ein Drittel des Minimalbedarfs an Pfarrerinnen und Pfarrer nicht wird gedeckt werden können und somit eine Pfarrerin oder ein Pfarrer nicht wie geplant für 3500 Gemeindeglieder (schon damit erhöht sich die Zahl der Gemeindeglieder, für die eine Pfarrerin / ein Pfarrer zuständig sein soll, innerhalb von zwei Jahrzehnten um 25 Prozent) sondern für 5160 Gemeindeglieder zuständig wäre. „Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die von der Kirchenleitung festgelegte Zahl von 20 Aufnahmen in den Probedienst pro Jahr seit nahezu zehn Jahren nicht erreicht wird.“ (Seite 13). Ich erlaube mir zu ergänzen: Ebenso ist nicht berücksichtigt die Zahl an Pfarrerinnen und Pfarrern, die bis dahin die EKvW verlassen haben wird, weil sie anderswo besser besoldet und versorgt wird.
Von Stephan Buse